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internationaler Standards bestehen

Im Dokument Bildung und Demokratie (Seite 156-162)

Neben internationalen Standards für Menschen- und Gewerkschaftsrechte, die von den Vereinten Nationen und der Internationalen Arbeitsorganisation (ilo) geschützt werden, gibt es auch weltweite Standards für den Lehrberuf. Diese Standards wurden in der ilo/unesco-Empfehlung zum Status der Lehrerin-nen und Lehrer (1966) und der unesco-Empfehlung zum Status des Hochschulpersonals (1997) festgelegt.

Diese Empfehlungen enthalten die maßgeblichsten globalen Standards für den Lehrberuf und sind heute vielleicht sogar noch wichtiger als zum Zeitpunkt ihrer Verabschiedung.

Gewerkschaftliche Rechte sowie Eigenständigkeit und Professionalität von Lehrkften

Vor zehn Jahren galten graduierte Hochschulassistent:innen an privaten Universitäten in den usa laut National Labor Relations Board (nlrb), die offizielle Regulierungsstelle für Arbeitsbezie-hungen in der Privatwirtschaft, nicht als Angestellte. So war es ihnen nicht gestattet, 2014 eine Gewerkschaftsgruppe an der Brown University zu gründen. Die United Auto Workers (uaw), die größte Gewerkschaft, die Hochschulassistent:innen in den usa vertritt, verfasste eine Beschwerde, die beim ilo-Ausschuss zur Vereinigungsfreiheit (cfa) eingereicht wurde.

Der ilo-Ausschuss kam zu der Ansicht, dass die Regulierungs-stelle nlrb den Hochschulassistent:innen das Recht auf Vereini-gung nicht hätte verweigern dürfen. In einem ähnlichen Fall an der Columbia University 2016 revidierte die nlrb ihren Standpunkt und räumte den dort Beschäftigten das Recht ein, Gewerkschaften zu gründen und diesen beizutreten sowie Tarif-verhandlungen zu führen. Seit dieser Entscheidung haben sich tausende Hochschulassistent:innen an privaten Universitäten gewerkschaftlich organisiert und verfügen über Tarifverträge.53

Internationale Standards sind universell und leiten sich von demokratischen Werten ab. Sie sind das Bindeglied zwischen Arbeitsbeziehungen und menschenwürdigen Gesellschaften. Wenn internationale Standards verstanden und genutzt werden, können mit ihrer Hilfe auch Rechte und Standards auf nationaler Ebene durchgesetzt werden. Auf jeden Fall sind sie eine maßgebliche Referenz für Menschen-rechte und Demokratie. Für den Lehrberuf gibt es drei wich-tige internationale Dokumente:

53 Fall Nr 2547 (USA), im 38. Bericht des ILO-Ausschusses zur Vereinigungsfreiheit, Paragraph 34 und 35 https://www.ilo.org/dyn/normlex/en/

Die 1966 veröffentlichte ilo-/unesco-Empfehlung zum Status von Lehrkräften (an Grund- und Sekundarschulen), die Normen für berufliche Eigenständigkeit, Beschäftigungsbe-dingungen, akademische Freiheit und viele andere Aspekte festlegt.54

Die 1997 veröffentlichte unesco-Empfehlung zum Status des Hochschulpersonals beschäftigt sich zum Großteil mit denselben Themen, betont aber besonders den Schutz der akademischen Freiheit. Außerdem wird die Rolle der Hoch-schullehrer:innen für verantwortungsbewusstes Handeln hervorgehoben.55

Auch wenn Erzieher:innen der frühkindlichen Bildung weder in der Empfehlung von 1966 noch in der Empfehlung von 1997 erfasst sind, finden sich ähnliche Schutzvorgaben für sie in den ilo-Leitlinien zur Förderung menschenwürdiger Arbeit für Beschäftigte in der frühkindlichen Bildung (2013).56

Alle drei Dokumente betonen, wie wichtig die Teilhabe von Lehrerorganisationen an Diskussionen und politischen Entscheidungen für ihren Berufsstand und Arbeitsbereich ist. Leider werden die guten Praktiken, die in diesen Empfeh-lungen enthalten sind, in aktuellen Reformdebatten oft nicht beachtet, obwohl sie gerade in solchen politischen Kontexten besonders wichtig sind.

Obwohl die unesco-Empfehlung zum Status des Hoch-schulpersonals vor gut 20 Jahren verabschiedet wurde,

54 Die ilo/unesco-Empfehlung zum Status der Lehrerinnen und Lehrer 1966 finden Sie hier: https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000160495 55 Die unesco-Empfehlung zum Status des Hochschulpersonals von 1997 finden Sie

hier: http://portal.unesco.org/en/ev.phpURL_ID=13144&URL_DO=DO_TOPIC&

URL_SECTION=201.html

56 Die ilo-Leitlinien zur Förderung menschenwürdiger Arbeit für Beschäftigte in der frühkindlichen Bildung und Erziehung finden Sie hier: https://www.ilo.org/

sector/Resources/codes-of-practice-and-guidelines/WCMS_236528/lang--en/

index.htm

haben sich die Bedingungen für viele Dozent:innen seitdem verschlechtert. In vielen Ländern ist die Arbeit unsicherer und prekärer geworden. Derartige Arbeitsbedingungen bedrohen die akademische Freiheit und selbstbestimmtes und verant-wortungsbewusstes Handeln. Sogar grundlegende Gewerk-schaftsrechte wahrzunehmen kann schwierig werden, wenn man einen befristeten Vertrag hat und nicht weiß, ob dieser verlängert wird.

Die Empfehlungen von 1966 und 1997 werden von einer gemeinsamen Expertengruppe der ilo und unesco über-wacht. Ein solches Überwachungsgremium für Empfehlungen ist beispiellos. Es räumt diesen damit einen besonderen Stel-lenwert ein und ermöglicht es, Beschwerden beim Experten-ausschuss zur Umsetzung der Empfehlungen für Lehrpersonal (Committee of Experts on the Application of the Recommen-dations concerning Teaching Personnel, ceart) einzureichen und diesem alle drei Jahre Vorschläge zu machen.

Es gibt eine Reihe weiterer internationaler Standards, die für die Freiheit der Lehrkräfte von grundlegender Bedeutung sind. Dabei handelt es sich um Menschenrechtskonventionen, die die Rechte von Arbeitnehmer:innen zur Gründung von Gewerkschaften, zu ihrem Beitritt sowie zur Beteiligung an Tarifauseinandersetzungen schützen. Überwacht werden sie von der Internationalen Arbeitsorganisation (ilo). Organisa-tionen wie die Bildungsinternationale, aber auch nationale Bildungsgewerkschaften und Gewerkschaftsbünde, können bei Verstößen gegen Grundsätze wie Vereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen, die häufig als »Gewerkschafts-rechte« bezeichnet werden, Beschwerde beim ilo-Ausschuss zur Vereinigungsfreiheit (cfa) einreichen.

Dank dieser Rechte können Menschen eine Vielzahl weite-rer Rechte wahrnehmen. Mit Hilfe von Gewerkschaftsrechten

können Lehrer:innen ihren Beruf und damit das Recht auf Bildung verteidigen. Gewerkschaftsrechte sind die Grund-lage für Aktionen am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft.

Sie sind von grundlegender Bedeutung für die Demokratie und schaffen Raum zur Gründung weiterer zivilgesellschaft-licher Organisationen.

Die Standards sind jedoch nicht auf die ilo und die unesco beschränkt. Auch das un-Hochkommissariat für Menschen-rechte spielt eine wichtige Rolle, wenn es um die Verteidi-gung der Menschenrechte und öffentliche Aufmerksamkeit bei Übergriffen von Regierungen geht. Gleichzeitig ist es darum bemüht, diejenigen zu schützen, die die Menschen-rechte verteidigen. Dafür verfügt das un-Hochkommissariat über unabhängige Sonderberichterstatter:innen, die an Orte gehen, an die andere sich nicht wagen. Einer dieser Sonder-berichterstatter gab z.B. bemerkenswerte Einblicke in das menschliche Leid unter dem Totalitarismus in Nordkorea.

Eine umfangreiche un-Menschenrechtsmission in Burma, dem heutigen Myanmar, deckte Menschenrechtsverstöße auf, machte diese international bekannt und unterstützte so den Wandel in dem Land.

Kinderrechte sind ein weiteres Gebiet, das von Menschen-rechtsgremien aktiv verfolgt wird und für Lehrkräfte und andere im Bildungswesen Engagierte von Bedeutung ist.

Die un-Kinderrechtskonvention (uncrc) von 1989 enthält die ausführlichsten und umfassendsten Darlegungen und Schutzvorgaben für die Rechte von Kindern. Sie ist ein beein-druckendes Beispiel für die Fortschritte der Menschheit bei der Anerkennung und Verteidigung von Kinderrechten. Das Über-einkommen gehört in jede Gemeinde und in jeden Klassenraum.

Es gibt noch viele weitere Menschenrechtsstandards, die für Lehrkräfte und andere Beschäftige im Bildungsbereich

bedeutsam sind. Allzu häufig werden diese nur halbher-zig umgesetzt, aber nichtsdestotrotz sind es gültige Stan-dards, die für die besten Absichten der Menschheit stehen.

Die Institutionen, die mit der Verteidigung dieser Rechte beauftragt sind, sind wichtig und nicht auf Regierungen und das un-System beschränkt. Eine der weitreichendsten und wirksamsten Einrichtungen zur Verteidigung der Menschen-rechte, zu denen auch Arbeitnehmerrechte gehören, ist der Europarat als regionale Menschenrechtsinstitution.57

Der Kampf für die Freiheit der Arbeitnehmer:innen, wie auch für die Bildung und den Bildungsberuf, ist eng mit inter-nationalen Standards und Grundsätzen verbunden. Leider sind viele dieser internationalen Standards nicht gut bekannt, nicht einmal unter Beschäftigten im Bildungswesen. Und selbst wenn sie bekannt sind, werden sie häufig von Regie-rungen missachtet oder in Frage gestellt. Bildungsgewerk-schaften und andere GewerkBildungsgewerk-schaften tragen Verantwortung für diese Standards.

57 Siehe https://www.coe.int/en/web/portal

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