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IV Die Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J

2.2 Die sog. Probedrucke

Die Holzschnitte mit den Bildern des Todes nach Holbein sind bereits vor der 1538 erschienenen Buchausgabe gedruckt worden: Die sog. Probedrucke 22 sind sehr quali­

tätvolle, einseitig bedruckte Abzüge auf Papier. Sie weisen einzeilige deutsche Über­

schriften auf, welche die Personen bzw. Szenen benennen. Da die Druckerei Trechsel keine deutschen Texte publizierte, dürfte der Bildzyklus in Basel gedruckt worden sein, bevor die Holzstöcke nach Lyon gelangten. Die sog. Probedrucke werden vor Lützelburgers Tod, also spätestens 1526 datiert. Die Druckerei ist nicht überliefert. 23 Die Mehrheit dieser frühen Holzschnittfolgen 24 umfasst nur vierzig Bilder mit kursi­

ven Überschriften, da die Szene des Astronomen fehlt (Abb. 45). 25 Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Abfolge und Bezeichnungen der Motive. 26

Das Kupferstichkabinett Berlin besitzt 23 lavierte Federzeichnungen mit den Bildern des Todes nach Holbein, die als Entwürfe für kleine runde Kabinettscheiben dienten (Abb. 46 – 47). Die Federzeichnungen des Kaisers und des Gebeins aller Menschen [Beinhaus] sind mit der Jahreszahl 1527 versehen. 27 Diese Datierung belegt, dass die Rezeption der sog. Probedrucke bereits in den 1520er­Jahren einsetzte.

Als weitere Werke, die auf Holbeins Bilder des Todes zurückgehen, wies Stephanie Buck franko­flämische Buchmalereien des « 1520s Hours Workshop » 28 nach. Die 1526/1528 datierte September­Miniatur des Doheny­Meisters im Stundenbuch Smith­Lesouëf Ms. 42 29 in Paris zeigt einen pflügenden Bauern und einen Sämann auf einem Feld (Abb. 48). Die Bildkomposition, den pflügenden Bauern und die hügelige Landschaft mit einer Siedlung im Hintergrund übernahm der Buchmaler von Hol­

beins Szene des Ackermanns; die Todesfigur ersetzte er durch den Sämann (Abb.

49). 30 Holbeins Komposition des Ackermanns wurde bei den franko­flämischen Buchmalern für die Illustration des Monatsbilds September bzw. Oktober zur Stan­

dardvorlage. 31 Buck legte dar, dass sich Holbein bei der Gestaltung der Bilder des To-des von früheren franko­flämischen Buchmalereien hatte inspirieren lassen und brachte diese bildlichen Übernahmen mit der Reise des Künstlers nach Frankreich im

44 Buchausgabe «Les simulachres & his-toriées faces de la mort» der Holzschnitt-folge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., Lyon 1538. Aufgeschlagen: fol.

C2 verso / C3 recto. Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett.

45 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., vor 1526. Der Astronom oder Sternenseher. Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett.

49 2 Die verschiedenen Ausgaben

Jahr 1524 32 in Verbindung. Sie illustrierte ihre These mit der seitenverkehrten Sep­

tember­Miniatur des Meisters des Jean de Mauléon im 1524 datierten Stundenbuch Ms. 449 33 in Baltimore (Abb. 50). Den Laute spielenden Liebhaber der Nonne zitierte Holbein aus der Mai­Miniatur 34 derselben Handschrift (Abb. 51 – 52). 35

46 Süddeutsch, lavierte Federzeichnung Der Kaiser, 1527. Staatliche Museen zu Ber-lin, Kupferstichkabinett.

47 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., vor 1526. Der Kaiser. Kunstmuseum Basel, Kupferstichka-binett.

48 Doheny-Meister, September-Miniatur im Stundenbuch Ms. Smith-Lesouëf 42, fol. 13, 1526/1528. Bibliothèque natio-nale de France, Paris.

49 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Hol-bein d. J., vor 1526. Der Bauer. Kunstmuseum Basel, Kupfer-stichkabinett.

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2.3 Die späteren Ausgaben

Zwischen 1538 und 1562 erschienen in Lyon 16 weitere Auflagen der Bilder des Todes nach Holbein. Neun dieser Auflagen enthielten lateinische, fünf französische und je eine italienische und spanische Texte. Frank Petersmann geht davon aus, dass die Drucker für die Motive die originalen Holzstöcke der Erstausgabe von 1538 wieder­

verwendet haben. Er schätzt die Höhe einer Auflage auf 600 Abzüge. 36

Neben den erwähnten 16 Auflagen sind 15 Nachdrucke bekannt, von denen drei zwi­

schen 1546 und 1551 in Venedig und zwölf zwischen 1555 und 1573 in Köln erschie­

nen sind. 37 Die grosse Anzahl der gedruckten Ausgaben lässt auf eine hohe Wert­

schätzung und eine enorme Verbreitung der Holzschnittfolge schliessen. 38 Holbeins Bilder des Todes dienten als Vorlagen für zahlreiche Kopien. 39

Die Brüder Frellon gaben im Jahr 1542 zwei weitere Ausgaben der Holzschnittfolge mit französischen bzw. lateinischen Texten heraus. Sie ersetzten darin die Texte von Vauzel­

les durch reformatorische Anleitungen zur Seelsorge an Kranken und Sterbenden von Urbanus Rhegius und Caspar Huberinus 40 sowie Texte von den Kirchenvätern Cyprian und Chrysostomos. 41 Die französischen Verse wurden von Georg Oemler (lat. Georgius Aemilius) ins Lateinische übersetzt. 42 Die lateinischen Bibelzitate über den Holzschnit­

ten wichen geringfügig von denjenigen in der Ausgabe von 1538 ab. 43 Die lateinische Ausgabe erhielt den Titel Imagines de morte. 44 In der Ausgabe von 1547 wurden erst­

mals acht Holzschnitte mit Szenen veröffentlicht, die von Holbein entworfen, aber von Lützelburger nicht mehr geschnitten worden waren. 45 Sie zeigen folgende Personen der sog. Randgruppe: Bettler, Blinder, Fuhrmann, Räuber, Landsknecht, Spieler, Trunken­

bold und Verrückter (Abb. 53 – 60). 46 Vier weitere Holzschnitte geben spielende Kinder wieder (Abb. 61 – 64). 47 Die Ausgabe von 1562 beinhaltete als neue Ständevertreter die

« junge Gattin » und den « jungen Gatten » sowie zusätzliche Kinder. 48

50 September-Miniatur im 1524 datierten Stundenbuch des Jean de Mauléon. Baltimore, The Walters Art Museum.

51 Mai-Miniatur im 1524 datierten Stun-denbuch des Jean de Mauléon. Baltimore, The Walters Art Museum.

52 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., vor 1526. Die Nonne. Kunstmuseum Basel, Kupferstichka-binett.

53 – 60 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., vor 1526. Die sog. Randgruppe. Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett.

53 Der Bettler. 54 Der Blinde. 55 Der Fuhrmann.

59 Der Trunkenbold. 56 Der Räuber.

60 Der Verrückte.

57 Der Landsknecht. 58 Der Spieler.

51 2 Die verschiedenen Ausgaben

2.3 Die späteren Ausgaben

Zwischen 1538 und 1562 erschienen in Lyon 16 weitere Auflagen der Bilder des Todes nach Holbein. Neun dieser Auflagen enthielten lateinische, fünf französische und je eine italienische und spanische Texte. Frank Petersmann geht davon aus, dass die Drucker für die Motive die originalen Holzstöcke der Erstausgabe von 1538 wieder­

verwendet haben. Er schätzt die Höhe einer Auflage auf 600 Abzüge. 36

Neben den erwähnten 16 Auflagen sind 15 Nachdrucke bekannt, von denen drei zwi­

schen 1546 und 1551 in Venedig und zwölf zwischen 1555 und 1573 in Köln erschie­

nen sind. 37 Die grosse Anzahl der gedruckten Ausgaben lässt auf eine hohe Wert­

schätzung und eine enorme Verbreitung der Holzschnittfolge schliessen. 38 Holbeins Bilder des Todes dienten als Vorlagen für zahlreiche Kopien. 39

Die Brüder Frellon gaben im Jahr 1542 zwei weitere Ausgaben der Holzschnittfolge mit französischen bzw. lateinischen Texten heraus. Sie ersetzten darin die Texte von Vauzel­

les durch reformatorische Anleitungen zur Seelsorge an Kranken und Sterbenden von Urbanus Rhegius und Caspar Huberinus 40 sowie Texte von den Kirchenvätern Cyprian und Chrysostomos. 41 Die französischen Verse wurden von Georg Oemler (lat. Georgius Aemilius) ins Lateinische übersetzt. 42 Die lateinischen Bibelzitate über den Holzschnit­

ten wichen geringfügig von denjenigen in der Ausgabe von 1538 ab. 43 Die lateinische Ausgabe erhielt den Titel Imagines de morte. 44 In der Ausgabe von 1547 wurden erst­

mals acht Holzschnitte mit Szenen veröffentlicht, die von Holbein entworfen, aber von Lützelburger nicht mehr geschnitten worden waren. 45 Sie zeigen folgende Personen der sog. Randgruppe: Bettler, Blinder, Fuhrmann, Räuber, Landsknecht, Spieler, Trunken­

bold und Verrückter (Abb. 53 – 60). 46 Vier weitere Holzschnitte geben spielende Kinder wieder (Abb. 61 – 64). 47 Die Ausgabe von 1562 beinhaltete als neue Ständevertreter die

« junge Gattin » und den « jungen Gatten » sowie zusätzliche Kinder. 48

50 September-Miniatur im 1524 datierten Stundenbuch des Jean de Mauléon. Baltimore, The Walters Art Museum.

51 Mai-Miniatur im 1524 datierten Stun-denbuch des Jean de Mauléon. Baltimore, The Walters Art Museum.

52 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., vor 1526. Die Nonne. Kunstmuseum Basel, Kupferstichka-binett.

53 – 60 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., vor 1526.

Die sog. Randgruppe. Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett.

53 Der Bettler. 54 Der Blinde. 55 Der Fuhrmann.

59 Der Trunkenbold.

56 Der Räuber.

60 Der Verrückte.

57 Der Landsknecht. 58 Der Spieler.

3 Beschreibung

Der Zyklus setzt mit den vier alttestamentlichen Szenen Schöpfung, Sündenfall, Vertrei­

bung aus dem Paradies und Arbeit der ersten Eltern ein (Abb. 65 – 68). Die Beinhausszene zeigt musizierende Skelette vor einem Beinhaus (Abb. 69). Dieses nimmt die Gebeine von Menschen aller Stände auf und symbolisiert deren Gleichheit im Tod. Das Konzert bildet den Auftakt zu den 34 Darstellungen, in denen der personifizierte Tod in hierarchischer Abfolge Menschen verschiedener Stände in ihrem Umfeld begegnet und sie vom Leben abberuft (Abb. 3 – 5, 43, 45, 47, 49, 52, 70 – 95). Im Unterschied zu den mittelalterlichen Totentänzen teilt Holbein den reigenartigen Aufzug der dem Tod geweihten Menschen in voneinander unabhängige Einzelbilder. Der Tod tanzt nicht mehr mit den Menschen, sondern er führt oder reisst sie in ihrer vertrauten Umgebung und bei ihren alltäglichen Verrichtungen aus dem Leben. Den Grundgedanken der mittelalterlichen Totentänze, die Gleichheit aller Ständevertreter vor dem Tod, behält er hingegen bei. Den Abschluss des Zyklus bilden ein Weltgericht und ein Wappen des Todes (Abb. 6 – 7).

63 Drei Knaben mit Trophäen.

61 Drei Kinder mit Pfeil und Bogen und einer Stan­

darte.

64 Bacchantischer Zug.

62 Knabe mit Pfeil und Schild.

61– 64 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., vor 1526. Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett.

67 Die Vertreibung aus dem Paradies. 68 Adam bebaut die Erde.

65 – 68 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., vor 1526. Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett.

65 Die Erschaffung Evas. 66 Der Sündenfall.

53

3 Beschreibung

Der Zyklus setzt mit den vier alttestamentlichen Szenen Schöpfung, Sündenfall, Vertrei­

bung aus dem Paradies und Arbeit der ersten Eltern ein (Abb. 65 – 68). Die Beinhausszene zeigt musizierende Skelette vor einem Beinhaus (Abb. 69). Dieses nimmt die Gebeine von Menschen aller Stände auf und symbolisiert deren Gleichheit im Tod. Das Konzert bildet den Auftakt zu den 34 Darstellungen, in denen der personifizierte Tod in hierarchischer Abfolge Menschen verschiedener Stände in ihrem Umfeld begegnet und sie vom Leben abberuft (Abb. 3 – 5, 43, 45, 47, 49, 52, 70 – 95). Im Unterschied zu den mittelalterlichen Totentänzen teilt Holbein den reigenartigen Aufzug der dem Tod geweihten Menschen in voneinander unabhängige Einzelbilder. Der Tod tanzt nicht mehr mit den Menschen, sondern er führt oder reisst sie in ihrer vertrauten Umgebung und bei ihren alltäglichen Verrichtungen aus dem Leben. Den Grundgedanken der mittelalterlichen Totentänze, die Gleichheit aller Ständevertreter vor dem Tod, behält er hingegen bei. Den Abschluss des Zyklus bilden ein Weltgericht und ein Wappen des Todes (Abb. 6 – 7).

63 Drei Knaben mit Trophäen.

61 Drei Kinder mit Pfeil und Bogen und einer Stan­

darte.

64 Bacchantischer Zug.

62 Knabe mit Pfeil und Schild.

61– 64 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., vor 1526. Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett.

67 Die Vertreibung aus dem Paradies.

68 Adam bebaut die Erde.

65 – 68 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., vor 1526.

Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett.

65 Die Erschaffung Evas.

66 Der Sündenfall.

3 Beschreibung

69 Die Gebeine aller Menschen. 70 Der Papst. 47 Der Kaiser.

73 Die Königin.

71 Der König.

74 Der Bischof.

5 Der Kardinal. 72 Die Kaiserin.

5, 47, 69 – 74 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., vor 1526. Kunstmuseum Basel, Kupferstich-kabinett.

55 3 Beschreibung

75 – 82 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., vor 1526.

Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett.

75 Der Herzog. 76 Der Abt. 77 Die Äbtissin.

81 Der Fürsprecher.

78 Der Edelmann.

82 Der Ratsherr.

79 Der Domherr. 80 Der Richter.

83 Der Prediger. 84 Der Pfarrherr. 85 Der Mönch.

45 Der Astronom oder Sternenseher.

52 Die Nonne.

87 Der Reiche.

86 Die alte Frau. 3 Der Arzt.

3, 45, 52, 83 – 87 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., vor 1526. Kunstmuseum Basel, Kupfer-stichkabinett.

57 3 Beschreibung

4, 43, 88 – 93 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., vor 1526. Kunstmuseum Basel, Kupferstich-kabinett.

88 Der Kaufmann. 89 Der Seefahrer. 90 Der Ritter.

93 Die Edelfrau.

4 Der Graf.

43 Die Herzogin.

91 Der alte Mann. 92 Die Gräfin.

4 Die Stellung der Holzschnittfolge in der Entwicklung der To-tentänze

4.1 Vorbilder

Die Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Holbein stellt einen Höhepunkt in der Entwicklung der bildlichen Totentänze dar. Während sich die Forschung mit der Rezeption des Zyklus auseinandersetzt, 49 sind seine Vorbilder kaum untersucht. 50 So galt die Wiedergabe der Ständevertreter als Einzelszenen lange als eine Neuerung Holbeins. Sie ist aber bereits in den französischen Handschriften Histoire du mors de la pomme 51 aus den 1460er­Jahren und in den französischen Drucken Accidents de l’homme 52 des frühen 16. Jahrhunderts fassbar (Abb. 96 – 98). 53 Caroline Zöhl nann­

te als weitere gemeinsame Merkmale das Fehlen des Tanzmotivs, die Situierung der todgeweihten Menschen in ihrer Umgebung sowie die Einbettung der Szenen in die Heilsgeschichte. Als Unterschiede wies sie auf die fehlende Darstellung der ganzen Gesellschaft (Ständehierarchie) und der Musikinstrumente hin. 54

Holbein nahm in den Bildern des Todes folglich Anregungen dieser französischen Handschriften und Drucke auf und vermischte sie mit Elementen der traditionellen mittel­ alterlichen Totentänze. 55 Die Holz­ schnittfolge erlangte durch den Buch druck eine weite Verbreitung. 56 Hans Reinhardt und weitere Auto­ ren identifizierten den Palast im Hintergrund der Szene der Kaise­ rin als Residenz des französischen Königs Franz I. in Blois und zogen einen Besuch Holbeins während der Reise durch Frankreich im Jahr 1524 in Erwägung (Abb. 99, 72). 57

6 – 7, 49, 94 – 95 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., vor 1526. Kunstmuseum Basel, Kupfer-stichkabinett.

94 Der Krämer. 49 Der Bauer. 95 Das Kind.

6 Das Jüngste Gericht. 7 Das Wappen des Todes.

96 Zwei Holzschnitte mit den Szenen Ent­ hauptung und Tod des Kaisers, in: Stunden-buch für den Gebrauch von Châlons-sur-Marne. Paris, Simon Vostre, um 1512.

97 Holzschnitt mit Szene Der Tod reitet auf einem Ochsen, in: Stundenbuch für den Gebrauch von Reims. Paris, Simon Vostre, 1515. Bibliothèque nationale de France, Paris.

98 Holzschnitt mit Szene Die Pest, in: Ro-bert Gobin, Les Loups ravissans, Paris, Vérard, 1505 –1510. Bibliothèque nationale de France, Paris.

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59 4 Die Stellung der Holzschnittfolge in der Entwicklung der Totentänze

4 Die Stellung der Holzschnittfolge in der Entwicklung der To-tentänze

4.1 Vorbilder

Die Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Holbein stellt einen Höhepunkt in der Entwicklung der bildlichen Totentänze dar. Während sich die Forschung mit der Rezeption des Zyklus auseinandersetzt, 49 sind seine Vorbilder kaum untersucht. 50 So galt die Wiedergabe der Ständevertreter als Einzelszenen lange als eine Neuerung Holbeins. Sie ist aber bereits in den französischen Handschriften Histoire du mors de la pomme 51 aus den 1460er­Jahren und in den französischen Drucken Accidents de l’homme 52 des frühen 16. Jahrhunderts fassbar (Abb. 96 – 98). 53 Caroline Zöhl nann­

te als weitere gemeinsame Merkmale das Fehlen des Tanzmotivs, die Situierung der todgeweihten Menschen in ihrer Umgebung sowie die Einbettung der Szenen in die Heilsgeschichte. Als Unterschiede wies sie auf die fehlende Darstellung der ganzen Gesellschaft (Ständehierarchie) und der Musikinstrumente hin. 54

Holbein nahm in den Bildern des Todes folglich Anregungen dieser französischen Handschriften und Drucke auf und vermischte sie mit Elementen der traditionellen mittel­

alterlichen Totentänze. 55 Die Holz­

schnittfolge erlangte durch den Buch druck eine weite Verbreitung. 56 Hans Reinhardt und weitere Auto­

ren identifizierten den Palast im Hintergrund der Szene der Kaise­

rin als Residenz des französischen Königs Franz I. in Blois und zogen einen Besuch Holbeins während der Reise durch Frankreich im Jahr 1524 in Erwägung (Abb. 99, 72). 57

6 – 7, 49, 94 – 95 Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Hans Holbein d. J., vor 1526. Kunstmuseum Basel, Kupfer-stichkabinett.

94 Der Krämer. 49 Der Bauer. 95 Das Kind.

6 Das Jüngste Gericht. 7 Das Wappen des Todes.

96 Zwei Holzschnitte mit den Szenen Ent­

hauptung und Tod des Kaisers, in: Stunden-buch für den Gebrauch von Châlons-sur-Marne. Paris, Simon Vostre, um 1512.

97 Holzschnitt mit Szene Der Tod reitet auf einem Ochsen, in: Stundenbuch für den Gebrauch von Reims. Paris, Simon Vostre, 1515. Bibliothèque nationale de France, Paris.

98 Holzschnitt mit Szene Die Pest, in: Ro-bert Gobin, Les Loups ravissans, Paris, Vérard, 1505 –1510. Bibliothèque nationale de France, Paris.

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Einzelne formale Übereinstimmungen lassen sich zwischen den Bildern des Todes und dem Basler Totentanz feststellen: Die springende Todesfigur in der Szene der Königin ähnelt derjenigen in der Darstellung des Narren (Abb. 73, 100). 58 Das Skelett im Holzschnitt des Abts hält den Abtsstab mit flatterndem Velum wie das Gerippe in der Darstellung des Kochs den Spiess mit einem Huhn in die Höhe (Abb. 76, 101). 59 Die trommelnde Todesfigur in der Szene der Edelfrau (Ehepaar [32] im Churer Zy­

klus) schliesslich ist mit dem Skelett in der Szene des Waldbruders vergleichbar (Abb. 93, 102). 60 Es handelt sich jedoch nicht um eine Übernahme von Motiven durch Holbein; die Holzschnitte dienten vielmehr Hans Hug Kluber bei der Überarbeitung des Basler Totentanzes im Jahr 1568 als Vorlage. 61

99 Historische Aufnahme der Residenz des französischen Königs Franz I. in Blois, um 1880.

100, 101 Matthäus Merian d. Ä., Radie-rungsfolge des Basler Totentanzes, Ausgabe Basel 1621. Kunstmuseum Basel, Kupfer-stichkabinett.

100 Szene Tod und Narr.

101 Szene Tod und Koch.

61 4 Die Stellung der Holzschnittfolge in der Entwicklung der Totentänze

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich Holbein bei den Entwürfen für die Bilder des Todes mit Vorbildern auseinandersetzte und sich keineswegs scheute, diese zu kopieren. Zu seinem Bildfindungsprozess gehörten laut Ste­

fanie Buck getreue Zitate, Variationen und freie Interpretationen von Vorla­

gen. 62

In den Jahren 1521 bis 1524 stellte Hans Holbein d. J. mehrere Todesmotive dar, wie beispielsweise die Entwürfe für ei­

nen Totentanz auf einer Dolchscheide (Abb. 103) 63 und das sog. Todesalphabet (Abb. 104). 64 Die 24 mit Ständevertre­

tern und Todesfiguren verzierten Initi­

alen weisen verschiedene ikonographi­

sche Bezüge zu den Bildern des Todes auf; 65 die zugehörigen Bibelstellen stim­

men etwa zur Hälfte mit denjenigen in der Holzschnittfolge überein. Als Vorlage zur Schöpfungsszene sei auf den Holzschnitt Die Erschaffung Evas nach Holbein hinge­

wiesen (Abb. 105). 66

4.2 Die Rezeption der Holzschnittfolge mit den Bildern des Todes nach Holbein 67

Die Rezeption der Bilder des Todes begann in den 1520er­Jahren mit den sog. Pro­

bedrucken 68 und setzt sich bis in die Gegenwart fort. Neben den genannten späteren Ausgaben und Nachdrucken der Holzschnittfolge 69 wurde der Zyklus häufig kopiert, wobei die Anzahl und Reihenfolge der Szenen sowie die Inschriften Veränderungen erfuhren. Die einzelnen Motive lehnten sich unterschiedlich eng an die Vorbilder an;

ihre Wiedergabe erfolgte seitenrichtig oder ­verkehrt. Hervorzuheben sind besonders Druckgraphiken, die in mehreren Auflagen erschienen und selbst als Vorlagen dien­

ten. Es entstanden Mischformen, die sowohl Elemente der ursprünglichen als auch der veränderten Darstellungen und Inschriften aufnahmen.

Die Bilder des Todes inspirierten Künstler zu Druckgraphiken, Zeichnungen, Glas­

und Wandmalereien, Textilien, Stuckreliefs und Collagen. Selbst literarische, musika­

lische und filmische Werke gehen auf die Holzschnittfolge zurück. Die Zyklen lassen sich hauptsächlich in den Ländern nördlich der Alpen nachweisen; die drei erwähn­

ten venezianischen Nachdrucke der Holzschnittfolge scheinen in Italien kaum rezi­

piert worden zu sein. 70

102 Matthäus Merian d. Ä., Radierungsfol-ge des Basler Totentanzes, Ausgabe Basel 1621. Szene Tod und Waldbruder. Kunstmu-seum Basel, Kupferstichkabinett.

103 Kopie eines Entwurfs für eine Dolch-scheide mit Totentanz von Hans Holbein d. J., um 1523. Kunstmuseum Basel, Kupferstich-kabinett.

104 Lateinische Grossbuchstaben, sog. Todesalphabet nach Hans Holbein d. J., um 1523. Kunstsammlungen der Veste Coburg.

63 4 Die Stellung der Holzschnittfolge in der Entwicklung der Totentänze

105 Holzschnitt Die Erschaffung Evas nach Hans Holbein d. J., um 1523. Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett.

1 Allgemeines

Der Bildzyklus umfasst 35 Szenen, die Begegnungen von Menschen mit dem Tod zeigen, und sechs Tiere hinter vergitterten Bogenstellungen. 1 Die Darstellungen sind als Grisaillen auf 25 gemauerte Gefache einer ehemaligen Fachwerkwand gemalt. 2 Als Holzart des Rahmenwerks wird Fichte (picea abies) vermutet. 3

Diese Fachwerkwand befand sich im 1. Obergeschoss des südlichen Flügels der bi­

schöflichen Residenz (Abb. 106). Sie verlief in nordwestlich­südöstlicher Richtung und trennte einen schmalen Korridor von einem grösseren Saal. Im Osten erstreckte sie sich bis zu einem Eckzimmer, im Westen knickte sie parallel zur Flucht des Bau­

werks um und winkelte ab. 4

Die gesamte Fläche der Fachwerkwand betrug 15,25 x 3,42 Meter, 5 diejenige eines einzelnen Gefachs durchschnittlich 120 x 90 Zentimeter. Die Balken der Fachwerk­

wand waren mit horizontalen und vertikalen Brettern verkleidet, die mit lateinischen Inschriften versehen, ornamentiert, gemasert oder unverziert belassen sind.

Friedrich Salomon Vögelin veröffentlichte 1878 eine « Uebersicht über die Wand­

Friedrich Salomon Vögelin veröffentlichte 1878 eine « Uebersicht über die Wand­