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Funktionen und Verantwortlichkeiten als Gestaltungsrahmen für die Akteurinnen & Akteure

4. POLITISCH-ADMINISTRATIVES HANDELN UND PARTIZIPATION

4.2. Funktionen und Verantwortlichkeiten als Gestaltungsrahmen für die Akteurinnen & Akteure

Klare Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten sind für die erfolgreiche Durchführung von partizipativen Verfahren entscheidend.

Die Phasen des Policy Cycle sind über ihre Zweckgebundenheit und Fokussierung auf Ergebnisse eindeutig innerhalb eines politisch-administrativen Entscheidungsprozesses organisierbar.

Diese Zuweisungsmöglichkeit zu den Phasen des Policy Cycle bietet eine robuste Basis, auf der Beteiligungsarchitekturen zielorientiert aufgesetzt werden können. Kernelemente sind neben dem Transparenzprinzip die institutionelle Verankerung von Beteiligung, die funktionale Klarheit und das, innerhalb der jeweiligen Phase des Policy Cycle fassbare Ziel-Commitment.

Den unterschiedlichen Stakeholdergruppen bietet sich so ein klar definierter und kreativ nutzbarer Gestaltungsrahmen.

Dieser Gestaltungsrahmen wird durch folgende Faktoren bestimmt bzw. beeinflusst:

Seriosität

o Offenheit des politischen Auftrages

o Definition des tatsächlich bestehenden Gestaltungsrahmens

Funktionale Professionalität und Kompetenz

o Klare politische Vorgaben und aktive Unterstützung der Beteiligung o Kompetente Projektleitung, die den politischen Auftrag operationalisiert

Qualität des Beteiligungsverfahrens

o Frühzeitige Einbindung interner Stakeholder

o „Reality Checks“, nachdem Schwerpunkte der Beteiligung ausgearbeitet wurden

Kommunikation

o Zeitgemäße Kommunikation

o Intermediäre stärken und Skeptiker anhören und überzeugen

o Verständliche bzw. zielgruppengerechte Kommunikation sowie einfache/adaptive Sprache

Unterstützungsleistungen

o Wissensmanagement bzw. Schaffung einer gemeinsamen Wissensbasis o Service Design

o Bereitstellung eines zentralen Serviceangebots

Entwicklungsperspektiven

o Beteiligung-by-Default bzw. verbindliche Prüfung von Politikformulierungsprozessen auf Möglichkeiten zur Öffentlichkeitsbeteiligung 4.3. Achtsamkeit auf Metastruktur und Gestaltung der Phasen-Übergänge

Die Phasen des Policy Cycle bieten jeweils spezifische Möglichkeiten und Angebote für Beteiligungsverfahren. Zudem lassen sich Gesamtarchitekturen von Beteiligungsprozessen selbst durch die unterschiedlichen Phasen strukturieren. Übergänge zwischen den einzelnen Phasen des Policy Cycle werden transparent und somit bewusst gestaltbar.

Die strukturelle Koppelung von Beteiligungs- und politisch-administrativen Verfahren im Policy Cycle erzeugt vor allem dort einen Mehrwert, wo Verwaltungsprozesse selbst verändert werden sollen (Implementierung neuer Strukturen und Prozesse). Durch iteratives und agiles Vorgehen

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lassen sich so immer wieder Nahtstellen zwischen umfassenden Beteiligungsprozessen und notwendigen politischen-administrativen Bearbeitungen herstellen.

Um das Gesamtsystem (Beteiligungsverfahren und Verwaltungssystem) produktiv gestalten zu können, braucht es insgesamt folgende Achtsamkeiten:

Strukturelle Klarheit

o Politisches Commitment (steuernder Akteur) o Commitment der Verwaltungsebenen

o Commitment der Stakeholder

o Bereitstellung von Ressourcen (Zeit, Raum, Personal, Geld) o Zugang zu Beteiligungsprozessen

o Klar definierte Rahmenbedingungen

o Transparente Anpassung der Rahmenbedingungen im Prozess (bei Bedarf) o Wirksamkeit und Nachvollziehbarkeit der Beteiligung

Kommunikation

o Kommunikation der Rahmenbedingungen/Spielregeln

o Verständlichkeit von Anfang bis Schluss (keine „Black Box“-Prozesse) o Kontinuierliche Kommunikation mit den Stakeholdern

o Stakeholder kennen die Relevanz der Beteiligung o Zielgruppengerechte Ansprache

Qualität des Beteiligungsverfahrens

o Kombination offline und online durch integrative Beteiligungsprozesse o Einbindung neuer Technologien und Prozesse

o zeitliche Eingrenzung des (digitalen) Beteiligungsprozesses o Kooperation unterschiedlicher Stakeholder

o Nutzungsfreundliche Systeme und technische Unterstützung o Moderation von Beteiligungsprozessen

o Kompetenz in der Auswertung der Beiträge o Umgang mit Kritik und persönlichen Äußerungen

Sicherheit und Vertrauen

o Sicherheit garantieren (keine Manipulation, sichere Authentifikation)

o Rechtlichen Rahmen beachten bzw. definieren (insb. Datenschutz, Privatsphäre, Nachvollziehbarkeit)

4.4. Beteiligungsintensität (Information – Konsultation – Kooperation)

Beteiligungsprojekte werden häufig nach ihrer Intensität unterschieden, d.h. danach, in welchem Ausmaß die Bürgerinnen und Bürger die Entscheidung beeinflussen können (Grad der Verbindlichkeit, die Prozessergebnisse umzusetzen). Sinn dieser Einteilung (und damit auch dieses Kapitels) für Politik und Verwaltung ist es, sich bereits vor Beginn des Beteiligungsprozesses gut zu überlegen, ob bzw. in welchem Ausmaß die Bereitschaft besteht, die Entscheidungsgewalt durch einen Beteiligungsprozess einschränken zu lassen. Das Ergebnis dieser Überlegungen bestimmt das Design des Beteiligungsprojekts und ist zu Beginn des Prozesses transparent zu machen.

Die Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung aus 2008, der dazugehörige Praxisleitfaden (2011) sowie das Positionspapier zu E-Democracy und E-Participation in Österreich der Austrian Working Group on E-Democracy (2008) unterscheiden die drei Stufen Information, Konsultation und

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Kooperation. Das Positionspapier aus 2008 erwähnt auch die Mitentscheidung via E-Stimmabgabe: „…so lassen sich grob drei Stufen unterscheiden (wobei auf der dritten Stufe noch die Mitentscheidung via Stimmabgabe differenziert werden kann).“ (Positionspapier zu E-Democracy und E-Participation in Österreich, Austrian Working Group on E-E-Democracy, 2008, S.

10). Hier stehen wir aber bereits am Übergang von partizipativen zu direktdemokratischen Elementen (siehe dafür Kapitel 4.1.5, Exkurs e-Voting).

4.5.1 Information

Die Beteiligten erhalten Informationen über die Planung oder Entscheidung. Sie haben jedoch keinen Einfluss darauf. Die Kommunikation verläuft nur in eine Richtung, nämlich von den Planungs- oder Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger zur Öffentlichkeit.

(Positionspapier zu E-Democracy und E-Participation in Österreich S.10 und Praxisleitfaden zu den Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung, S.134)

Information bildet die Basis auf der sich auch online nachhaltige Beteiligung entwickeln kann. Die mittels IKT erhöhte Transparenz ist die unerlässliche (jedoch nicht hinreichende) Grundlage für Meinungsbildung, informierte Entscheidungen und Bürgerengagement. (Positionspapier zu E-Democracy und E-Participation in Österreich, S. 11)

Analoge Methoden zur informativen Öffentlichkeitsbeteiligung sind beispielsweise postalische Aussendungen und Bürgerinnen- und Bürgerversammlungen, im digitalen Bereich wären etwa Aussendungen per Mail und Information mit Hilfe sozialer Medien zu nennen.

4.5.2 Konsultation

Die Beteiligten können zu einer gestellten Frage oder einem vorgelegten Entwurf Stellung nehmen. Sie können damit die Entscheidung beeinflussen, wobei der Grad der Einflussnahme sehr unterschiedlich sein kann. Die Kommunikation verläuft wechselseitig, von den Planungs- oder Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger zur Öffentlichkeit und wieder zurück, sowie unter Umständen noch einmal zurück zur Öffentlichkeit, wenn z.B. eingelangte Stellungnahmen beantwortet werden. …. Auch kontinuierliche, beispielsweise vierteljährliche Dialoge mit ausgewählten Zielgruppen zum Informationsaustausch zählen zur konsultativen Öffentlichkeitsbeteiligung. (Positionspapier zu E-Democracy und E-Participation in Österreich S.

10-11 und Praxisleitfaden zu den Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung, S.134)

Erst die Konsultation ermöglicht Rückkopplung und erlaubt den Beteiligten mitzureden, ihre Meinung zu vorgelegten Fragestellungen auszudrücken, Vorschläge zu machen oder offizielle Stellungnahmen zu Gesetzesvorlagen abzugeben. Hier strömt die Kommunikation wechselseitig zwischen der Öffentlichkeit und ihren Repräsentantinnen und Repräsentanten wie Abgeordneten oder Stakeholdern in der Verwaltung. Dazu gehört wesentlich auch die Rückkoppelung an alle Beteiligten, ob Stellungnahmen der Öffentlichkeit tatsächlich aufgenommen wurden. Falls den Anregungen der eingegangenen Beiträge nicht gefolgt wird, ist jedenfalls eine stringente Begründung für die abweichende Entscheidung anzugeben. (Positionspapier zu E-Democracy und E-Participation in Österreich, S.11) Besonders analoge Konsultationsprozesse ermöglich dabei auch einen horizontalen Austausch zwischen den Beteiligten (z.B. am Partizipationsprozess teilnehmenden Bürgern und Bürgerinnen) und kreiert somit im besten Fall die Voraussetzungen für ein gegenseitiges soziales Lernen durch Austausch und Beteiligung.

Typische klassische Methoden von Konsultationen sind Begutachtungsverfahren und Fokusgruppen. Digitale Tools für Konsultationen haben sich in den letzten Jahren rasant

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entwickelt: Ideen- und Diskussionsplattformen bieten vielfältige Funktionen für den Dialog mit der Öffentlichkeit und ermöglichen teilweise eine automationsunterstützte semantische Aufbereitung der Inputs. Konsultationsverfahren halten auch die Möglichkeit eines umfassenden Feedbacks zu den geleisteten Beiträgen und deren Integration in das Endergebnis bereit, doch besonders in legistischen Begutachtungsverfahren wird diese Möglichkeit in der Regel nicht in Anspruch genommen.

4.5.3 Kooperation

Die Stufe der Kooperation umfasst bereits einen hohen Grad an Mitbestimmung: Die Beteiligten können bei der Entscheidung mitbestimmen, zum Beispiel an runden Tischen, bei Mediationsverfahren oder bei Stakeholderprozessen. Der Grad der Einflussnahme ist groß und kann bis zur gemeinsamen Entscheidungsfindung mit den politisch Verantwortlichen reichen. Die Kommunikation zwischen Planungs- oder Entscheidungsträgerinnen und -trägern und Öffentlichkeit ist intensiv. (Positionspapier zu E-Democracy und E-Participation in Österreich S.11 und Praxisleitfaden zu den Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung, S. 104).

Auf dem schwer abzugrenzenden höchsten Level partnerschaftlichen Zusammenwirkens („Kooperation“) können die Beteiligten aktiv die zu entscheidende Materie (oft konkrete Projekte) mitgestalten. (Positionspapier zu E-Democracy und E-Participation in Österreich S.11-12).

Bei dieser Form der Öffentlichkeitsbeteiligung spielen Online-Beteiligungsplattformen mittlerweile eine große Rolle: durch Funktionen wie liken, kommentieren, Chat-Elemente, deren Visualisierung und teils automatisierte Auswertung ergibt sich ein gut ausdifferenziertes Bild der Meinungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Abstimmungselemente können technisch einfach einbezogen werden, müssen im Gesamtdesign aber genau spezifiziert werden.

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5. Leitprinzipien, Design, Methoden und ausgewählte Tools/ Instrumente (analog/digital)

5.1. Leitprinzipien der Beteiligung im integrativen Beteiligungsprojekt

Unter Leitprinzipien verstehen wir allgemeine Prinzipien, die über alle Beteiligungsprojekte und in jeder Phase des Policy Cycle Gültigkeit haben und daher immer berücksichtigt werden sollten. Im Workshop 3 wurden die Leitprinzipien für Beteiligungsprojekte diskutiert und auf Basis der Erfahrungen der Expertinnen und Experten die folgenden sieben Leitprinzipien priorisiert.

Um Beteiligungsprojekte partizipativ zu gestalten, ist zu Beginn eine Stakeholderanalyse notwendig. Diese gewährleistet eine zielgruppengerechte Kommunikation während des gesamten Beteiligungsprozesses, eine Aktivierung der relevanten Stakeholder, sowie eine Auswahl von repräsentativen Stakeholdern, welche die Vielfalt der Grundgesamtheit berücksichtigt. Die Stakeholderanalyse dient weiters dazu, Sensibilität zu schaffen, damit auch Meinungen von

„weniger lauten“ Gruppen gehört werden. Damit dies optimal gelingt, muss die Barrierefreiheit on- und offline gewährleistet werden.

Selbstverständlich müssen bei Beteiligungsverfahren zu jeder Zeit die rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Häufige Berührungspunkte haben Beteiligungsprozesse mit dem Datenschutz und dem Schutz der Rechte von im Verfahren nicht bzw. nicht ausreichend gehörten Gruppen (beispielsweise Menschen mit Behinderungen). Diese Rechte sind einerseits verpflichtend einzuhalten, andererseits muss auch verständlich und transparent dargelegt werden, wie dieser Schutz gewährleistet wird.

Die verständliche und transparente Kommunikation geht über die Darlegung der Maßnahmen, die für die Umsetzung der rechtlichen Rahmenbedingungen, durchgeführt werden, hinaus und betrifft alle Spielregeln des Beteiligungsverfahrens. Diese sind von Beginn an klar zu kommunizieren.

Welches Thema und welche Fragestellungen werden mit welcher Rollenverteilung behandelt, wann, wie und durch wen erfolgen Entscheidungen. Je klarer und verständlicher die Spielregeln sind, desto leichter wird es allen Beteiligten fallen, die Spielregeln zu kennen und einzuhalten, denn „Öffentlichkeitsbeteiligung bedeutet für alle Beteiligten, Verantwortung für die gemeinsame Arbeit und das Ergebnis zu übernehmen“ (Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung 2011, S. 7).

Wie in den bisherigen Leitprinzipien erkennbar (siehe Abschnitt 5.2), ist die Transparenz und Nachvollziehbarkeit des Partizipationsprozesses mit einer klar verständlichen Kommunikation eine Grundvoraussetzung, sodass diese als eigenes Leitprinzip definiert werden kann. Folgende Elemente müssen frühzeitig definiert und kommuniziert werden:

 Das Ziel/der Zweck der Partizipation,

 das Setting,

 der Beteiligungsprozess inkl. der Zwischen- und Endergebnisse,

 die dafür verwendeten Ressourcen (inkl. Zeit und Kompetenzen aller beteiligten Akteure),

 die Spielregeln inkl. dem Gestaltungsspielraum (Auswirkung und Berücksichtigung des Beitrags),

 die Art der zu erwartenden Fragen und Antwortmöglichkeiten,

 die Rollenverteilung und der Kompetenzbereich der beteiligten Personen und

 die Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer (Expertinnen und Experten sowie Laien als Expertinnen und Experten der eigenen Lebensumstände).

Ein wesentliches Leitprinzip ist die Festlegung der Moderation. Dies beinhaltet die Moderation vor und nach der eigentlichen Beteiligung. Die Moderation soll so neutral wie möglich stattfinden

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und benötigt eine Begründung, warum diese stattfindet, da Moderation auch einen Eingriff in den Diskurs bedeutet. Auch die Moderation des Beteiligungsprozesses muss dokumentiert und kommuniziert werden. Die Moderation hat zudem die Aufgabe, auftretende Emotionen im analogen und digitalen Beteiligungsprozess frühzeitig zu erkennen, einzuschätzen und die Beteiligten vor emotionalen Übergriffen zu schützen. Sensiblere Themen werden oft auch emotionalere Diskussionen hervorrufen.

Die Leitprinzipien der Öffentlichkeitsbeteiligung in einem integrativen Beteiligungsprozess sollen möglichst einfach (verständlich) gestaltet sein und mehrere Optionen umfassen, wie eine Beteiligung möglich ist. Die Einbindung kann sehr früh im Prozess erfolgen. Die Beteiligung kann dabei ein verpflichtendes Element bei der Gestaltung der Dienstleistung sein, oder aber schlichtweg als Dienstleistung fungieren – Bürgerinnen und Bürger können also die Möglichkeit erhalten, sich bereits an der Gestaltung des Partizipationsprozesses zu beteiligen.

Bei den bisher genannten Leitprinzipien, insbesondere der Stakeholderanalyse und der Moderation, sowie im gesamten Prozess sind Gender- und Diversitätsaspekte zu berücksichtigen. Die Präsenz von Bevölkerungsgruppen, auch und vor allem im digitalen Raum, ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Um hier einen Ausgleich zu schaffen und alle Gruppen angemessen zu berücksichtigen, ist auf die unterschiedliche Zugänglichkeit von analogen und digitalen Foren Bedacht zu nehmen.

5.2. Leitprinzipien der Beteiligung in bestehenden Agenden

Die Grundlage der Diskussion zum Themenbereich Leitprinzipien bildeten folgende Agenden, deren Leitlinien und Prinzipien hier in adaptierter Form zusammengefasst sind:

5.2.1 Masterplan Partizipative Stadtentwicklung (Magistrat der Stadt Wien, 2017 S. 21) Das Wesen der Beteiligung ist Kommunikation in unterschiedlichster Form. Für das erfolgreiche Kommunizieren von städtebaulichen Vorhaben finden im Masterplan für eine partizipative Stadtentwicklung folgende Prinzipien Berücksichtigung:

1. Frühzeitige Kommunikation ist eine wesentliche Grundlage für erfolgreiche Beteiligung.

2. Direkte mündliche bzw. persönliche Kommunikation, um möglichst viele unterschiedliche Personenkreise zu erreichen.

3. Klare, gut verständliche Kommunikation auf allen Kommunikationsebenen.

5.2.2 Praxisbuch Partizipation. Gemeinsam die Stadt entwickeln (Stadtplanung, 2003 S. 15-17)

Neben den Instrumenten und Methoden (also der „Technik“) der Partizipation wird hier die Haltung gegenüber der Öffentlichkeitsbeteiligung als zentral angesehen. Eine gute Haltung als Grundlage für erfolgreiche Partizipation sollte in der Kommunikation und Wortwahl zu den Projekten deutlich werden und folgt den Prinzipien:

1. Dialog auf gleicher Augenhöhe

Zum Dialog auf gleicher Augenhöhe gehören Verständnis, Vertrauen, Akzeptanz, Zusammenarbeit und Partnerschaft. Der Dialog auf gleicher Augenhöhe ist ein lohnendes

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– wenn auch herausforderndes – Unterfangen in hierarchischen Systemen mit klaren Entscheidungsstrukturen.

2. Perspektivenwechsel

Zum Perspektivenwechsel gehören, das Verständnis der Position des Gegenübers, Bedürfnisse aller Beteiligten erfahren, anerkennen und verstehen, die Prioritäten und Beweggründe der Akteure erfragen. Settings, in denen sich die Beteiligten persönlich kennenlernen und austauschen können, fördern den Perspektivenwechsel.

3. Respektieren und ernst nehmen

Respektieren und ernst nehmen bedeutet Anerkennung, Objektivität in der Betrachtung und der Kommunikation, Zeiträume schaffen, Berücksichtigung und Bearbeitung von Beiträgen und Transparenz und Nachvollziehbarkeit in der Berücksichtigung

4. „Die großen Fünf“

„Die großen Fünf“ begleiten einen Beteiligungsprozess von der Vorbereitung, über die Durchführung bis zur Umsetzung der Ergebnisse.

5.2.3 DigitalesWien (Stadt Wien – Magistratsdirektion - Geschäftsbereich Organisation und Sicherheit - Gruppe Prozessmanagement und IKT-Strategie, 2020): „Wiener Prinzipien“

1. Vertrauen und Sicherheit

Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Informationssicherheit ist entscheidend. Die Sicherheit von Infrastruktur, Daten und Kommunikation hat oberste Priorität und ist immer zu berücksichtigen.

2. Transparenz, Offenheit und Beteiligung

Die aktive Einbindung der Bürgerinnen und Bürger mit intelligenten IT-Plattformen wird zum Standard und lässt kreative und innovative Lösungen partnerschaftlich entstehen.

Transparenz und Offenheit leiten das Verwaltungsdenken und Handeln.

3. Inklusion, Solidarität und soziale Nachhaltigkeit

Es wird sichergestellt, dass in digitalen Veränderungsprozessen niemand zurückgelassen wird und dass alle Services für alle Bürgerinnen und Bürger entsprechend dem Inklusionsprinzip zugänglich bleiben – unabhängig von Bildung, Herkunft und Einkommen.

4. Gendergerechtigkeit

Die Gendergerechtigkeit sowohl in digitalen Berufen wie auch generell in den digitalisierten Lebenswelten herzustellen ist eine wesentliche Handlungsanleitung.

5. Bürgerinnen- und Bürgerorientierung

Die Verwaltung ist eine Dienstleistung für die Bürgerinnen und Bürger.

6. Stärkung des Wirtschaftsstandorts

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Die IKT-Branche als einen der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren gemeinsam weiter auszubauen, ist eine wichtige Aufgabe aller Beteiligten.

7. Konsolidierung

Eine koordinierte und konsolidierte Vorgangsweise ist Grundvoraussetzung für eine effiziente und effektive Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien.

8. Innovation

In Zeiten von extrem dynamischen Veränderungen, die von neuen Ideen und Multidisziplinarität geprägt sind, haben Informations- und Kommunikationstechnologien eine noch stärkere strategische Bedeutung und müssen immer mitgedacht werden.

9. Flexibilität und Lernen

Um die Herausforderungen der digitalen Transformation zu meistern, bedarf es einer lernenden Organisation, die ein hohes Maß an Beweglichkeit (Agilität), Flexibilität, Fehlerkultur und Veränderungsbereitschaft vorweist. Das bedeutet auch den Einsatz neuer Management-Methoden, die die Innovationskultur unterstützen, die Veränderung von Prozessen und den Einsatz innovativer Technologien des digitalen Zeitalters.

5.2.4 Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung – Empfehlungen für die gute Praxis (Bundesministerium für Land-und Forstwirtschaft und Wasserwirtschaft &

Bundeskanzleramt, 2011 S. 7-9)

„Grundsätze der Öffentlichkeitsbeteiligung“

1. Einbeziehung

Politik und Verwaltung beziehen die Öffentlichkeit in die Entwicklung ihrer Politiken, Pläne, Programme oder Rechtsakte ein. Dadurch können gemeinsam getragene Lösungen entstehen, die reibungsloser umsetzbar sind.

2. Transparenz und Nachvollziehbarkeit

Der Prozess der Öffentlichkeitsbeteiligung ist transparent und damit sind auch die Ergebnisse nachvollziehbar. Transparenz und Nachvollziehbarkeit schaffen Vertrauen in Politik und Verwaltung.

3. Gemeinsame Verantwortung

Öffentlichkeitsbeteiligung bedeutet für alle Beteiligten, Verantwortung für die gemeinsame Arbeit und das Ergebnis zu übernehmen. Dadurch kann sowohl die Qualität des Ergebnisses als auch die Identifikation damit erhöht werden.

4. Gestaltungsspielraum

Öffentlichkeitsbeteiligung erfordert Gestaltungsspielraum. Dieser wird allen Beteiligten am Beginn des Prozesses klar kommuniziert. Damit können die Beteiligten ihre Einflussmöglichkeiten realistisch einschätzen

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5. Ausgewogenheit und Chancengleichheit

In Öffentlichkeitsbeteiligungsprozessen werden innerhalb des klar definierten Gestaltungsspielraums Chancengleichheit der beteiligten Gruppen und gleichwertige Einflussmöglichkeiten angestrebt. Alle Zielgruppen werden in ausgewogener Weise angesprochen. Der Beteiligungsprozess wird barrierefrei organisiert.

6. Gegenseitiger Respekt

Öffentlichkeitsbeteiligung ist ein Prozess der umfassenden Einbeziehung betroffener und interessierter Personen bei Entscheidungen zu Politiken, Plänen, Programmen und Rechtsakten. Dabei sind sich alle Beteiligten ihrer unterschiedlichen Rollen bewusst. Der Umgang miteinander ist respektvoll. Das fördert die Zusammenarbeit aller Beteiligten.

7. Fairness

Die Anliegen der Beteiligten werden ernst genommen. Die Beteiligten begegnen einander partnerschaftlich. Argument und Gegenargument werden im Prozess der Öffentlichkeitsbeteiligung fair behandelt. Ein fairer Umgang miteinander ist die Basis für gute Zusammenarbeit.

8. Information

Der Informationsfluss und der Zugang zu Informationen ist für alle Interessierten unter Berücksichtigung der rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten sichergestellt.

9. Verständlichkeit der Sprache

Im Prozess der Öffentlichkeitsbeteiligung werden Inhalte und Rahmenbedingungen klar und verständlich kommuniziert und zugänglich gemacht. Das erleichtert das gegenseitige Verständnis und vermeidet etwaige Zeitverzögerungen, Enttäuschungen oder andere Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit.

10. Fristen

Öffentlichkeitsbeteiligung findet frühzeitig statt. Vor der Entscheidung besteht ausreichend Zeit für Information, Konsultation oder Kooperation. Einerseits bekommen damit die Beteiligten effektive Einflussmöglichkeiten. Andererseits können Zeitverzögerungen und erhöhte Kosten, die bei zu später Beteiligung beispielsweise durch nachträgliche Änderungen entstehen könnten, vermieden werden.

11. Organisation

Für Prozesse der Öffentlichkeitsbeteiligung werden zu Beginn die Art und Weise der Organisation sowie die Verantwortlichkeiten und Ansprechpartnerinnen und -partner in der Verwaltung verbindlich festgelegt. Das schafft für alle Beteiligten die erforderliche Klarheit und fördert effektives und effizientes Arbeiten.

12. Entscheidung und Rückmeldung

Die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger berücksichtigen die Ergebnisse des Öffentlichkeitsbeteiligungsprozesses bei der Entscheidungsfindung. Berücksichtigen heißt, dass sie sich mit den Ergebnissen respektvoll auseinandersetzen und diese so weit wie möglich in die Entscheidung einfließen lassen. Bei der Kommunikation der

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Entscheidung sollte auf die Inhalte des Öffentlichkeitsbeteiligungsprozesses Bezug genommen werden. Damit können Politik und Verwaltung ihre Wertschätzung für die Beiträge der Beteiligten ausdrücken und Vertrauen schaffen.

13. Rechtlicher Rahmen

Öffentlichkeitsbeteiligung findet im Rahmen der Bundesverfassung und anderer bestehender rechtlicher Vorgaben statt. Dort wo Spielraum zur Gestaltung der Öffentlichkeitsbeteiligung besteht, sollen die Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung angewandt werden.

5.2.5 E-participation: A Strategic Framework (Wirtz, Daiser und Binkowska, 2018, S. 4)

„Ausgangspunkt der integrierten Beteiligung sind die E-Partizipation Ziele“

1. Erhöhung der Gesamtbeteiligung

2. Verbesserung der Informationsbereitstellung 3. Verbesserung der Qualität der öffentlichen Politik 4. Das öffentliche Vertrauen stärken

5. Verbesserung und Mitverantwortung für die Politikgestaltung 5.3. Design und Methoden der Beteiligung

5.3.1 Design und Sonderfälle

Das Design von Beteiligungsverfahren muss die Fragen klären, durch bzw. mit wem, wann und in welcher Form und mit welcher regionalen Abgrenzung die Partizipation erfolgen soll und dabei die Kosten der Beteiligung und die dafür notwendigen Ressourcen einbeziehen. Ausgehend von der Definition der Zielgruppe für den Prozess, ist zu klären, welchen Einfluss die Einbindung auf die Entscheidungspfade hat.

Ein integratives Design nutzt die unterschiedlichen Prozessdynamiken bei analogen und digitalen Prozessen und kombiniert diese Beteiligungsformen bestmöglich. Zum Beispiel primär analog mit digitaler Ergänzung bei regional stark eingeschränkten Themen oder bei überregionalen Themen primär digital mit analogen Formaten (wie Foren, Open Spaces, …) zur Unterstützung. Dabei führen die unterschiedlichen Prozessdynamiken bei analoger und digitaler Beteiligung zu unterschiedlichen Anforderungen an Organisation und Moderation. Die Qualität des Beteiligungsprozesses hängt insbesondere bei den digitalen Formaten davon ab, wie sehr eine Manipulation verhindert werden kann.

Eine tiefgreifende politische Entscheidung ist die Einführung von „Beteiligung by Default“.

Dieser Ansatz sieht eine Beteiligung bei allen Entscheidungen vor, sofern keine taxativ aufgelisteten Einschränkungen hierzu bestehen. Um Beteiligung by Default umzusetzen, muss im Vorfeld geklärt werden, wann Beteiligung überhaupt möglich ist. Häufig ist der Rahmen dafür in den entsprechenden rechtlichen Vorgaben festgeschrieben. Der Ansatz von Beteiligung bei

Dieser Ansatz sieht eine Beteiligung bei allen Entscheidungen vor, sofern keine taxativ aufgelisteten Einschränkungen hierzu bestehen. Um Beteiligung by Default umzusetzen, muss im Vorfeld geklärt werden, wann Beteiligung überhaupt möglich ist. Häufig ist der Rahmen dafür in den entsprechenden rechtlichen Vorgaben festgeschrieben. Der Ansatz von Beteiligung bei