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5 DISKUSSIO&

5.2 Charakterisierung capriner Scrapie-Isolate aus Zypern

5.2.3 Histologische Charakterisierung capriner Scrapie-Isolate

Bei TSE-Erkrankungen wie z. Bsp. Scrapie und BSE treten die histopathologischen Verände-rungen vorwiegend bilateral symmetrisch im Hirnstamm (Obexregion) unter Ausprägung der drei neuropathologischen Hauptmerkmale vakuoläre Veränderungen, neuronale Degeneration und Gliose auf (HADLOW 1961; WELLS et al. 1987, 1989; WOOD et al. 1997). Immun-histochemisch lassen sich unter Verwendung spezifischer Antikörper die PrPSc-Ablagerungen in der Region nachweisen.

5.2.3.1 Histopathologische und immunhistologische Veränderungen in der Obexregion Die Untersuchung der 42 Obices der Damaskusziegen aus Zypern erfolgte, wie in der Abb. 15 (S. 61) bereits gezeigt, anhand von sechs Kerngebieten in der Obexregion und bestätigte den PrPSc-Nachweis der TSE-Schnelltests in der Obexregion von 25 Ziegen. Am stärksten von vakuolären Veränderungen betroffen waren erwartungsgemäß der DMNV, der #cl. tractus solitarii, der #cl. motorius n. hypoglossi und der #cl. tractus spinalis n. trigemini, wobei die beiden erstgenannten auch die meisten PrPSc-Akkumulationen in der Immunhistochemie zeig-ten. Allerdings konnten trotz dieser eindeutigen PrPSc-Akkumulationen bei einigen Tieren v. a. in den #cll. olivares oder im #cl. cuneatus keine vakuolären Veränderungen nachgewie-sen werden. Die Ergebnisse aus vorhergehenden Untersuchungen von WOOD et al. (1997), nach denen der DMNV der Medulla oblongata am häufigsten und auch bei gering ausgepräg-ten histopathologischen Veränderungen betroffen ist und demnach vorrangig zur histopatho-logischen Diagnostik der klassischen Scrapie herangezogen wird, lassen sich auch anhand dieser Befunde bestätigen. Die Pathogenese der histopathologischen Veränderungen von TSEn ist bis heute nicht geklärt. Ähnlich wie bei der BSE der Rinder bereits beschrieben (WELLS et al. 1994), bleibt auch in diesem Fall fraglich, warum der Nachweis von PrPSc nicht in jedem Fall an das Vorhandensein von vakuolären Veränderungen gebunden ist.

5.2.3.2 Immunhistologische Bewertung ausgewählter Gewebe

Von den 26 Damaskusziegen aus Zypern, bei denen in mindestens einer der untersuchten Proben der PrPSc-Nachweis gelang, zeigte ein präklinisches Tier (ZYP 24, homozygot I142N146R151R154R211Q222) geringgradige PrPSc–Ablagerungen im LRS einzelner Proben,

ob-wohl die Obexregion PrPSc-negativ befundet worden war. Dieses erst zweijährige Tier befand sich vermutlich noch in der Inkubationszeit und die klinische Symptomatik, welche die Aus-wahl der Ziege für die Sektion bedingt hatte, dürfte anderer Genese gewesen sein. Da weder mit der Schnelltestdiagnostik noch in der Immunhistochemie bei Verwendung von Material der Obexregion ein Scrapie-positiver Befund detektiert wurde, zeigte sich an dieser Stelle ein Schwachpunkt der auf die Obexregion fokussierten Diagnostik. Von den 26 Scrapie-positiven Ziegen wurden 4 % nicht als solche erkannt. Ähnliche Ergebnisse erbrachten Untersuchungen an Schafen aus Scrapie-positiv getesteten Herden. Durch die ausschließliche Testung von Stammhirn im Schnelltest oder in der Immunhistochemie konnten ca. 7-14 % der mit Scrapie infizierten Schafe nicht als solche erkannt werden, da sich bei ihnen nur im peripheren LRS und neuronalen Gewebe PrPSc nachweisen ließ (THORGEIRSDOTTIR et al. 2002; ERSDAL et al. 2003; VASCELLARI et al. 2005; GONZÁLEZ et al. 2006; RECKZEH et al. 2007).

Aufgrund dieser Literaturbefunde und eigener vergleichbarer Daten sollten bei Ziegen und Schafen lymphoretikuläre Gewebe wie z. Bsp. der Ln. retroph. in die Diagnostik mit einbezo-gen werden, zumal der Lymphknoten für die Entnahme zugänglich ist und lymphatisches Gewebe bereits mittels Schnelltest auf PrPSc untersucht werden kann.

Von den Ziegen mit positivem PrPSc-Nachweis im ZNS wiesen alle, mit Ausnahme der ZYP 40, eine breite Verteilung von PrPSc-Ablagerungen in den untersuchten Proben des LRS auf. Bei der ZYP 40 beschränkten sich diese hingegen auf den Ln. retroph. und das ENS des Rektums. Vor dem Hintergrund, dass dieses Tier PrPSc–Ablagerungen auch im ZNS aufwies und mit vier Jahren schon etwas älter war, dürfte als Ursache für das abweichende Vertei-lungsmuster der PrPSc–Ablagerungen ein frühes Stadium der Inkubationszeit eher als unwahr-scheinlich gelten. Die proteinbiochemischen Eigenschaften dieses Tieres waren zudem ver-gleichbar mit denen der meisten anderen untersuchten Ziegen aus Zypern, was gegen das Vor-liegen eines differenten Scrapie-Stammes spricht. Als Besonderheit zeigte die ZYP 40 als einzige der Ziegen einen R/H-Polymorphismus auf dem Kodon 154. Eine mögliche Einfluss-nahme des Genotyps auf die Verteilung des PrPSc wurde bereits unter Punkt 5.2.1 (S. 83) ein-gehend diskutiert.

Durch die breite Verteilung von PrPSc im LRS wurde bei allen diagnostizierten Ziegen durch-gängig mindestens eine der für die prämortale Diagnostik relevanten Proben (Tonsille, 3. Au-genlid, Rektum) als positiv befundet. Es ist daher denkbar, dass selbst die geringen

Gewebe-mengen, die bei der Bioptatentnahme aus der Tonsille und dem Rektum für die Befunderhe-bung gewonnen werden, die Detektion positiver Tiere sehr wahrscheinlich ermöglichen. Die prämortale Detektion von Scrapie in der Tonsille und dem Rektum von Ziegen sollte somit in vergleichbarer Form wie bei Schafen möglich sein, auch wenn in vorhergehenden Studien nur für die Tonsille und nicht für die Rektumbiopsien ähnlich häufig PrPSc-Ablagerungen wie bei den Schafen diagnostiziert werden konnten (GONZÁLEZ et al. 2009) und für das 3. Lid bei Ziegen bisher noch keine wissenschaftlichen Erhebungen zur Veröffentlichung gelangten.

Entgegen vorangegangener Untersuchungen, in denen PrPSc bereits im Euter (LIGIOS et al.

2005) und der Niere von Schafen nachgewiesen werden konnten (SISÓ et al. 2006, LIGIOS et al. 2007), wies das Eutergewebe der Damaskusziegen keine detektierbaren PrPSc– Ablagerungen auf. Ebenso wenig gelang der PrPSc–Nachweis in der Niere. Allerdings konn-ten erstmals in fetalen wie auch in maternalen Anteilen der plazentären Kotelydonen von drei Ziegen vereinzelte PrPSc–Ablagerungen nachgewiesen werden, was bisher lediglich bei Scra-pie-positiven Schafen beschrieben wurde (TUO et al. 2001, 2002). Diese drei Tiere zeigten in fast allen Proben des lymphoretikulären Gewebes und im ZNS positive Befunde, wenn auch in unterschiedlichen Ausprägungsgraden. In der Plazenta scheint die Ablagerung von PrPSc daher sehr wahrscheinlich erst in der späten Phase der Pathogenese mit der breiten Verteilung des PrPSc zu erfolgen. Eine Verbreitung von Scrapie über die Plazenta könnte somit erfolgen.

Es bleibt aber abzuklären, ob PrPSc intrauterin oder erst später durch Plazentophagie oder bei Beweidung, der durch die Nachgeburt kontaminierten Weiden auf die Nachkommen oder andere Herdenmitglieder übertragen wird. Bei Schafen scheint die Übertragung der Erkran-kung von der Mutter auf die Lämmer eher peripartal zu erfolgen, da bis heute der Nachweis von PrPSc in den Feten nicht gelungen ist und der Nachweis einer intrauterinen Übertragung noch immer aussteht (FOOTE et al. 1993; WANG et al. 2001; ANDREOLETTI et al. 2002;

TUO et al. 2002). Die PrPSc–Ablagerungen wurden ausschließlich in den Plazenten detektiert, die Lämmern des empfänglichen Genotyps zu zuordnen waren. Es ist daher davon auszuge-hen, dass die Neigung zu plazentären PrPSc-Ablagerungen vom Genotyp beeinflusst wird (ANDREOLETTI et al. 2002; TUO et al. 2002; ALVERSON et al. 2006; LACROUX et al.

2007). Der Genotyp der Nachkommen der Zypernziegen entzog sich unserer Kenntnis, wes-halb keine Aussagen zum Einfluss des Genotyps der Lämmer auf die Verteilung der PrPSc– Ablagerungen in der Plazenta gemacht werden können. Prophylaktisch sollte aber auf die

Be-seitigung der Nachgeburt aus dem Stall und von den Weiden hingewirkt werden, um ein adä-quates TSE-Hygienemanagement in den Ziegenherden zu gewährleisten.

5.3 Die Pathogenesestudie zur Bovinen Spongiformen Enzephalopathie der Ziegen