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Kapitel 1: Das Phänomen Hacker: Geschichte und Begriffsbestimmung

B. Internet

Das eigentliche und beliebteste Betätigungsfeld derjenigen Personen, die sich mit dem Eindringen in fremde Datenbereiche beschäftigen, ist heutzutage und auch in Zukunft das Internet. Das Internet ist weltweit bequem über Telefonleitungen erreichbar und fast alle wichtigen Institutionen und Wirtschaftsunternehmen sind daran angeschlossen.

Damit stellen die daran beteiligten Systeme ein ideales Angriffsziel für Hacker dar.

Im Folgenden soll daher die Entwicklung des Internet und die Funktionsweise in kurzer Form erläutert werden. Was genau ist das Internet? Das Wort „Internet“ setzt sich aus zwei Teilen zusammen, nämlich aus „inter“ (lateinisch für „zwischen“) und „net“, der

15 Vgl. Der Spiegel, Lauscher im Datenreich, 36/1996, 194 ff.

Abkürzung für „networking“ (englisch für „vernetzen“).16 Im Computerbereich bedeutet

„Internet“ die Vernetzung von Computernetzen. Lokale Netzwerke (LAN17), die sich zumeist auf ein Gebäude beschränken oder sich zumindest auf einem Betriebsgelände befinden, werden vernetzt zu Weitbereichsnetzen (WAN18). Das Internet ist damit im ursprünglichen Sinn ein sehr großes, weltweites WAN, welches LANs und kleinere WANs verbindet.19

Die Ursprünge des Internet sind in der Zeit des Kalten Krieges zu finden. Nachdem man während der Kubakrise 1963 nur sehr knapp einem Krieg entgangen war, wurden in den USA verstärkt Studien über den möglichen Ablauf eines thermonuklearen Krieges und seine Auswirkungen auf Truppen und Zivilbevölkerung in Auftrag gegeben. Besondere Beachtung fand das Problem, wie sich ein Land während und nach einem solchen Krieg organisieren und reorganisieren läßt.

Eine dieser Studien befaßte sich mit der Frage, wie sich die zahlreich über das ganze Land verstreuten Rechner des Militärs und der Zivilverwaltung so miteinander vernet-zen ließen, daß es möglich wäre, auch noch nach einer nuklearen Auseinandersetzung der beiden Supermächte über weite Strecken Informationen auszutauschen. Die theore-tische Lösung des Problems wurde 1964 veröffentlicht. Die damit verbundenen Vorga-ben waren revolutionär:

- Das Netzwerk dürfe keine zentrale Aufsicht haben, sie wäre sofort ein Angriffs-punkt des Gegners; mithin müsse jeder Knoten im Netz gleichwertig zu jedem ande-ren Informationen aussenden, weitergeben und empfangen können.

- Die Netzwerkprotokolle würden von Beginn an so entworfen, als wäre das Netz schon beschädigt und unzuverlässig.

- Die Nachrichten selbst würden in Pakete zerlegt, jedes einzelne mit dem Bestim-mungsort versehen und auf den Weg geschickt, ohne daß der genaue Weg des ein-zelnen Paketes bekannt war.

Nach diesen Prinzipien errichtete man in Großbritannien ein erstes Testnetz. Von die-sem ersten Schritt in England angeregt, beschloß das DOD (Department of Defense, Verteidigungsministerium) eine seiner Projektgruppen, die ARPA (Advanced Research

16 Anders Grieser/Irlbeck, Computerlexikon, S. 461. Diese bezeichnen den Begriff „Internet“ als Abkürzung für „International Network“. Das ist heute im Ergebnis ebenso vertretbar.

17 Abkürzung für „Local Area Network“.

18 Abkürzung für „Wide Area Network“.

19 Grieser/Irlbeck, Computerlexikon, S. 461.

Projekt Agency, gegründet 1957 als Reaktion auf die sowjetische Raumsonde Sput-nik20) bei der Errichtung eines größeren Projektes zu finanzieren. Die damals größten und schnellsten Rechner sollten über ein solches Netz verbunden werden.

Daher plante im Jahre 1966 das zur ARPA gehörige Information Processing Techniques Office, alle Computerzentren der ARPA, die über das gesamte Land verteilt waren, mit-einander zu verbinden. Ziel war dabei, auch verschiedenartige Rechner mitmit-einander zu koppeln. Im Herbst 1969 wurde dieses Vorhaben verwirklicht. Das Netz wurde ARPA-NET genannt und bestand aus vier Knoten21: Die University of California in Los Ange-les, das Stanford Research Institute, die University of California in Santa Barbara und die University of Utah.

Die beteiligten Rechner waren von verschiedenen Herstellern und verwendeten unter-schiedliche Betriebssysteme. Es gelang jedoch, diese Rechner zunächst über speziell angepaßte Netzwerkprogramme zu verbinden, später mit Hilfe eines an die Rechner angeschlossenen Minicomputers, des sog. „Interface Message Processor“, der die Kommunikation der Rechner mittels eines einheitlichen Programms übernahm. Hiermit gelang es zum ersten Mal unterschiedliche Rechnersysteme miteinander zu verbinden.

Dies war ein großer Schritt in Richtung Internet.

Die ersten beiden Anwendungen des ARPANET, „telnet“22 und „ftp“23 wurden nicht übermäßig genutzt. Das änderte sich jedoch mit einer Erfindung im Jahre 1972, einer Software zum Versenden und Empfangen elektronischer Post, die über das ARPANET transportiert wurde: die E-mail, bis heute eine „power application“ des Internet.

Das ARPANET wurde beliebt, so daß nach dessen Vorbild weitere Netze entstanden.

Auch gab es Netze, die völlig anders aufgebaut waren als das ARPANET. Die ARPA war bestrebt, die technisch unterschiedlichsten Netzwerke miteinander zu verbinden.

Das Problem war jedoch, daß Computer und Netze miteinander kommunizieren sollten, ohne eigentlich kompatibel zu sein. Dafür war es notwendig, sich auf ein einheitliches Datenformat und eine einheitliche Methode der Verbindungsherstellung zu einigen. So wurde 1974 das „Transmission Control Protocol / Internet Protocol“ (TCP/IP)

20 Hier sollte auf den zeitweisen technischen Vorsprung der Sowjetunion reagiert werden.

21 Englisch: nodes.

22 Mit diesem Übertragungsprotokoll kann ein ans Netz angeschlossener Rechner ferngesteuert wer-den (vgl. Grieser/Irlbeck, Computerlexikon, S. 873).

23 Abkürzung für „File Transfer Protocol“. Mit diesem Protokoll können Dateien von einem Rechner über das Internet zu einem anderen übertragen werden, unabhängig von deren Betriebssystem oder der Art der Verbindung (vgl. Grieser/Irlbeck, Computerlexikon, S. 375).

führt. Aufgrund seiner Zuverlässigkeit und der Tatsache, daß es kostengünstiger als andere Protokolle in ein System integriert werden konnte, wurde TCP/IP zunehmend eingesetzt. Im Jahre 1983 wurde es in verschiedene Versionen des gerade in Netzwer-ken verbreiteten Betriebssystems UNIX integriert. Da TCP/IP frei verfügbar war, wurde es bald auch auf andere Plattformen portiert, so daß man heute von der Familie der TCP/IP-Protokolle spricht.24 Verschiedene nationale und internationale Wissenschafts-und Forschungsnetze konnten über TCP/IP verbWissenschafts-unden werden. Innerhalb dieser Netz-werke kann sehr wohl ein anderes Protokoll verwendet werden, es muß dann aber eine Schnittstelle25 vorhanden sein, über die der Datenverkehr mit anderen Netzen abgewik-kelt werden kann. Diese Kommunikationsprotokollfamilie stellt bis heute ein Grund-pfeiler des Internet dar.

Die meisten der damaligen Netzwerke waren nur zur Verwendung für eine kleine An-zahl von Nutzern gedacht, da sie nur mit bestimmten Absichten gebaut wurden. Nach und nach setzte sich jedoch das Anliegen durch, daß der Netzwerkzugang zumindest allen hochqualifizierten Nutzern gewährt werden sollte, ungeachtet ihres Forschungsbe-reichs. Im Zuge dieser Entwicklung wurde das ARPANET, welches schon vorher in zwei Teilnetze, ein ziviles und ein militärisches (das sog. Milnet) aufgeteilt worden war, im Jahre 1990 abgeschaltet und durch das Netzwerk der National Science Foundation (NSFNET) ersetzt.

Vorhandene Computernetze außerhalb der USA, wie das deutsche Forschungsnetzwerk WiN, das seit 1990 deutsche Universitäten miteinander verband, schlossen sich nach und nach dem NSFNET an: die ersten waren Kanada, Dänemark, Finnland, Frankreich, Island, Norwegen und Schweden. Ein Jahr später folgten Deutschland, Japan, die Nie-derlande und das Vereinigte Königreich (UK).

Die Entwicklung des Internet zu einem Massenmedium ist jedoch der Erfindung des WWW26 zu verdanken. 1991 entwickelte Tim Berners-Lee am Genfer CERN-Institut das Hyperlink-System, um Dokumente mit einem Inhalt, der für mehrere Forschungsbe-reiche interessant sein könnte, allen Interessierten zugänglich zu machen: Internet-Seiten konnten von nun an mit Hyperlinks27 versehen werden. Durch einen einzigen Tastendruck oder Mausklick konnten Benutzer so von einer Internet-Seite zur nächsten springen und damit durch das gesamte Netz „surfen“. Jede Seite konnte mit jeder

24 Es sind ca. 100.

25 In diesem Zusammenhang „Gateway“ genannt.

26 World Wide Web, übersetzt: Weltweites Netz.

27 Elektronische Verweise auf andere Seiten.

bigen anderen verknüpft werden, ungeachtet der Entfernung, bzw. der geographischen Lage des Rechners von dem aus die Seite abgerufen werden sollte, oder anderer Vor-aussetzungen. Es erlaubte damit den Zugriff auf Dokumente, die auf über die ganze Erde verteilte Rechner gespeichert sind, ohne daß der Anwender sich Gedanken über die Art des Rechners oder dessen Konfiguration zu machen brauchte.

In WWW-Dokumenten können heute nicht nur Texte implementiert werden, sondern jegliche in digitalisierter Form gespeicherte Daten. So können digitalisierte Videos, Sprachdateien und auch animierte Grafiken in WWW-Dokumente integriert werden.28 Um diese Dokumente aufrufen zu können, muß ein bestimmtes Programm auf den Rechner geladen werden, ein sog. Browser29. Er übernimmt die Aufgabe, die ange-klickten Seiten zu suchen und diese auf dem Bildschirm des Nutzers aufzubauen und sichtbar zu machen.

Mit Hilfe des WWW erregt das Internet in der Öffentlichkeit ungeahnte Aufmerksam-keit. Private Online-Dienste und Internet Service Provider (ISP) entstehen, die gegen Entgelt einen Zugang zum Internet für die Allgemeinheit über das Telefonnetz anbieten, während die Werbewirtschaft das World Wide Web als ideale Werbeplattform entdeckt.

Das Web breitet sich immer mehr aus und entwickelt sich zum wichtigsten Dienst im Internet und überholt im Laufe des Jahres 1996 das Datenaufkommen aller FTP-Verbindungen.

Neueste Entwicklungen führen zu einer weiteren Kommerzialisierung des Internet. So entstehen beispielsweise zahlreiche Internet-Warenhäuser und elektronische Auktions-plattformen oder das sog. Online-Banking, bei dem der Bankkunde seine Geschäfte über das Internet erledigen kann, bis hin zum Ordern von Aktien30. Dies kann alles un-ter den schillernden Begriff des e31-Commerce gefaßt werden. Das Internet wird für das tägliche Leben immer wichtiger. Gerade die Sicherheit im Internet ist daher ein ge-wichtiger Faktor in der heutigen Gesellschaft.

28 Grieser/Irlbeck, Computerlexikon, S. 988.

29 Englisch;übersetzt: Schmöker- oder Stöberprogramm.

30 Sog. online-brokerage.

31 Abkürzung für „electronic“; „Commerce“ übersetzt: „Handel“.