• Keine Ergebnisse gefunden

Immunologie der R. equi-Pneumonie beim Fohlen

2.6.1 Die Immunreaktion auf Rhodococcus equi

Über das Immunsystem des Fohlens und die Immunreaktion, die R. equi verursacht, sind längst nicht alle Aspekte bekannt. Einige wichtige Informationen, die bis heute Bestand haben, ließen sich in der Vergangenheit von den Mykobakterien ableiten.

So ziehen JANEWAY und TRAVERS (1997) diese zum Vergleich mit R. equi heran, da beide intrazelluläre Pathogene sind, die vorwiegend in Phagolysosomen von Makrophagen wachsen, wo sie vor Antikörpern und zytotoxischen T-Zellen sicher sind.

ELLENBERGER und GENETZKY (1986) demonstrieren in In-vitro-Versuchen, dass die bakterizide Wirkung von Makrophagen wie auch von polymorphkernigen

Granulozyten durch R. equi gehemmt wird. Auch ZINK et al. (1985) zeigen anhand von In-vitro-Studien mit Alveolarmakrophagen, dass R. equi in Makrophagen persistieren kann. Weitere Untersuchungen ergeben eine Korrelation zwischen einer intrazellulären Persistenz und einem Fehlen der Phagosomen-Lysosomen-Fusion (HIETALA u. ARDANS, 1987; ZINK u. YAGER, 1987).

Eine Vernichtung der Bakterien kann erst dann erfolgen, wenn eine TH1-Zelle, eine T-Helferzelle der Kategorie 1, den Makrophagen aktiviert. Die TH1-Zellen synthetisieren wichtige membrangebundene Proteine und lösliche Zytokine wie den Tumornekrosefaktor α (TNF-α) oder das Interferon γ (IFN-γ), die eine Immunantwort gegen intrazelluläre Pathogene koordinieren. Die so aktivierten Makrophagen sind nun in der Lage, die intrazellulären Bakterien abzutöten. Zudem können sie aber auch eine lokale Gewebsschädigung hervorrufen. Daher müssen die T-Zellen die Aktivität der Makrophagen streng regulieren und bilden verschiedene Zytokine und Oberflächenmoleküle, die neben der Aktivierung auch chronisch infizierte alternde Makrophagen töten und frische Makrophagen an den Ort der Infektion locken (JANEWAY u. TRAVERS, 1997). Andere Autoren sprechen davon, dass auch R.

equi selbst die Ausschüttung von Zytokinen wie TNF-α oder IFN-γ, die die bakterizide Wirkung der Makrophagen aktivieren, stimuliert, was in vitro an humanen Zelllinien dargestellt wurde (NATHAN et al., 1983; FEINMAN et al., 1987). GIGUÈRE et al.

(1999) demonstrieren jedoch, dass virulente Rhodokokken in der Lage sind, die IFN-γ-Produktion zu unterdrücken.

Die Vermutung, dass die T-Zell-vermittelte Immunität die entscheidende Rolle spielt, unterstreicht eine zunehmende Anzahl von R. equi-Infektionen bei AIDS- und Leukämie-Patienten (NORDMANN u. RONCO, 1992). Die TH1 basierte Immunität gegen R. equi-Infektionen auf der Grundlage von IFN-γ-Produktion ist zudem in verschiedenen Studien an Mäusen und auch an adulten Pferden nachgewiesen worden (PRESCOTT et al., 1997; KOHLER et al., 2003).

Wenn Bakterien den antimikrobiellen Effekten der aktivierten Makrophagen erfolgreich widerstehen, kann sich eine chronische Infektion mit Entzündung entwickeln. Oft besitzt sie ein charakteristisches Muster, das aus einem Zentrum mit

Makrophagen besteht, die von aktivierten Lymphozyten umgeben sind. Dies wird dann als Granulom bezeichnet. Es dient dazu, Pathogene, die der Vernichtung entgangen sind, „einzumauern“. Bei einer R. equi-Erkrankung kann sich das Zentrum der großen Granulome isolieren. Aufgrund von Sauerstoffmangel und zytotoxischen Effekten der aktivierten Makrophagen sterben die Zellen ab und unterliegen der verkäsenden Nekrose. So entstehen durch die schützende Immunreaktion die für das Krankheitsbild einer R. equi-Infektion typischen Lungenabszesse (JANEWAY u.

TRAVERS, 1997).

Rhodococcus equi ist nachweislich toxisch für Makrophagen. Dabei werden viele Zellen irreversibel zerstört. Die Phagozyten-Degeneration tritt in vitro acht Stunden nach der Infektion ein (HIETALA u. ARDANS, 1987; ZINK u. YAGER, 1987).

Neben den zytotoxischen Effekten wird aber auch eine humorale Immunantwort beobachtet. Bei experimenteller Infektion adulter Pferde zeigt sich in der bronchoalveolären Lavage-Flüssigkeit ein Anstieg der Leukozyten, des Interferon-γ und der Immunglobulinkonzentration (LOPEZ et al., 2002).

2.6.2 Die zelluläre Abwehr des Fohlens

Die Rhodokokkose kommt vor allem bei Fohlen im Alter von zwei bis vier Monaten und bei immunsupprimierten Tieren und Menschen vor. Diese Beobachtung führt bei vielen Autoren zu der Annahme, dass die zelluläre Abwehr des Fohlens in der Bekämpfung der R. equi-Infektion die größte Bedeutung besitzt (WOOLCOCK et al., 1987; PRESCOTT et al., 1997), bei jungen Fohlen jedoch noch nicht so wirkungsvoll wie beim adulten Pferd agieren kann. Durch einen signifikanten Anstieg im Leukozyten-Stimulationstest wird festgestellt, dass nach einer natürlichen Infektion mit R. equi beim Fohlen eine zelluläre Immunantwort stattfindet (ELLENBERGER et al., 1984 a). Untersuchungen auf endemisch infizierten Gestüten zeigen jedoch keine Auswirkungen der Leukozytenzahl auf die Morbidität (ELLENBERGER et al., 1984 a). ZINK et al. (1985) beobachten, dass die Aktivität von Alveolarmakrophagen mit zunehmendem Alter der Fohlen signifikant zunimmt. Diese Makrophagen deaktivieren die Rhodokokken jedoch nicht erfolgreich. In vitro zeigt sich, dass R.

equi die Phagosom-Lysosom-Verschmelzung in den befallenen Alveolarmakrophagen herabsetzt, jedoch stärker in Makrophagen von Fohlen, die noch nie dem Keim ausgesetzt waren, als dies bei Adulten und exponierten Fohlen der Fall ist (HIETALA u. ARDANS, 1987). Es wird beobachtet, dass Fohlen die gleichen, wenn nicht höhere Gesamt-CD4- und CD8-T-Lymphozytenzahlen wie adulte Pferde haben, wobei es keinen signifikanten Unterschied zwischen gesunden und an Rhodokokkose erkrankten Fohlen gibt. Dies scheint zu belegen, dass die Zellen zwar vorhanden, aber noch nicht so wirkungsvoll sind (FLAMINIO et al., 1999). YAGER et al. (1987) stellen dagegen fest, dass es keinen Unterschied zwischen der bakteriziden Funktion der Neutrophilen von gesunden und kranken Fohlen gibt. Der bakterizide Effekt von neutrophilen Granulozyten gegen R. equi erweist sich als schnell (15 min) und effizient (99 %). Eine Unreife der Funktion dieser Zellen kann bei Fohlen nicht festgestellt werden. Jedoch entspricht die Phagozytose-Kapazität erst im Alter von drei Monaten der adulter Pferde (DEMMER et al., 2001).

2.6.3 Die humorale Abwehr des Fohlens

Über die Aufgabe der humoralen Abwehr bei einer R. equi-Infektion liegen gegensätzliche Meinungen vor. MARTENS et al. (1989) sehen eine hohe Bedeutung in der humoralen Abwehr von R. equi, indem sie die Wirksamkeit eines Hyperimmunplasmas zur Prophylaxe in einem Betrieb an zwölf Fohlen bestätigen.

Gleichzeitig räumen sie aber auch ein, dass unspezifische Faktoren wie Fibronektin, Komplement-Faktoren, Interferon und Lymphokine zur Wirksamkeit beigetragen haben können. Nach experimenteller Infektion von Fohlen mit R. equi zeigt sich, dass die Immunantwort aus einer Produktion spezifischer Antikörper, einer vermehrten Reifung von B-Lymphozyten und einer erhöhten Phagozytose-Aktivität der Alveolarmakrophagen besteht (ARDANS et al., 1986). In-vitro-Versuche beweisen, dass die Opsonisierung mit spezifischen Antikörpern die Aufnahme von R. equi in die Alveolarmakrophagen erhöht, die Inaktivierung des Erregers verstärkt und zu einem signifikanten Anstieg der Phagosom-Lysosom-Verschmelzung in den Makrophagen führt (ZINK et al., 1985; HIETALA u. ARDANS, 1987).

Andere Autoren zweifeln an einer schützenden Wirkung der Antikörper oder halten sie für dosisabhängig (FERNANDEZ et al., 1997), was bedeutet, dass ein Fohlen bei einer starken Exposition auf endemisch infizierten Gestüten bereits eine große Menge spezifischer Antikörper im Blut aufweisen muss, um einem Angriff durch R.

equi standzuhalten. Dies hält auch PAUL (2005), der in einer Studie an 146 Fohlen auf einem endemisch infizierten Gestüt drei Immunseren gegen eine Kontrollgruppe testet, für eine mögliche Begründung, dass er zwar bis zur elften Lebenswoche einen signifikanten Anstieg der AK-Titer nachweisen konnte, die Fohlen jedoch in gleichem Umfang wie in der Kontrollgruppe erkrankten. Es ließ sich kein Zusammenhang zwischen der Titerhöhe an R. equi-Antikörpern und einer R. equi-Pneumonie herstellen. So vermutet der Autor, dass die Antikörper im Abwehrgeschehen eher signalisierende als schützende Funktion besitzen.

In ihrer Studie zum Einsatz der Sonographie in der Früherkennung von Lungenabszessen beobachtet ALTHAUS (2004) zahlreiche Fohlen mit Lungenabszessen, die bei den klinischen Untersuchungen des Respirationstraktes keine krankhaften Befunde aufweisen. Dies veranlasst die Autorin zu der Vermutung, dass chronische Pneumonien möglicherweise auch ohne Behandlung ausheilen können. Die Fragestellung, ob und in welchem Ausmaß Lungenabszesse bei Fohlen spontan verheilen, ist Gegenstand der vorliegenden Studie.