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Kinderspielplätze als öffentliche Einrichtungen der Gemeinden

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Bauordnungs- und Bauplanungsrecht 1. Bauordnungsrechtliche Ansprüche

III. Kinderspielplätze als öffentliche Einrichtungen der Gemeinden

Öffentliche Kinderspielplätze sind öffentliche Einrichtungen der Ge-meinden. Die Gemeindeordnungen der Länder enthalten jeweils Re-gelungen über den Betrieb öffentlicher Einrichtungen; diese sind dort ausdrücklich vorgesehen und reglementiert (Übersicht über die Vor-schriften bei Burgi, Kommunalrecht, 3. Aufl. 2010, § 16 Rn. 1 Fn. 1).

Allgemein wird angenommen, dass die Frage, ob die Gemeinden öf-fentliche Einrichtungen schaffen, eine Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinden ist, soweit nicht spezialgesetzliche Regelungen bestehen, die die Gemeinden zur Schaffung bestimmter Einrichtungen verpflich-ten (Erichsen, Kommunalrecht des Landes Nordrhein-Westfalen, 1988,

§ 10 F (S. 217); Burgi, Kommunalrecht, § 16 Rn. 2). Vor diesem Hin-tergrund ergibt sich für die Verpflichtung der Gemeinden, Kinderspiel-plätze als öffentliche Einrichtungen zu schaffen, Folgendes:

1. Landesrechtliche Regelungen über Kinderspielplätze

Einige Bundesländer haben Regelungen über Kinderspielplätze (Kin-derspielplatzgesetze) erlassen, die die Gemeinden verpflichten, öffent-liche Kinderspielplätze bei Bedarf einzurichten. Im Einzelnen sind fol-gende Regelungen getroffen worden:

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Berlin:

Das Berliner Gesetz über öffentliche Kinder-spielplätze (Kinderspielplatzgesetz) i.d.F.v.

20.06.1995 sieht vor, dass öffentliche Spiel-plätze für Kinder angelegt werden sollen für die durch Bebauungsplan festgesetzten dem Wohnen dienenden, in § 2 Abs. 1 näher spezi-fizierten Gebiete (§ 2 Abs. 1 Kinderspielplatz-gesetz Berlin). Nach § 4 Kinderspielplatzge-setz Berlin ist für die Bemessung des Bedarfs ein Richtwert von 1,0 m² nutzbarer Fläche je Einwohner zu Grunde zu legen. Dieser Bedarf erhört sich entsprechend, wenn der Bedarf an privaten Spielplätzen nicht gedeckt ist, weil die Herstellung von Spielplätzen auf Wohn-grundstücken im Einzelfall aus rechtlichen Gründen nicht erzwungen werden kann (§ 4 Abs. 1, 2 Kinderspielplatzgesetz Berlin). Das Kinderspielplatzgesetz enthält darüber hin-aus nähere Regelungen über Spielplatzarten (§ 8) sowie Beschaffenheit und Ausstattung der Spielplätze (§ 9).

Niedersachsen:

Nach § 10 des Niedersächsischen Gesetzes über Spielplätze vom 06.02.1973 sind die Gemeinden verpflichtet, Spielplätze für Kin-der im erforKin-derlichen Umfang als öffentliche Spielplätze anzulegen. Dabei können sie sich Dritter bedienen. Regelungen über den „er-forderlichen Umfang“, d.h. den Bedarf von Kinderspielplätzen in den Gemeinden enthält das Niedersächsische Spielplatzgesetz nicht.

Allerdings sieht es – ähnlich den Vorschriften der Bauordnungen anderer Länder – vor, dass bei Gebäuden mit mehr als 2 Wohnungen auf den Baugrundstücken Kinderspielplätze für Kleinkinder anzulegen sind (§ 2 Abs. 1 S.

1 Niedersächsisches Spielplatzgesetz). Diese Verpflichtung gilt auch für bestehende Woh-nungen und betrifft nicht nur deren Neuer-richtung; insoweit geht das Niedersächsische Spielplatzgesetz über die Regelungen in den Bauordnungen der anderen Länder hinaus.

Darüber hinaus bestimmt das Niedersäch-sische Gesetz, dass Kinderspielplätze in den durch Bebauungsplan festgesetzten Allge-meinen und Reinen Wohngebieten, Mischge-bieten und KerngeMischge-bieten eingerichtet werden müssen; dabei müssen sie in einer Entfernung von nicht mehr als 400 m von Wohnungen errichtet werden. Wer diese Kinderspielplätze einrichten muss, regelt das Niedersächsische Spielplatzgesetz nicht. Allerdings sieht es in

§ 6 ff. eine Herstellung von

Kinderspielplät-zen als private Spielplätze sowie als Gemein-schaftsanlagen und damit eine grundsätzli-che Verpflichtung Privater zur Herstellung dieser Kinderspielplätze vor. Nach diesem Regelungszusammenhang handelt es sich bei der aus § 10 Nds. Spielplatzgesetz resultie-renden Pflicht der Gemeinden zur Anlage öf-fentlicher Kinderspielplätze um eine subsidi-äre Verpflichtung, die dann eingreift, falls der erforderliche Umfang von Kinderspielplätzen durch Private nicht oder nicht in ausreichen-dem Umfang hergestellt wird.

Rheinland-Pfalz:

Rheinland-Pfalz hat durch das Sportförder-gesetz vom 31.12.2009 vor allem die Förde-rung von Kinderspielplätzen geregelt. Eine Verpflichtung von Gemeinden oder Land-kreisen zur Herstellung von Kinderspielplät-zen ergibt sich aus dieser gesetzlichen Re-gelung nicht. Allerdings enthält sie in § 11 Abs. 1 eine Regelung über die Trägerschaft von Spielanlagen; zuständig sind insoweit die Gemeinden, die Verbandsgemeinden oder Zweckverbände. Eine Verpflichtung zur Her-stellung von Kinderspielplätzen ergibt sich hieraus indessen nicht. Das Gesetz sieht in

§ 7 lediglich vor, dass die Gemeinden Sport-stätten-Leitpläne aufstellen, in denen sie auch Aussagen über Art, Größe und Stand-orte erforderlicher Spielanlagen zu treffen haben. Ansprüche auf Herstellung dieser An-lagen lassen sich aus diesen Leitplänen für Dritte jedoch nicht ableiten.

Thüringen:

Ähnliche Regelungen wie Niedersachsen hat auch Thüringen im Thüringer Sportförderge-setz vom 08.07.1994 getroffen. Dieses GeSportförderge-setz regelt ebenfalls in erster Linie die Förderung (auch) von Spielplätzen. Auch in Thüringen sind die Gemeinden verpflichtet, Sport- und Spielstätten-Leitpläne aufzustellen (§ 9 Thü-ringer Sportfördergesetz), die Grundlage für die Bemessung des Bedarfs und die Förde-rung sind. Eine Verpflichtung zur Herstellung solcher Spielanlagen ergibt sich aus den ge-setzlichen Regelungen jedoch ebenso wenig wie ein Anspruch auf Förderung.

Mecklenburg-Vorpommern/Bremen:

In Mecklenburg-Vorpommern und Bremen schließlich gibt es gesetzliche Regelungen zur Sportförderung, die indessen

ausschließ-lich auf Sportstätten, nicht aber Kinderspiel- Bundesverband für Freiraum-Gestaltung e.V.

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plätze ausgerichtet sind und überdies keinen individuellen Anspruch auf Herstellung für Kinderspielplätze enthalten.

Insgesamt kann damit festgestellt werden, dass es im Recht der Bundesländer eine Reihe von objektiv-rechtlichen Verpflichtungen der Län-der und Gemeinden gibt, Spielplätze mit einer zum Teil sehr detailliert geregelten Dichte und zum Teil auch Ausstattung einzurichten und zu unterhalten. In den meisten Bundesländern gibt es dagegen solche konkreten Regelungen nicht.

Die Einrichtung und die Unterhaltung von Kin-derspielplätzen ist in diesen Bundesländern dann lediglich durch die allgemeine gemeindli-che Aufgabe, die zum Allgemeinwohl erforder-lichen öffenterforder-lichen Einrichtungen zu schaffen, in den Gemeindeordnungen geregelt.

2. Verpfl ichtung zur Herstellung von Kin-derspielplätzen als öffentliche Einrichtungen im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des Gemeinderechts

Allgemein wird angenommen, dass es sich bei der Verpflichtung der Gemeinden, nach den einschlägigen Regelungen der Gemeindeord-nungen der Länder (vgl. z.B. § 18 Abs. 1 GO NRW) öffentliche Einrichtungen zu schaffen, um eine freiwillige Aufgabe der Gemeinden handelt, auf die ein Anspruch nicht besteht (vgl.

Erichsen, Kommunalrecht NRW, § 10 F (S. 217);

Burgi, Kommunalrecht, § 16 Rn. 2). Geht man davon aus, gibt es ein subjektives öffentliches Recht auf Schaffung von Kinderspielplätzen als gemeindliche Einrichtungen im Sinne des § 18 Abs. 1 GO NRW nicht.

Diese Bewertung greift jedoch in zweierlei Hin-sicht zu kurz:

Zum einen ist anerkannt, dass Selbstverwal-tungsaufgaben, auch ohne dahingehende ge-setzliche Verpflichtung pflichtige Selbstver-waltungsaufgaben mit der Folge sein können, dass die Gemeinde verpflichtet ist, bestimmte öffentliche Einrichtungen für ihre Einwohner zu schaffen oder zu unterhalten.

Zum anderen lässt die plakative Aussage, dass ein Anspruch der Einwohner auf Errich-tung bestimmter öffentlicher EinrichErrich-tungen nicht besteht, die Benutzungsregelungen des Gemeinderechts außer Betracht: Diese Benutzungsregelungen sehen vor, dass die Gemeindeeinwohner einen gleichmäßigen Nutzungsanspruch haben. Hieraus könnte abzuleiten sein, dass der Nutzungsanspruch

sich in einen Anspruch auf Schaffung von Einrichtungen dann umwandelt, wenn die Gemeinde in gleichheitswidriger Weise die erforderlichen Einrichtungen nicht flächen-deckend im Gemeindegebiet schafft und da-mit gegen ihre Verpflichtung zur Herstellung der öffentlichen Einrichtung „Kinderspiel-plätze“ verstößt.

a) Herstellung von Kinderspielplätzen als pfl ichtige Selbstverwaltungsangelegenheit ohne dahingehende gesetzliche Regelung Anerkannt ist, dass gesetzlich nicht näher normierte Aufgaben der Gemeinden auch un-abhängig von einer näheren gesetzlichen Aus-gestaltung und Verpflichtung der Gemeinden zu ihrer Durchführung pflichtige Selbstverwal-tungsangelegenheiten sein können. Das gilt etwa für die öffentliche Wasserversorgung, oder die Abwasserentsorgung, die Sicher-stellung der Totenbestattung, die Benennung gemeindlicher Straße und andere Aufgaben (dazu mit Nachweisen Pappermann, Grundzü-ge eines kommunalen Kulturverfassungsrecht, DVBl 1980, 701, 705). Voraussetzung für die Entwicklung freiwilliger Selbstverwaltungsauf-gaben zu PflichtaufSelbstverwaltungsauf-gaben der Gemeinden auch ohne gesetzliche Anordnung ist allerdings, dass ein unabweisbarer Bedarf für die Aufgabe nachgewiesen wird und sich die in § 18 Abs. 1 GO NRW enthaltene Aufgabe der Schaffung der öffentlichen Einrichtungen der Daseinsvorsor-ge zu einer Verpflichtung verdichtet. Papper-mann (DVBl 1980, 701, 705 ff.) hat eine solche Rechtspflicht für die kulturelle Betreuung der Einwohner angenommen. Abgeleitet hat er die-se Rechtspflicht zum einen aus § 18 Abs. 1 GO NRW, indem er ausgehend von der faktischen Kulturversorgung der Bevölkerung durch die Kommunen – eine Verpflichtung zur Schaffung kultureller Einrichtungen und einer Gewährleis-tung einer kulturellen Versorgung der Bevölke-rung durch die Gemeinden kreiert hat. Weiter hat er hingewiesen auf die Anerkennung kultu-reller Belange im Raumordnungs- und Baurecht sowie insbesondere auf Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG. Aus letzteren Regelungen er-gebe sich ein Anspruch auf gleichmäßige Teil-habe an staatlichen Leistungen. Hieraus folge, dass Gemeindeeinwohner einen Anspruch auf gleichmäßige Nutzung kultureller Einrichtun-gen der Gemeinden haben.

Die Argumentation Pappermanns lässt sich sicherlich auch auf Kinderspielplätze über-tragen: In allen Gemeinden sind öffentliche

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Kinderspielplätze vorhanden. Mit der Schaf-fung öffentlicher Kinderspielplätze nehmen die Gemeinden den aus § 18 Abs. 1 GO NRW folgenden Auftrag der Daseinsvorsorge wahr;

sie erfüllen hiermit insbesondere die Aufgabe, Kinderspieleinrichtungen zur Förderung der motorischen und geistigen Entwicklung aller Kinder zu schaffen; Zweck der Schaffung von Kinderspielplätzen durch die Gemeinden ist es, diesem Aspekt ebenso Rechnung zu tragen, wie eine chancengleiche Entwicklung aller Kinder in der Gemeinde zu ermöglichen und zu för-dern. Bei Zugrundelegung dieser Aspekte lässt sich sicherlich – ebenso wie in Bezug auf die Kulturaufgaben der Kommunen – ableiten, dass das Recht zur Schaffung kommunaler Einrich-tungen von Kinderspielplätzen angesichts der tatsächlichen Entwicklung sich zu einer Pflicht der Kommunen zur Schaffung solcher Einrich-tungen verdichtet hat.

Auch das Bau- und Raumordnungsrecht aner-kennt diese Aspekte. Hinzuweisen ist auf die Regelungen in den Bauordnungen der Länder, die auch das Ziel verfolgen, eine motorische und geistige Entwicklung aller Kinder zu er-möglichen.

Bedeutung des Gleichbehandlungsgrund-satzes des Art. 3 Abs. 1 GG

Schließlich lässt sich auf die Grundrechte ver-weisen. Schafft die Gemeinde in einzelnen Bereichen ihres Gemeindegebietes Kinder-spielplätze als öffentliche Einrichtungen, ist sie verpflichtet, eine gleichmäßige Versorgung ihrer Bevölkerung sicherzustellen. Ein solcher Anspruch lässt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG ableiten. Grundrechte sind auch Teilhaberechte. Schafft die Gemeinde Ein-richtungen, ist allen Gemeindenbürgern eine

gleichmäßige Nutzung dieser Einrichtungen zu gewährleisten. Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet die Gemeinden nicht nur zur sachgerechter Aus-wahl bei der Verteilung knapper Nutzungska-pazität (dazu Erichsen, Kommunalrecht NW, § 10 G 3 (S. 220); Burgi, Kommunalrecht, § 16 Rn. 26). Jedenfalls dann, wenn die Nutzungs-möglichkeit wegen der besonderen Art der Ein-richtung eine bestimmte räumliche Nähe zum Nutzer voraussetzt, kann sich hieraus auch ein Anspruch auf Herstellung solcher Einrich-tungen im Sinne einer gleichmäßigen Be-darfsdeckung ergeben. Die Zuerkennung eines gleichmäßigen Nutzungsrechts innerhalb des vorhandenen Bedarfs, wie sie für die Nutzungs-ansprüche der Gemeindeeinwohner in Bezug auf öffentliche Einrichtungen regelmäßig an-genommen wird (Erichsen, Burgi, jeweils a.a.O.) oder gar ein Nutzungsanspruch nach dem Prio-ritätsprinzip (Wer zuerst kommt, mahlt zuerst) (dazu: Burgi und Erichsen, jeweils a.a.O.) wer-den wer-den Besonderheiten von Kinderspielplätzen nicht gerecht. Anders als bei anderen öffentli-chen Einrichtungen sind Kinder nicht mobil. Sie sind auf Nutzung von Einrichtungen in ihrem näheren Wohnumfeld angewiesen. Art. 3 Abs.

1 GG bewirkt vor diesem Hintergrund über den öffentlich-rechtlichen Nutzungsanspruch des Gemeinderechts (§ 18 Abs. 2 GO NRW) ei-nen Anspruch auf Teilhabe an der öffentlichen Einrichtung Kinderspielplatz dergestalt, dass die Gemeinden verpflichtet sind, für eine be-darfsgerechte Ausstattung Sorge zu tragen, die eine gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung im Gemeindegebiet sicherstellt. Dabei sind die Gemeinden berechtigt, dort auf Kinderspiel-plätze zu verzichten, wo private Einrichtungen (z.B. Gemeinbedarfseinrichtungen oder private

Spielflächen) den Bedarf befriedigen. Dort, wo Bundesverband für Freiraum-Gestaltung e.V.

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dies nicht der Fall ist, sind die Gemeinden in-dessen aus § 18 Abs. 2 GO NRW i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG, 2 Abs. 1 GG verpflichtet, bedarfs-gerechte Einrichtungen zu schaffen. Nur hier-durch können sie dem Gleichheitssatz und dem daraus folgenden Anspruch auf gleichmäßige Teilhabe an der Nutzung öffentlicher Einrich-tungen im Gemeindegebiet Rechnung tragen.

IV. Unmittelbarer grundrechtlicher

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