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13 Die Schule für die Gemeinschaft öffnen

Im Dokument Bildung und Demokratie (Seite 88-92)

Schulen sind keine Inseln. Oder wie es in einem afrikani-schen Sprichwort heißt: »Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf«. Kinder auf eine integrative, demokratische Gesellschaft vorzubereiten ist eine pädagogische Herausforde-rung. Diese kann erfolgreich gemeistert werden, wenn Schulen Eltern und die örtlichen Gemeinden, in denen sie tätig sind, einla-den, dazu beizutragen.

Partnerschaften mit kommunalen Einrichtungen und Initia-tiven, Unternehmen und lokalen Behörden können nicht nur dabei helfen, die Bildungsziele der Schule zu erreichen, sondern auch das Engagement der Gemeinde für die öffentliche Schule stärken und die Demokratie vor Ort fördern.

Sichere und offene Schulen

»Als in Südafrika noch keine Demokratie herrschte, war das Schulsystem ein Instrument, um die Menschen zu trennen und Werte von Überlegenheit und Unterlegenheit zu vermit-teln. Schwarzen wurde beigebracht, Weiße als überlegen zu betrachten. Die Schulen gaben wieder, was die herrschenden Weißen wollten. Sie waren Hilfsmittel der Unterdrückung.

Ab 1994, als es Ziel wurde, Schulen zum Teil einer multieth-nischen Gemeinschaft zu machen, begannen Eltern sich am Schulleben zu beteiligen und in den Leitungsgremien zu enga-gieren. Die Vorstellungen von Achtung und Fleiß haben sich seit 1994 gewandelt. Den Schüler:innen wird nun vermittelt, nicht nur Weiße, sondern alle gleichermaßen zu achten, und Fleiß bedeutet nicht mehr Arbeit für deinen Herrn, sondern Aus- schöpfen deines Potenzials und Einsatz für deine Gemeinde«33

Die Grundlagen und Prozesse von Bildung und Demokra-tie sind miteinander verbunden. Dort, wo das Schulsystem missbraucht wurde, um eine undemokratische und repressive Politik durchzusetzen, ist die Neugestaltung von Schulen im Sinne der Achtung der Menschenrechte unerlässlich. Zugleich sind diese Prozesse für alle Schulen wichtig, unabhängig von der Vergangenheit.

Demokratie im Schulsystem muss für jede Generation neu geschaffen werden. Tag für Tag geben Lehrer:innen Werte wie Gleichheit, Teilhabe und Verantwortung an ihre Schüler:innen weiter. Auf Schüler:innen, wie auch insge-samt auf die Gemeinden, können Schulen positiven Einfluss haben. Auf Menschenrechten beruhenden Werte – auch wenn sie allgemeingültig sind – gedeihen besonders gut,

33 Nkosana Dolopi, stellv. Generalsekretär der South African Democratic Teachers’ Union, beschreibt einen fundamentalen Wandel in den Beziehungen zwischen Schulen und der Gemeinschaft, seit sein Land 1994 die Apartheid abgeschafft hat und eine Demokratie wurde.

wenn sie fest in der Gemeinde verwurzelt sind und lokale Gepflogenheiten berücksichtigen.

Wo Kinder an Schulen auf Menschenrechten basierende Werte und demokratische Abläufe erlernen und einüben, bedarf es der Flexibilität, pädagogischen Gestaltungsfreiheit und Einsatzfreude von Lehrkräften. Zu häufig versuchen Reformer, ein Bildungssystem mit Managementmethoden zu entwickeln, bei denen diese Werte nicht unbedingt berück-sichtigt werden. Standardisierungen, die den Wunsch politi-scher Entscheidungsträger nach einfachen und preiswerten Lösungen widerspiegeln, nehmen oft keine Rücksicht auf vorhandene Erfahrungen vor Ort, wie die von Lehrkräften und anderen Beschäftigten im Bildungsbereich.

Die Gefahr eines »Einheitsmodells für alle« besteht in der Bildung nicht nur darin, dass auf besondere pädagogi-sche Herausforderungen nicht eingegangen werden kann, sondern dass Bildung ihrer lokalen Verwurzelung beraubt zu werden droht. Um jedoch Erfolg zu haben, muss Bildung mit der Gemeinschaft verbunden sein. Schulen sind Teil der Gemeinschaft und sollten daher mit ihr leben, wachsen und sich entwickeln.

In Europa gibt es Initiativen, um Schulen und Gemeinden einander näherzubringen. Eine dieser Initiativen ist das von der eu finanzierte Projekt »Offene Schulen für offene Gesell-schaften«34 Aufgabe des dreijährigen Projektes (2018 – 2020) ist »die Transformation von Schulen in innovative Ökosys-teme …, für die Lehrer:innen, Schüler:innen und die lokale Gemeinde gemeinsam Verantwortung tragen … und von denen alle durch mehr Wissenschaftskapital der Gemein-den und eine verantwortungsvolle Bürgerschaft profitieren«.

Die Lehrkräfte sind dazu aufgefordert, mit der Gemeinde, den Eltern, Unternehmen und politischen Entscheidungsträgern

zusammenzuarbeiten, um ihre Schüler:innen zu verantwor-tungsbewussten Bürger:innen zu erziehen.

An dem Programm »Offene Schulen für offene Gesell-schaften« nehmen 1.000 Grund- und Sekundarschulen teil, die sich zu Hunderten von Knotenpunkten in zwölf Ländern zusammengeschlossen haben.

In den usa gibt es eine schnell wachsende »Community School«-Bewegung, die offenbar einen erfolgreichen Weg gefunden hat, um Schüler:innen in armen Gemeinden zu unterstützen. Laut der »National Coalition of Commu-nity Schools« ist »eine CommuCommu-nity School eine öffentliche Schule und Dreh- und Angelpunkt im Viertel, der Familien, Lehrkräfte und Gemeindepartner zusammenbringt und allen Schüler:innen eine gute Bildung, Lebensbereicherung, Gesundheit und soziale Dienste bietet sowie Möglichkei-ten schafft, um in der Schule und im Leben erfolgreich zu sein« (Coalition for Community Schools, ohne Zeitangabe).

Es gibt ca. 5.000 Schulen in den usa, die sich als Community Schools verstehen, und Dutzende Schulbezirke haben diese Strategie bereits übergreifend umgesetzt. Das sind sehr posi-tive Entwicklungen. Alle Schulen sollten in die Lage versetzt werden, ihren Gemeinden im Kampf gegen Armut, bei der Entwicklung von Resilienz sowie der Ausbildung zu aktivem bürgerschaftlichem Engagement zu helfen. Doch mit gerin-gen Budgets, fehlender politischer Unterstützung und ohne gut ausbildete Fachkräfte wird dies schwer möglich sein.

Eine Demokratie muss Wurzeln haben. Wenn sie funk-tionieren soll, kann sie nicht einfach Modelle anderer Länder oder Kulturen kopieren. Öffentliche Bildung, die als lokales Gut und nicht als standardisiertes globales Produkt verstan-den wird, hilft dabei, diese Wurzeln zu erhalten.

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