• Keine Ergebnisse gefunden

6 Untersuchungen zur In-vitro-Biotransformation von Nitroxylradikalen .1 Mikrobielle Metabolisierung in Pilzkulturen ( Gattung Cunninghamella )

6.4 Biotransformation in der humanen Keratinozytenzellkultur HaCaT

6.4.1 Identifizierung von Metaboliten

Es gibt in der Literatur Hinweise darüber, daß die Nitroxylradikale in Keratinozyten zu den korrespondierenden Hydroxylaminen aber auch zu den entsprechenden sterisch gehinderten sekundären Aminen reduziert werden [134, 135]. Die Ergebnisse und Schlußfolgerungen dieser Arbeiten werden jedoch in der Literatur sehr kontrovers diskutiert [3, 136], da Interpretationen von Biotransformationsprodukten und Mechanismen der Metabolisierung auf der alleinigen Grundlage von ESR-Untersuchungen [137], grundsätzlich sehr kritisch zu beurteilen sind. Weiterhin ist die häufige Verwendung von „Hauthomogenaten“

(normalerweise unter Verwendung eines Ultra-Turrax aus präparierter Haut gewonnen) für Metabolisierungsstudien mit Nitroxylradikalen [138] problematisch, weil dabei subzelluläre Strukturen der Zelle zerstört werden und damit gleichzeitig Enzyme und Übergangsmetalle unkontrolliert freigesetzt werden.

Aus diesem Grunde wurde für die durchgeführten Untersuchungen die humane Keratinozytenzellinie HaCaT (von Prof. Fusenig, Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg) verwendet. Eine Homogenisierung kann deshalb entfallen. Diese humane Keratinozytenzellinie ist eine spontan transformierte humane Zellinie mit typischer epithelialer Zellmorphologie [139, 140, 141, 142]. Sie besitzt gegenüber normalen Keratinozyten eine erhöhte Proliferationsrate und verfügt über die für Biotransformationsreaktionen relevanten Enzymaktivitäten [143]. Die HaCaT-Zellen wurden in Plastikpetrischalen mit einem Durchmesser von 10 cm [Inkubationstemperatur 37°C;

Begasung mit Sauerstoff/ Kohlendioxid-Mischung (95/ 5%)]. 3- 4 Tage nach der letzten Passage wurde das Medium erneuert und die Zellen mit dem frischen Medium solange weiterinkubiert, bis sie zu einem geschlossenen "Monolayer" ausgewachsen waren.

167 Der Zellkultur wurden anschließend definierte Mengen an Untersuchungssubstanz zugesetzt. Nach verschiedenen Umsetzungszeiten wurde der Versuch abgebrochen.

Anschließend wurden Kulturmedium und HaCaT-Zellen mechanisch aufgeschlossen und das Homogenat für die Erfassung von gebildeten Metaboliten mit Hilfe der Flüssig-Flüssig-Extraktion (Extrelut-Säulen) extrahiert. Anschließend erfolgte die Untersuchung der so gewonnenen Extrakte mittels chromatographischer und spektroskopischer Methoden. Für die gaschromatographische Quantifizierungen wurden aus dem Homogenat geringe Probenmengen entnommen, der jeweilige interne Standard entsprechend zudosiert und mittels SPME bzw. Headspace-SPME extrahiert.

Die Ergebnisse sind fur Nitroxid 1 (TEMPO) in Abbildung 69 dargestellt.

Abbildung 69: Gaschromatogramm des Extraktes nach Inkubation von 1 und Biotransformationschema von 1 in der Keratinozytenzellkultur HaCaTmit der Bildung des diamagnetischen Hydroxylamins 1B (Reduktionsreaktion 1) und des sekundären Amins 1C (Reduktionsreaktion 2).

Im Rahmen dieser Untersuchungen konnte eine Reduktion der Piperidinnitroxide zu den korrespondierenden Hydroxylaminen (Reduktionsschritt 1 in Abbildung 69) und in einem weiteren Reaktionsschritt (Reduktionreaktion 2 in Abbildung 69) zu den sekundären Aminen

In-vitro-Biotransformation von Nitroxylradikalen

168

festgestellt werden. Die Reduktionreaktion vom paramagnetischen Nitroxylradikal zu diamagnetischen Reaktionsprodukten bzw. Metaboliten läuft in Keratinocyten relativ schnell ab und ist durch N-Ethylmaleimid (NEM), einem potenten Thiolgruppenblocker, partiell hemmbar. Diese Befunde stehen in Übereinstimmung mit bereits publizierten ESR-Untersuchungen zum Metabolismus, die unter Verwendung von humanen Hauthomogenaten durchgeführt wurden [144].

Die Abbildung 70 zeigt die charakteristische Abnahme der ESR-Signalamplitude von Nitroxid 1 (Startkonzentration 500 µmoll-1) nach Inkubation mit einer Zellsuspension von humanen Keratinocyten (HaCaT-Zellen; 2106 Zellen/ ml).

Abbildung 70: Reduktion von Nitroxylradikal 1 gemessen als Abnahme der ESR-Signalintensität (Ausgangskonzentration 500 µmoll-1) in einer HaCaT-Zellsuspension (2106 Zellen/ ml) unter aeroben Bedingungen.

Durch die partielle Hemmung der Reduktion von Nitroxiden mit NEM wird nachgewiesen, daß neben nichtenzymatischen Komponenten auch unterschiedliche Enzymsysteme an dieser Reaktion in Keratinocyten beteiligt sein. So wird die Beteiligung der Thioredoxinreduktase (EC 1.6.4.5), der Glutathionreduktase und weiterer thiolabhängiger Enzymsysteme an der Biotransformation von Nitroxiden diskutiert.

169 6.4.2 Bildung des sekundären Amins in Keratinozyten

Im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen konnte die Biotransformation zu den sterisch gehinderten sekundären Aminen aus den Piperidinnitroxiden 1, 2 und 3 nachgewiesen werden, während bei weiteren untersuchten Piperidinitroxiden (4, 6, 8) kein Amin detektiert wurde. Die Identifizierung der Metabolite erfolgte mittels GC-MS und 1 H-NMR-Methoden. Die MS-Fragmentierungen der gebildeten sekundäre Amine 2C und 3C sind in den Tabellen 31 und 32 dargestellt. Durch den Vergleich mit den MS der Referenzsubstanzen (siehe hierzu 3.1.3) konnten diese Verbindungen eindeutig identifiziert und zusätzlich der Mechanismus ihrer MS-Fragmentierung dargestellt werden. Die gemessene MS-Fragmentierung von Metabolit 1C entsprach der Referenzsubstanz 1C und ist deshalb nicht extra dargestellt.

Die Reduktion von Piperidinnitroxiden zu den Hydroxylaminen erfolgt innerhalb von Minuten, während die Bildung des sekundären Amins relativ langsam abläuft, d.h. die Konzentration nimmt erst im Verlauf mehrerer Tage kontinuierlich zu. Eine besondere Problematik bildet hier die Kontamination der Untersuchungssubstanzen mit den sekundären Aminen und Hydroxylaminen, so daß in jedem Fall eine exakte Quantifizierung mittels internem Standard durchgeführt werden muß.

Während der Untersuchungen konnte festgestellt werden, daß das Ausmaß der Reduktion zum Amin von der Lipophilie der eingesetzten Nitroxide abhängt (siehe Abbildung 71). So wird das unsubstituierte Piperidinnitroxid 1 (POctanol/Wasser = 63) innerhalb von 5 Tagen partiell (21 % der Ausgangskonzentration von 1) zum sekundären Amin 1C reduziert, während das wesentlich hydrophilere 4-Amino-Derivat 4 (POctanol/Wasser = 0,1) in diesem Zeitraum ausschließlich zum korrespondierenden Hydroxylamin reduziert wird. Die Nitroxide 2 (POctanol/Wasser = 3,7) und 3 (POctanol/Wasser = 1,6) zeigen ebenfalls eine geringe Bildung des sekundären Amins im Vergleich zu 1.

Tabelle 31: MS von Metabolit 2C (4-Hydroxy-2,2,6,6-tetramethylpiperidin).

m/z Relative

In-vitro-Biotransformation von Nitroxylradikalen

Tabelle 32: MS von Metabolit 3C (4-Oxo-2,2,6,6-tetramethylpiperidin).

m/z Relative

171 Abbildung 71: Bildung der sekundären Amine aus Piperidinnitroxiden in HaCaT-Zellen.

Initialkonzentration der Nitroxide 1 mmoll-1 [1 (TEMPO) 156 µg/ml, 2 (TEMPOL) 172 µg/ml, 3 (TEMPON) 170 µg/ml, 4 (4-Amino-TEMPO) 171 µg/ml; Analyten in DMSO gelöst, DMSO-Anteil bei der Inkubation maximal 0,1 %].

Bei eigenen Untersuchungen zur Reoxidation von sekundären Aminen, wie 1C, 2C und 4C konnten keine entsprechenden Hydroxylamine oder Nitroxylradikale festgestellt werden. Ein Redoxzyklus der Nitroxylradikalfunktion, der das sekundäre Amin einschließt, ist somit in Keratinozyten nicht anzunehmen. Die Bildung von Konjugaten aus Nitroxiden bzw. deren Reaktionsprodukten als Phase-II-Metabolite konnte in Keratinozyten nicht festgestellt werden, obwohl die Kapazität der Haut zur Bildung von Glucuroniden schon lange bekannt ist [145, 146] und die verwendeten HaCaT-Zellen über ein entsprechendes Enzymmuster verfügen [147].

Im Rahmen der Untersuchungen zur Biotransformation von Nitroxiden mit Pyrrolidin-, Imidazolin- und Imidazolidinstruktur (5-Ringstruktur) in humanen Keratinozyten konnte im Gegensatz zu den Piperidinnitroxiden keine Reduktion zu den sekundären Aminen und nur eine geringe Bildung der korrespondierenden Hydroxylamine festgestellt werden (siehe Abbildung 72). Das unterschiedliche Reaktionsverhalten dieser Nitroxide im Gegensatz zu den Piperidinnitroxylradikalen, könnte möglicherweise auf die allgemein geringere Lipophilie der Verbindungen zurückzuführen sein. Nitroxide mit Imidazolin-, Imidazolidin- und Pyrrolidinstruktur (5-Ringstruktur) bilden somit in biologischen Systemen keine sekundären

In-vitro-Biotransformation von Nitroxylradikalen

172

Amine wie die vergleichbaren Piperidinderivate.

A

B

Abbildung 72: Gaschromatogramme der erhaltenen Extrakte nach Inkubation eines Imidazolin- 11 (A) bzw. eines Imidazolidinnitroxides 13 (B) (Konz.: 400 µmoll-1 ) mit einer HaCaT-Zellkutur; Inkubationszeit 24 h. Die korrespondierenden Hydroxylamine sind nur in Spuren und die sekundären Amine nicht nachweisbar.