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Autorinnen und Autoren Michael Zeuke

Verlauf des Projektes

Das Gymnasium Damme wird von 22 geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Altersstufen

zwischen 10 und 18 Jahren besucht. Diese Schülerinnen und Schüler sind ihrem Alter entsprechend in passende Stammklassen eingeteilt, die sie auch in den meisten Unterrichtsstunden begleiten.

Täglich haben sie jedoch in zwei Unterrichtsstunden DAZ (Deutsch als Zweitsprache). Der Lernfortschritt der Kinder und Jugendlichen ist dabei sehr unterschiedlich: Während einzelne bereits dem Regelunterricht der Klassen recht gut folgen und in Fächern wie Mathematik und Physik reguläre Noten bekommen, haben andere Schülerinnen und Schüler noch immer größte

Schwierigkeiten, überhaupt die Buchstaben und Zahlen zu schreiben. Die Motivation dieser Schülerinnen und Schüler ist dementsprechend auch häufig gering, sie sind schnell frustriert und versuchen, sich vor den Übungsaufgaben zu drücken, wenn sich eine Möglichkeit ergibt. Andere hingegen – vor allem jüngere Schülerinnen und Schüler –wären am liebsten den ganzen Tag in der Schule. In den Pausen ist bei ihnen allen aber zu beobachten, dass sie sich selten mit ihren Klassenkameraden beschäftigen, sondern kleine bis größere Gruppen unter sich bilden. Dies ist zwar verständlich, wird aber eher kritisch gesehen, da einige der älteren Schülerinnen und Schüler sich gern vom Schulhof zurückziehen, um zu rauchen, und auch die eine oder andere

Unterrichtsstunde schwänzen. Es besteht die Befürchtung, dass dieses Verhalten auf die Jüngeren abfärben könnte.

Unser Plan war es, ein Projekt zu entwickeln, bei dem wir den geflüchteten Schülerinnen und

Schülern an unserer Schule Raum und Zeit geben, an eigenen Projekten zu arbeiten, bei denen nicht die sprachliche Barriere im Vordergrund steht und sie nicht in ihrer Entwicklung ausbremst werden oder sich durch Frustrationserlebnisse selbst passiv ausgrenzen. Stattdessen sollen sie in Teams mit einem deutschen Klassenkameraden an einem an der Praxis orientierten Projekt zusammenarbeiten.

Durch die gemeinsame praktische Arbeit tritt die sprachliche Barriere in den Hintergrund und das Verwirklichen ihrer Ideen schafft Erfolgserlebnisse.

Das Projekt ist jahrgangsübergreifend konzipiert, unter der Beteiligung der Fachlehrkräfte Informatik.

Das Projekt gliedert sich in zwei Phasen. Am Anfang steht das Kennenlernen des Bausatzes für den Lego-Roboter. Neben dem prinzipiellen Aufbau und der Art der Verbindungsmöglichkeiten sollten auch die im Deutschen gebrauchten Begriffe vermittelt werden. Ursprünglich war konkret daran gedacht, den älteren geflüchteten Jugendlichen eine anschauliche Einführung in das technische Konstruieren am praktischen Beispiel zu geben. Zu Beginn des zweiten Halbjahres zeichnete sich jedoch ab, dass einige der älteren Jugendlichen für den Wechsel an die zuständige Berufsschule vorgesehen waren. In Absprache mit den zuständigen Betreuern und Behörden fand dieser Schulwechsel für die Planungen überraschend statt, so dass eine neue Teilnehmergruppe mit den verbliebenen geflüchteten Jugendlichen gebildet werden musste.

Die Inhalte wurden dem Alter der verbliebenen Schülerinnen und Schüler angepasst. Dann nach der Erklärung des Grundaufbaus mit der einfachen Programmierung der Robotersteuerung begonnen.

Hier stand die einfache, symbolische Programmierung zur Verfügung, so dass reine Sprachprobleme nicht die Kernprobleme darstellten, sondern eher grundsätzliche Verständnisprobleme, die aber von den Tutoren geklärt werden konnten.

Von den dann noch elf an der Schule verbliebenen Flüchtlingen wollten fünf an dem Projekt teilnehmen. Obwohl eine Informatik-Kollegin die Projektleitung übernommen hatte, war von den zwei Mädchen keines an einer Teilnahme interessiert. Die Jugendlichen stammen aus Syrien und Afghanistan und sind zwischen 12 und 15 Jahren alt.

Zu Beginn des Projektes standen vier Schülerinnen und Schüler aus Jahrgang 11 und 12 als Tutoren zur Verfügung, die den Kindern und Jugendlichen die Grundlagen im Umgang mit den

Lego-Robotern zeigten und ihnen als Ansprechpartner dienten. Diese Schülerinnen und Schüler sind selbst Teilnehmer der schon seit Jahren bestehenden Roboter-AG, haben aber selbst keine Ambitionen, an Wettkämpfen teilzunehmen und haben sich deshalb als Tutoren angeboten. Mit Ende des 4. Kurshalbjahres in Jahrgang 12 hat sich deren Zahl um einen Schüler dezimiert.

Das betreuende Lehrerteam besteht insgesamt aus drei Kollegen:

§ Federführend in der Betreuung ist eine Kollegin mit den Fächern Mathematik, Biologie und Informatik.

§ Die beiden anderen, in der Robotik deutlich erfahreneren Kollegen betreuen die zeitgleich stattfindende reguläre Roboter-AG, die mit über 40 Schülerinnen und Schülern aller

Jahrgangsstufen ab Klasse 7 gut besucht ist. Sie stehen als Ansprechpartner bei technischen und organisatorischen Fragen zur Verfügung und haben die Fächerkombination Mathematik, Physik, Informatik bzw. Informatik, Mathematik.

Abbildung 10.01

Fazit

Zeitlich und finanziell hält sich der Aufwand für die Schule in Grenzen. Für die Durchführung musste ein zusätzlicher Raum bereitgestellt werden, da es wegen des kommunikativen Austausches sinnvoll erschien, dieses Projekt zeitgleich mit einer regulären Roboter-AG durchzuführen. Da die Schule über vier Lehrkräfte und einen Referendar für das Fach Informatik verfügt, stellte der zusätzliche Betreuungsaufwand kein großes Problem dar.

Die langjährige Erfahrung der Kollegen zahlte sich bei der technischen Vorbereitung aus, da viele der möglichen Startprobleme von vornherein entschärft werden konnten.

Da die gesamte Unterrichtsversorgung der Schule sehr knapp ist, musste dem Personalrat und dem

Die zusätzlichen Unterrichtsstunden für dieses Projekt fanden aber allgemeine Akzeptanz.

Von Beginn an zeigten die Schülerinnen und Schüler (wie zu erwarten) deutlich mehr Aktivität und Motivation als im regulären Fachunterricht. Durch die praktische Arbeit mit einem „technischen Spielzeug“ gelang der Übergang von der spielerischen Erkundung zum planvollen Handeln je nach Alter und Vorerfahrungen unterschiedlich schnell. Die sich fast automatisch ausbildende

Wettstreitsituation motivierte zusätzlich, sich mit den Grundregeln der Programmierung auseinanderzusetzen.

Bisher ist noch keine Veränderung zu beobachten, da das Projekt als Langzeitprojekt ausgelegt ist und noch nicht lange genug läuft, um Veränderungen feststellen zu können.

Abbildung 10.02

Perspektiven

Wir hoffen darauf, dass es sich unter den Schülerinnen und Schülern herumspricht, dass dieses Projekt Spaß macht, so dass wir im kommenden Halbjahr noch weitere Schülerinnen und Schüler dafür begeistern können.

Die wichtigste Rahmenbedingung, die an unserer Schule bereits erfüllt ist, ist das nötige Know-how: Da es seit beinahe 10 Jahren eine Roboter-AG an unserer Schule gibt, gibt es auch genügend erfahrene Lehrkräfte, so dass es aus personeller Sicht keine Schwierigkeiten gibt. Wenn es bisher noch keine Lehrer an einer Schule gibt, die sich mit Robotik befasst haben, so ist zunächst ein etwas höheres Eigenengagement nötig, um die Grundlagen zu erlernen.

Trotzdem ist dieses Projekt mit Sicherheit auch dann umsetzbar, zumal bei den LEGO-Robotern bereits geeignete bildhafte Bauanleitungen (ohne Text!) mitgeliefert werden. Der Bau der Roboter ist also auch ohne Hintergrundwissen möglich. Die Programmierung kann mit sehr einfachen Programmen begonnen werden – stellt also auch kein größeres Hindernis dar.

Die Teilnahme an Wettbewerben muss natürlich etwas genauer vorbereitet werden: Für Wettbewerbe wie den Robo-Cup oder den InTech-Cup müssen die Roboter bestimmten Anforderungen genügen, um erfolgreich zu sein. Der InTech-Cup richtet sich aber in erster Linie an Programmieranfänger, ist also eine geeignete Anlaufstelle für die ersten Wettbewerbserfahrungen. Wir empfinden dieses Projekt als Bereicherung für den Schulalltag aller interessierter Kinder und Jugendlicher und glauben nach unseren ersten Erfahrungen durchaus daran, dass es auf lange Sicht zur Integration beitragen kann.

11. Gymnasium Essen-Werden, Essen