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Im Rahmen des Modellzeitraumes konnten 18 Kinder mit einer therapiebedürftigen beidseitigen Hörstörung von mehr als 40 dB identifiziert werden. Hierbei handelte es sich um 8 Risikokinder (44,44%) und 10 Normalgeburten (66,66%), insgesamt 4 Mädchen und 14 Jungen.

Aktion Pro Kontra

Einführung

Freiwillige

Fortbildungsveranstaltungen, theoretisch und/oder

methodisch

Verständnis für Notwendigkeit Geübter Umgang mit

Säuglingen

Beteiligung am NHS thematisch

keine Resentiments

Interessenskonflikt

Frühzeitige schriftliche Information

Eltern lassen untersuchen Informationsmaterial

Eltern sind nicht verunsichert

Kosten

Tracking Eltern sind ärztlich betreut

Kinder werden d. Diagnostik

zugeführt

U-Untersuchungen Hörtest schon erfolgt falsche Sicherheit

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Tabelle 3-6: Gesamtübersicht Fallkinder des Modellzeitraumes [Lenarz, Reuter, Buser und Altenhofen, 2004]

Anzahl Fallkinder - Regelgeburten - Risikogeburten

18 10 8 Durch Screening erfasst

Nicht durch Screening erfasst

16 2

Beidseitig hörgestört 18

Mittelgradige Hörstörung Mittel-hochgradige Hörstörung

Hochgradige Hörstörung

An Taubheit grenzende Hörstörung

11 2 3 2

Durchschnittsalter Entdeckung (MW) Durchschnittsalter Diagnosestellung (MW) Durchschnittsalter Therapiebeginn (MW)

15 Tage 3,3 Monate 6,1 Monate

[Lenarz, Reuter, Buser und Altenhofen, 2004]

Von diesen 18 Fallkindern konnten 16 direkt durch das Screening erfasst werden, zwei Kinder wurden erst durch begleitende Maßnahmen entdeckt (Tabelle 3-7). Der Schweregrad der Hörstörung variierte von mittelgradigen Hörstörungen bis zur Surditas.

Es wurde auch eine große Anzahl von leichtgradigen und einseitigen Hörstörungen entdeckt. Der überwiegende Teil von 11 Neugeborenen wies eine mittelgradige Hörstörung auf, zwei Kinder lagen an der Grenze zwischen mittelgradiger und hochgradiger Hörstörung. Bei drei Kindern lag eine hochgradige Hörstörung vor, bei zwei Kindern bestbestand eine Surditas (Tabelle 3-6).

Der durchschnittliche Entdeckungszeitpunkt lag bei 15 Tagen, der endgültige Diagnosezeitpunkt bei 3,3 Monaten. Die Therapie wurde durchschnittlich mit 6,1 Monaten eingeleitet.

Fünf der 18 Kinder müssten mit einem Cochlea-Implantat versorgt werden. Den übrigen Kindern wurden Hörgeräte angepasst. Parallel hierzu erfolgte für alle die auditive Frühförderung (vgl. Tabelle 3-7).

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Tabelle 3-7: Aufschlüsselung der Patientendaten nach spezifischen Screeningparametern Geb.-Dat. Geschl. Entdeckung Diagnose Therapie Risiko erfolgte Therapie

29.07.2004 weibl. 4 Tage 91 Tage 109 Tage ja Hörgeräteversorgung 2 02.08.2004 männl. 31 Tage 78 Tage 100 Tage ja Hörgeräteversorgung 3 21.02.2005 männl. 7 Tage 294 Tage 338 Tage ja Hörgeräteversorgung

4 22.03.2005 männl. 6 Tage 7 Tage 178 Tage ja Frühförderung

5 24.04.2005 männl. 83 Tage 148 Tage 176 Tage ja Hörgeräteversorgung mit Frühförderung 6 25.08.2005 männl. 2 Tage 152 Tage 174 Tage nein Hörgeräteversorgung, dann Cochlea Implant 7 19.09.2005 weibl. 6 Tage 251 Tage 299 Tage nein Hörgeräteversorgung

8 12.10.2005 männl. 2 Tage 34 Tage 70 Tage nein Hörgeräteversorgung 9 17.10.2005 männl. 2 Tage 45 Tage 156 Tage ja Cochlea Implant

10 15.11.2005 weibl. 34 Tage 34 Tage 475 Tage ja Hörgeräteversorgung, dann Cochlea Implant 11 02.02.2006 männl. 2 Tage 112 Tage 118 Tage nein Hörgeräteversorgung

12 06.02.2006 männl. 3 Tage 65 Tage 79 Tage nein Hörgeräteversorgung, dann Cochlea Implant 13 17.03.2006 männl. 2 Tage 46 Tage 233 Tage nein Hörgeräteversorgung

14 08.04.2006 weibl. 3 Tage 122 Tage 212 Tage ja Hörgeräteversorgung mit Frühförderung 15 02.05.2006 männl. 2 Tage 14 Tage 45 Tage nein Hörgeräteversorgung mit Frühförderung 16 07.07.2006 männl. 1 Tage 210 Tage 332 Tage nein Hörgeräteversorgung mit Frühförderung 17 09.09.2006 männl. 4 Tage 8 Tage 78 Tage nein Hörgeräteversorgung

18 19.10.2006 männl. 83 Tage 83 Tage 88 Tage nein Hörgeräteversorgung, dann Cochlea Implant 1

Geb.-Dat. Geschl. Entdeckung Diagnose Therapie Risiko erfolgte Therapie

29.07.2004 weibl. 4 Tage 91 Tage 109 Tage ja Hörgeräteversorgung 2 02.08.2004 männl. 31 Tage 78 Tage 100 Tage ja Hörgeräteversorgung 3 21.02.2005 männl. 7 Tage 294 Tage 338 Tage ja Hörgeräteversorgung

4 22.03.2005 männl. 6 Tage 7 Tage 178 Tage ja Frühförderung

5 24.04.2005 männl. 83 Tage 148 Tage 176 Tage ja Hörgeräteversorgung mit Frühförderung 6 25.08.2005 männl. 2 Tage 152 Tage 174 Tage nein Hörgeräteversorgung, dann Cochlea Implant 7 19.09.2005 weibl. 6 Tage 251 Tage 299 Tage nein Hörgeräteversorgung

8 12.10.2005 männl. 2 Tage 34 Tage 70 Tage nein Hörgeräteversorgung 9 17.10.2005 männl. 2 Tage 45 Tage 156 Tage ja Cochlea Implant

10 15.11.2005 weibl. 34 Tage 34 Tage 475 Tage ja Hörgeräteversorgung, dann Cochlea Implant 11 02.02.2006 männl. 2 Tage 112 Tage 118 Tage nein Hörgeräteversorgung

12 06.02.2006 männl. 3 Tage 65 Tage 79 Tage nein Hörgeräteversorgung, dann Cochlea Implant 13 17.03.2006 männl. 2 Tage 46 Tage 233 Tage nein Hörgeräteversorgung

14 08.04.2006 weibl. 3 Tage 122 Tage 212 Tage ja Hörgeräteversorgung mit Frühförderung 15 02.05.2006 männl. 2 Tage 14 Tage 45 Tage nein Hörgeräteversorgung mit Frühförderung 16 07.07.2006 männl. 1 Tage 210 Tage 332 Tage nein Hörgeräteversorgung mit Frühförderung 17 09.09.2006 männl. 4 Tage 8 Tage 78 Tage nein Hörgeräteversorgung

18 19.10.2006 männl. 83 Tage 83 Tage 88 Tage nein Hörgeräteversorgung, dann Cochlea Implant

Geb.-Dat. Geschl. Entdeckung Diagnose Therapie Risiko erfolgte Therapie

29.07.2004 weibl. 4 Tage 91 Tage 109 Tage ja Hörgeräteversorgung 2 02.08.2004 männl. 31 Tage 78 Tage 100 Tage ja Hörgeräteversorgung 3 21.02.2005 männl. 7 Tage 294 Tage 338 Tage ja Hörgeräteversorgung

4 22.03.2005 männl. 6 Tage 7 Tage 178 Tage ja Frühförderung

5 24.04.2005 männl. 83 Tage 148 Tage 176 Tage ja Hörgeräteversorgung mit Frühförderung 6 25.08.2005 männl. 2 Tage 152 Tage 174 Tage nein Hörgeräteversorgung, dann Cochlea Implant 7 19.09.2005 weibl. 6 Tage 251 Tage 299 Tage nein Hörgeräteversorgung

8 12.10.2005 männl. 2 Tage 34 Tage 70 Tage nein Hörgeräteversorgung 9 17.10.2005 männl. 2 Tage 45 Tage 156 Tage ja Cochlea Implant

10 15.11.2005 weibl. 34 Tage 34 Tage 475 Tage ja Hörgeräteversorgung, dann Cochlea Implant 11 02.02.2006 männl. 2 Tage 112 Tage 118 Tage nein Hörgeräteversorgung

12 06.02.2006 männl. 3 Tage 65 Tage 79 Tage nein Hörgeräteversorgung, dann Cochlea Implant 13 17.03.2006 männl. 2 Tage 46 Tage 233 Tage nein Hörgeräteversorgung

14 08.04.2006 weibl. 3 Tage 122 Tage 212 Tage ja Hörgeräteversorgung mit Frühförderung 15 02.05.2006 männl. 2 Tage 14 Tage 45 Tage nein Hörgeräteversorgung mit Frühförderung 16 07.07.2006 männl. 1 Tage 210 Tage 332 Tage nein Hörgeräteversorgung mit Frühförderung 17 09.09.2006 männl. 4 Tage 8 Tage 78 Tage nein Hörgeräteversorgung

18 19.10.2006 männl. 83 Tage 83 Tage 88 Tage nein Hörgeräteversorgung, dann Cochlea Implant 1

[Lenarz, Reuter, Buser und Altenhofen, 2004]

Bei den als hochgradig schwerhörig eingestuften Kindern wurde ein Kind bei der initialen Screeninguntersuchung als normalhörig eingestuft. Aufgrund des Verdachtes auf eine Hörstörung, den die Eltern im weiteren Verlauf äußerten, wurde die audiologische Diagnostik erneut aufgenommen. Es waren keine DPEOAE und TEOAE zu registrieren.

Die erste BERA-Untersuchung ergab Hörschwellen beidseits von 90 dB, im weiteren Verlauf fielen diese auf über 100 dB ab. Es erfolgte eine Frühförderung und Hörgeräteanpassung, bei ausbleibenden Fortschritten dann eine Cochlea-Implant Operation. Eine durchgeführte genetische Untersuchung ergab bei diesem Kind eine Connexin- 26-Mutation.

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4 Diskussion

Die Erkennung kindlicher oder in der Kindheit auftretender Erkrankungen hat in der Prävention von Gesundheitsstörungen und daraus resultierender Folgeerkrankungen sowohl in der Kinderheilkunde als auch in benachbarten Fachgebieten eine große Bedeutung. Innerhalb der Hals- Nasen- Ohrenheilkunde werden verhältnismäßig viele Kinder behandelt, wobei Ohrenerkrankungen am häufigsten vorkommen. Angeborene Hörstörungen sind mit einer Inzidenz von ca. 1-4:1000 Geburten (1:100 bei so genannten Risikokindern) [Finckh-Krämer et al., 2000; Gross et al., 1998; Lenarz et al., 1997a]

vertreten. Obwohl diese chronischen Hörstörungen somit die größte Entität zum Zeitpunkt der Geburt darstellen, besteht keine systematische Erfassung der Betroffenen. Die Ursachen waren zunächst methodische Schwierigkeiten, da ein nicht-invasives, automatisiertes, unabhängiges von HNO-Ärzten durchgeführtes und preiswertes Verfahren nicht zur Verfügung stand.

Mit Einführung der otoakustischen Emissionen Mitte der siebziger Jahre [Kemp, 1978]

sowie mit der Weiterentwicklung der Hirnstammaudiometrie (BERA) in einer automatisierten Form stehen dem Neugeborenen-Hörscreening (NHS) praktikable Methoden zur Verfügung. Dennoch ist dieses Verfahren komplexer in der Anwendung als beispielsweise eine laborchemische Untersuchung. Beim NHS werden Geräte, Untersucher und Patienten respektive Eltern eingebunden. Beim Ausschluss beispielsweise der Phenylketonurie und anderer systemischer Erkrankungen im Neugeborenenalter sind lediglich patientenunabhängige Messverfahren einzusetzen. Aufgrund der zusätzlichen Kosten, die mit der Neueinführung einer Screeningmaßnahme verbunden sind, ist eine kritische Prüfung aus Sicht der Krankenkassen aber auch der politischen Meinungsbildung (Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung) notwendig. Vereinzelt konnte, wie bereits in der Einleitung dargestellt, ein NHS auf privater Initiative eingeführt werden.

Da dieses aber nicht tatsächlich flächendeckend für Deutschland zur Verfügung steht und zudem abhängig ist von privaten Finanzierungsmöglichkeiten, sollte, eine Machbarkeitsstudie, durchgeführt durch die HNO-Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover und die dortige Abteilung für Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitssystemforschung, die Effektivität, Effizienz und Kosten untersuchen. Die Auftraggeber stellen das breite Interessenspektrum dar: Bundesministerium für Gesundheit

63 und Soziale Sicherung, Landesverbände der Krankenkassen Niedersachsens, Niedersächsische Krankenhausträger, Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen sowie die Spitzenverbände der Gesetzlichen Krankenkassen auf Bundesebene.

Das Interesse der Auftraggeber lag im Einzelnen:

A) in der wissenschaftlichen Erkenntnis der Inzidenz von Hörstörungen B) in der Durchführbarkeit respektive Machbarkeit eines NHS

C) in der Effektivität einer NHS-Maßnahme

D) in der Erforschung notwendiger Folgestrukturen E) an der Kostenentwicklung durch das NHS

F) in der Evaluierung der beteiligten Disziplinen bzw. Anleitung derselbigen

Zusammenfassend konnte festgestellt werden, dass ein NHS machbar, effektiv und effizient ist [Lenarz, Reuter, Buser und Altenhofen, 2004].

Ziel der vorliegenden Arbeit war der Nachweis der praktischen Durchführbarkeit. Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass sich das NHS von den bekannten und etablierten Screeningverfahren bei kongenitalen Erkrankungen unterscheidet.

In der vorliegenden Modellregion Hannover ist zu unterscheiden zwischen stationären und ambulanten Geburten. Die Einführung eines NHS in einer Geburtsklinik gestaltete sich, trotz unterschiedlicher Krankenhausträger, relativ einheitlich. Die gesundheitsökonomische Konkurrenzsituation und die insbesondere in diesem Bereich des Gesundheitswesens bestehende Wettbewerbssituation kam unterstützend hinzu [Riegl, 2005], so dass alle Geburtskliniken für ein NHS zu gewinnen waren.

Trotz der vorhandenen hierarchischen, teilweise starren Krankenhausstrukturen konnte das NHS ohne zusätzlichen Personalbedarf etabliert werden. Vorraussetzung hierfür war die Einführung einer inhaltlichen Akzeptanz und des entsprechenden Verständnisses. Die fachkundige Einführung durch einen HNO-Arzt oder Pädaudiologen und Phoniater vermittelte eine Wissensebene, die das notwendige Verständnis beim Untersucher erreichte. Auch im weiteren Verlauf der Durchführung des Screenings hat sich gezeigt, dass eine fachärztliche, inhaltliche, teilweise auch organisatorische Begleitung zur Steigerung der Zuverlässigkeit bzw. zur Erhaltung einer hohen Diagnostikrate wesentlich beitrug.

64 Bei der Auswertung der Ergebnisse stellte eine besondere Schwierigkeit die Bestimmung der Anzahl der Lebendgeborenen dar. Die Zahlen des statistischen Landesamtes wurden mit einer Latenz von einem Jahr generiert. Es gab zudem Abweichungen zu den Geburtenzahlen der Geburtsbücher in den Kliniken. Diese konnten über Geburtenbücher und über das Niedersächsische Landesamt für Statistik mit Sonderauswertungen erfolgen.

Anhand dieser Zahlen ließ sich eine Erfassungsrate berechnen (siehe Abbildung 3.2.).

Die Durchführbarkeit des NHS musste neben etablierten Verfahren wie der laborchemischen Feststellung der Phenylketonurie bestehen. Sie unterscheidet sich durch die Tatsache, dass der Untersucher sowohl das Messergebnis „erstellt“ als auch interpretiert. Das schrittweise Einführen des Hörscreenings respektiert diese Problematik, so dass das inhaltliche Verständnis die Basis für die zuverlässige Durchführung ist. Die Reduzierung der Rate der falsch negativen Befunde („fail“) nach erfolgter Wiederholungsmessung ist ein Parameter, der dies unterstreicht.

Die Einführungsdauer je beteiligter Klinik variierte zwischen einem und 197 Tagen. Die Dauer war von Faktoren wie der Motivation und dem Verständnis der Untersucher, der Größe der Klinik und der Organisationsform der Klinik abhängig. Bei kleinen Kliniken war die Einführung sehr schnell möglich, komplexe, universitäre Häuser benötigten längere Anlaufphasen.

Obwohl die Aussage der OAE Messung auf einem komplexen Vorgang basiert, konnten die Geräte automatisiert und einfach in der Ergebnisdarstellung entwickelt werden. Das Messverfahren lässt sich schnell erlernen. Die Anwendung durch alle vorhandenen Personen in der Betreuung der Neugeborenen ermöglicht eine kostengünstige Durchführung.

Es ist notwendig, Personalstrukturen zu identifizieren, die einem 24-Stunden Schichtdienst unterliegen. In aller Regel ist dies nicht das ärztliche Personal. Vielmehr eignet sich die Struktur des Pflegedienstes. Da das methodische Verfahren abhängig ist von der Compliance des Kindes und diese in dem relevanten Lebensalter nach der Nahrungsaufnahme im festen Schlaf am größten ist, hat sich gezeigt, dass die zuverlässigste Durchführbarkeit durch das Pflegepersonal erreicht werden kann.

Ein Nachteil in der Verantwortlichkeit des Pflegepersonals scheint die hohe Personalfluktuation im Schichtdienst, respektive in Urlaubszeiten oder aus anderen

65 Gründen zu sein. Obwohl eine hohe Fluktuation und damit geringere Erfahrung pro Einzelmitarbeiter mit der Methodik vorhanden ist, hat sich hieraus kein qualitativer Nachteil entwickelt. Es konnte gegen die Ausgangshypothese aufgezeigt werden, dass unabhängig von der Häufigkeit der Durchführung der OAE Messung eine gleich hohe Zuverlässigkeit und Ergebnisqualität vorhanden war. Dieses wurde durch die automatisierte und einfache Bedienung des Gerätes mit großer Sensitiviät erreicht [Heinemann und Bohnert, 2000; Reuter et al., 1998]. Außerdem ermöglichte die Verantwortlichkeit und Expertise einer Person innerhalb der Gruppe eine direkte und zügige Problemlösung.

Bei ambulanten Geburten und Neonatalabteilungen ist es schwieriger die Kinder einem Screening zuzuführen. Bei Neonatalabteilungen ist zu berücksichtigen, dass die methodische Durchführbarkeit aufgrund der intensivmedizinischen Behandlungen schwieriger ist. Es ist bekannt, dass beispielsweise die Nebengeräusche der Beatmungsmaschinen die Messung von OAE verhindern können [eigene Messungen]. Aus diesem Grund ist neben der Durchführung durch die Pflege eine erhöhte Assistenz durch das ärztliche Personal notwendig. Dennoch ist gerade bei Neonatalabteilungen der Risikofaktor und somit die Bedeutung hervorzuheben. Hier ist eine besonders fest verzahnte Struktur zwischen Pflege und Ärzten unabdingbar. Ansonsten gelten die gleichen Qualitätskriterien wie bei den Geburtskliniken.

Bei den ambulanten Geburten ist der erheblich größere Organisationsaufwand zu bedenken, da nicht jede Hebamme mit einem Messgerät ausgestattet werden kann. Die Selbstverständlichkeit des ambulanten Vorganges hat zur Folge, dass alle geographischen Möglichkeiten in Frage kommen. Auf informeller, organisatorischer Ebene muss ein inhaltlich und methodisch kompetentes „ambulantes“ Hörscreening sicher gestellt sein.

Eine solche hohe methodische und inhaltliche Kompetenz scheint am zuverlässigsten bei HNO-Fachärzten und Pädaudiologen und Phoniatern vorhanden zu sein.

Außerdem hat es einen finanziellen Vorteil, da die Methodik - sprich die Geräte - bei den entsprechenden Fachärzten vorhanden sind. Vereinzelt schaffen sich Kinderärzte eine OAE- oder BERA-gestützte Hörprüfung an, dennoch ist die Erfahrung in der Durchführung der Methodik nicht mit derjenigen eines HNO-Facharztes gleichzusetzen.

Bei einem HNO-Facharzt gehört die Durchführung von Hörprüfungen zur täglichen Routine, bei einem Kinderarzt nicht. Insofern sprechen die Ergebnisse der vorliegenden

66 Machbarkeitsstudie dafür, dass die Durchführung des NHS bei ambulanten Geburten in die Hand der HNO-Fachärzte respektive Pädaudiologen gehört.

Anders als bei der laborchemischen Untersuchung ist bei der apparativen Durchführung einer Hörprüfung zu bedenken, dass unterschiedliche aktuelle somatische und apparative Faktoren das Untersuchungsergebnis fälschlicherweise negativ beeinflussen können. Die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines solchen falsch negativen Befundes bei einer Erstmessung ist groß. Andererseits ist eine audiologische Differentialdiagnostik als Folge einer pathologischen Erstuntersuchung sehr aufwendig. Die Einführung einer Wiederholungsmessung auf Screening-Niveau hat sich bewährt, um die Rate der falsch negativen Befunde zu reduzieren. Dieses Vorgehen setzt eine hohe und zuverlässige Organisation und ein gutes inhaltliches Verständnis bei den Untersuchern voraus.

Aufdeckend und regulierend bei steigenden Inzidenzen ist wiederum der HNO-Arzt der begleitenden Screeningzentrale.

Auch wenn die Zweitmessung als Screening durchgeführt wird, muss die Methodik eine solche vermeiden können. Andernfalls würden steigende Kosten entstehen und zudem die Effektivität gefährdet. In der vorliegenden Studie konnte nachgewiesen werden, dass bei Durchführung der ersten Messung nach dem 2. Lebenstag eine signifikante Reduktion der falsch positiven Ergebnisse eintrat. Diese ist durch die Verminderung des Fruchtwassers im Mittelohr erklärbar.

Festzustellen ist auch, dass durch die Automatisierung nicht nur tatsächliche Hörstörungen, sondern auch falsch positive Befunde erhoben wurden. Dieses ist bekannt und muss in der Durchführung eines NHS unbedingt berücksichtigt werden. Würde man alle Kinder, die in der Erstmessung auffällig sind einer HNO-fachärztlichen Untersuchung unterziehen, würde es zu einer ungerechtfertigten Kostenexplosion kommen. Dieses kann nicht im Sinne der ärztlichen Untersucher und auch nicht im Sinne des Gesundheitssystems liegen.

Insofern muss in der Durchführung des NHS eine Zweitmessung, automatisiert in den Geburtskliniken respektive in der Ambulanz vorgesehen sein. Ein weiterer wichtiger Aspekt in der Durchführung bzw. in der zuverlässigen Durchführung dieser zweiten automatisierten Messung durch das Pflegepersonal scheint die Berücksichtigung der psychologischen Belange der betroffenen Eltern zu sein.

67 Im Falle der Entdeckung eines hörgestörten Kindes ist eine unmittelbare detaillierte Aussage über Lokalisation und Ausmaß der Störung nicht möglich. Dieser Umstand unterscheidet sich diametral von einer laborchemischen Feststellung einer angeborenen Erkrankung, da mit der Feststellung des Vorhandenseins der Erkrankung in der Regel gleichzeitig auch das Ausmaß bestimmbar ist. Auf ein pathologisches Ergebnis der automatisierten OAE- und /oder BERA-Messung muss zur Bestimmung der Hörstörung eine fachärztliche Untersuchung folgen. Mit der Durchführung der automatisierten Messung bei den betroffenen oder auffälligen Kindern ist die organisatorische Sicherstellung der Tracking -Untersuchung zu gewährleisten.

Ein erster Schritt, zur Realisierung dieser notwenigen Forderung, ist eine zuverlässige, einleuchtende und verständliche Information der Eltern. Dazu wurde ein entsprechender Informationsbogen entwickelt, der nicht nur sprachlich, sondern auch fremdsprachlich auf die unterschiedlichen Bedingungen in Deutschland eingeht. In der vorliegenden Studie wurden Informationsmaterialien in 13 Fremdsprachen entwickelt.

In dieser Studie konnten die Literaturzahlen für die Inzidenz einer kindlichen Schwerhröigkeit von 1-2 Fälle pro 1000 Neugeborene bestätigt werden. Im Großraum Hannover liegt die Inzidenz bei etwa 0,76 /1000 Neugborene.

Die Verwendung von TEOAE erwies sich als ausreichend spezifisch und sicher. Die Durchführung ist unproblematisch. Aus verschieden Untersuchungen [Guo und Yao, 1996;

Lenarz, Reuter, Hemmanouil, Schäfer, Schorn und Baumann, 1997b; Plinkert, Sesterhenn, Arold und Zenner, 1990; Salamy, Eldredge und Sweetow, 1996] als auch aus unseren Erfahrungen geht hervor, dass falsch negative Befunde praktisch nicht vorkommen können. Der umgekehrte Fall, d. h. Kinder, bei denen fälschlicherweise das Vorliegen einer Schwerhörigkeit vermutet wird, liegt initial bei bis zu 5 % und lässt sich aufgrund von empfohlenen Mehrfachmessungen auf ca. 2,5 % für beidseitige auffällige Testergebnisse reduzieren.

Die verantwortliche Durchführung eines solchen NHS setzt auch die enge und zuverlässige Involvierung der in der Region befindlichen HNO-ärztlichen und pädaudiologischen Praxen voraus. Grundsätzlich haben die Fachärzte dabei zwei Aufgaben, die Durchführung der Screening Untersuchung bei ambulanten Geburten und die Nachuntersuchung bei

68 auffälligen Kindern. Qualitativ ist dieses keine Schwierigkeit aber es muss organisatorisch in das NHS eingeordnet werden.

Die Durchführung der Feststellung der Hörfähigkeit bzw. des Hörverlustes, der Lokalisation und der Einführung der Therapie geschieht in Deutschland grundsätzlich in einer HNO-fachärztlichen oder pädaudiologisch-phoniatrischen fachärztlichen Praxis.

Dieses ist auch bei der Durchführung der Feststellung von kongenitalen Schwerhörigkeiten letztlich nicht anders. Es hat sich in der Durchführung der vorliegenden Studie gezeigt, dass eine Qualifizierung des fachärztlichen Personals in der Behandlung von Kleinkindern und Säuglingen zur Beschleunigung bei der Feststellung Diagnose und somit zur Therapieeinleitung wesentlich beiträgt. Wie bereits in der Einleitung ausgeführt, ist dieses die wesentliche Grundlage für eine qualifizierte und effektive Therapie kongenitaler Hörstörung mit einem entsprechenden Effekt in der Frühversorgung.

In einer Cost-Benefit Studie konnte nachgewiesen werden, dass die Früherkennung und Cochlearimplantversorgung mit einer höheren Wahrscheinlichkeit zu einer Regelbeschulung führt [Schulze-Gattermann, Illg, Lesinski-Schiedat, Schoenermark, Bertram und Lenarz, 2003]. Dieses Früherkennungs- und Therapieprogramm bewirkt langfristig einen erheblich höheren Erfolg der Bildungschancen und somit der suffizienten und effektiven Einsetzung der volkswirtschaftlichen Mittel aus der Krankenversicherung.

Dadurch, dass keine Steigerung der Inzidenz von Hörstörungen unabhängig von der Diagnostik und auch unabhängig von der Therapie langfristig zu erwarten ist (dieses begründet sich in der meist unbekannten Ursache und somit der Unmöglichkeit der Veränderung des Auftretens von Hörstörungen), liegt ein Qualitätsmerkmal in der Durchführung eines NHS in der Erfassungsquote und der Feststellung der regionalen Inzidenz, die sich nicht wesentlich unterscheiden kann von der in der Literatur aus bereits etablierten NHS bekannten Inzidenz [Finckh-Krämer, Spormann-Lagodzinski und Gross, 2000; Gross, Finckh-Krämer und Spormann-Lagodzinski, 1998; Lenarz, Altenhofen, Buser, Brenner, Statz, Schorn, Hildmann, Gross, Kemp und Kries, 1997a].

Somit ist zur Qualitätssicherung und zur Qualitätsverbesserung bei sinkender Inzidenz und sinkender Erfassungsquote eine Screeningzentrale, die die Daten sammelt und auswertet von wesentlicher Bedeutung. In einer solchen Screeningzentrale sollte auch der bereits in der Einführung und zur Qualitätssicherung bei der Durchführung des NHS eingesetzte

69 HNO-Arzt eingebunden sein. Gemeinsam mit Sozialmedizinern und / oder Epidemiologen sowie einem HNO-Facharzt kann die Erfassung, die Analyse und die Intervention aus einer solchen Screeningzentrale erfolgen. Nicht geklärt ist bis dato wie viele Regionen eine

69 HNO-Arzt eingebunden sein. Gemeinsam mit Sozialmedizinern und / oder Epidemiologen sowie einem HNO-Facharzt kann die Erfassung, die Analyse und die Intervention aus einer solchen Screeningzentrale erfolgen. Nicht geklärt ist bis dato wie viele Regionen eine