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Der Informationsfluss des PBMD

6 Holzbringung mit Mobilseilkran

Friedrich Frutig

6.1 Problemstellung

Ab 1970 war in der Schweiz ein Rückgang der Seilkran-einsätze zu verzeichnen. Stark steigende Personalkosten und nicht entsprechend höhere Holzerlöse verunmög-lichten zusehends eine kostendeckende oder gar ge-winnbringende Holznutzung. Die Zunahme von Zwangs-nutzungen infolge von Waldschäden sowie die vermehrt notwendige Pflege von Schutzwäldern haben die Pro-blematik der Holzernte in steilen, schlecht erschlosse-nen Wäldern in den letzten Jahren noch verschärft. In zunehmendem Masse stellte sich die Frage nach ratio-nellen und bestandesschonenden Holzernteverfahren.

Ein weiterer Aspekt war dabei auch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für das Forstpersonal.

Aufgrund vielversprechender Ergebnisse von Mobil-seilkraneinsätzen in Österreich und Süddeutschland führte die damalige Gruppe Holzernte im Jahre 1983 zunächst Versuche mit einem gemieteten leichten Mobil-seilkran KOLLER K-300 durch. Rasch zeigte sich, dass in vielen Fällen eine stärkere Anlage mit grösserer Reich-weite zum Einsatz kommen sollte. Die Bestrebungen, einen solchen Mobilseilkran mittlerer Grösse für Versu-che zu mieten, blieben erfolglos. Im Rahmen eines Teil-projektes des Sanasilva-Programmes gelang es 1984, die finanziellen Mittel für Anschaffung und Versuchs-einsatz eines eigenen Mobilseilkrans zu beschaffen.

6.2 Ziele des Projektes

Mit dem Einsatz eines mittleren Mobilseilkrans in der Schweiz wurde eine umfassende Zielsetzung verfolgt:

- Abklären der Einsatzmöglichkeiten unter den wald-baulichen und erschliessungsmässigen Bedingun-gen in der Schweiz

Beurteilen der Eignung zur Bringung von Zwangs-nutzungen mit geringen Holzmengen

Erarbeiten von Grundlagen zu Zeitaufwand, Lei-stung und Kosten beim Mobilseilkraneinsatz Erproben rationeller Arbeitsverfahren

Sammeln allgemeiner Erfahrungen zum Mobilseil-kraneinsatz (Einsatz- und Betriebskonzepte, Aus-bildung des Personals, Ergonomie, Rückeschäden) Bekanntmachen des Rückemittels Mobilseilkran in der Forstpraxis

6.3 Methoden/Projektverlauf/ Aktivitäten

Aufgrund eines Anforderungskataloges wurde von al-len namhaften Herstellern von Mobilseilkränen eine Offerte eingeholt. Nach technischer und kommerzieller Überprüfung der Offerten erhielt die österreichische Firma KOLLER in Kufstein den Auftrag zum Bau eines Mobilseilkrans vom Typ K-600.

Seit Mai 1985 wurde der K-600 vorerst unter der Leitung des Maschinisten der WSL, gemäss einem Jahresarbeitsplan, für jeweils 2 bis 3 Wochen in einem sogenannten Stützpunktbetrieb eingesetzt. Bald zeig-te sich jedoch, dass für einen rationellen Einsatz des Mobilseilkrans eine ausgebildete WSL-Equipe nötig war. Als Einsatzleiter und Equipenchef amtete fortan ein Förster, unterstützt durch zwei Forstwarte. Diese Einsatzorganisation hat sich bis zum Abschluss der Versuche bestens bewährt.

Das ursprüngliche Konzept, den Mobilseilkran in ei-nem alljährlich wiederkehrenden Turnus in sogenannten Stützpunktbetrieben einzusetzen, musste aufgrund des grossen Interesses schon im zweiten Einsatzjahr aufge-geben werden. Eine anfangs 1988 durchgeführte Umfra-ge gab einerseits nochmals allen interessierten Forstbe-trieben in der Schweiz die Möglichkeit, sich für einen Versuchseinsatz zu bewerben und erlaubte andererseits die Zusammenstellung eines gezielten Versuchspro-gramms für die beiden Einsatzjahre 1988 und 1989. Im Frühling 1990 wurde der Mobilseilkran verkauft.

Die Hauptaktivitäten im Jahre 1990 lagen in der Schlussauswertung der Versuchsdaten und der Publi-kation des WSL-Berichtes Nr. 316. 1991 wurden im Rahmen des Projektes detaillierte Arbeitsstudien bei Praxiseinsätzen mit den heute in der Schweiz meist-verbreiteten Mobilseilkrantypen durchgeführt, mit dem Ziel, Kalkulationsunterlagen zu erstellen.

Die Einsätze 1985-1989 in Zahlen:

7 4 Einsatzorte in 11 Kantonen

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In Zusammenarbeit mit den Forstdiensten organi-sierte die Projektleitung rund 60 Arbeitsbesichtigungen für interessierte Kreise aus der Forstwirtschaft, die Lokal- und Regionalpresse sowie in einzelnen Fällen auch für die Bevölkerung. An zwei Arbeitstagungen befassten sich zahlreiche Kreis- und Revierförster mit Fragen zur Planung, Organisation und Durchführung von Mobilseilkraneinsätzen.

6.4 Ergebnisse

Die Resultate der Versuchseinsätze lassen sich in drei Teile gliedern: die zahlenmässig erfassbaren Ergebnis-se wie Leistungen und Kosten, die umfangreichen Erfahrungen aus den Versuchseinsätzen sowie die allgemeingültigen Folgerungen bezüglich Einsatzmög-lichkeiten und Investitionsplanung. Die Ergebnisse und Erfahrungen aus den 106 Seillinien sind im WSL-Be-richt Nr. 316 ausführlich dargestellt. Die nachfolgenden Ausführungen sollen lediglich einen groben Überblick über Resultate und wichtige Erkenntnisse geben.

6.4.1 Zeitaufwand, Leistung und Kosten

Von der Einsatzzeit entfallen durchschnittlich etwa 60% auf die reine Seilzeit, das heisst die produktive Arbeitszeit. 25-30% der Einsatzzeit beanspruchen die Montage und Demontage der Anlage, und die restli-chen 10-15% sind sogenannte übrige Zeiten, wie Umset-zen, tägliche Arbeitswege und Betriebsunterbrüche.

Bei den Versuchseinsätzen betrugen die Montage-und Demontagezeiten bei der Bergabbringung im 4-Seil-System im Mittel rund das Doppelte wie bei der Bergaufbringung im 2-Seil-System. Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass zu Beginn der Versuchs-einsätze noch keine Erfahrungen in der Bergabbrin-gung vorlagen und aus Versuchsgründen später ein-zelne Linien in Grenzbereichen ausgeführt wurden. Der Hauptgrund liegt jedoch beim technisch aufwendige-ren System. Die Montage/Demontagezeiten liegen im Bereich von 5-20 Stunden bei der Bergaufbringung und 10-30 Stunden bei der Bergabbringung.

Die Seilleistung hängt in erster Linie vom mittleren Stückinhalt des Holzes, den Zuzugverhältnissen und der mittleren Bringungsdistanz ab. Als Richtwerte für die Seilleistung können bei einem mittleren Stückinhalt von 0,4 m3 für die Bergaufbringung 6 bis 7 m3/Seilstd.

und für die Bergabbringung 5 bis 6 m3/Seilstd. angege-ben werden.

Bedingt durch den erheblich höheren Montageauf-wand und die etwas geringere Seilleistung sind die Kosten für die Bergabbringung im Mittel 20% höher.

Aufgrund der zahlreichen und verschiedenartigen Ein-flussfaktoren können die Kosten von Fall zu Fall sehr stark variieren. Die gesamten Bringungskosten vertei-len sich im Mittel auf 60% Personalkosten und 40%

Maschinenkosten. Daraus lässt sich ableiten, dass für eine weitere Rationalisierung der Holzernte der Anteil der Maschinenarbeit noch weiter erhöht werden muss, einerseits durch technische Weiterentwicklung der Mobilseilkräne und andererseits durch entsprechende Gestaltung der Arbeitsverfahren.

Abb.1. Rückekosten in Abhängigkeit von der jährlich geseilten Holzmenge für den Mobilseilkran K-600 (Auslastung 750 Maschinen-arbeitsstunden pro Jahr).

Ber. Eldgenöss. Forsch.anst. Wald Schnee Landsch. 334, 1992

6.4.2 Erkenntnisse und Erfahrungen zum Mobilseil-kraneinsatz

Die sorgfältige Planung eines Mobilseilkraneinsatzes ist Voraussetzung für eine rationelle, sichere und be-standesschonende Arbeit. Einzelne Seillinien sollen nicht isoliert, sondern als Bestandteil einer generellen Seillinienplanung betrachtet werden. Für den Einsatz mittlerer Mobilseilkräne hat sich ein Seillinienabstand von 60 bis 70 m als zweckmässig erwiesen.

Die Frage, welche Sortimente sich am besten zum Seilen eignen, lässt sich kaum allgemeingültig beant-worten. Da die Seilleistung hauptsächlich vom mittle-ren Stückinhalt des Holzes abhängt, wird mit langem Holz eine höhere Leistung erzielt. Dagegen nehmen die Holzernteschäden mit der Holzlänge zu. Die Versuchs-einsätze mit dem K-600 haben gezeigt, dass Doppel-trämel (8-10 m) eine hohe Seilleistung bei wenig Rücke-schäden ermöglichen. Bei grosszügigen Absenkplätzen können bergauf Vollbäume gebracht werden. Die Leit-wirkung der Äste wirkt sich schadenmindernd aus. Die Vollbaumbringung ist ein Verfahren, das sich insbeson-dere für die Flächenräumung eignet und in unseren Verhältnissen zunehmend bei der Sturmholznutzung angewendet wird. Erhebungen der Holzernteschäden auf einzelnen Schlagflächen haben ergeben, dass im Mittel 17% des verbleibenden Bestandes geschädigt waren, im günstigsten Fall waren es gar nur 5%. Bei

33 sachgerechtem Einsatz steht mit dem Mobilseilkran ein Bringungsmittel zur Verfügung, mit dem sehr bestan-desschonend gearbeitet werden kann.

Wie bei allen Arbeitsmitteln und -verfahren muss auch bei der Bringung mit dem Mobilseilkran die Ar-beitssicherheit im Vordergrund stehen. Ein spezielles Augenmerk ist dabei auf die Bergabbringung zu rich-ten, bei der verfahrensbedingt höhere Risiken beste-hen. Technische und organisatorische Massnahmen tragen dazu bei, diese Risiken zu minimieren. Beson-ders wichtig ist es, einen ausreichend dimensionierten Mobilseilkran einzusetzen. Der Arbeitsplatz des Ma-schinisten muss an geschützter Stelle sein. Insbeson-dere bei Anlagen mit Kabelfernbedienung ist darauf zu achten, dass der Maschinist seinen Standort an einem sicheren Platz wählt. Durch zweckmässiges Anlegen der Seillinien können Personal und Maschinen vor abrollendem Material geschützt werden. Im Gefahren-bereich des Absenkplatzes soll sich nur der Abhänge-mann aufhalten und dies nur solange wie nötig.

Ein Schwerpunkt des Projektes lag bei der Unter-suchung der Bergabbringung, die anfänglich mit grossen Vorbehalten und Bedenken aus verschiede-nen Kreisen behaftet war. Aus diesem Grund wurde bei rund der Hälfte aller Versuchseinsätze mit dem K-600 die Bergabbringung im 4-Seil-System untersucht. Die-se funktioniert heute technisch zuverlässig, ist aber in der Regel aufwendig und stösst damit bei längeren

Abb. 2. Für mittlere Mobilseilkräne bieten sich vielfältige Einsatzmöglichkeiten.

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Seillinien häufig an wirtschaftliche Grenzen. Schon von einer Einsatzdistanz von 300 bis 400 m an lässt sich in vielen Fällen mit dem konventionellen Seilkran kosten-günstiger arbeiten.

6.4.3 Einsatzmöglichkeiten

Mobilseilkräne eignen sich für die Holzbringung sowohl in steilen Hanglagen wie auch in flachem oder wenig geneigtem Gelände mit schlechter Bodentragfähigkeit oder starker Zergliederung. Im Jura und im Mittelland finden sich zahlreiche Einsatzmöglichkeiten in Gebie-ten, die vordem Aufkommen der Mobilseilkräne selten als Seilkrangelände galten. Es sind dies vor allem

«Randzonen», welche bisher aus Gründen der Topo-graphie oder der schlechten Bodentragfähigkeit noch nicht mit Strassen und Maschinenwegen erschlossen wurden. Vermehrt kommt der Mobilseilkran auch in Gebieten zum Einsatz, in denen aus Landschafts-schutzgründen auf eine Erschliessung mit Strassen und Maschinenwegen verzichtet wird.

Verschiedene Einsätze in Zwangsnutzungen haben gezeigt, dass sich der Mobilseilkran aufgrund der ver-gleichsweise kurzen Aufstellungszeiten auch für die Bringung von verstreut anfallendem Holz eignet. Als Mindestmenge für einen einigermassen wirtschaftli-chen Einsatz sollten bei günstigen Geländeverhältnis-sen etwa 40 bis 50 m3 pro Seillinie anfallen.

Abb. 3. Im Vergleich zu alternativen Arbeitsverfahren bietet die Seilbringung häufig auch ergonomische Vorteile.

Ber. Eldgenöss. Forsch.anst. Wald $chnee Landsch. 334, 1992

6.4.4 Investitionsplanung (Einsatzkonzept, Typen-wahl, Betriebskonzept)

Der Mobilseilkran ist ein Bringungsmittel, dessen An-schaffung eine beträchtliche Investition darstellt und dessen Einsatz gewisse Anforderungen an Planung und Organisation stellt. In einem Einsatzkonzept wer-den das Einsatzgebiet, das Arbeitsvolumen für die nächsten zehn Jahre, die Bringungsdistanzen und -richtungen, die jährliche Einsatzzeit sowie die beste-hende und künftige Erschliessungssituation festgehal-ten. Gestützt darauf erfolgt die Evaluation des geeig-neten Mobilseilkrantyps. Die massgebenden Kriterien sind dabei die Grössenklasse, die technische Ausrü-stung und die Art des Trägerfahrzeuges. In einem dritten Schritt wird das Betriebskonzept erstellt, wel-ches Auskunft gibt über Trägerschaft, Einsatzplanung, Personal, Ausbildung, Maschinenunterhalt, Betriebs-stundenkosten und Finanzierung der Anlage.

6.5 Bedeutung für die Praxis

Beim Projekt Mobilseilkran handelt es sich um ein ausgesprochen praxisbezogenes Projekt. Die Planung und Durchführung der Versuchseinsätze mit dem K-600 erfolgte in enger Zusammenarbeit mit den Leitern der beteiligten Forstbetriebe. Zahlreiche Mitarbeiter dieser Betriebe hatten Gelegenheit, durch praktische Mitarbeit die Holzbringung mit dem Mobilseilkran ken-nenzulernen. Bei rund zwei Dritteln aller Einsätze führte die WSL, in Zusammenarbeit mit den Forstbetrieben, Arbeitsbesichtigungen am Einsatzort durch. Damit wurde unzähligen Forstleuten aller Stufen, Medienver-tretern und Mitgliedern von Behörden und Verbänden Gelegenheit geboten, sich mit dem anfänglich noch neuen Bringungsmittel Mobilseilkran auseinanderzu-setzen. Im laufe der Jahre interessierten neben der technischen Durchführung der Seilbringung in zuneh-mendem Masse Fragen der Investitionsplanung, der und Betriebsorganisation sowie der Einsatz-möglichkeiten von Mobilseilkränen. Die Projektleitung hat dieser Entwicklung Rechnung getragen und die Arbeitsbesichtigungen zu eigentlichen Informations-veranstaltungen ausgebaut.

Der Erfolg der Einsätze mit dem K-600 führte zu einer relativ raschen Verbreitung der Mobilseilkräne in der Schweiz: Heute stehen rund 65 Anlagen in Betrieb.

Bald nach Beginn der Versuchseinsätze zeigte sich, dass das Konzept eines Mobilseilkrans mittlerer Grös-se für die Schweiz richtig war. In der Folge befassten sich auch einheimische Maschinenhersteller mit dem Bau oder der Weiterentwicklung solcher Mobilseilkräne.

Die umfangreichen Resultate sowie die praktischen Erfahrungen aus dem Projekt dienen der Gruppe Forsttechnik als unentbehrliche Grundlage für ihre Be-ratungsarbeit. Damit fliessen die in der Praxis erarbei-teten Ergebnisse direkt wieder in die Praxis zurück.

Das Sanasilva-Teilprojekt Mobilseilkran war ein aus-sergewöhnliches Projekt im Rahmen der Tätigkeit der Gruppe Forsttechnik. Es darf in der Schlussbilanz als sehr erfolgreich bezeichnet werden. Die über die ganze Schweiz und unter verschiedensten Verhältnissen statt-gefundenen Einsätze haben wesentlich dazu beige-tragen, dass der Mobilseilkran heute bei der Holzbrin-gung in der Schweiz eine bedeutende Rolle spielt.

6.6 Mitarbeiter

Projektleitung: Fredy Nipkow (bis 1987), Friedrich Frutig Mitarbeiter der Projektleitung: Daniel Trümpi (bis 1986) Einsatzleitung: Fritz Schneeberger (1985-86), Hans

35 Haslebacher (1986-87), Franco Pedrini (1987-88), Daniel Gautschi (1988-89)

Betriebsequipe: Peter Merz (1987-88), Moritz Werra (1987-89), Daniele Lazzeri (1989)

6. 7 Publikationen

FRUTIG, F.; BREITENSTEIN, M., 1989: Sanasilva-Mobilseilkran:

Ende der praktischen Versuche. Die Waldarbeit, 41. Jg., 4:

16-18.

FRUTIG, F.; TROMPI, D., 1990: Holzbringung mit Mobilseilkran.

Ergebnisse der Versuchseinsätze mit dem KOLLER K-600.

Ber. Eidgenöss. Forsch.anst. Wald Schnee Landsch. 316:

548.

TRüMPI, D., 1987: Mobilseilkran - auch für den Bündner Wald.

Bündner Wald, 40, 5: 12-18.

36

7 Forsttechnische und betriebswirtschaftliche Beratung