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1.3 Dreidimensionale Gerüste

1.3.3 Hydrogele

zeigen Schäume eine stabilere und offenporigere Struktur, was die Zelladhäsion unterstützt und fördert. Allerdings können sie aufgrund ihrer starren Struktur schwer in einen Patienten injiziert werden. Besser dafür geeignet sind Hydrogele, die als Wirkstoffdepot bzw. im Bereich der Wundheilung als injizierbares System zum Einsatz kommen.

1.3.3 HYDROGELE

Bereits seit mehreren Jahren werden Hydrogele aufgrund ihrer dreidimensionalen Struktur, der hydrophilen Eigenschaften und der potentiellen Biokompatibilität in der Gewebezüchtung eingesetzt, da sie verschiedene Merkmale der natürlichen Umgebung von Zellen vereinen und eine homogene Zellverteilung gewährleisten.65, 92-93 Hydrogele sind dreidimensionale vernetzte hydrophile Polymernetzwerke, die bis zu 99 % (w/w) ihres Trockengewichtes an Wasser aufnehmen und physikalisch quellen ohne sich zu lösen.94-98 Hydrogele für biomedizinische Anwendungen wurden bereits aus einer Vielzahl von synthetischen und natürlichen Polymeren, wie z. B. Polylactid (PLA), Polyglykolsäure (PGA), Polyethylenglykol (PEG) und Poly-ε-Caprolacton (PCL), Kollagen, Alginat, Agarose, Fibrin, Chitosan und Seide, hergestellt.98-100 Hydrogele können in folgende zwei Gruppen eingeteilt werden:

molekulare und selbstassemblierende Hydrogele. Molekulare Hydrogele basieren auf einzelnen Molekülen als Grundbausteine. Durch eine chemische oder physikalische Vernetzung der langkettigen Polymere entstehen Hydrogele. Die chemischen bzw.

permanenten Hydrogele bilden ein kovalentes Netzwerk, das nicht in wässrigen Systemen gelöst werden kann, ohne die kovalenten Bindungen zu brechen.16, 101 Die chemischen Hydrogele können beispielsweise durch Radiation (z. B. Bestrahlung von Polyethylenoxid (PEO) in Wasser), chemische Quervernetzer (z. B. Behandlung von Kollagen mit Glutaraldehyd) oder Copolymerisierung von einem Monomer und Quervernetzer in Lösung (z. B. Hydroxyethylmethacrylat (HEMA) + Ethylenglycoldimethacrylat (EGDMA)) synthetisiert werden.102 Im Gegensatz zu den chemischen Hydrogelen sind die physikalisch quervernetzten Hydrogele dynamisch und reversibel durch nicht-kovalente Interaktionen (z. B. hydrophobe, elektrostatische und ionische Wechselwirkungen, sowie durch Wasserstoffbrückenbindungen) quervernetzt (Abb. 6).16, 102

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Abbildung 6. Grundlegende molekulare Interaktionen, die an der physikalischen Gelbildung beteiligt sind.

Wenn beispielsweise Polyelektrolyte mit multivalenten Ionen der gegensätzlichen Ladung inkubiert werden, kann ein physikalisches bzw. ionotropes Hydrogel entstehen. Ein Beispiel für diese Art der Hydrogele ist Alginat. Die Gelbildung hängt dabei von der Konzentration der Komponenten, der Ionenstärke und dem pH-Wert der Lösung ab.103 Ein weiteres Beispiel sind Agarose oder Gelatine, die durch die Abkühlung der Polymerlösung ein physikalisches Hydrogel bilden.102 Physikalisch quervernetzte Hydrogele zeigen vielversprechende Eigenschaften für den Einsatz in der Gewebezüchtung, da die Gelbildung angepasst werden kann und oftmals keine chemischen Quervernetzer nötig sind, die das Zellverhalten beeinträchtigen könnten.16

Die zweite Gruppe umfasst Hydrogele, die aus selbstassemblierenden Strukturen, wie z. B.

Fibrillen oder Mizellen, bestehen. Dabei wandeln sich spontan die ungeordneten Grundbausteine in große und komplexere supramolekulare Einheiten um.104-105 Die Umorganisation der Grundbausteine in geordnete Strukturen erfolgt aufgrund spezifischer Erkennungssequenzen, unterstützt durch eine Kombination aus vielen verschiedenen nicht-kovalenten Interaktionen (Abb. 6).106 Als Grundbausteine dienen vor allem Proteine und Peptide. Kollagen aus der Haut kann z. B. solch ein makroskopisch strukturelles Element darstellen. Bei dem Strukturprotein der extrazellulären Matrix lagern sich drei linksgängige Helices zu einer rechtsgängigen Superhelix durch Wasserstoffbrückenbindungen zusammen. Ein weiteres Beispiel sind Amyloid-Fibrillen. Die in Lösung intrinsisch ungeordnet vorliegenden Proteine bzw. Peptide können sich unter bestimmten Bedingungen in

-Faltblattstrukturen umwandeln, die in cross-Konformation vorliegen. Amyloid--Peptide sind ein typisches Beispiel für fibrillenformende Peptide. Das charakteristische Röntgenbeugungsmuster für cross-Strukturen zeigt, dass die Stränge der dicht gepackten

-Faltblätter senkrecht zur Faserachse verlaufen.107-108 Die Zwischenprodukte (z. B.

Oligomere und Protofibrillen) während der Fibrillenbildung werden mit einer Vielzahl an Krankheiten, wie z. B. Alzheimer und Parkinson, in Verbindung gebracht.109-110 Allerdings können auch andere Proteine, die keine Krankheiten auslösen, amyloidähnliche Fibrillen

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15 ausbilden.111 Untersuchungen haben gezeigt, dass die Seidenproteine Fibroin (von Bombyx mori) und das rekombinante Spinnenseidenprotein eADF4(C16) spontan Hydrogele bilden, die auf Fibrillen basieren (Abb. 7).95, 112-114

Abbildung 7. Hydrogelbildung durch Selbstassemblierung. In dem intrinsisch ungeordneten Monomer kommt es durch eine strukturelle Umlagerung zu -Faltblattstrukturen. Bei einer kritischen Größe von Monomeren bzw. Oligomeren bildet sich ein Nukleationskeim. Anschließend erfolgt durch Anlagerung von weiteren Monomeren oder Oligomeren das Fibrillenwachstum.95, 115-118 Durch eine physikalische Vernetzung (z. B. hydrophobe Interaktionen, Verschlaufung) der Fibrillen kommt es zur Hydrogelbildung.

Die Seidenproteine sind amphiphil, da sich hydrophobe und hydrophile Bereiche in der repetitiven Sequenz abwechseln. Die räumliche Umlagerung von hydrophoben und hydrophilen Grenzflächen verursacht die Selbstassemblierung der Seidenproteine in Nanofibrillen.117 Die Fibrillenassemblierung der Seidenproteine beinhaltet zwei Phasen, die typisch für cross--Fibrillen sind:119-121 Die Anfangsphase beinhaltet die Umwandlung von ungeordneten Monomeren zu antiparallen -Faltblättern, die durch Wasserstoffbrücken-bindungen und intramolekulare Interaktionen stabilisiert werden.118 Die hydrophoben Interaktionen initiieren eine Oligomerisierung und schließlich die Bildung eines Nukleationskeims. Die Wachstumsphase startet nach der Keimbildung, wenn sich weitere Monomere oder Oligomere anlagern und die Fibrillen wachsen.117-118 Die Umwandlung zu Fibrillen kann durch hohe Proteinkonzentrationen, hohe Temperaturen, niedrigen pH-Wert und bivalente Ionen erfolgen.95, 113-114

Die Vorteile von Hydrogelen als Trägermatrix in der Gewebezüchtung sind, dass die wässrige Umgebung Zellen und anfällige Wirkstoffe (z. B. Peptide, Proteine, DNA) schützen kann und ein guter Transport von Nährstoffen und Abfallprodukten zu sowie von den Zellen weg erfolgen kann. Die Nachteile sind allerdings, dass die Hydrogele oftmals schlechtere

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mechanische Eigenschaften aufweisen und es schwer ist, unter sterilen Bedingungen zu arbeiten.102, 122 Dennoch zählen Hydrogele zu den vielversprechendsten Kandidaten in der Biofabrikation und Wundheilung. Im folgenden Kapitel wird der Einsatz von Hydrogelen in der Biofabrikation näher erläutert.16