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Historischer menschlicher Knochen

3. Material und Methoden 1. Material

4.3 Nachweis und Quantifizierung von Estradiol (E2) durch Radioimmunoassay .1 Rezenter menschlicher Knochen

4.3.2 Historischer menschlicher Knochen

In den historischen Knochen lassen sich pro Gramm Knochen mittels RIA E2-Konzentrationen im Pico- bis in den niedrigen Nanogramm-Bereich messen. Alle Extrakte wurden nach Extraktionsmethode B, Var. 1, angefertigt (vgl. Kap. 3.2.2).

Messwerteübersicht

Insgesamt wurden Messwerte von 24 Individuen gewonnen, die in einem Bereich von 22,0 pg (DO2263) bis 13,3 ng (BO0002) E2 pro Gramm Knochen liegen (Tab. 4.3.2.A).

Die niedrigsten Werte bis ca. 45 pg/g fallen in den Bereich des Grundrauschens (vgl. Kap.

4.4.5, Knochenasche) und repräsentieren „leere“ Proben ohne positiven E2-Befund (gelb unterlegt). Die beiden höchsten Werte, für BO0001 und BO0002, fallen aus dem Streuungsbereich der restlichen Messwerte nach oben heraus, insbesondere BO0002 mit 13 ng/g (türkis unterlegt). Die hohen Messwerte dieser beiden Knochen werden separat einer Betrachtung unterzogen, da es sich mit den Knochen der Anna von Brandenburg um Knochen einer während der 27./28. SSW Verstorbenen handelt. Aufgrund der hohen Messwerte wurden die zugrundliegenden Extrakte außerdem einer Fraktionierung mittels HPLC unterzogen, um die Spezifität des RIA zu prüfen (vgl. Kap. 4.4.6).

Lässt man die „leeren“ Proben ebenso wie die Proben der Anna von Brandenburg außer Acht, zeigen die verbleibenden Individuen Messwerte im Bereich von 62,9 bis 1696,1 pg E2 pro Gramm Knochen, bei einem Mittel von 661,5 ± 494,9 pg E2 pro Gramm Knochen.

Tab. 4.3.2.A Messwerte für E2 in historischen Knochen, für doppelt und dreifach gemessene Individuen sind die Mittelwerte aus Tab. 4.3.2.B vermerkt.

Messungen, deren Werte außerhalb des linearen Bereichs der Standardkurve liegen, wurden nicht berücksichtigt.

Individuum Geschlecht C (E2) [pg/g Probe]

BO0001 f 2530,2 Mittelwert (ohne farblich markierte) 661,5

Standardabweichung (o. f. m.) 494,9

Berechnet man die Mittelwerte für die beiden Skelettserien getrennt, so ergeben sich für Knochen aus Dorste (n=7) 332,8 pg E2/g, für Knochen aus Goslar (n=11) 870,7 pg E2/g.

Nach Geschlechtern getrennt ergeben sich als Mittelwert für Knochen weiblicher Individuen (n=6) 263,9 pg E2/g, als Mittelwert für Knochen männlicher Individuen (n=11) 784,7 pg E2/g. Dies wiederspricht den Erwartungswerten, nach denen die E2-Werte weiblicher Individuen erheblich höher liegen sollten, als die der männlichen.

Doppelbestimmungen/Interassay-Präzision

Zur Bestimmung der Interassay-Präzision werden die Messwerte der Knochen einiger Individuen betrachtet, die doppelt, in einem Fall dreifach extrahiert bzw. in den Assay eingesetzt wurden (Tab. 4.3.2.B).

Tab. 4.3.2.B Messwerte für E2 in historischen Knochen, Doppel- und Dreifachmessungen für ausgewählte Individuen.

Individuum Extrakt C (E2) [pg/g Probe] CV [%]

BO0001 BO0001/01 3007,8 BO0001 BO0001/01 2052,5

BO0001 Mittelwert 2530,2 26,7 DO0058 DO0058/01 1465,0

DO0058 DO0058/02 540,9 DO0058 DO0058/03 120,7

DO0058 Mittelwert 708,9 97,0 GS0053 GS0053/01 1410,2

GS0053 GS0053/01 405,0

GS0053 Mittelwert 907,6 78,3 GS0068 GS0068/01 1217,5

GS0068 GS0068/01 734,8

GS0068 Mittelwert 976,2 35,0

Bei Individuum DO0058 wurden drei unabhängige, technisch identische Extraktionen durchgeführt, die zu vollkommen unterschiedlichen Messwerten im RIA geführt haben. Der Wert von CV für die Interassay-Präzision liegt mit 97 % weit außerhalb der zulässigen Grenzen für einen präzisen Assay (i.d.R. max. 25 %). Die Messwerte der restlichen Individuen, die jeweils aus einem Extrakt in voneinander unabhängigen Assays gewonnen wurden, unterscheiden sich intra-individuell ebenfalls z.T. erheblich, die Differenzen sind teils sogar größer als die inter-individuellen Unterschiede. Auch hier liegen die CV-Werte für die Interassay-Präzision über den tolerablen 25 %.

Bezug zur histologischen Erhaltung der Knochen und der Erhaltung von aDNA

Dass der Erhaltungszustand historischer Knochen durch die Bewertung histologischer Dünnschliff-Präparate der Knochen abgeschätzt werden kann, ist in der Literatur mehrfach belegt (z. B. Hedges et al. 1995, Schoeninger et al. 1989). Fabig (2002) konnte zeigen, dass spurenelementanalytische Messergebnisse in historischem Knochen eher die diagenetischen Veränderungen der Knochensubstanz, als ernährungsbedingte Variabilitäten der Elementverteilung wiederspiegeln. Er verwendete eine an Hedges et al. (1995) angelehnte Einteilung der Erhaltung in drei Histologiegruppen nach dem geschätzten prozentualen Flächenanteil intakter Knochenbinnenstruktur im Kompaktaquerschnitt. Knochen mit einem

Anteil intakter Knochenstruktur größer 85 % werden dabei als „gut“ einschätzt, mit einem Anteil intakter Knochenstruktur von 15 % bis 85 % als „mittel“, sowie mit einem Anteil intakter Knochenstruktur unter 15 % als „schlecht“. Abb. 4.3.2.A bis C zeigen exemplarisch drei Knochendünnschliffe, die in die genannten Erhaltungsgruppen eingeordnet wurden (Herstellung der Dünnschliffe s. Kap. 3.2.1.2).

Abb. 4.3.2.A Lichtmikroskopische Aufnahme eines Dünnschliffpräparates der

Femurkompakta des Individuums GS0095. Der Erhaltungszustand ist mit Zuordnung zu Gruppe 1 als „gut“ zu bezeichnen. Vergrößerung ca. 55 ×

Abb. 4.3.2.B Lichtmikroskopische Aufnahme eines Dünnschliffpräparates der

Femurkompakta des Individuums GS0105. Der Erhaltungszustand ist mit Zuordnung zu Gruppe 2 als „mittel“ zu bezeichnen. Vergrößerung ca. 55 ×

Abb. 4.3.2.C Lichtmikroskopische Aufnahme eines Dünnschliffpräparates der

Femurkompakta des Individuums GS0064. Der Erhaltungszustand ist mit Zuordnung zu Gruppe 3 als „schlecht“ zu bezeichnen. Vergrößerung ca. 55 × In dieser Untersuchung soll geprüft werden, ob die erzielten Messergebnisse für die E2-Konzentrationen in den historischen Knochen mit ihrem Erhaltungszustand, phänomenologisch am histologischen Bild ermittelt, in einem Zusammenhang stehen. Dazu sind in Tab. 4.3.2.C Messwerte und Histologiegruppen gegenübergestellt. Ergänzt wird die Tabelle durch Angaben zur Erhaltung von aDNA, die aus der PCR-Amplifikationsfähigkeit der DNA aus Extrakten der Knochen im Rahmen von Untersuchungen von Bramanti (1999) und Schultes (2000) (sowie pers. Mitt. von Hummel, 2004) gewonnen wurden. Auch die Erhaltung von aDNA wird hier in drei Gruppen von „gut“, „mittel“ und „schlecht“ eingeteilt.

Tab. 4.3.2.C Gegenüberstellung der Messwerte für E2 in historischem Knochen zur Einordnung der Knochenhistologien und der Erhaltung von aDNA in Erhaltungsgruppen „gut“ (= 1), „mittel“ (= 2) und „schlecht“ (= 3). Gelb unterlegte Individuen liefern E2-Messwerte im Bereich der Leerkontrollen.

Individuum Histologie DNA-Erhaltung C (E2) [pg/g Probe]

DO0035 2 3 541,3 DO0058 3 1 708,9 DO0199 2 1 87,9 DO0300 2 2 62,9 DO0902 1 1 410,8 DO0903 2 3 170,3 DO0905 2 1 28,4 DO1585 2 2 347,2 GS0032 1 3 112,7 GS0053 2 1 907,6 GS0064 3 1 802,5

GS0068 1 1 976,2 GS0095 1 1 45,9 GS0096 1 1 1568,4 GS0097 1 1 1696,1 GS0105 2 1 1185,5

Die statistische Prüfung mittels linearer Regression ergibt keinen Zusammenhang für den mikroskopischen Erhaltungszustand der Knochen anhand der Histologien und die in den Knochenextrakten gemessenen Konzentrationen von E2 (rxy = - 0,158). Auch der Zustand der aDNA korreliert nicht mit den gemessenen E2-Konzentrationen (rxy = - 0,413). Vergleicht man die für Abb. 4.3.2.A bis C ausgewählten Knochenhistologien mit den tabellierten Werten, so werden die statistischen Ergebnisse unterstützt: GS0095 (Abb. 4.3.2.A) zeigt sowohl eine gut erhaltene Knochenbinnenstruktur, als auch gute aDNA-Erhaltung, jedoch einen E2-Messwert, der in den Bereich der Leerkontrollen fällt, somit strenggenommen keinen Nachweis für die Erhaltung von E2. Der histologisch als „mittel“ eingestufte Knochen von GS0105 (Abb. 4.3.2.B), der ebenfalls eine gute DNA-Erhaltung aufweist, liefert dagegen einen sehr hohen Messwert für E2. Der als histologisch „schlecht“ einzustufende Knochen von Individuum GS0064 liefert letztendlich einen mittleren Messwert für E2 im RIA, bei guter aDNA-Erhaltung.