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Indirekte und induzierte volkswirtschaftliche Effekte

Im Dokument Option Riedbach (Seite 95-98)

4 Impact-Analyse

4.1 Methoden und Datenquellen

4.1.3 Indirekte und induzierte volkswirtschaftliche Effekte

4.1.2 Direkte volkswirtschaftliche Effekte

Die «Leistung» einer Branche im volkswirtschaftlichen Sinne wird mit der Wertschöpfung ge-messen. Das Bruttoinlandsprodukt als gesamtwirtschaftliche Leistungskennziffer ergibt sich von der Entstehungsseite her als die Summe aller Branchen-Bruttowertschöpfungen. Die Bruttowert-schöpfung misst hierbei den «Mehrwert», der im Produktionsprozess erwirtschaftet wird. Dieser Mehrwert ergibt sich als Differenz von Produktionswert und den zur Leistungserstellung verwen-deten Vorleistungen. Anders ausgedrückt bemisst die Bruttowertschöpfung jenen Betrag, der für die Entlohnung der Produktionsfaktoren Arbeit (Löhne und Gehälter) und Kapital (Eigen- und Fremdkapital1, physisches Kapital) zur Verfügung steht.

Für die Berechnung von Bruttowertschöpfung, Beschäftigung oder Einkommen, welche mit der Stromproduktion in den verschiedenen Kraftwerken verbunden ist, konnte auf detailliertes Da-tenmaterial und Expertenwissen der BKW FMB Energie AG (BKW) - Betreiberin des Kraftwerks Mühleberg - zurückgegriffen werden. Auf diese Weise konnte beispielsweise der spezifischen Vorleistungsstruktur und deren Herkunft (R05, R15, restliche Schweiz, Ausland) Rechnung ge-tragen werden. Im Hinblick auf die Belegschaft konnte beispielsweise berücksichtigt werden, welcher Anteil der Beschäftigten innerhalb der Regionen R05 und R15 wohnt. Dies spielt für die Quantifizierung der Beschäftigungs-, Einkommens- oder Steuereffekte eine wichtige Rolle, da lediglich die innerhalb der Perimeter R05 und R15 anfallenden Effekte von Interesse sind. Beim

«EKKM» wurden zusätzlich Informationen über Leistung und Kostenstruktur der Kraftwerke aus Studien verschiedener Forschungsinstitute im Themenbereich Energie herangezogen.

4.1.3 Indirekte und induzierte volkswirtschaftliche Effekte

Zur Messung der indirekten Bedeutung einer Branche werden in der Regel Input-Output-Modelle verwendet, mit deren Hilfe die vielfältigen Verflechtungen innerhalb einer regionalen Wirtschaft berücksichtigt werden können. Grundlage der Input-Output-Analyse ist eine schematische Erfas-sung der Volkswirtschaft, welche die Verflechtung zwischen den Branchen untereinander sowie den Zusammenhang zwischen Endnachfrage, inländischer Produktion sowie Güterimporten abbildet. Nachfolgende Abbildung zeigt das Grundschema einer Input-Output-Tabelle.

Auf der horizontalen Achse ist die Verwendung der in den Branchen hergestellten Waren und Dienstleistungen abgetragen. Diese fliessen entweder als Vorleistungen in andere Branchen ein oder werden direkt als Endnachfrage konsumiert, investiert oder exportiert. Die Summe aus Vor-leistungs- und Endnachfrage ergibt die Gesamtnachfrage.

Auf der vertikalen Achse ist die Zusammensetzung des Gesamtangebots abgebildet, welches im Gleichgewicht der Gesamtnachfrage entsprechen muss. Das Gesamtangebot setzt sich aus der Produktion im Inland («Bruttoproduktionswert») und den Importen zusammen. Nach Abzug der für die Produktion benötigten Vorleistungen einer Branche vom Bruttoproduktionswert resultiert

1 Ausgenommen ist derjenige Teil der Fremdkapitalzinsen, der bei den Kreditinstituten als Zinsmarge anfällt. Dieser wird als Vorleistung bei den Schuldnern und als Bruttoproduktion bei den Kreditinstituten verbucht.

19 die Bruttowertschöpfung der jeweiligen Branche. Die Bruttowertschöpfung dient zur Entlohnung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital.2

Abb. 4: Schematische Darstellung einer Input-Output-Tabelle

A0105 A1014 A1516 … A9395 C01 .. C12 I G E Summe

Aj. Typisches Gut der Branche j Ci Konsumausgaben der privaten Haushalte, Untergruppe i

I Investitionen G Staatsausgaben E Exporte

Quelle: BAK Basel Economics.

Da aus der öffentlich verfügbaren Statistik in der Schweiz keine Input-Tabellen für Regionen oder Kantone zur Verfügung stehen, musste für die Modellierung der indirekten volkswirtschaftli-chen Effekte eine Input-Output-Tabelle für die zu analysierenden Regionen geschätzt werden.

Als Ausgangspunkt diente die Input-Output-Tabelle von Nathani et al. (2006) für die Schweiz, welche mit Hilfe zusätzlicher kantonaler Datenquellen sowie dem Einsatz verschiedener kanto-naler BAK-Modelle regionalisiert werden konnte.3

Der Aufbau eines IO-Modells für den Kanton Bern geschah im Rahmen der der Studie «Volks-wirtschaftliche Bedeutung der Stromwirtschaft für den Kanton Bern» (BAK 2007). Die Modelle aus dieser Untersuchung wurden im Rahmen der vorliegenden Studie für die Modellierung der Effekte in den Regionen R05 und R15 adaptiert, d.h. es wurden auf Basis des IO-Mdoells für den Kanton Bern mit Hilfe zusätzlicher Strukturparameter eigenständige IO-Modelle für die Pe-rimeter R05 und R15 entwickelt. Hierzu stand zusätzlich zu den kantonalen Daten die Gemein-dedatenbank von BAK Basel Economics zur Verfügung, welche für alle Gemeinden der Schweiz zahlreiche Variablen wie beispielsweise die nominale und reale Bruttowertschöpfung und die Zahl der Erwerbstätigen für 45 Branchen enthält. Die Zeitreihen aus der Gemeindedatenbank decken die Periode 1980 bis 2020 ab.

2 Aus Gründen der Vereinfachung wird in der schematischen Darstellung (nicht aber im Modell) von Gütersteuern und Subventionen abstrahiert. Die Entlohnung des Faktors Kapital enthält die Kosten des Eigen- und Fremdkapitals sowie die Abschreibungen.

3 Hierzu gehören: Kantonales Branchenmodell, Kantonales Konsummodell, Kantonales Baumodell, Modell zur Schät-zung interkantonaler Handelsströme.

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Konzept der Impact-Analyse

Anhand der Input-Output-Matrix kann der Einfluss einer Erhöhung der Nachfrage nach Gütern einer bestimmten Branche auf die gesamte Wirtschaft untersucht werden. Dies beinhaltet zu-nächst jene Branche, die direkt von der Nachfrage betroffen ist. Infolge einer Stromnachfrage-steigerung im Kanton Bern profitieren beispielsweise zunächst die Stromproduzenten.

Ein Teil des zusätzlichen Umsatzes verbleibt direkt als Bruttowertschöpfung bei den Stromer-zeugern («direkter Effekt»), der Rest fliesst im Zuge des Produktionsprozesses an andere Bran-chen (ZuliefererbranBran-chen, vorgelagerte Dienstleistungsunternehmen). Bei den Lieferantenbran-chen, d.h. in diesem Beispiel im Maschinenbau oder bei Ingenieurbüros, entsteht durch die aus-gelöste Nachfrage ebenfalls zusätzliche Wertschöpfung («Erstrundeneffekt»).

Mit dem Initial- und dem Erstrundeneffekt hat man allerdings nicht den ganzen Wertschöpfungs-effekt berücksichtigt. So beziehen auch die Vorleistungsbranchen ihrerseits Vorleistungen bei anderen Branchen, etc. Im Prinzip hat man unendlich viele Folgeeffekte, deren Grösse ständig abnimmt. Die Grundidee eines Input-Output-Modells besteht nun darin, so viele Folgeeffekte zu berücksichtigen, bis das Modell in einen Gleichgewichtszustand konvergiert.

Input-Output-Modelle

Die Quantifizierung der verschiedenen Effekte erfolgt in der Regel mit Input-Output-Modellen.

Diese Modelle haben den Vorteil, dass sie einfach verständlich und kommunizierbar sind.

Überdies basieren sie auf effektiven Verflechtungen der Branchen. Diesen Vorteilen stehen al-lerdings auch Nachteile gegenüber, die man sich bei der Interpretation der Ergebnisse vor Au-gen führen muss: Input-Output-Modelle sind statische Modelle, die zeitliche Dimension wird nicht berücksichtigt. Insbesondere die Reaktionen der Akteure (Unternehmen und Konsumenten) auf Veränderungen von Preis und Nachfrage können nicht modelliert werden.

Die effektive Gesamtbedeutung einer Branche für die Volkswirtschaft hängt unter anderem mit der Methodenwahl beim Input-Output-Modell zusammen. Grob betrachtet kann zwischen zwei verschiedenen Modellen unterschieden werden, die sich bezüglich der Abgrenzung ihrer Wir-kung unterscheiden. Das klassische Input-Output-Modell berücksichtigt neben den direkten Ef-fekten sämtliche durch die Vorleistungsbeziehungen der Branchen zusätzlich ausgelösten indi-rekten Effekte.

Im erweiterten Modell sind die privaten Haushaltsausgaben endogenisiert, d.h. es werden zu-sätzlich die generierten Einkommen bei den privaten Haushalten in den Modell-Kreislauf mit einbezogen. Grundidee ist, dass durch zusätzliche Wertschöpfung generierte Einkommen zu einem grossen Teil für den Konsum von Lebensmittel, Wohnen etc. wieder ausgegeben wird.

Dadurch entsteht beispielsweise Wertschöpfung im Detailhandel und seinen Zulieferbetrieben.

Auch dieser Effekt ist theoretisch unendlich lang und wird «induzierter Effekt» genannt.

Beide Modelle haben gemeinsam, dass sie die Effekte innerhalb der Volkswirtschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt wiedergeben und somit statischer Natur sind. Dynamische Anpassungs-prozesse aufgrund von Preis- oder Nachfrageränderungen werden nur bedingt berücksichtigt.

Bei beiden Modell-Typen wird unterstellt, dass es zu keinen Substitutionseffekten in der Produk-tion oder im Konsum kommt. Die relativen Preise bleiben konstant.

21 Beim erweiterten Modell wird zudem unterstellt, dass sich Konsumenten und Arbeitnehmer nicht an eine Veränderung der Einkommen respektive der Arbeitsplatzsituation anpassen. Oder an-ders formuliert: Wenn es in Mühleberg kein Kraftwerk gäbe, bräuchte es auch dessen Angestell-ten nicht. Im erweiterAngestell-ten Modell sinkt deswegen analog dazu der Konsum dieser BeschäftigAngestell-ten.

Mag dies im Falle der Belegschaft des Kernkraftwerks noch zutreffen, solange solch kleine Re-gionen wie R05 oder R15 betrachten, führen die im erweiterten Modell in den Folgerunden un-terstellten induzierten Effekte zu einer Überschätzung des potenzielle Ausfalleffekts beim Ab-schalten des Kraftwerks. Denn schliesslich würden in diesem Fall nicht alle negativ Betroffenen aus der Region abwandern, sondern fänden zum Teil in anderen Betrieben eine Anstellung oder erhielten staatliche Unterstützung. In beiden Fällen würden diese Personen weiterhin in den entsprechenden Regionen Konsumausgaben tätigen. Dasselbe gilt für die Beschäftigten, die in vorgelagerten Prozessen der Wertschöpfungskette betroffen sind.

Eine weitere Annahme des erweiterten Modells ist eine im Bezug auf das Einkommen homoge-ne Konsumstruktur. Schliesslich wird beim erweiterten Modell von Vermögenseinkommen, Selb-ständigeneinkommen oder staatlichen Transfers abstrahiert und eine eindimensionale Bezie-hung zwischen Arbeitnehmereinkommen und privatem Konsum unterstellt.

BAK Input-Output-Modell

Im Rahmen der Studie wurden verschiedene Modellvarianten berechnet. Die Ergebnisse sind in Abschnitt 4.7 tabellarisch aufgeführt. Die Ergebnisse des klassischen Modells («Gesamteffekt I») unterliegen weniger restriktiven Annahmen und sind als «Untergrenze» des berechneten «im-pacts» zu betrachten, die Ergebnisse des erweiterten Modells («Gesamteffekt III») sind als nu-merische Obergrenze zu betrachten und werden vor allem aus Gründen der Vergleichbarkeit mit anderen Studienergebnissen aufgeführt, welchen häufig ein erweitertes Modell zugrunde liegt.

Die nachfolgende Darstellung der Effekte beschränkt sich auf den Gesamteffekt II, d.h. auf die Summe von direktem, indirektem Effekt zuzüglich dem direkt induzierten Effekt, der sich über die Einkommen der beim Kernkraftwerk beschäftigten Personen ergibt. Das um die direkt induzier-ten Effekte ergänzte Modell erscheint im speziellen Fall dieser Analyse am besinduzier-ten geeignet, die in den Regionen R05 und R15 auftretenden Effekte zu quantifizieren. Denn zumindest ein Teil der Belegschaft würde vermutlich beim Abschalten des Kernkraftwerks nicht mehr in den Peri-metern R05 und R15 arbeiten.

Im Dokument Option Riedbach (Seite 95-98)