• Keine Ergebnisse gefunden

6 Untersuchungen zur In-vitro-Biotransformation von Nitroxylradikalen .1 Mikrobielle Metabolisierung in Pilzkulturen ( Gattung Cunninghamella )

6.3 Biotransformation in der isoliert perfundierten Rattenleber

Für die durchgeführten Untersuchungen wurden Wistar-Ratten verwendet. Nach Narkotisierung der Ratten mittels Hexobarbital wurde die Leber wurde vollständig entblutet, herauspräpariert und mit den im Perfusionsmedium gelösten Substraten im Kreislaufsystem perfundiert ( siehe 11.5.2 ). Die Probennahme erfolgte nach 0, 5, 30, 60, 90, 120, 150 und 180 min. Danach erfolgte die Identifizierung der Metaboliten durch GC-Cochromatographie der gewonnenen Extrakte mit Referenzsubstanzen, der GC-MS sowie mit Hilfe der ESR nach vorheriger HPLC-Trennung. Zusätzlich wurden mögliche Phase-II-Metaboliten erfaßt.

Als Hauptmetabolit aller untersuchten Piperidinnitroxide wurde das entsprechende Hydroxylamin detektiert. Ein Vergleich der Reaktion unter aeroben und unter anaeroben Bedingungen erbrachte keine unterschiedlichen Biotransformationsprodukte. Die Konzentration des detektierten sekundären Amins war wesentlich geringer als in isolierten Mikrosomen. Dies könnte auf dessen Anreicherung im lipidreichen Lebergewebe zurückzuführen sein, da nur das Leberperfusat und nicht das perfundierte Lebergewebe extrahiert wurde. Extraktionsversuche aus intakten Lebergewebe waren nicht erfolgreich, da die so gewonnenen Extrakte mit einer Vielzahl von endogenen Produkten kontaminiert waren und damit erreichte Ergebnisse nicht nichtreproduzierbar waren.

Die Ergebnisse der Untersuchungen für Nitroxid 1 sind im folgendem Biotransformationsschema (siehe Abbildung 64). mit den entsprechenden Ergebnissen der

161 Quantifizierung dargestellt. Dabei beziehen sich die Prozentangaben auf das initial eingesetzte Nitroxid. Hierbei wurden im Gegensatz zu den Biotransformationsuntersuchungen mit subzellulären Fraktionen erstmals geringe Mengen eines Phase-II-Metaboliten festgestellt. Bei dem nachgewiesenem Essigsäurekonjugat ist anzunehmen, daß die Konjugation erst nach vorheriger Reduktion der Nitroxylgruppe zum sekundären Amin 1C erfolgt ist.

Abbildung 64: Metabolisierungsschema von 1 (100% = 1 mmoll-1; x ± VK[%]; n = 3). Das Hydoxylamin 1B, das Amin 1C und das Acylkonjugat von 1C wurden detektiert. Die Quantifizierung bezieht sich auf die Inkubation nach 180 min und berücksichtigt die Wiederfindungsraten der Probenvorbereitung.

Ebenfalls interessant war das Biotransformationsverhalten von Nitroxid 3, da die in Mikrosomen beobachtete Reduktion der Ketofunktion dieser 4-Oxo-Verbindung auch in der isoliert perfundierten Rattenleber festgestellt wurde.

Für die Piperidinnitroxide 2, 4 und 6 konnte dagegen nur das korrespondierende Hydroxylamin als einziger Metabolit nachgewiesen werden. Im Rahmen der weiteren Untersuchungen konnte außerdem die Hydrolyse des Benzoesäureesters 5 in der perfundierten Rattenleber festgestellt werden. Neben dem Nitroxylradikal 2 wurde auch die freie Benzoesäure und deren Hauptmetabolit Hippursäure detektiert.

In Abbildung 65 und der zugehörigen Tabelle 30 sind die GC-MS-Ergebnisse der Biotransformationsuntersuchungen von Nitroxid 3 dargestellt.

In-vitro-Biotransformation von Nitroxylradikalen

162

Abbildung 65: GC des Leberperfusates nach Flüssig-Flüssig-Extraktion. Die isoliert perfundierte Rattenleber wurde 3 h mit 100 ml Nitroxid 3 [1 mmoll-1; isotonischer Phosphatpuffer: pH = 7,4; 37°C; Begasung mit Sauerstoff/ Kohlendioxid-Mischung (95/ 5%)]

perfundiert.

Tabelle 30: Retentionszeiten der GC-Peaks und zugehörige MS-Fragmentierung der Verbindungen nach Perfusion der isoliert perfundierten Rattenleber mit 3 (1 mmoll-1).

tR (min)

Charakteristische und intensive MS-Fragmente (Intensität1, 2)

Nr. Verbindung

7,55 155(2); 140(3); 141(49); 123(21); 112(4);

98(29); 84(95); 58(69); 55(42); 42(100);

41(45)

3C 4-Oxo-2,2,6,6-tetramethylpiperidin 8,18 157(2); 143(5); 142(55); 124(13); 107(9);

99(6); 98(9); 86(17); 85(11); 58(100);

42(39); 41(43)

2C 4-Hydroxy-2,2,6,6-tetramethylpiperidin 10,62 170(5); 156(1); 155(1); 140(3); 125(5);

114(11); 98(3); 86(11); 83(9); 57(14);

56(100); 42(89); 41(33)

3 4-Oxo-2,2,6,6-tetramethylpiperidin-1-oxyl 11,59 171(18); 157(6);156(71); 140(2); 123(3);

100(76); 83(98); 72(100); 56(19); 55(74);

42(58); 41(74)

3B 1-Hydroxy-4-oxo-2,2,6,6-tetramethylpiperidin 12,72 173(14); 159(9); 158(100); 140(35);

108(20); 107(29); 102(94); 98(21); 74(30);

57(55); 56(59); 42(47); 41(79)

2B 1,4-Dihydroxy-2,2,6,6-tetramethyl-piperidin 12,91 172(12); 158(16); 142(81); 140(8);124(3);

116(12); 109(8); 98(8); 86(18); 85(30);

71(100); 57(65); 56(21); 42(20); 41(76)

2 4-Hydroxy-2,2,6,6-tetramethylpiperidin-1-oxyl

1 In allen Fällen wurden die gleichen Basispeaks wie in den MS der Referenzsubstanzen (siehe hierzu Kapitel 3.1.3) festgestellt und zur Intensitätsbestimmung herangezogen.

2 Die Molekülpeaks der Verbindungen sind durch Fettdruck hervorgehoben

Die Quantifizierung der Metaboliten von Nitroxid 3 nach verschiedenen Perfusionszeiten

163 ergab einen exponentiellen Abfall der initialen Nitroxidkonzentration. Die mittels quantitativer GC bestimmte Halbwertzeit t1/2 betrug 70 min. Gleichzeitig nahm die Konzentration von 3B und 2B kontinuierlich zu, während die Konzentration von 2 nach 100 min wieder abfiel (siehe Abbildung 66). Nach dreistündiger Perfusion wurden 80,5 µg/ ml 2 (S%= 22,3, äquivalent 41,3 % der Ausgangsverbindung) und 43,4 µg/ ml 2B (S%= 15,4 äquivalent 22,3 % der Ausgangsverbindung).

Abbildung 66: Quantifizierung von Ausgangsverbindung 3 und den Metaboliten bzw.

Reaktionsprodukten 3B, 2 und 2B im Perfusat der isoliert perfundierten Rattenleber nach Flüssig-Flüssig-Extraktion mit Hilfe von GC und internem Standard (x ± S, n = 9).

Die mittels S-Band-ESR-Spektroskopie direkt im Perfusat bestimmte Halbwertzeit t1/2 für 3 betrug 47 min. Der verringerte Wert im Gegensatz zur GC-Untersuchung (t1/2 70 min) könnte auf eine partielle Reoxidation der Nitroxide während der Extraktion zurückzuführen sein (siehe Abbildung 67).

Der Einsatz von Metyrapon (200 µmoll-1) und SKF 525A (Proadifen: 200 µmoll-1) als effektive Cytochrom P-450-Inhibitoren und von N-Ethylmaleimid (Endkonz. 5 mmoll-1) als Thiolgruppenblocker hatte keinen nachweisbaren Effekt auf die Reduktion der Nitroxylfunktion in der isoliert perfundierten Rattenleber, d.h. diese Enzymsysteme sind offensichtlich an der Biotransformation in der isoliert perfundierten Rattenleber nicht oder nicht signifikant beteiligt.

In-vitro-Biotransformation von Nitroxylradikalen

164

Abbildung 67: S-Band-ESR-Spektrum des Extraktes nach Flüssig-Flüssig-Extraktion der Perfusates (nach Rattenleberperfusion mit Nitroxid 3; 1 mmoll-1 ; Perfusionsdauer 3 h).

In dem folgenden Schema (siehe Abbildung 68) sind die Ergebnisse der Biotransformationsuntersuchungen von Nitroxylradikal 3 in der isolierten perfundierten Rattenleber schematisch dargestellt.

Neben der Ausgangsverbindung 3 und dem korrespondierendem Hydroxylamin wurden 4 weitere Verbindungen detektiert, wobei das Hydroxylamin 2B und das Nitroxid 2 mengenmäßig am bedeutsamsten waren. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind 2 und 2B, als Hauptmetaboliten der hepatischen Biotransformation von 3, die Reaktionsprodukte der parallel ablaufenden Ketoreduktion in 4-Position und der Reduktion in 1-Position am Piperidinring.

Die Biotransformation des Pyrroldnitroxides 9 und der Imidazolderivate 11, 12 und 13 in der isoliert perfundierten Rattenleber führt ausschließlich zu den entsprechenden diamagnetischen Hydroxylaminen. Die Reduktion zu sekundären Aminen oder weitere Veränderungen an Substituenten konnten nicht nachgewiesen werden.

Mit Ausnahme des Acetylkonjugates konnten ebenfalls keine weiteren Hinweise auf die Bildung von Glucuronid- und Sulfatkonjugaten aus Nitroxiden mit Piperidin-, Pyrrol- und

165 Imidazolgrundstruktur oder deren Phase-I-Metaboliten erhalten werden. Diese Befunde stehen im Gegensatz zu einem Literaturbefund, in dem Glucuronide von 2 nach Rattenleberperfusion festgestellt wurden [130]. Eine genaue Beschreibung des verwendeten Versuchsbedingungen konnte jedoch von der entsprechenden Arbeitsgruppe nicht erhalten werden, so daß diese divergierenden Befunde hier nicht abschließend diskutiert werden können.

Abbildung 68: Phase-I-Biotransformationsschema von Piperidinnitroxid 3 (TEMPON) in der isoliert perfundierten Rattenleber. Die Konzentration der gebildeten Amine bleibt gering, da gleichzeitig eine Reoxidation im endoplasmatischen Retikulum stattfindet.

Anhand der vorliegenden Untersuchungsergebnisse läßt sich feststellen, daß die diamagnetischen Hydoxylamine die Hauptprodukte der hepatischen Biotransformation der untersuchten Nitroxylradikale darstellen. Bei den Piperidinnitroxiden treten, im Gegensatz zu den anderen Verbindungen, zusätzlich weitere Metabolite nach Reduktion der Hydroxylamine, Veränderungen der Substituenten in 4-Position und Konjugation mit Acetylgruppen auf.

In-vitro-Biotransformation von Nitroxylradikalen

166