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Integration durch Bildung – Von der CAD-Zeichnung zum 3D-Modell

Autorinnen und Autoren Martin Hölzel

Verlauf des Projektes

Im Schuljahr 2015/2016, zu Beginn der Projektidee, dienten Räume des Gymnasiums Olching als Erstaufnahmeeinrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Die Jugendlichen wurden ehrenamtlich von Lehrkräften des Gymnasiums Olching unterrichtet.

Neben Sprachkursen wurden den Flüchtlingen auch andere Fächer wie beispielsweise Mathematik angeboten. Die in unserer Schule untergebrachten Flüchtlinge waren an Computer und Technik interessiert und es entstand die Idee, für diese eine High-Tech Werkstatt (Fabrication Lab) einzurichten, in der man individualisierte Einzelstücke relativ unkompliziert anfertigen kann.

Eine einigermaßen erschwingliche und gute Basis für ein Fablab ist ein 3D-Drucker. Mit diesem kann man beliebig geformte Gegenstände aus Kunststoff herstellen. Man erstellt dazu mit einer 3D-Software ein digitales Modell des Gegenstandes. Im 3D-Drucker entsteht aus diesem Modell schichtweise ein reales Objekt aus Kunststoff. Als Grundlage für unser Fablab sollte ein solcher 3D- Drucker dienen.

Abbildung 15.01 3D-Druck im Science Lab des Gymnasiums Olching

Bei Schülerinnen und Schülern unserer Schule bestand ebenfalls großes Interesse an einer solchen Einrichtung. Wir vermuteten, dass die gemeinsame Interessenslage der Schülerinnen und Schüler unserer Schule und der Flüchtlinge auf natürliche Weise einen Raum für Kontakte und Austausch generieren und somit die Integration der Flüchtlinge befördern würde.

Zu Beginn des Schuljahres 2016/2017 wurde die Erstaufnahmeeinrichtung geschlossen und die Räumlichkeiten für Berufsintegrationsklassen unter Regie der Berufsschule Fürstenfeldbruck verwendet. Einige Lehrkräfte unserer Schule unterrichten in den Berufsintegrationsklassen. Die Lehrkräfte unserer Schule wollen weiterhin an der Integration durch Bildung der jugendlichen Flüchtlinge mitwirken, weswegen das Projekt mit den Schülerinnen und Schülern der

Berufsintegrationsklassen weiterverfolgt wurde.

In den beiden Berufsintegrationsklassen wurden 34 Schülerinnen und Schüler unterrichtet, von denen 26 männlich und acht weiblich waren. Die Schülerinnen und Schüler stammen aus neun Herkunftsländern (Afghanistan, Albanien, Eritrea, Irak, Lybien, Pakistan, Russland, Sierra-Leone und Syrien). Die meisten von ihnen kommen aus Syrien (11 Schülerinnen und Schüler) und dem Irak (8 Schülerinnen und Schüler).

Geplant war, dass das Projekt Anfang Oktober 2016 beginnt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten ist das Projekt Ende November angelaufen. Der verspätete Projektstart hatte zwei Gründe.

Bei der Installation der CAD-Software haben sich Verzögerungen ergeben. Der externe Dienstleister an unserer Schule hatte Schwierigkeiten, die Software zu integrieren. Wir konnten deswegen erst Ende November mit den Kursen beginnen, da vorher die Software nicht zur Verfügung stand.

Dies war aber kein großes Problem, da sich herausgestellt hatte, dass den unbegleiteten

minderjährigen Flüchtlingen die Grundfertigkeiten für das anvisierte Vorhaben fehlten. Obwohl im Umgang mit berührungsempfindlichen Bildschirmen sicher, sind sie im Umgang mit Maus und Tastatur zu ungeschickt gewesen, um ein CAD-Programm bedienen zu können. So wurde beispielsweise die im Weg stehende Tastatur verrückt, um die Maus weiter bewegen zu können, anstatt die Maus abzuheben und auf einer freien Fläche wieder abzusetzen und die Bewegung des Mauszeigers in Richtung gewünschter Position zu vollenden.

Nach zwei Monaten mit je zwei Wochenstunden EDV-Unterricht waren die Geflüchteten Anfang Dezember in der Lage, mit einem CAD-Programm umzugehen.

Da der Einstieg in die Bedienung eines CAD-Programms betreuungsintensiv ist und eine intensive Kommunikation erfordert, wurde mit kleinen Gruppen gearbeitet. Den Anfang machte eine Gruppe von vier Nichtflüchtlingen aus der 10. und 11. Jahrgansstufe. Die Teilnehmenden dieser Gruppe hatten sich bereit erklärt, nachfolgend die Geflüchteten mit zu unterrichten. Dieses Vorgehen hat sich bewährt. Zu Beginn brauchten die Geflüchteten viel Unterstützung.

Nicht nur der Umgang mit der Software fiel den Geflüchteten schwer. Vielen von ihnen fehlte auch das notwendige Grundwissen in Geometrie. Konstruieren hat vielmehr mit dem Geometrieunterricht zu tun, als den Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums bewusst war. Vorgehensweisen, die den Gymnasiasten ganz selbstverständlich waren, z.B. dass man eine Tangente an einen Kreis zeichnen kann, um einen glatten Übergang aus einer Kurve in eine Gerade zu bewerkstelligen, war den Geflüchteten völlig fremd. Den Gymnasiasten wurde klar, was sie alles unbewusst aus dem

Mathematikunterricht mitgenommen haben und wozu das alles gut sein kann. Ein Objekt aus dem 3D-Drucker motiviert wesentlich stärker als eine Zeichnung im Unterricht. Dies war auch bei den Flüchtlingen bemerkbar. Der Wunsch, dass die Objekte schön werden, motivierte ungemein, sich lange mit seiner Zeichnung auseinanderzusetzen.

Betreut wurde das Projekt ehrenamtlich von einem Mathematik-Physik-Informatik-Lehrer, der pro Woche zwei Stunden einen offenen Laborbetrieb mit dem 3D-Drucker anbot. Der Lehrer

unterrichtete auch die leistungsschwächere der beiden Flüchtlingsklassen im Fach EDV. Das Angebot fand parallel zum Science-Nachmittag der Schule statt, an dem Workshops und Wahlkurse aus dem MINT-Bereich angeboten wurden. Die Angebote beginnen nicht direkt im Anschluss an den Vormittagsunterricht, sondern mit einer Schulstunde Pause. Dies hat sich als problematisch

Obwohl das Angebot mehrfach bei den Geflüchteten beworben wurde und diese auch großes Interesse bekundet hatten, kamen nur zehn von den 34 Geflüchteten zu den Kursen und nur vier (drei männlich/eine weiblich) über einen längeren Zeitraum.

Ein Hauptgrund für die geringere als erwartete Teilnahme war sicher die Stunde Pause zwischen Unterrichtsschluss und Workshopbeginn. Wurden die Flüchtlinge direkt nach dem Unterricht zum 3D-Druck-Workshop abgeholt, waren deutlicher mehr Teilnehmende dabei. Leider war dies nicht regelmäßig möglich, da die durchführende Lehrkraft in der Pausenstunde selbst Unterricht hatte.

Probehalber wurde der Workshop auf einen anderen Werktag verlegt. An diesem hatten aber die am Workshop teilnehmenden Gymnasiasten Unterricht oder andere Verpflichtungen. Eine dauerhafte Verlegung hätte das Ziel, Flüchtlinge und Gymnasiasten zusammenzubringen, konterkariert.

Insgesamt haben circa 15 Gymnasiasten, darunter ein Mädchen, am Workshop teilgenommen. Das Angebot wurde nicht beworben, alle kamen durch Mundpropaganda bzw. wurden zu Beginn gezielt angesprochen, wenn sie als Tutoren geeignet erschienen. Einige der Gymnasiasten konstruieren mittlerweile zu Hause und drucken in der Schule nur noch ihre Modelle aus.

Fazit

Das Projekt an der Schule war nur durch den ehrenamtlichen Einsatz des Lehrers möglich. Der Kauf des 3D-Druckers wurde von der Siemens Stiftung mit 1.000 € unterstützt. Die restlichen 1.500 € der Investitionskosten wurden durch Lehrkräfte der Schule aus Mitteln eines Preisgeldes des Deutschen Lehrerpreises finanziert.

Der verwendete 3D-Drucker (Ultimaker 2+ 3D-Printer) hat sich bewährt. Die Bedienung erfordert fast keine Einarbeitung und der Drucker liefert gute Resultate. Die eingesetzte CAD-Software Autodesk Inventor Professional ist für den Einsatz an Schulen kostenfrei. Die Software ließ sich auch durch Schülerinnen und Schüler der 5. Jahrgangsstufe gut bedienen. Allein die Integration der Software in das Schulnetzwerk bereitete zunächst Probleme.

Der 3D-Workshop hat sich nahtlos in den bereits am Gymnasium Olching bestehenden Science-Nachmittag eingefügt. Leider war die zeitliche Anbindung an den Tagesrhythmus der Geflüchteten organisatorisch nicht optimal möglich.

Perspektiven

Sofern die Berufsintegrationsklassen der Berufsschule in den Räumlichkeiten des Gymnasiums Olching verbleiben und sich Lehrer weiter ehrenamtlich betätigen, kann das Angebot auch in nachfolgenden Schuljahren für die Geflüchteten aufrechterhalten werden. Insgesamt wird das Ziel verfolgt, den Science-Nachmittag weiter nach außen zu öffnen.

Zunächst soll das aufzubauende Fablab auch ehemaligen Schülerinnen und Schülern offenstehen.

Eine weitere Öffnung für Externe wäre wünschenswert. Die Hoffnung ist, dass durch die weitere Öffnung Know-How an die Schule kommt und Betreuungskapazitäten entstehen.

Die Investitionskosten erscheinen zunächst hoch, verglichen mit den Personalkosten spielen diese aber nur eine untergeordnete Rolle.

16. Hanns-Seidel-Gymnasium Hösbach, Hösbach