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Versuche ein Benchmarking der Richtplanung in der Praxis umzusetzen, wurden bis jetzt nicht unternommen. Dabei dürfte einerseits mangelnder Wille seitens der Politik und Praxis eine Rolle spielen, jedoch andererseits sicherlich auch die Tatsache, dass eine praktische Umsetzung der Benchmarking-Idee für die Raumplanung äusserst anspruchsvoll und mit vielen methodischen Hürden verbunden ist.

Zahlreiche Kantone haben inzwischen Controlling Ansätze implementiert oder beabsichtigen dies zu tun. Untersuchungen kommen jedoch zu Schluss, dass die Wirkungscontrollings (Hersperger et al. 2011) und Vollzugscontrollings (Mueller und Hersperger 2015) den wis-senschaftlichen Ansprüchen nicht vollständig genügen. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass in der schweizerischen Planungsliteratur lediglich die grundsätzlichen Prinzipien von Controlling und Benchmarking für die Richtplanung beschrieben sind (Siehe u.a.: Keiner 2005; Schultz et al. 2002; von Stockar et al. 2001). Den methodischen Grundproblemen für eine praktische Anwendung von indikatorbasierten Evaluationsinstrumenten wie Controlling und Benchmarking wird hingegen zu wenig Beachtung geschenkt. In diesem Kapitel werden diese methodischen Grundprobleme beschrieben. Ausserdem werden gewisse generelle me-thodische Anforderungen und zu klärende Fragen erläutert, welche sich bei einer praktischen Umsetzung von Controlling und Benchmarking der Richtplanung stellen.

3.1 Das Kausalitätsproblem bei Evaluationen in der Raumplanung

Controlling und Benchmarking haben zum Ziel basierend auf der Raumbeobachtung Rück-schlüsse auf die Wirkung der Richtplanung zu ziehen. Das sogenannte Kausalitätsproblem bezieht sich auf die Tatsache, dass eine Erfassung der Wirkungsmechanismen von planeri-schen Massnahmen äusserst anspruchsvoll ist und deren Einflüsse kaum von anderen Trei-bern (z.B. ökonomische, gesellschaftliche Treiber) isoliert werden können (Bizer und Sternberg 2001). Koinzidenzen zwischen raumplanerischen Massnahmen und beobachteten Raumentwicklungen dürfen nicht einfach zu Kausälitäten erklärt werden, denn Kausalität lässt sich nicht beobachten. In den planerischen Disziplinen und somit auch in der Evaluati-on der Raumplanung müssen Wirkungszusammenhänge jedoch als gegeben angenommen werden, da man sonst den Sinn der Planung grundsätzlich in Frage stellt. Man muss sich immer bewusst sein, dass wir uns Zusammenhänge der Wirkung der Raumplanung und der beobachteten Raumentwicklung lediglich erschliessen. Da dabei auch mögliche Denkfehler auftreten können, ist es bei der Interpretation von Evaluationen in der Raumplanung stets nötig, Begründungen für Beobachtungen zu hinterfragen (Schönwandt et al. 2013).

Wir schlagen daher vor sich für ein Controlling und Benchmarking der Richtplanung auf die Betrachtung von Outcomes (dt. Auswirkung) zu beschränken. Outcomes werden definiert als ökologische und sozioökonomische Veränderungen bewirkt durch das Planungssystem und andere Treiber (Wong und Watkins 2009). Somit würde ein Controlling der Outcomes am ehesten dem in der schweizerischen Literatur vorgeschlagenen Zielerreichungscontrolling entsprechen ohne dabei den Anspruch einer isolierten Betrachtung der Gesamtwirkung des Richtplans zu suggerieren.

Durch eine optimale Wahl von Vergleichseinheiten kann das Problem der regional unter-schiedlichen Strukturen verringert werden (Bizer und Sternberg 2001). Jedoch hat jede Wahl von räumlichen Vergleichseinheiten, egal ob politisch oder naturräumlich, einen Einfluss auf die Vergleichbarkeit von beobachteten Indikatorwerten.

Durch eine optimale Regionalisierung kann das Problem der regional unterschiedlichen Strukturen zwar verringert, jedoch nicht ganz ausgeschlossen werden (Bizer und Sternberg 2001). Für ein Benchmarking der Richtplanung Teil Landschaft werden somit Vergleichs-einheiten benötigt, die von ihren strukturellen Gegebenheiten her möglichst ähnlich sind. Für die Schweiz bietet sich zu diesem Zweck die Landschaftstypologie Schweiz (LTS) an, wel-che auf Basis von biogeographiswel-chen Grossregionen, Topographie, Geologie, Klima, Boden-typ sowie anthropogen geprägten Faktoren wie Landnutzung und Bodenbedeckung ausge-schieden wurde und keine politischen Grenzen berücksichtigt (Siehe: ARE et al. 2011a).

3.3 Indikatoren für Controlling und Benchmarking der Richtplanung 3.3.1 Begriffsverständnis Indikator

«Ein Indikator ist ganz allgemein eine Mess- und Beobachtungsgrösse, die stellvertretend den Zustand eines bestimmten Sachverhaltes anzeigt, der nicht direkt zu ermitteln ist. Das eigentliche Interesse gilt aber nicht dem Indikator selbst, sondern dem Indikandum, dem angezeigten Sachverhalt (Keiner 2005, S. 112).» Indikatoren veranschaulichen komplexe Sachverhalte und verdichten diese zu einer verständlichen Information. Daher können sie die Wirklichkeit auch nur begrenzt und ausschnittsweise abbilden. Eine Stärke von Indikatoren jedoch ist, dass sie Ziele und Leitbilder wie nachhaltige Landschaftsentwicklung konkretisie-ren können und die Wahrnehmung und Sensibilisierung für Problemzusammenhänge in der Öffentlichkeit und Politik erhöhen (Keiner 2005).

3.3.2 Ziele und Leitbilder als Ausgangspunkt der Indikatordefinition

Ziele und Leitbilder dienen auch als Ausgangspunkt für die Indikatorentwicklung (Birkmann 2004). Die eigentliche Entwicklung von Indikatoren ist nicht Gegenstand dieses Berichts, jedoch soll auf die Publikationen von Keiner (2005) und Birkmann (2004) zu diesem Thema hingewiesen werden. Für die Definition von Indikatoren für ein Richtplancontrolling oder Benchmarking bildet somit das Richtplanzielsystem den Ausgangspunkt. Die Indikatoren sollen die (Nachhaltigkeits-)Ziele der Richtplanung und Raumordnungspolitik umfassen, voneinander unabhängig sein und Sachbereiche abdecken, welche von der kantonalen Politik respektive Richtplanung beeinflussbar sind (Keiner 2005).

Für ein Benchmarking der Richtpläne Teil Landschaft muss daher von einem gemeinsamen Leitbild sowie gemeinsamen Zielen ausgegangen werden. Das Leitbild ergibt sich daraus, dass sich die Nachhaltigkeit als normatives leitendes Konzept in der Richtplanung durchge-setzt hat. Im Vorprojekt dieser Studie «Indikatorbasiertes Richtplancontrolling Landschaft»

wurden zudem die Zielsysteme des Kapitels Landschaft sämtlicher Schweizer Richtpläne in ein einheitliches Zielsystem aggregiert (Siehe: Knöpfel et al. 2011). Auf Grundlage dieses vereinheitlichten Zielsystems wurden im vorliegenden Projekt die Benchmarking-Indikatoren definiert, welche somit die Richtplanziele aller Kantone abdecken.

24 Richtplancontrolling Landschaft

WSL Berichte, Heft 27, 2015

3.3.3 Anforderungen an Indikatoren für die Anwendung im Benchmarking Indikatoren haben jeweils einen raumzeitlichen Bezug. Sie veranschaulichen einen Sachver-halt zu einem Zeitpunkt in einer definierten räumlichen Bezugseinheit. Indikatoren können als Bestandsgrössen einerseits Zustände in den verschiedenen Regionen zeigen oder als Stromgrössen Veränderungen zwischen unterschiedlichen Zeitpunkten. Die Benchmarking-Indikatoren müssen für die ganze Schweiz flächendeckend verfügbar und mit den Auswer-tungseinheiten kompatibel sein. Um Indikatoren zwischen unterschiedlichen räumlichen Bezugseinheiten vergleichbar zu machen, müssen ausserdem absolute Werte bezüglich der Fläche der Vergleichseinheiten indexiert werden.

3.4 Bedarf nach quantifizierbaren Zielwerten für Landschaftsindikatoren Zielwerte für die definierten Indikatoren sind eine Grundvoraussetzung für Controlling und Benchmarking. Anhand von Zielwerten wird die eigentliche Beurteilung vorgenommen da sie als zu erreichende Zielvorgabe in der Erfolgskontrolle dienen. Daher müssen Zielwerte gemäss den Richtplanzielen für jeden Indikator einzeln festgelegt werden und idealerweise auch gleich im Richtplan verankert werden. Zielrichtungen oder Entwicklungstendenzen für Indikatoren lassen sich relativ einfach aus den formulierten Richtplanzielen ableiten. So könnten beispielsweise die Plafonierung der Bodenversiegelung oder kein weiterer Verlust an Landwirtschaftsflächen als explizite Ziele festgelegt werden. Jedoch besteht das Problem, dass objektive Kriterien, welche zur Zielwertdefinierung bezüglich landschaftlicher Qualität zugezogen werden können, fehlen. Die Wahrnehmung von Landschaften ist immer norma-tiv, kann sich von Region zu Region unterscheiden und über die Zeit auch verändern. Die Frage lautet in diesem Fall nicht ob ein Indikator zunehmen, abnehmen oder gleichbleiben soll. Die Frage lautet viel mehr, welcher Wert eines Indikators auf Grund normativer Krite-rien als positiv oder negativ eingestuft werden kann.

Das in der Praxis nur Zielrichtungen und keine expliziten Zielwerte angewendet werden hat mehrere Gründe. Einerseits ist die Aufgabe äusserst komplex, da auf Grund der fehlenden objektiven Kriterien Sollwerte in einem gesellschaftlich-politischen Prozess ausgehandelt werden müssen. Andererseits scheint auch der Wille bei Politikern und Planern verbindliche Standards festzulegen zu fehlen, an denen die eigene Arbeit gemessen werden kann.

Sollen wie in einem Benchmarking Landschaften anhand von Indikatoren miteinander ver-glichen werden, braucht es überprüfbare Kriterien zur Beurteilung der Landschaftsqualität.

Im Vergleich können zwar Aussagen gemacht werden, welche Region bezüglich eines Indi-kators besser abschneidet als andere. Die Frage nach der grundsätzlichen Qualität der Land-schaften bleibt jedoch offen. Der in diesem Projekt präsentierte Ansatz kann das grundle-gende Problem der fehlenden Objektivität bei der Beurteilung von Landschaftsqualitäten nicht beheben. Das Benchmarking kann auch nicht den gesellschaftlichen Aushandlungspro-zess ersetzen, welche Landschaftszustände erstrebenswert sind, sondern eine Diskussion aufgrund nachvollziehbarer Daten ermöglichen. Der normative Ansatz soll jedoch als Vor-schlag betrachtet werden, wie mit diesem Grundsatzproblemen in einem Benchmarking von Landschaftsqualitäten umgegangen werden könnte.

4 Spezifische methodische Grundlagen für das vorgeschlagene