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4. Merkmale der Person, insbesondere ein hoher Kohärenzsinn, können Einflüsse von Ar-beitsanforderungen und Belastungen abpuffern (s. Antonovsky, 1997, 3.1).

5. Entscheidende Bedeutung für gesundheitliche Merkmale wird nicht allein rungen bzw. -belastungen, sondern ebenso dem Verhältnis zwischen Arbeitsanforde-rungen und Ressourcen im Rettungsdienst zugeschrieben.

Auf dieser Grundlage werden zwei Leithypothesen formuliert. Die erste Leithypothese um-fasst Annahmen über mögliche Auswirkungen spezifischer Organisationsprofile auf Burnout und Merkmale der Gesundheit. Hier erfolgt eine Verknüpfung der explorativen Fragestellung (s. 6), mit den in der theoretischen Diskussion dargestellten Modellannahmen von arbeits- und organisationspsychologischen Erklärungsmodellen von Stress und Gesundheit sowie der gesundheitsbezogenen Organisationsklima- und Burnoutforschung. Fokussiert wird ins-besondere auf das Anforderungs-, Belastungs- und Ressourcenverhältnis innerhalb der gruppenprägenden Organisationsprofile (s. 2.2).

In der zweiten Leithypothese wird die Bedeutung bestimmter tätigkeitsspezifischer und ar-beitsorganisatorischer Arbeitsanforderungen, Belastungen und Ressourcen für Burnout und dem subjektiven Wohlbefinden betont. Angenommen wird, dass Belastungen vermittelt über Burnout das subjektive Wohlbefinden beeinträchtigen, und dass das Vorhandensein von Ressourcen, vermittelt über das Engagement, zu mehr Verbundenheit (Commitment) beitra-gen kann. Untersucht werden soll ferner der moderierende Einfluss von Ressourcen.

7.1 Erste Leithypothese:

Bedeutung von Organisationsprofilen für die arbeitsbezogene Gesundheit, das Engagement und die Verbundenheit mit der Organisation

Rahmenbedingungen in Organisationen lassen sich anhand bestimmter Merkmale beschrei-ben. In der Organisationsklimaforschung (s. 2.2) und der gesundheitsbezogenen Burnoutfor-schung (s. 3, 4) werden vergleichbare Aspekte betrachtet. Sie wurden in verschiedenen Stu-dien bereits hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Gesundheit untersucht (s. 5.2, 5.3). Eine Einteilung dieser Merkmale ist nicht immer ganz trennscharf in Anforderungen und Ressour-cen möglich, die Organisationsklimaforschung spricht bei der Betrachtung fast identischer Aspekte von Merkmalen des Organisationsklimas. Die erste Leithypothese bezieht sich ins-besondere auf die Anforderungs- und Ressourcenkonstellation im Rettungsdienst:

Hypothese 1.1: Organisationseinheiten und Dienststellen im Rettungsdienst lassen sich vier Gruppen mit unterschiedlicher Anforderungs- und Ressourcenkonstel-lation zuordnen (s. Karasek & Theorell, 1990, 3.2.2, Sparrow & Gaston, 1996, s. 2.1.2.1, Bach, 2002, 2.1.2.2):

- anforderungs-, belastungsarm und ressourcenreich

- anforderungs-, belastungsreich und ressourcenreich

- anforderungs-, belastungsreich und ressourcenarm

- anforderungs-, belastungsarm, ressourcenarm

Hypothese 1.2: Ressourcenreiche Organisationsprofile mit geringen Anforderungen und Belastungen stehen in Verbindung mit:

- geringen Burnoutwerten

- zumindest mittlerem Wohlbefinden

- zumindest mittlerem Engagement

- zumindest mittlerer Verbundenheit (Commitment) mit der Organisation.

Hypothese 1.3: Ressourcenreiche Organisationsprofile mit moderaten Anforderungen/

Belastungen stehen in Verbindung mit:

- geringen Burnoutwerten

- zumindest mittlerem Wohlbefinden

- zumindest mittlerem Engagement

- zumindest mittlerer Verbundenheit (Commitment) mit der Organisation.

Hypothese 1.4: Ressourcenarme Organisationsprofile mit hohen Anforderungen/ Belas-tungen stehen in Verbindung mit:

- hohen Burnoutwerten

- zumindest mittlerem Wohlbefinden

- zumindest mittlerem Engagement

- zumindest mittlerer Verbundenheit (Commitment) mit der Organisation.

Hypothese 1.5: Ressourcenarme Organisationsprofilen bei gleichzeitig geringen Anforde-rungen/Belastungen weisen keine spezifischen Zusammenhänge mit Bur-nout, Wohlbefinden, Engagement und Verbundenheit auf.

Übersicht 5: Annahmen in der ersten Leithypothese.

Neben einer varianzanalytischen Überprüfung der Annahmen erfolgt die Untersuchung des Einflusses bestimmter Organisationsprofile (Anforderungs- und Ressourcenverhältnisse) auf Merkmale von Gesundheit, also Burnout und subjektives Wohlbefinden, das Engagement und die Verbundenheit mit der Organisation. Hier ist anzunehmen, dass Organisationsprofile, die von einer günstigen Ressourcenausstattung geprägt sind, eher günstige Einflüsse auf Merkmale von Gesundheit und Engagement haben.

7.2 Zweite Leithypothese: Bedeutung von Arbeitanforderungen,

Belastungen, Ressourcen, Burnout, Engagement für die Verbundenheit von Einsatzkräften mit der Organisation und das subjektive Wohlbefinden Arbeitsanforderungen im Rettungsdienst resultieren aus der Tätigkeit sowie aus den Rah-menbedingungen der Organisation. Bei ungünstiger Ausprägung können sie Quelle von Be-lastungen sein. In den näher betrachteten Erklärungsmodellen von Gesundheit werden Ar-beitsanforderungen und Belastungen mit Merkmalen der Gesundheit in Verbindung gebracht (s. 3.2, 4.3). Eine Unterteilung von Anforderungen in arbeits- und organisationsbezogene sowie tätigkeitsspezifische Anforderungen ist möglich und wird auch in der vorliegenden Un-tersuchung vorgenommen. Zu tätigkeitsspezifischen Anforderungen im Rettungsdienst zäh-len Einsatz- und Dienstmerkmale, die mit schwierigen Lagen, komplexen Einsätzen und Be-hinderungen am Einsatzort in Verbindung stehen, z. B. Einsätze mit Regulationshinder-nissen, und solche, die in unterschiedlichen Studien (zumeist mit Traumafokus, 4.5) zu psychischen Extrembelastungen gezählt werden, wie z. B. Einsätze mit persönlicher Betroffenheit: Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit, verbale und gewalttätige Angriffe.

Zu arbeitsorganisationsbezogenen Anforderungen und Belastungen zählen Merkmale, die mit zeitlich und inhaltlich intensiver Arbeit bzw. hohen quantitativen Anforderungen verbun-den sind (Quantitative Arbeitsbelastungen).

In individuen- und organisationsbezogenen Stressmodellen wird ferner hervorgehoben, dass Zusammenhänge zwischen Arbeitsanforderungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Ressourcen der Arbeit und der Person beeinflusst werden können. Als Ressourcen der Arbeit werden in der vorliegenden Studie Kontrolle und Handlungsspielraum, Gratifikati-on, Fairness, Teamwork und ein supportiver Vorgesetzter untersucht sowie als personale Ressource der Kohärenzsinn. Ergebnisse empirischer Studien lassen mit zumeist befriedi-gender Aussagekraft erkennen, dass Arbeitsanforderungen, Belastungen und Ressourcen einzeln und in Verbindung miteinander einen guten Erklärungsbeitrag für die untersuchten gesundheitlichen Konsequenzen aber auch für die organisatorische Leistungsfähigkeit leis-ten (s. 5.2, 5.3).

7.2.1 Arbeitsanforderungen, Belastungen, Burnout, Wohlbefinden und Commitment (Stressachse)

Basis der im Folgenden formulierten Hypothesen sind Erstens Annahmen des Job Demand Resources Model (Hypothesen 2.1 bis 2.3 Demerouti, Bakker, Nachreiner & Schaufeli, 2001, s. 4.4.4). Hypothese 2.4 bezieht sich Zweitens auf das Burnout-Prozessmodell, in dem Er-schöpfung als Ausgangspunkt von Burnout diskutiert wird (Leiter & Maslach, 1988, s. 4.1.1, 4.4.1). Annahmen über Zusammenhänge zwischen spezifischen Arbeitsanforderungen und

bestimmten Burnoutkomponenten gründen sich Drittens auf Studienergebnisse im Einsatz-wesen (Rettungsdienst: Reinhard & Maercker, 2004, Hering & Beerlage, 2004, Hering &

Beerlage, 2007, Berufsfeuerwehr: Hering, Schulze, Sonnenberg & Beerlage, 2005, Bundes-polizei: Beerlage, Arndt, Hering, Springer & Nörenberg, 2008) (s. Abbildung 24).

Hypothese 2.1: Quantitative Arbeitsbelastungen und Einsätze mit persönlicher Betrof-fenheit sind verbunden mit mehr Erschöpfung (Burnout).

Hypothese 2.2: Einsätze mit Regulationshindernissen stehen mit höheren Ausprägun-gen bei allen Burnoutkomponenten im Zusammenhang.

Hypothese 2.3: Hohe Ausprägungen der Burnoutkomponenten sind korreliert mit einem eingeschränkten körperlichen Wohlbefinden und weniger Commitment.

Hypothese 2.4: Erschöpfung hängt zusammen mit mehr Zynismus. Ein hohes Maß Zy-nismus varriert gemeinsam mit weniger professioneller Effizienz.

Übersicht 6: Zweite Leithypothese: Tätigkeits-, arbeitsorganisationsbezogene Anforderungen, Burnout, körperliches Wohlbefinden und Commitment

Abbildung 24: Zusammenfassende Darstellung von Hypothese 2.1-2.4

7.2.2 Ressourcen, Engagement und Commitment (motivationale Achse) Hypothese 2.5: Ressourcen in der Organisation (Fairness/Gratifikation, Vorgesetzter,

Kommunikation, Teamzusammenhalt und -klima) korrelieren mit mehr En-gagement von Einsatzkräften.

Hypothese 2.6: Engagement korreliert mit einem höheren Commitment von Einsatzkräften zu ihrer Organisationseinheit bzw. Dienststelle.

Hypothese 2.7: Ressourcen der Organisation (Kontrolle, Fairness, Gratifikation, Vorge-setzter, Kommunikation, Zusammenhalt im Team, Teamklima) und der Person (Kohärenzsinn) puffern den Einfluss von Belastungen auf Burnout ab.

Übersicht 7: Zweite Leithypothese: Burnout und Gesundheit, Engagement und Verbundenheit mit der Organisation (Commitment)

Basis dieser Hypothesen sind neben den Annahmen innerhalb der motivationalen Achse im Job-Demands-Resources-Model (s. 4.4.4) auch Aussagen über potenziell moderierende Ein-flüsse von Ressourcen der Organisation und der Person in individuen- und

organisationsbe-zogenen Stressmodellen (relationale Stressmodelle, Job-Demand-Control-(Support)-Model, Reziprozitäts- und Gleichgewichtsmodelle (von Burnout) s. 3.1, 3.2 sowie 4.3), die z. T. über Annahmen im Job-Demands-Resources-Model hinausgehen (s. Abbildung 25).

Ferner verweisen Erklärungsmodelle von Organisationsklima und Gesundheit auf die Bedeu-tung bestimmter Merkmale der Organisation für die Gesundheit von Beschäftigten (Manage-ment- und Führungsstile: Culture-Work-Health-Model, Peterson & Wilson, 2002, 2.5.1, Kom-munikationstechniken, Anforderungen, Ressourcen: Organization-Health-Work-System-Mo-del, Shoaf, Genaidy, Karwowski & Huang, 2004, 2.5.2).

Abbildung 25: Zusammenfassende Darstellung von Hypothese 2.5-2.6.

7.3 Zusammenfassung der Hypothesen

In zwei Leithypothesen, denen insgesamt elf Teilhypothesen zugeordnet wurden, interessiert Erstens, ob bestimmte Merkmalsprofile mit Burnout, subjektivem Wohlbefinden, Engagement und Commitment zusammenhängen. Dabei erfolgt eine Verknüpfung der explorativen Fra-gestellung dieser Untersuchung, nämlich ob und welche Gruppenbildung im Rettungsdienst anhand von Organisationsklimamerkmalen sinnvoll ist, mit theoriegeleiteten Annahmen aus der arbeits- und organisationspsychologischen Stressforschung. In der ersten Leithypothese wird daher angenommen, dass in denjenigen Gruppen, die von moderaten Arbeitsanforde-rungen und einer eher günstigen Ressourcenausstattung geprägt sind, auch gesündere und engagiertere Einsatzkräfte arbeiten.

Basis der zweiten Leithypothese sind Erklärungsmodelle von Organisationsklima, Arbeitsan-forderungen, Belastungen, Ressourcen, Burnout und Gesundheit (s. 2.5.1, 2.5.2, 3.1, 3.2, 4.3), insbesondere Annahmen des Job Demands Resources Model (s. 4.4.4). Von Interesse sind dabei Verbindungen zwischen Arbeitsanforderungen, Belastungen und Burnout, Res-sourcen der Arbeit und Engagement und ferner zwischen Burnout, dem subjektiven

Wohlbe-finden und dem Commitment sowie zwischen Engagement und Commitment. Neben den zu erwartenden direkt günstigen Effekten bestimmter Ressourcenvariablen der Organisation werden potenzielle Moderatoreffekte von organisationsbezogenen und personalen Ressour-cen untersucht.

Vor der Hypothesenprüfung erfolgt im Anschluss die Operationalisierung der zu untersu-chenden Variablen, die Darstellung der Forschungsmethoden, der Auswertungsstrategien und der untersuchungsrelevanten Messinstrumente.