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Im Rahmen dieser Arbeit wurden ausgewählte ISGs mittels Immunhistologie untersucht und die Ergebnisse mit bereits veröffentlichten Transkriptomdaten (Microarray-Analyse von Ulrich et al. 2014) in Verbindung gebracht. Mithilfe der Microarray-Analysen wurde bei keinem Stadium (akut, subakut, chronisch) der Staupevirusinfektion ein Unterschied in der IFN-I Expression in CDV-infizierten Kleinhirngewebe und Kontrolltieren festgestellt, was dafürspricht, dass CDV in der Lage ist, die direkte IFN-I Antwort zu modulieren oder zu hemmen. Mehrere Studien berichten davon, dass das V-Protein von Paramyxoviren an den MDA5 Rezeptor binden kann und dadurch die IFN-I Expression herunterreguliert wird, sodass die

Virusreplikation ohne Abwehrreaktion durch IFN-I ablaufen kann (ANDREJEVA et al. 2004; CHILDS et al. 2009; SVITEK et al. 2014).

Trotz der fehlenden Aufregulation von IFN-I in den Microarray-Daten zeigte sich meistens ein starker Anstieg der Expression der einzelnen ISGs und auch die Ergebnisse der immunhistologischen Auswertung ergaben bei allen acht untersuchten ISGs in mindestens einem Stadium der Staupevirusinfektion einen signifikanten Unterschied zur Kontrollgruppe. Aufgrund dieser Ergebnisse ist es naheliegend, dass es IFN-I-unabhängige Signalwege geben muss, die die Expression der ISGs vermitteln. In der Literatur sind vor allem IRF1- und IRF7-Signalwege beschrieben, die auch unabhängig von IFN-I direkt zur ISG Expression führen können (PINE 1992; TANIGUCHI et al. 2001; SCHMID et al. 2010; LI et al.

2018). Diese Annahme wird durch die Microarray-Daten bestätigt, da bei allen Stadien der Staupevirusinfektion eine signifikante Aufregulation von IRF1 und IRF7 nachgewiesen wurde.

5.3.1 IRF3 und IRF7 im Verlauf der Staupevirusinfektion

IRF3-Protein wurde in dieser Studie in Neuronen, Gliazellen, Endothelzellen und perivaskulären Entzündungszellen in CDV-infizierten und in Kontrolltieren nachgewiesen, was die konstitutive Expression von IRF3 (YSEBRANT DE LENDONCK et al. 2014) bestätigt und einen Hinweis gibt, dass IRF3 auch im Gehirn von Hunden eine Art Signalplattform bildet. Die Microarray-Daten und die immunhistologische Untersuchung zeigten keine signifikanten Unterschiede in den Gruppen der akuten, subakuten und chronischen Läsionen, was sich ebenfalls durch die stetig hohe, konstitutive IRF3 Expression erklären lässt. Auch die Beobachtung, dass IRF3 vor allem eine Bedeutung in der frühen Phase einer Virusinfektion hat, während IRF7 erst in den späteren Phasen eine größere Bedeutung zu kommt (HONDA et al. 2006), spiegelt sich hervorragend in den gemessenen IRF3- und IRF7-Proteinexpressionen der immunhistologischen Auswertung wieder. Während IRF3 ausschließlich in Gruppe 2 (CDV-Antigennachweis ohne morphologisch erkennbare Läsion) einen signifikanten Unterschied gegenüber der Kontrollgruppe aufwies, kommt IRF7 erst eine größere Bedeutung zu, wenn das Virus bereits Läsionen im Kleinhirn verursacht hat (Gruppen 3-5). Der kontinuierliche Anstieg der IRF7 Proteinexpression im Verlauf

der Staupevirusinfektion ist möglicherweise auf eine Aktivierung von IRF7 nach IFN-I Expression (positiver Rückkopplungsmechanismus) zurückzuführen (MARIE et al. 1998; SATO et al. 1998a; HONDA et al. 2006; HONDA u. TANIGUCHI 2006;

HALLER et al. 2007; CHEN u. ROYER 2010; IKUSHIMA et al. 2013; YSEBRANT DE LENDONCK et al. 2014). IRF7 Protein wurde in der durchgeführten Studie sowohl bei CDV-infizierten- als auch bei Kontrolltieren in Neuronen, Gliazellen und Endothelzellen nachgewiesen, was für eine konstitutive IRF7 Expression im Kleinhirn von Hunden spricht. Die Ergebnisse zeigen, dass IRF3 und IRF7 aufgrund ihrer konstitutiven Expression nicht als Marker für die Erkennung einer potentiellen Virusinfektion geeignet sind.

5.3.2 STAT1 und STAT2 im Verlauf der Staupevirusinfektion

STAT1 zeigte einen starken Anstieg der mRNS- und Proteinexpression in allen Gruppen CDV-infizierter Kleinhirne, während in Kontrolltieren nur geringe Mengen STAT1-Protein in Neuronen, Gliazellen und Endothelzellen zu finden waren. Für STAT2-Proteine hingegen wurde eine konstitutive Expression im Kleinhirn bei CDV-infizierten- und Kontrolltieren nachgewiesen. Unterschiede in der STAT2-Proteinexpression zwischen CDV-infizierten und Kontrolltieren wurden nur bei chronischen Läsionen festgestellt, während auf RNS-Ebene mittels Microarray-Analysen ein signifikanter Anstieg in allen untersuchten Gruppen nachgewiesen wurde.

Sowohl STAT1 als auch STAT2 werden in inaktiver Form konstitutiv exprimiert (LEVY et al. 1989; BLASZCZYK et al. 2016). Die in dieser Studie festgestellten Unterschiede hinsichtlich der STAT1- und STAT2-Proteinexpression sind auf die Selektivität der verwendeten Antikörper zurückzuführen. Während der Antikörper zum Nachweis von STAT1 an phosphorylierte, also aktivierte Proteine (p84/p91) bindet, markiert der STAT2-Antikörper aktivierte und nicht aktivierte Proteine.

Interessanter wird es, wenn man die Markierung der einzelnen Zelltypen miteinander vergleicht: In Neuronen, Oligodendrozyten und aktivierten Mikroglia/Makrophagen fanden sich sowohl STAT1 als auch STAT2-Proteine, was für eine Aktivierung des klassischen JAK-STAT-Signalwegs mit Aktivierung zahlreicher ISGs in diesen Zellen spricht. In Astrozyten, Endothelzellen und perivaskulären Entzündungszellen wurde nur aktiviertes STAT1-, nicht jedoch

STAT2-Protein nachgewiesen. Da STAT2 in diesen Zellen nicht exprimiert wird, ist ein Ablauf des klassischen JAK-STAT-Signalweges in diesen Zellen nicht möglich.

Des Weiteren zeigen diese Beobachtungen, dass STAT1 entgegen der Beschreibung von Improta et al. (1994) zumindest in bestimmten Zellen CDV-infizierter Kleinhirne auch in Abwesenheit von STAT2 phosphoryliert werden kann und wahrscheinlich über eine STAT2-unabhängige STAT1-Homodimerbildung zur Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen führt (O'SHEA et al. 2013; KANG et al. 2019).

5.3.3 ISG15 im Verlauf der Staupevirusinfektion

In den Microarray-Daten wies ISG15 den stärksten Anstieg des Fold Change auf, wobei subakute Läsionen eine fast 1000-fache Aufregulation zeigten. In der Immunhistologie wurde eine schwache ISG15-Expression in Neuronen und Endothelzellen in Kontrolltieren nachgewiesen, was frühere Beschreibungen einer geringen konstitutiven ISG15-Expression bestätigt (VILLARROYA-BELTRI et al.

2017). Neben vielfältigen anderen Funktionen spielt ISG15 auch bei Virusinfektionen eine Rolle.

So führt beispielsweise bei Menschen und anderen Primaten, nicht aber bei Hunden und Mäusen, die Bindung des NS1B-Proteins des Influenza-B-Virus an ISG15-Proteine zu einer Umgehung der wirtseigenen Immunantwort (SRIDHARAN et al.

2010). Die wenigen Studien, die bisher ISG15 im Hund bzw. in kaninen Zellkulturen untersucht haben (ZHANG et al. 2017; TOJI et al. 2018) beschreiben alle eine Aktivierung von ISG15 über den JAK-STAT-Signalweg durch IFN-I, was auf eine antivirale Aktivität dieses Proteins im Hund hindeutet. Auch in dieser Arbeit wurde eine signifikante Erhöhung der ISG15-Expression bei CDV-infizierten Hunden in allen untersuchten Gruppen nachgewiesen. Die vermehrte ISG15-Expression in CDV-Läsionen besitzt wahrscheinlich eine immunmodulatorische Wirkung und trägt dadurch direkt und indirekt zur Viruselimination bei.

5.3.4 PKR im Verlauf der Staupevirusinfektion

Bei der durchgeführten Studie wurde ein starker Anstieg der Expression von phosphoryliertem PKR in allen untersuchten, CDV-infizierten Gruppen nachgewiesen. PKR-Protein wurde in Neuronen, intraläsionalen Astrozyten und Oligodendrozyten sowie perivaskulären Lymphozyten detektiert, nicht jedoch in Mikroglia/Makrophagen. TMEV-infizierte Mäuse zeigten eine starke Expression von aktivierten PKR-Proteinen in Läsionen der weißen Substanz des Rückenmarks, wobei überwiegend in intraläsionalen Gitterzellen und in geringerem Maße in perivaskulären Immunzellen, Oligodendrozyten und Neuronen PKR exprimiert wurde, während Astrozyten in TMEV-infizierten Mäusen kein PKR exprimieren (LI et al. 2015). In ähnlicher Weise wurden bei der experimentellen autoimmunen Enzephalomyelitis (EAE), einem anderen Mausmodell für MS, phosphorylierte PKR-Proteine in Oligodendrozyten und Neuronen sowie in intraläsionalen T-Zellen und Makrophagen gefunden (CHAKRABARTY et al. 2004). Diese Ergebnisse zeigen einen zuvor unbeschriebenen speziesspezifischen Unterschied in der PKR-Expression und/oder der PKR-Aktivierung von Astrozyten und Mikroglia/Makrophagen im Hirngewebe von Maus und Hund. Das Kleinhirn der Kontrolltiere wies lediglich eine PKR-Expression in Neuronen und Purkinje Zellen auf. Dies stellt einen interessanten Befund dar, da der verwendete Antikörper gegen phosphoryliertes (aktiviertes) PKR gerichtet war und dieses Ergebnis somit auf eine konstitutive Expression von aktiviertem PKR in Neuronen hindeutet.

Die in der Studie gewonnen Ergebnisse zeigen, dass hinsichtlich PKR deutliche Expressionsunterschiede zwischen den CDV-infizierten und den Kontrolltieren bestehen und dass die PKR Expression eine Läsionsassoziation aufweist. Insofern kann der Nachweis von phosphoryliertem PKR in ZNS-Läsionen unbekannter Ätiologie als Hinweis auf eine mögliche, virale Ätiologie interpretiert werden. Die hier dargestellten Ergebnisse beziehen sich auf Hunde mit einer natürlichen Staupevirusinfektion. Aufgrund der in der Literaturübersicht geschilderten vielfältigen Funktionen von PKR bei verschiedenen Prozessen im ZNS, sind weitere Untersuchungen bzgl. der Expression dieses Markers bei unterschiedlichen infektiösen und degenerativen ZNS-Erkrankungen des Hundes notwendig, um eine valide Aussage hinsichtlich der diagnostischen Nutzbarkeit von PKR als Biomarker für Virusinfektionen im ZNS treffen zu können.

5.3.5 OAS im Verlauf der Staupevirusinfektion

OAS-Proteine können doppelsträngige RNS detektieren und über die Aktivierung des OAS/RNaseL-Systems zelluläre und virale RNS abbauen und so die virale Proteinsynthese hemmen (ISAACS u. LINDENMANN 1957; GALABRU et al. 1985;

FLENNIKEN et al. 1988; SILVERMAN 1994).

Übereinstimmend mit Ergebnissen aus früheren Studien wurde auch in dieser Studie eine konstitutive Expression von OAS-Proteinen (FLENNIKEN et al. 1988) in Neuronen und Endothelzellen im Kleinhirngewebe von Kontrolltieren nachgewiesen. Darüber hinaus wurde in CDV-infizierten Tieren eine Expression von OAS in Gliazellen und perivaskulären Entzündungszellen festgestellt. Die Studie ergab einen starken Anstieg der OAS-RNS- und Proteinexpression in akuten, subakuten und chronischen Kleinhirnläsionen, was wahrscheinlich zur Blockierung der Virusreplikation beigetragen hat. Die genaue Rolle von RNase L-abhängigen und unabhängigen Funktionen von OAS-Proteinen bei der Pathogenese der Staupeenzephalitis sollte jedoch noch weiter untersucht werden. Aufgrund der starken Expression von OAS in Kontrolltieren ist dieses Protein nicht gut geeignet, um bei einer nicht-eitrigen Enzephalitis Rückschlüsse auf eine mögliche virale Ätiologie ziehen zu können.

5.3.6 MX im Verlauf der Staupevirusinfektion

MX-Proteine waren in allen Stadien der CDV-Infektion aufreguliert. Bereits in der ersten Phase (Gruppe 2; Antigen ohne pathohistologische Läsion) zeigte sich eine erhöhte MX-Expression, was für eine sehr frühe MX-Expression im virusinfizierten Gewebe spricht. Jedoch spricht der nur sehr vereinzelte, zeitgleiche Nachweis von MX Protein und CDV-Antigen mittels Doppelmarkierung in einer Zelle gegen eine direkte, Virus-induzierte MX-Expression. In Kontrolltieren wurde MX-Protein nur in Neuronen und vereinzelt in Endothelzellen gefunden. Dieser Befund zeigt, dass die MX-Expression nicht ausschließlich streng IFN-I-abhängig erfolgt (HALLER et al.

2007), sondern dass eine geringe, konstitutive Expression von MX im gesunden Gewebe vorliegt. Nichtsdestotrotz scheint MX, da es die ausgeprägteste, immunhistologische Assoziation zu den CDV-Herden aufwies, der vielversprechendste Marker zu sein, um bei einer Erkrankung unbekannter Ätiologie einen Hinweis auf eine mögliche, virale Infektion zu erhalten. Porter et al. (2006)

kamen zu ähnlichen Ergebnissen und fanden eine starke MX-Expression in Astrozyten, Makrophagen/Mikroglia und Neuronen in CDV-infiziertem Hirngewebe.

Auch die MX-Expression der Endothelzellen ist in der Veröffentlichung von Porter et al. (2006) beschrieben. In dieser Veröffentlichung interpretierten die Autoren ihren Befund jedoch als unspezifisch (PORTER et al. 2006).

Unklar bleibt, wieso MX in Astrozyten exprimiert wird, wenn Astrozyten kein STAT2 exprimieren und MX laut bisherigen Ergebnissen ausschließlich intrazellulär vorkommt und über die JAK-STAT-Signalkaskade nach IFN-I oder IFN-III Induktion transkribiert wird (HALLER u. KOCHS 2002; VERHELST et al. 2013; HALLER et al.

2015; ZAV'YALOV et al. 2018). In der durchgeführten Studie wurde mittels Immunfluoreszenz in Astrozyten überwiegend eine Zellmembran-nahe MX Expression festgestellt. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass es redundant zum JAK-STAT Signalweg weitere Signalwege gibt, die zur Expression von MX führen oder dass Astrozyten in der Lage sind, MX Protein aus anderen Zellen aufzunehmen. Eine unspezifische Markierung kann nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden, jedoch trat dieses Phänomen nicht nur vereinzelt auf, sondern stellte, trotz der sehr läsionsassoziierten MX-Expression ein charakteristisches Merkmal in Astrozyten dar. Eine starke Expression von MX-Proteinen in CDV-Läsionen bei Hunden hemmt sehr wahrscheinlich die Virusreplikation und trägt, ähnlich wie erhöhte ISG15-, PKR- und OAS-Spiegel, zu der typischen Abnahme des Virusantigens bei, die während des Fortschreitens der Staupe beobachtet wird (ALLDINGER et al. 1993a; BEINEKE et al. 2009; LEMPP et al. 2014).

5.4 Warum CDV-Antigen vor allem in Astrozyten und kaum in