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Hintergrund des Gutachtens

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Die Anforderungen der Trinkwasserverordnung 2001 (TrinkwV 2001) gelten auch für Haus-installationen. Neben den Anforderungen an die mikrobiologische und chemische Beschaffen-heit des Trinkwassers müssen nach den §§ 4, 6 und 17 TrinkwV 2001 auch die allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT) beachtet werden; das gilt u. a. bei der Auswahl der mit Trinkwasser in Berührung kommenden Geräte und Materialien.

Das Umweltbundesamt (UBA) erarbeitete im Jahr 2003 die „Leitlinie zur hygienischen Beurteilung von Epoxidharzbeschichtungen im Kontakt mit Trinkwasser“. Epoxidharz wird u. a. zur Sanierung von korrodierten Trinkwasserrohren in der Hausinstallation verwendet.

Der ökonomische Vorteil dieser Methode besteht darin, dass kein neues Rohrnetz installiert werden muss. Epoxidharze können bei der Verwendung gesundheitsschädigender Ausgangs-stoffe und bei unsachgemäßer Durchführung der Sanierungsmaßnahmen Risiken für die menschliche Gesundheit bedeuten. Wegen der geringen Rohrdurchmesser, des regelmäßig sehr verzweigten Rohrnetzes und der Verwendung von Warmwasser stellt die Innenrohr-sanierung von Hausinstallationen besondere Herausforderungen.

Die Epoxidharzleitlinie entstand in Zusammenarbeit mit dem Verband der Lackindustrie e. V., der eigens dafür einen Industriearbeitskreis einrichtete, die KTW-AG [Kunststoff-Trinkwasser-Arbeitsgruppe der Kunststoffkommission des BgVV (heute des Bundesinstituts für Risikobewertung – BfR)], sowie der Trinkwasserkommission des Bundesgesundheitsmi-nisteriums beim UBA und der Kunststoffkommission. Eine erste Fassung wurde am 3.12.

2001 auf der Website des UBA zugänglich gemacht. Nach einer Bewährungsphase für die be-troffene Industrie und die Prüfstellen wurde sie im Jahr 2003 im Bundesgesundheitsblatt ver-öffentlicht.1 Sie ist mittlerweile fortgeschrieben worden und in ihrer aktuellen Fassung (Stand:

Oktober 2005) auf der Website des UBA zugänglich.2

Aus Industriesicht bestand ein Bedarf an der Standardisierung der Sanierung von Trink-wasserinstallationen mit Epoxidharz, da die einschlägige XL. Empfehlung des BgVV „Lacke und Anstriche für Lebensmittelbehältnisse und -verpackungen“ im Jahr 1998 ersatzlos gestri-chen wurde und damit den bestehenden KTW-Prüfzeugnissen die Grundlage entzogen war.

Die Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) hat auf Wunsch der Anwender von Epoxidharzen zur Sanierung von Hausinstallationen sein Regelwerk durch das Merkblatt W 548 „Rohrinnensanierung von Trinkwasser-Installationen durch Beschichtung“

(April 2005), das Arbeitsblatt W 545 „Qualifikationskriterien für Fachfirmen zur Rohrinnen-sanierung von Trinkwasser-Installationen durch Beschichtung“ (April 2005) und die Vorläufi-ge PrüfgrundlaVorläufi-ge VP 548 „Rohrinnensanierung von Trinkwasser-Installationen durch Be-schichtung: Anforderungen und Prüfungen“ (Mai 2004) erweitert. Nach diesen technischen Regeln kann ein Prüfzeichen der DVGW für die Verwendung von Epoxidharzen für die Sanierung von Hausinstallationen vergeben werden. Voraussetzung ist u. a. das Vorliegen eines Prüfzeugnisses, das die Einhaltung der Anforderungen der Epoxidharzleitlinie bestätigt.

Während die Epoxidharzleitlinie von den Mitgliedsfirmen des Verbandes der Lackindus-trie e. V. und von Plastics Europe Deutschland e. V. anerkannt und befolgt wird und die Wasserversorger bei Sanierungsmaßnahmen im Bereich der öffentlichen Wasserversorgung nur dementsprechend geprüfte Produkte einsetzen, konnte das UBA für den

1 BGesBl. 47 (2003), 797-817.

2 <http://www.umweltbundesamt.de/uba-info-daten/daten/leitlinie-epoxid.htm>.

bereich A1 (Rohre mit einem kleineren Durchmesser als 80 mm) bisher nur ein Epoxidharz-system als geeignet einstufen und in die Anlage 5 zur Leitlinie aufnehmen. Einige Sanie-rungsfirmen für Hausinstallationen berufen sich bei der Werbung für ihre Sanierungskonzepte weiterhin auf mittlerweile ungültige KTW-Prüfzeugnisse und widersetzen sich mit verschie-denen Argumenten der Anwendung der Epoxidharzleitlinie. Einige haben sogar mit Scha-densersatzklagen gedroht, wenn ihnen die Verwendung ihrer Epoxidharze z. B. von den Ge-sundheitsämtern untersagt werden sollte.

Im Dezember 2003 fragte das Gesundheitsamt Wiesbaden beim UBA an, ob die Innen-rohrsanierung in Hausinstallationen durch Epoxidharzbeschichtung den Anforderungen der TrinkwV 2001 entspreche, ob und welche Gefahren zu besorgen seien und wie ihnen begeg-net werden könne. Anlass war die zunehmende Konfrontation mit Sanierungen von Haus-installationen. Das Gesundheitsamt Wiesbaden ging davon aus, dass diese Sanierungsform nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT) entspricht. Auch seien diese Verfahren nicht zertifiziert. Das UBA stufte in dieser Angelegenheit die Epoxidharzleitlinie als eine allgemein anerkannte Regel der Technik ein. Zur Begründung verwies es darauf, Her-steller seien an der Ausarbeitung der Leitlinie beteiligt gewesen und ließen zahlreiche Stoffe nach dieser Leitlinie bewerten; ein Projektkreis der DVGW habe unter Beteiligung aller füh-renden Anbieter bei der Erstellung von Arbeitsblättern für die Hausinstallation auf die Leit-linie Bezug genommen; schließlich verlangten Wasserversorger beim Neubau von Anlagen bereits die Erfüllung dieser Anforderungen.

Das Rechtsgutachten soll erstens klären, welche Bedeutung Empfehlungen des UBA im Bereich des Trinkwasserrechts im konkreten Vollzug und in zivilrechtlichen Auseinander-setzungen zukommen kann. Hierbei ist insbesondere zu klären, welche rechtlichen Vorausset-zungen vorliegen müssen, damit eine UBA-Empfehlung als allgemein anerkannte Regel der Technik qualifiziert werden kann. Ferner ist zu prüfen, welche Bedeutung UBA-Empfehlun-gen hätten, wenn sie als unverbindliche Richtwerte einzustufen wären. Zweitens sind diese Fragen für die Epoxidharzleitlinie zu klären. Weiter ist die Akkreditierung der Prüfinstitute und der Umfang des Prüfungsrechts im Rahmen der Zertifizierung zu prüfen. Schließlich sollen ggf. Empfehlungen für die „Novellierung“ der Epoxidharzleitlinie des UBA präsentiert werden.

Im Rahmen des Gutachtens ist auch zu klären, welche Bedeutung allgemein anerkannten Regeln der Technik in öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Streitigkeiten zukommt und welche Anforderungen an die Zertifizierung und Akkreditierung zu stellen sind. Weiter ist zu ermitteln, welche Prüfungs- und Eingriffsbefugnisse die Gesundheitsämter haben. Zu prüfen ist auch, welche Folgen die Verpflichtung hat, in Hausinstallationen nur Materialien und Geräte zu verwenden, die den aaRdT genügen. Bei der Analyse der Epoxidharzleitlinie sind andere Empfehlungen und Leitlinien des UBA im Bereich der Wasserversorgung verglei-chend zu berücksichtigen.

Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtsgutachtens waren zwar im technischen Regel-werk der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) die Zertifizie-rungsgrundlagen für die Rohrinnensanierung erarbeitet worden. Anbieter hätten somit die Möglichkeit, ihre Produkte und Dienstleistungen zertifizieren zu lassen. Allerdings konnte

bisher kein Anbieter die positive Prüfung des Beschichtungsverfahrens an einem so genannten Prüfbaum nach VP 548 nachweisen.3

3 Siehe die Mitteilung „Zertifizierung der Rohrinnensanierung von Trinkwasserinstallationen durch Be-schichtung“ im DVGW-Newsletter 11 (April 2006).

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