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Interviewverfahren zur Erfassung der subjektiven kognitiven Beschwerden

4. Methodische Grundlagen

4.1 Interviewverfahren zur Erfassung der subjektiven kognitiven Beschwerden

wurden, um sowohl qualitative als auch quantitative Aspekte von SCD samt der in der Literatur beschriebenen Charakteristika zu erfassen.

Das halboffene leifadenstrukturierte Interview der ersten beiden Studien (Studie I u. II) wurde aufbauend auf den in der Arbeit von Rachel Buckley induktiv extrahierten SCD- Kategorien gebildet. Als Eingangsfrage diente die Formulierung: „Welche geistigen Veränderungen haben Sie mit dem Altern bemerkt?“. Nach dem Freibericht wird der Fokus auf konkrete Beispiele sowie den Belastungsgrad dieser Symptome gelegt, um dann mit dem vom Patienten zu dem als am meisten belastend wahrgenommenen Symptom vertiefende Fragen zu stellen. Dieser Fragenzyklus wurde mit zwei Veränderungen durchgeführt, die der Patient als störend bewertete.

Das Interview, das im Rahmen der DELCODE-Studie zur Anwendung kommt (Studie III), ist strukturierter und wurde aufbauend auf die SCD-Plus-Kriterien entwickelt. Das Interview beginnt angelehnt an ein diagnostisches Gespräch mit einem Arzt mit der offenen Frage: „Haben Sie in den letzten Jahren Veränderungen Ihrer geistigen Leistungsfähigkeit bemerkt? Können Sie mir dazu Beispiele aus dem Alltag nennen?“. Ziel dieser Frage ist es, einen möglichst spontanen Bericht der Testperson über selbst wahrgenommene, besonders auffällige Veränderungen zu erhalten. Im nachfolgenden Teil stellt der befragende Studienarzt fünf Hauptfragen zum Thema Gedächtnis, Wortfindung, Planen, Konzentration und sonstige kognitive Bereiche. Wird eine dieser Hauptfragen bejaht, werden zu jeder der bejahten Hauptfragen vier Nachfragen gestellt, die sich auf wahrgenommene Sorgen, den Beginn der Symptomatik, den Vergleich mit Gleichaltrigen und mögliche ärztliche Konsultationen beziehen.

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Im zweiten Teil des SCD-Interviews wird die Begleitperson befragt. Auch diese erhält die fünf Hauptfragen zu den oben genannten kognitiven Domänen sowie eine zusätzliche sechste Frage nach Veränderungen im Verhalten oder der Persönlichkeit.

Die Patienteninterviews aus Studie I und II wurden von der Verfasserin dieser Arbeit (LM) in der Gedächtnisambulanz des Universitätsklinikums Bonn sowie der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik Bonn im Rahmen der neuropsychologischen Diagnostik durchgeführt. Gesunde Kontrollpersonen wurden im Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE im Rahmen einer Normierungsstudie interviewt.

Interviews für Studie III wurden von Studienärzten im Rahmen der DELCODE-Studie an den Standorten Berlin, Bonn, Köln, Göttingen, Magdeburg, München, Rostock und Tübingen durchgeführt. Die seit dem Jahr 2014 am DZNE laufende DELCODE-Studie ist eine multizentrische longitudinale Studie, die sich mit der Früherkennung von kognitiver Beeinträchtigung und Demenz bei Risikogruppen und Personen in frühen Krankheitsstadien beschäftigt. Eingeschlossen werden gesunde Kontrollprobanden, Patienten mit SCD, leichten Gedächtnisstörungen und leichter Demenz. Die Studie umfasst etwa 1000 Probanden mit jährlichen Untersuchungsterminen. Die Patienten wurden über Gedächtnisambulanzen der zehn teilnehmenden Standorte gewonnen. Neben einer ausführlichen klinischen Diagnostik, dem SCD-Interview und einer neuropsychologischen Untersuchung werden u. a. auch MRT- und CSF-Daten erhoben, wobei letztere in Studie III in Zusammenhang mit den Interviewdaten analysiert werden. Zum Zeitpunkt der Analyse wurde ein Interim-Baseline-Datensatz verwendet. Die in den Studien eingesetzten Interviews sind in Tabelle 6 abgebildet.

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Tabelle 6. SCD-Interviewfragen

Studie I & II

Semi-strukturiertes Interview Theoretischer Hintergrund

Welche geistigen Veränderungen haben Sie mit dem Altern bemerkt?

Erzählen Sie doch mal.

Was genau meinen sie damit? / Können sie ein konkretes Beispiel aus ihrem Alltag nennen?

Gibt es noch andere Bereiche ihrer geistigen Leistungsfähigkeit in denen ihnen Veränderungen auffallen?

Was empfinden sie als besonders störend? / besonders bedeutsam?

Wann und wo ist (...) in ihrem Alltag das letzte Mal vorgekommen? Relative Abwesenheit von räumlich-zeitlichen Kontextinformationen1

Wie häufig kommt (...) vor?

Kommt (...) häufiger als früher vor?

Erhöhte Häufigkeit von Gedächtnisaussetzern1

Kommt (...) nur in besonderen / speziellen Situationen vor oder ist dies ein generelles Problem? Situationsbezogene Fehler/Aussetzer1

Kommt (...) in Situationen vor, in denen sie abgelenkt waren oder in denen sie abgelenkt wurden? Aufmerksamkeitsschwankungen und Vagheit1

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Semi-strukturiertes Interview Theoretischer Hintergrund

Tritt (...) NUR in Situationen auf, in denen sie sich stark emotional belastet fühlen? Einfluss von Affekten auf die Gedächtnisstörung1

Haben sie den Eindruck, dass (...) zugenommen hat? /Können sie den Verlauf beschreiben? Voranschreiten der Erkrankung1

Glauben Sie, dass diese Veränderung über eine normale, ihrem Alter entsprechend zu erwartende Veränderung, hinausgeht?

Macht ihnen (...) Sorgen? / Welche Sorgen konkret? Eine Empfindung der Predomination und wachsende

Sorgen über Gedächtnisstörungen1 Wie war ihre erste emotionale Reaktion als sie (...) zum ersten Mal bemerkt haben? Einfluss der Gedächtnisstörungen auf Affekte1

Wie helfen sie sich, wenn (...) auftritt?

Waren sie mit dieser Strategie erfolgreich?

Aufwändige Bewältigungsstrategien1

Gibt es eine Person, an die sie sich wenden in solchen Situationen? / Suchen sie Hilfe? Abhängigkeit1

62 Studie III

DELCODE SCD Interview Theoretischer Hintergrund

Haben Sie in den letzten Jahren Veränderungen Ihrer geistigen Leistungsfähigkeit gemerkt? Können Sie mir dazu Beispiele aus dem Alltag nennen?

Ist Ihr Gedächtnis schlechter geworden?

Müssen Sie häufiger nach Wörtern suchen als früher?

Haben Sie zunehmende Schwierigkeiten beim vorausschauenden Planen oder beim Einhalten von Ordnung?

Machen Sie vermehrt Fehler, wenn Sie sich nicht voll auf eine Sache konzentrieren?

Haben Sie eine Verschlechterung in anderen geistigen Leistungen bemerkt?

Angelehnt an die Kognitiven Domänen im DSM-52:

Lernen und Gedächtnis

Sprache / Wortfindung

Organisations-/Planungsfähigkeit

Aufmerksamkeit / Konzentration

Andere kognitive Störungen

Soziale Kognition (nur in der Fremdanamnese)

Falls ja, macht ihnen das Sorgen? SCD-Plus Kriterium3

Falls ja, wann hat die Verschlechterung begonnen? SCD-Plus Kriterium3

Falls ja, ist Ihre Leistung in diesem Bereich schlechter als bei anderen Ihres Alters? SCD-Plus Kriterium3 Falls ja, haben Sie deshalb schon mal einen Arzt aufgesucht oder mit Ihrem Arzt über diese Probleme

gesprochen (vor der Vorstellung in der Gedächtnisambulanz)?

Wann das erste Mal?

Anmerkung. SCD = Subjective Cognitive Decline. 1 =Qualitative Kategorien (R. F. Buckley, Ellis, et al., 2015); 2 =DSM-5 Domänen (American Psychiatric Association, 2013); 3 = SCD-Plus Kriterien nach (Molinuevo et al., 2017).

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