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Die Isopathie oder auch Isotherapie genannt, war eine der frühesten und erwähnenswertesten Innovationen in der Homöopathie, welche ebenfalls in späteren Auflagen des Organons Erwähnung fand. Der Begriff wurde wahrscheinlich von dem Tierarzt Wilhelm Lux in den Jahren 1831-1833 eingeführt.23 Er beobachtete, dass durch die homöopathische Art von Verdünnung und Dynamisierung auch aus Krankheitsprodukten wie infektiösen Sekreten oder erkrankten Organteilen eine Arznei hergestellt werden konnte, die in sich die Möglichkeit einer therapeutischen Wirkung gegen eine spezifische Erkrankung bieten könne. Aus dem ursprünglichen Gesetz der Ähnlichkeit „Similia similibus curentur” wurde nun „Aequalia aequalibus curentur“ oder das Gesetz der Gleichheit.24 Drei Homöopathen sollten in der Geschichte der Isopathie dringend erwähnt werden: Wilhelm Lux, Constantin Hering (siehe Abbildung 2) und Denys Collet. 25

Abbildung 2: Constantin Hering (Quelle: http://www.homeoint.org/photo/h/heringc.htm)

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Constantin Hering wurde 1800 in Sachsen geboren und war ein Assistent des Chirurgen Robbi, der ihn beauftragte, ein Buch zur Diskreditierung der Homöopathie zu schreiben, indem er sie nach Spionage bei Hahnemann als Schwindel aufdecken sollte. Jedoch sollte es anders ablaufen, denn Hering war nach Hospitation bei Dr. Samuel Hahnemann nicht nur von diesem und der Homöopathie aufs Äußerste angetan, sondern wurde in weiterer Folge einer der produktivsten Homöopathen seiner Zeit, Begründer der Homöopathie in Amerika und blieb einer der glühendsten Verteidiger von Hahnemann und dessen Medizinsystem. Er trug erheblich zur Erweiterung des Arzneischatzes mit vielen Arzneimittelprüfungen bei, unter diesen auch solche die gemeinhin als Nosoden bezeichnet werden. Ursprünglich bezeichnete dies jede Arznei, die aus infektiösen Sekreten oder Eeten, die von Menschen oder Tieren gewonnen wurde, erweitert um erkrankte Organe oder Teile davon. Tiergifte wurden damals nach dieser Definition ebenso übernommen. Constantin Hering war der Erste, der das Gift der Buschmeisterschlange Lachesis muta und die Tollwut-Nosode Lyssinum prüfte und in die Homöopathie einführte. Lachesis muta stellte die erste, nach damaliger Definition Nosode genannte Arznei in der Geschichte der Homöopathie dar, und wurde zu einer bekannten und heute nach wie vor in der Homöopathie häufig genutzten Arznei, wenngleich sie heute nicht gemeinhin nicht mehr als Nosode gilt. Er entwickelte daraufhin ebenso die Nosode Psorinum, indem er aus dem Sekret von Krätzebläschen eines mit Skabies befallenen Mannes ein Arzneimittel herstellte. Er war überzeugt, dass jede Krankheit gleichzeitig Heilung und Prophylaxe in sich trage. Später fand er heraus, dass Produkte des menschlichen Körpers und seine Organe allesamt eine bevorzugte Wirkung auf die korrespondierenden erkrankten Teile haben und 1834 empfahl er bereits den Gebrauch von verdünnten und dynamisierten Organen und schuf so nebenbei die Isoorganotherapie. 23

Ein weiterer wichtiger Urvater der Isopathie war der 1776 in Schlesien geborene Tierarzt Joseph Wilhelm Lux. Er war Professor der Veterinärwissenschaften an der Universität Leipzig und seine Arbeit stellte einen Meilenstein in der Geschichte der Veterinärmedizin dar. 1820 begann er sich mit Hahnemanns Arbeit zu beschäftigen, wendete diese neue Methode innerhalb der Veterinärmedizin an und wurde so gleichzeitig zur Gallionsfigur der Veterinärhomöopathie. Als er 1831 von einem gewissen Herrn Valentin Zibrik gefragt wurde, ob er ein Mittel gegen Staupe und Anthrax besäße und er bis dato von keiner solchen Arznei wusste, empfahl er, als homöopathisches Simile die C30-Potenz eines Tropfens nasaler Absonderung eines an Staupe erkrankten Tieres sowie eines Tropfens Blut eines an Anthrax erkrankten Tieres einzusetzen. So wurde die Nosode Anthracinum geschaffen.1833

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veröffentlichte er seine Erkenntnisse in seinem Werk „Isopathik der Contagionen“, in welchem er seine Gedanken beschrieb, dass alle ansteckenden Erkrankungen in ihren pathologischen Phänomenen ihre eigenen Heilkräfte tragen. Lux erweiterte zudem sein Prinzip auf Substanzen, welche durch ihren Missbrauch eine iatrogene Gefahr darstellten.

So wurde seine Methode, welche ursprünglich bei ansteckenden Erkrankungen angewandt wurde, nun auch auf nichtansteckende Erkrankungen ausgeweitet. 26

Weitere für die Homöopathie relevante Ärzte des 19. Jahrhunderts waren die Ärzte Ernst Stapf, Johann Gottfried Rademacher (der Begründer der Organotherapie), Charles Brown-Séquard, Wilhelm Arnold, und Johann Emanuel Veith. Die damals bekannten Ärzte Johann Emanuel Griesselich und Edward William Berridge lehnten die Anwendung isopathischer Arzneien jedoch ab, da für sie diesen meist keine Arzneimittelprüfungen zugrunde lägen und sie nicht aufgrund der Totalität der bestehenden Symptome, wie Hahnemann dies im Organon dargelegt hatte, verschrieben wurden.27

Nach dieser Zeit der Erweiterung der Homöopathie war die neue Methode immer häufiger schwerer Kritik ausgesetzt, in solchem Ausmaß, dass die Isopathie für einige Jahre in der Versenkung verschwand und nur wenige Ärzte sie weiterhin benutzten. Schließlich brachte der 1824 geborene Dominikanermönch und Arzt Denys Collet die Isopathie zurück ins Bewusstsein der homöopathischen Gemeinschaft. Ab 1865 beschäftigte er sich intensiv mit dieser Methode, nachdem er selbst Zeuge einer homöopathischen Heilung geworden war. Er fand im Alleingang zur Isopathie und nach mehreren Jahrzehnten ihrer intensiven Erforschung veröffentlichte er „Isopathie, Methode Pasteur par Voie Interne“ im Alter von 74 Jahren. Das Buch enthält 42 persönliche Beobachtungen sowie die Regeln zum Umgang damit in der Praxis, welche den Grundstein für eine grundlegende Erneuerung der Methode legten. Laut Collet gab es drei Wege zur Heilung, die Allopathie, also konventionelle Medizin („Contraria contraribus curentur“: „Gegensätzliches möge durch Gegensätzliches geheilt werden“), die Homöopathie und die Isopathie, welche allesamt nützlich sein können, je nachdem welche klinische Indikation einer Arznei bedarf. Er teilte die Isopathie in 3 Kategorien ein: Die Pure Isopathie, welche Krankheitsprodukte von Patienten benutzt, um sie von derselben Krankheit zu heilen, die organische Isopathie, die Verwendung von gesunden Organen zur Wiederherstellung nach Erkrankung derselben und die serotherapeutische Isopathie oder kurzum Serotherapie, welche auf einem eigens hergestellten immunitären Serum aufgebaut ist.28

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Im zwanzigsten Jahrhundert wurden zwei Werke veröffentlicht, welche sich in ihrer Gesamtheit den Nosoden widmeten. Das erste Werk trug den Namen „The Materia Medica of the Nosodes“ und wurde von H.C. Allen im Jahre 1910 veröffentlicht,29 das zweite von dem Franzosen O.A. Julian mit dem Titel „Materia Medica der Nosoden“, welches zuerst 1960 auf Deutsch, darauffolgend in zwei französischen Versionen, dem 1962 betitelten

„Biothérapeutiques et Nosodes“ und dem 1977 erschienenen „Traité de Micro -Immunothérapie Dynamisée“, herausgegeben wurde.30 Letzteres kann mit Vorbehalt als der Grundstein für die nachfolgend beschriebene Mikroimmuntherapie gesehen werden.31 Erstgenanntes Buch von Julian war in Deutschland ein so großer Erfolg, dass es schließlich die Verwendung der Nosoden zur Renaissance führte. Auch H.H. Reckeweg, der Begründer der Homotoxikologie machte extensiven Gebrauch von Nosoden und Immunmodulatoren in seiner Biotherapie.32 Der deutsche Arzt Dr. Reinhard Voll band die Therapie mittels Nosoden in seine Arbeit ein und machte sie schließlich zum Mittelpunkt seiner Elektroakupunktur, einem diagnostisch-therapeutischem Verfahren. 33