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3. Ergebnisse und Diskussion

3.6 Das statische Adhäsionssystem

3.6.5 Inhibition der leukocytären E-Selektin-Ligandenbiosynthese

Abbildung 3.50: HL-60 Zelladhäsion auf HUVEC nach 1stündiger Inkubation der HL-60 Zellen mit E-Selektin-IgG-Proteinen.

Daraus ließen sich keine direkten Schlüsse auf das Vorhandensein Spezies-spezifischer E-Selektin-Liganden ziehen. Zudem konnte in dem eingesetzten Konzentrationsbereich keine Sättigung der Inhibition erzielt werden, was für zusätzliche E-Selektin-unabhängige Bin-dungsmechanismen sprechen würde. Ausgeschlossen werden können diese Wechselwir-kungen hingegen ebensowenig, da bei der höchsten E-Selektin-IgG-Konzentration nicht die Inhibitionseffizienz erreicht wurde, bei der die durch Desialylierung anhand der V. cholerae-Sialidaseinkubation erlangte Inhibition der Zell-Zell-Adhäsion einen Grenzbe-reich erkennbar werden ließ (vgl. Abbildung 3.44).

was letztendlich zu einer Syntheseblockade der Ganglio-, Globo-, Lacto- und Neolacto-Glykosphingolipide führt.

Fumonisin B1ist ein Mycotoxin ausFusarium moniliforme, das den Transfer von Galacto-se an Sphingolipide sowie die N-AcetyltransferaGalacto-se inhibiert und damit diede novo Sphin-golipidsynthese blockiert (Merrilet al., 1993).

Brefeldin A inhibiert diede novo Synthese von Globo- und Neolacto-Glykosphingolipiden, hat aber keinen Effekt aufβ1-3-N-Acetylglucosaminyl-, dieβ1-4-Galactosyl- oder dieα 1-3-Fucosyltransferaseaktivität (Sherwood and Holmes, 1992).

Als viertes Agens zur Glykosylierungsinhibition wurde Tunicamycin ausStreptomyces ly-sosuperificus verwendet, das spezifisch die N-Glykosylierung von Proteinen durch Blok-kade der Übertragung von GlcNAc auf Dolicholphosphat hemmt (Paulet al., 1992). Dieses Lipid ist eine für die N-Glykosylierung von Proteinen notwendige Vorstufe, da es als Trä-germolekül fungiert, von dem der Kohlenhydratanteil letztendlich übertragen wird.

Die HL-60 Zellen wurden mit den Glykosylierungsinhibitoren in einem Konzentrationsbe-reich von 0-30 µM für sechs Stunden inkubiert. Lediglich Tunicamycin konnte nur mit ei-ner Maximalkonzentration von 5 µM eingesetzt werden, da sonst die HL-60 Zellen abstar-ben. Nach Applikation der so inhibierten HL-60 Zellen zu dem CHO-E-Zellayer wurde die Zell-Zell-Adhäsion quantifiziert (siehe Abbildung 3.51).

Abbildung 3.51: Adhärierte HL-60 Zellen auf CHO-E-Layern nach 6stündiger Inkubation der HL-60 Zellen mit den angegebenen Konzentrationen der Glykosylierungsinhibitoren D-PDMP, Fumonisin B1bzw. Brefel-din A.

Bis zu einer Konzentration von 7,5 µM der Glykosylierungsinhibitoren D-PDMP und Fu-monisin B1wurde eine bis zu 15%ige Steigerung der adhärierten HL-60 Zellzahl ermittelt.

0 20 40 60 80 100 120 140

30 15 7,5 3,75 1,88 0,01 0

Glykosylierungsinhibitorkonzentration [µM]

adhärierteHL-60/mm²[%Kontrolle]

HL-60 D-PDMP inkubiert HL-60 Fumonisin B1 inkubiert HL-60 Brefeldin A inkubiert

Während D-PDMP bei der höchsten Konzentration von 30 µM eine Adhäsions-Inhibition von 25,0% hervorrief, konnte für Fumonisin B1 bei gleicher Konzentration nur ein Wert von 5,5% gemessen werden, der im Rahmen der Abweichungen der Kontroll-Inhibition ohne Wirkstoff lag. Durch Anwendung von Tunicamycin im Konzentrationsbereich von 0-5 µM konnte ebenfalls keine signifikante Inhibition festgestellt werden (siehe Abbildung 3.52). Die stärkste Inhibition trat unter Einwirkung von Brefeldin A auf. Bereits bei einer Konzentration von 1,88 µM wurde eine Reduktion der adhärierten HL-60 Zellzahl von 19,8% festgestellt. Bei einer Konzentration von 30 µM konnte diese Reduktion auf 42,7%

gesteigert werden.

Die gesteigerte Anzahl der bei niedrigen D-PDMP-Konzentrationen adhärierten HL-60 Zellen kann durch eine kurzfristige Steigerung der Glukosyltransferase-Aktivität erklärt werden (Abe et al., 1996). Höhere Konzentrationen werden dagegen nicht kompensiert.

Eine ähnliche kurzfristige Steigerung der Enzymaktivität könnte für den gleichen Effekt bei Fumonisin B1verantwortlich sein.

N-glykosylierte membranständige Proteine der HL-60 Zellen scheinen nicht an der Wech-selwirkung mit murinem E-Selektin beteiligt zu sein, es sei denn, ihre Internalisierungsrate liegt deutlich über einem Zeitraum von sechs Stunden. Dann hätte die Blockade derde no-vo Synthese keinen Effekt auf die Zell-Zell-Adhäsion, da noch genug membranständige Liganden eine E-Selektin-Wechselwirkung eingehen könnten. Das gleiche gilt auch für die Glykosphingolipide. Hier konnte mit Einsatz von Brefeldin A die deutlichste Inhibition der HL-60 Adhäsion erzielt werden. Dieses Agens inhibiert nicht nur die Synthese von Globo-und Neolacto Glykosphingolipiden sondern auch den Vesikeltransport im Golgi-Apparat (Misumi et al., 1986; Fujiwara et al., 1988; Miller et al., 1992). Dadurch würden auch Membranproteine nicht mehr an die Oberfläche transportiert. Da aber Tunicamycin keinen signifikanten Effekt auf die Zell-Zell-Adhäsion hatte, ist die Wirkung des Brefeldin A auf die Blockierung der Glykosphingolipidsynthese zurückzuführen. Diese Schlußfolgerung wird dadurch bekräftigt, daß bei gleichzeitiger sechsstündiger Inkubation von D-PDMD in einer Konzentration von 30 µM und der Endoglykoceramidase (vgl. Abbildung 3.43) mit einer Aktivität von 100 mU/mL eine 77,7%ige Adhäsionsinhibition erzielt wurde. Dement-sprechend sind Glykosphingolipide als Liganden des murinen E-Selektins für diese Anzahl an HL-60-Adhäsion verantwortlich. Mit den Erkenntnissen aus den Maskierungsexperi-menten und den enzymatischen VerdauexperiMaskierungsexperi-menten lassen sich diese auf Ganglioside eingrenzen. N-glykosylierte Proteine scheiden als Liganden des murinen E-Selektins dage-gen offensichtlich aus.

Abbildung 3.52: Adhärierte HL-60 Zellen auf CHO-E-Layern bzw. auf HUVEC-Layern nach 6stündiger Inkubation der HL-60 Zellen mit den angegebenen Konzentrationen des Glykosylierungsinhibitors Tuni-camycin.

Im Gegensatz dazu zeigte die Inkubation der HL-60 Zellen mit einer Konzentration von 5 µM Tunicamycin bezüglich ihrer Adhäsion zu HUVEC, die zuvor mit 50 ng/mL IL-1β für vier Stunden zur E-Selektin-Expression induziert wurden, einen Inhibitionseffekt von 42,1% (siehe Abbildung 3.52). Unter D-PDMP Einwirkung adhärierten bei niedriger Kon-zentration von 0,01 µM 35,6% mehr HL-60 Zellen als ohne D-PDMP (siehe Abbildung 3.53). Der tendenziell gleiche Effekt wurde bereits im human/murinen System beobachtet.

Die Maximalkonzentration von 30 µM ergab eine Adhäsions-Inhibition von 25,2% und damit ebenfalls fast exakt den gleichen Wert wie im murinen System. Die Auswirkung von Fumonisin B1 war jedoch deutlich ausgeprägter. In diesem Fall konnte eine HL-60 Adhä-sions-Inhibition von 44,1% erreicht werden. Das entspricht dem 8fachen Wert, der zuvor mit den CHO-E Zellen erhalten wurde. Der bei diesem Versuch additive Effekt aus Gly-kosphingolipid-Biosyntheseblockade und Vesikeltransporthemmung konnte aus den Er-gebnissen der Brefeldin A-Inkubation ersehen werden. Mit der Höchstkonzentration von 30 µM Brefeldin A wurde eine Adhäsions-Inhibition von 70,7% erzielt.

0 20 40 60 80 100 120 140

5 2,5 1,25 0,625 0,313 0,156 0

Glykosylierungsinhibitorkonzentration [µM]

adhärierteHL-60/mm²[%Kontrolle]

HL-60 Tunicamycin inkubiert auf CHO-E-Layern HL-60 Tunicamycin inkubiert auf HUVEC-Layern

Abbildung 3.53: Adhärierte HL-60 Zellen auf HUVEC-Layern nach 6stündiger Inkubation der HL-60 Zel-len mit den angegebenen Konzentrationen der Glykosylierungsinhibitoren D-PDMP, Fumonisin B1bzw. Bre-feldin A).

Diese Ergebnisse sprechen für eine Kombination mehrerer Liganden bei dem hu-man/human System. N-glykosylierte Proteine können demnach einen Anteil von 42% der HL-60/HUVEC-Bindung ausmachen. Dies wurde auch bereits durch die PNGase F-Inkubation deutlich, durch die die HL-60-Zelladhäsion um 49,7% reduziert wurde (vgl.

Abbildung 3.44). PSGL-1 kommt als E-Selektin Ligand auf der Oberfläche der verwende-ten HL-60 nicht in Frage, da dieses Molekül nicht exprimiert wird. Glykosylierte Proteine wie der potentielle humane 250 kDa-E-Selektin-Ligand könnten für die genannte Wirkung verantwortlich sein. Dagegen würde sprechen, daß diese hochspezifisch nur an humanes, aber nicht an murines E-Selektin binden müssten.

Der Umsatz von Gangliosiden durch Internalisierung aus der Plasmamembran und Synthe-se scheint in geringerem Umfang oder mit niedrigerer Geschwindigkeit abzulaufen als bei Membranproteinen. Während die Reduktion der aufgrund von Interaktionen glykosylierter Proteine mit E-Selektin bedingten Zell-Zell-Adhäsion bei PNGase F- und Tunicamycin-Inkubation nahezu identisch war, konnte mit Fumonisin B1 nur eine Inhibition der Zell-Zell-Adhäsion von 44,1% im Vergleich zu einer 71,5%igen Reduktion durch die Endogly-koceramidase-Inkubation erreicht werden. Bei Inkubation mit D-PDMP wurde lediglich ein Wert von 25,2% gemessen. Daß Ganglioside den Hauptanteil der Liganden bei der E-Selektin-vermittelten Zell-Zell-Adhäsion ausmachen müssen, zeigte sich besonders bei gleichzeitiger sechsstündiger Inkubation der HL-60 Zellen mit D-PDMP in einer Konzen-tration von 30 µM und Endoglykoceramidase mit einer Aktivität von 100 mU/mL. In die-sem Experiment wurde die Anzahl der auf den HUVEC adhärierten HL-60 Zellen um

0 20 40 60 80 100 120 140 160

30 15 7,5 3,75 1,88 0,01 0

Glykosylierungsinhibitorkonzentation [µM]

adhärierteHL-60/mm²[%Kontrolle]

HL-60 D-PDMP inkubiert HL-60 Fumonisin B1 inkubiert HL-60 Brefeldin A inkubiert

88,5% reduziert. Der 11,5%ige Restanteil von 186 (sd 24) Zellen setzte sich zusammen aus 6,6% sedimentierten Zellen und 4,9% Gangliosid-unabhängig adhärierten HL-60 Zellen in dem human/human System. Rechnerisch ergibt sich somit eine Inhibitionseffizienz von 93,4%. Die angewendete Kombination aus enzymatischer Hydrolyse und Blockade des Gangliosid-Anabolismus führte dementsprechend zu einer fast vollständigen Inhibition der HL-60 Zelladhäsion auf den HUVEC-Layern.