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Auftragung auf 2D-DIGE-Gele

4.6 Identifizierung prognostischer Marker

Die Mikroalbuminurie als früher Marker einer renalen Schädigung ist etablierter Bestandteil der klinischen Diagnostik, hat jedoch eine nur geringe Spezifität. Durch den Einsatz von RAAS-Blockern verlaufen bis zu 20 % der diabetischen Nephropathien ohne die Entwicklung einer Mikroalbuminurie ab (Heart Outcomes Prevention Evaluation (HOPE) Study Investigators 2000; Ravid et al. 1998; Gross et al. 2005). Somit ist auch die Sensitivität eingeschränkt. Über die Bestimmung der Mikroalbuminurie hinaus, ermöglicht die Proteomanalyse die Suche nach neuen Biomarkern bzw. Mustern von Biomarkern. Wegen eines Anteils von über 30 % nicht renaler Proteine am Urinproteom, erlaubt die Urin-proteomische Untersuchung teilweise Rückschlüsse auf Biomarker des systemischen Kreislaufes. Durch die Identifizierung von Surrogatparametern ergeben sich aufgrund dieser Analyse Hinweise auf die Senkung des kardiovaskulären Profils sowie einer möglichen Nephroprotektion.

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4.6.1 Limitierung

Bei der Detektion von Markerproteinen handelt es sich ausschließlich um Surrogatparameter, die, für sich allein betrachtet, lediglich unsichere Rückschlüsse über eine mögliche Nephroprotektion zulassen. Daher sind Aussagen über die Wirksamkeit der BAT auf Grundlage des Proteoms limitiert. Im Gegensatz dazu ist die Erfassung harter Endpunkte (terminales Nierenversagen, Tod oder NTX) stets zu präferieren, welche jedoch im Hinblick auf unser gewähltes Studiendesign nicht möglich gewesen ist. Im Rahmen dieser Studie ist infolgedessen die Wertung detektierter Biomarker am ehesten im Kontext weiterer wissenschaftlicher Erkenntnisse vorzunehmen. Das Auffinden bereits bekannter Markerproteine und die Betrachtung ihrer Dynamik lassen jedoch erste Schlussfolgerungen bzgl. protektiver Tendenzen zu. Wegen fehlender Validierunguntersuchungen (Bestätigungsmethoden:

Western-Blot; Dot-Blot) ist deren Bewertung bis jetzt allerdings nur eingeschränkt möglich. Weitergehende in-vitro und in-vivo Bestätigungstests müssen zeigen, ob den detektierten Markerproteinen eine Relevanz in der organoprotektiven Wirkung unter einer BAT zukommt. Des Weiteren ist die Proteomanalyse durch eine begrenzte Reproduzierbarkeit, der Unvollständigkeit des analysierten Proteoms und der fehlenden Möglichkeit, Proteine absolut zu quantifizieren, charakterisiert (Blüggel 2002). Daher setzten wir die Proteomanalyse als Discovery-Methode ein. Diese Anwendung ist ein bewährtes Verfahren, welches ohne zwingenden Validierungsschritt am Anfang einer gezielten Stufenanalytik steht (Aksu 2003). Mit dem Wissen der o.g. Einschränkungen sichert die für unsere Fragestellung angewandte Methode ein effizientes und verhältnismäßig kostensparendes Vorgehen, um ein Spektrum von bis zu 10.000 Proteinen hinsichtlich dem Verhalten renaler sowie systemischer Parameter zu untersuchen.

4.6.2 Ausblick auf eine potentielle Nephroprotektion

In unseren Analysen konnten wir diverse Stressproteine isolieren, deren Dynamik sich unter einer BAT in ähnlicher Weise wie in Studien zur medikamentösen Wirkung von Antihypertensiva hinsichtlich einer möglichen Nephroprotektion verhielt. Trotz ihres überwiegenden Bestandteils in der Vormedikation deutet die BAT daher auf eine zusätzliche nephroprotektive Wirkung hin.

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Zu den pathogenetisch relevanten, identifizierten Biomarkern, die sich in ihrer Menge zu verringern scheinen, zählen die Stressproteine des endoplasmatischen Retikulums (ER) 78 kDa glucose-regulated protein (GRP78), protein disulfide-isomerase A3 (ERP57) und ubiquitin-60S ribosomal protein L40 (UbA-52) sowie das intrazelluläre Transportprotein liver-type fatty acid-binding protein (L-FABP).

GRP78 gehört zur Gruppe der Hitzeschockproteine des ER, das als Chaperon die Faltung neu synthetisierter Proteine schützt und deren transzellulären Transport vermittelt. Im Fall einer Akkumulation ungefalteter ER-Polypeptide wird dessen eigene Synthese reaktiv gesteigert. Als wichtigster Induktor gilt Angiotensin II, welcher sowohl mit einer aHTN als auch und mit einer pathologischen Erhöhung der Symphatikusaktivität assoziiert ist (Hasty et al. 2012). Die Anwendung von ACE-Hemmern bei an Diabetes mellitus erkrankten Ratten zeigte eine Minderung der tubulären ER-Stress vermittelten Apoptose, bei einer signifikanten Suppression der GRP78 Expression (Sun et al. 2009; Inagi 2011).

Ebenfalls im Verlauf unserer BAT-Studie reduziert stellte sich das intrazelluläre Fettsäure-Transportprotein L-FABP dar. Überwiegend in Hepatozyten und im proximalen Tubulus der Niere vorkommend, zählt dieses als früher Marker der renalen Prognose und des kardiovaskulären Risikos bei Typ II Diabetikern (Araki et al. 2013;

Maatman et. al. 1991). Zusammen mit GRP78, ist L-FABP bei einer diabetischen Nephropathie erhöht (Yao 2015, Nielsen et al. 2009). Eine Zunahme des L-FABP im Urin steht im Verdacht, Ausdruck eines gesteigerten Influxes freier Fettsäuren im proximalen Tubulus zu sein, was eine tubulointerstitielle Schädigung induziert bzw.

aggraviert. Im Gegensatz dazu bleiben tubulointerstitielle Schäden in L-FABP Knockout-Mäusen unter einer RAAS-Aktivierung nahezu aus (Ichikawa et al. 2014).

Sowohl Patienten mit einer diabetischen Nephropathie als auch Hypertoniker mit einer CKD zeigten unter Einnahme von ACE-Hemmern, AT1-Blockern oder Kalziumantagonisten einen signifikanten Abfall erhöhter L-FABP Titer (Kamijo-Ikemori et al. 2011, Kamijo-Ikemori et al. 2013; Nakamura et al. 2008; Nakamura et al. 2011).

Eine Senkung war mit nephroprotektiven Effekten hinsichtlich einer Minderung der Proteinurie bzw. Albuminurie assoziiert.

Therapie-refraktäre aHTN-Patienten mit einer diabetischen Nephropathie stellten sich nach sechs Monaten BAT in der Proteomanalyse mit einer signifikanten Verminderung von GRP78 und L-FABP dar. Wie dies zu interpretieren ist, kann anhand der

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vorliegenden Untersuchungen nicht sicher beantwortet werden. Weitergehende tierexperimentelle Studien sind hierzu geplant.

Ein weiterer diagnostischer Marker der diabetischen Nephropathie ist das Ubiquitin-Fusionsprotein 52 (UbA-52), welches Bestandteil der 60S-Untereinheit im Ribosom ist und vornehmlich durch oxidativen Stress hochreguliert wird (Brownlee et al. 2001;

Dihazi et al. 2007). Im Tiermodell der Forschergruppe Sun et al. stellte sich UbA-52 besonders in renalen Tubuluszellen stark erhöht dar und verhielt sich proportional zum Blutglukosespiegel (Sun et al. 2002). Erstmals konnten wir zeigen, dass UbA-52 unter einer sympathikoinhibierenden BAT bei Patienten mit Therapie-refraktärer Hypertonie und einer diabetischen Nephropathie signifikant absank. Die Annahme, dass eine verminderte UbA-52 Expression eine BAT-vermittelte Sympathikushemmung widerspiegelt oder eine Senkung der oxidativen Stressbelastung mit nephroprotektiver Wirkung auf die Tubuluszellen bewirkt, scheint plausibel, bedarf jedoch des tierexperimentellen Beweises.

Als Ausdruck eines frühen renalen Krankheitsbeginns werden erhöhte Marker der Isomerase ERP57 angesehen. Diese ist an der Bildung von Disulfidbrücken bei der Faltung von Proteinen im ER beteiligt und hat entscheidenden Einfluss an der Akkumulation von zellulärer Matrix und dem Fortschreiten einer Nierenfibrose (Dihazi et al. 2013). Im Mausmodell verhält sich ERP57 mit weiteren ER-Stressproteinen proportional zur renalen Fibroseprogredienz. Ähnlich anderen detektierten Biomarkern, müssen weitere experimentelle BAT-Studien zeigen, ob ein Abfall des Fibrosemarkers ERP57 mit einer Regredienz der renalen Fibrose assoziiert ist.

Letztlich kann dieser Aspekt durch die vorliegende Dissertation nicht beantwortet werden. Dazu bedarf es einer Analyse von Nierengewebe und ist somit aus ethischen Gründen nur in einem Tiermodell zu untersuchen. Auf funktioneller Ebene blieb in der Beobachtungszeit die anhand der Literatur zu erwartende Verschlechterung der exkretorischen Nierenfunktion aus. Dies erlaubt jedoch keinen sicheren Rückschluss auf strukturelle Veränderungen der Niere. Bohle et al. zeigten jedoch eine enge Korrelation des Grades der tubulointerstitiellen Fibrose zur exkretorischen Nierenfunktion (Bohle et al. 1987 und 1977).

Zu weiteren isolierten Biomarkern gehören der Serin-Proteaseinhibitor alpha 1 Antitrypsin, dessen Serumwerte bei Patienten mit einer diabetischen NP erhöht sind (Inoue et al. 1989) sowie das Hämoglobin-bindende Transportprotein Haptoglobin, welches in seiner Eigenschaft als Antioxidans sowohl einen renalen Verlust von

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Eisenionen verhindert als auch nephroprotektiv wirkt (Lim et al. 2000) und dessen Urinkonzentration im Vorfeld einer Makroalbuminurie mit einer Minderung der eGFR korreliert (Bhensdadia et al. 2013). Des Weiteren fanden wir den Lipid mobilisierenden Faktor ZA2G (Rao et al. 2007, Jain et al. 2005), welcher als Co-Faktor von Apolipoprotein A-I für den zellulären Cholesterinabtransport fungiert und bereits bei Kindern als Risikofaktor für ein metabolisches Syndrom bekannt ist (Retnakaran et al.

2006). Ferner das anti-inflammatorische Protein AMBP, dessen nachgewiesene Untergruppe alpha 1-Mikroglobulin im Urin mit einer Dysfunktion der proximalen Tubuli assoziert ist (Rao et al. 2007).

Über die biologische Bedeutung letztgenannter sowie weiterer im Rahmen der BAT analysierter Biomarker kann auf Grundlage vorliegender Ergebnisse noch keine genaue Aussage gemacht werden. Insbesondere das breite Spektrum der analysierten Biomarker gibt einen Ausblick, in welch vielfältiger Weise die BAT Einfluss auf Stoffwechsel, Metabolismus und Pathophysiologie ausüben könnte. Sie wirft damit aber auch viele neue Fragen auf.