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1. Einleitung

1.6. Haut und Hitzeschockproteine

Nachdem im vorherigen Teil der Einfluss der HSP auf Entzündung und Apopto-se dargestellt wurde, soll nun das Augenmerk auf eine mögliche klinische Rele-vanz dieser Fähigkeiten im Hinblick auf entzündliche Hauterkrankungen, im Be-sonderen auf die atopische Dermatitis, gelegt werden.

Bei der atopischen Dermatitis handelt es sich um eine chronisch rezedivierende Ekzemerkrankung, die typischerweise zuerst im Kindesalter beginnt (Leung et al., 2004). Die Inzidenz dieser häufigsten chronischen Hauterkrankung hat e-benso wie die anderen Erkrankungen des atopischen Formkreises (allergisches Asthma und Heuschnupfen), in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zuge-nommen. Diese Tendenz, deren Ursache letztendlich nicht geklärt ist, hält wei-ter an. Bei der multifaktoriell bedingten atopischen Dermatitis ist zwar eine ge-netische Prädisposition vorhanden, jedoch kommt es in der Regel erst unter dem Einfluss unterschiedlicher „Provokationsfaktoren“ zur klinischen Sympto-matik (Leung et al. 2004). Zu solchen Provokationsfaktoren gehören bei ent-sprechender Sensibilisierung insbesondere Umweltallergene wie Pollen, Haustaubmilben, Tierhaare, Nahrungsmittel. Ebenso besitzen emotionale Be-lastungen, hormonelle Veränderungen, Wohnverhältnisse etc. besitzen einen Einfluss (Werfel und Kapp, 1998). Für verschiedene Allergene wurde nachge-wiesen, dass sie bei entsprechend sensibilisierten Personen zu IgE-Spiegelerhöhungen und zu einer Aktivierung von zirkulierenden Lymphozyten führen (Werfel et al., 1998; Wistokat-Wülfing et al., 1998). Zusätzlich weisen Ablagerungen von eosinophilen-spezifischen Proteinen in Hautläsionen auf eine eosinophile Infiltration und Degranulation in der Haut von „Atopikern“ hin (Kiehl und Kapp, 1998). T-Zellen spielen eine wichtige Rolle in der Pathogenese der atopischen Dermatitis, die in den letzten Jahren besser aufgeklärt wurde. Die

Einleitung Kapitel 1 Mehrzahl der hautinfiltrierenden Lymphozyten gehört zu den T-Helferzellen, wobei der größte Teil MHC II-Moleküle als Zeichen ihrer Aktivierung exprimiert.

In akuten Läsionen werden vor allem aktivierte Th2-Lymphozyten vorgefunden, während chronische Läsionen eher von einer Th-Zellinfiltration mit Th-1 ähnli-chem Zytokinmuster geprägt sind (Werfel et al., 1996). Es werden also in der frühen Phase der Entzündung eher Typ-2 Zytokine, wie IL-4, IL-5 und IL-13, und zu einem späteren Zeitpunkt bevorzugt Typ-1 Zytokine, wie IFNγ, produ-ziert (Grewe et al., 1998). Dem IFNγ wird dabei eine maßgebliche Beteiligung an der Chronifizierung des Ekzems zugeschrieben. Dies zeigt sich zum Beispiel darin, dass Mäusen, denen IFNγ in die Epidermis gespritzt wurde, spontan Ek-zeme entwickeln, was ein wichtiges klinisches Zeichen der atopischen Dermati-tis darstellt (Carrol et al., 1997). Barker et al. beobachteten dieses Phänomen auch in der menschlichen Haut (Barker et al., 1990b).

Worin dieser Wechsel des Zytokinmusters begründet liegt, ist bisher unklar.

Diese T-Zellzytokine üben wichtige regulatorische Effekte auf andere immun-kompetende Zellen sowie auf das lokale Mikromilieu der Entzündung aus, mit z.B. vermehrter Expression bestimmter Adhäsionsmoleküle.

Ein weiterer wichtiger Mechanismus in der Entwicklung der atopischen Dermati-tis ist die Pathologie der Keratinozyten. In Proben aus den Ekzemen atopischer Patienten wird histologisch charakteristischerweise eine intraepidermlale Spalt- und Blasenbildung (Akantholyse) beobachtet (Trautmann et al., 2001a). Diese Akantholyse geht auf einen Verlust der Adhäsion zwischen den Keratinozyten zurück, der zu einem Flüssigkeitseinfluss aus der Dermis in die Epidermis führt.

Außerdem induziert das von den aktivierten T-Zellen sezernierte IFNγ den FAS-Rezeptor auf den Keratinozyten. Dadurch können FAS-Liganden auf epiderma-len T-Zelepiderma-len oder freie FAS-Liganden, die von T-Zelepiderma-len produziert wurden, A-poptose induzieren. Diese Keratinozyten-AA-poptose, begründet in einer Hautin-filtration durch aktivierte T-Zellen, stellt gemäß der Ansicht einiger Autoren ein Schlüsselereignis in der Pathogenese der atopischen Dermatitis dar (Traut-mann et al., 2000).

Daneben existieren aber noch zwei weitere Dysregulationen in der Apoptose von immunregulatorischen Zellen, die in der Pathologie der atopischen Dermati-tis wichtig sind. Einmal wird die Apoptose der Eosinophilen in der Haut durch erhöhte IL-3, IL-5 und GM-CSF Spiegel verzögert (Akdis et al., 1999, Wedi et

Einleitung Kapitel 1 al., 1998). Als zweites werden epidermale, aktivierte T-Zellen, die sowohl den FAS-Rezeptor als auch dessen Liganden exprimieren, von dem Untergang durch Apoptose geschützt, im Gegensatz zu vergleichbaren T-Zellen im peri-pheren Blut. Der Schutz vor der Apoptose wird durch die Zytokine IL-2, IL-4 und IL-15 und extrazelluläre Matrixkomponenten, wie Fibronektin und Transferrin aufgebaut (Akdis et al., 2000).

Im Zusammenhang mit dem Schutz vor der Apoptose und der atopischen Der-matitis muss also differenziert werden zwischen dem Schutz bei Keratinozyten, was eine positiven Einfluss auf die Krankheit bedeuten würde, und dem Schutz bei infiltrierenden Entzündungszellen, wie z.B. den eosinophilen Granulozyten, was ein negativen Einfluss darstellt. Ob bei Veränderungen im Apoptoseverhal-ten auch HSP eine Rolle spielen, ist bisher wenig erforscht worden. So könnApoptoseverhal-ten HSP als mögliche Schutzproteine vor Apoptose (siehe oben) die atopische Dermatitis sowohl positiv als auch negativ beeinflussen. Dies ist in diesem Zu-sammenhang beispielsweise schon für Dexamethason gezeigt worden, dass direkt die Fas-vermittelte Apoptose der Keratinozyten verhindert (Trautmann et al., 2001b).

Wie genau der Einfluss von HSP auf die Apoptose der Keratinozyten auf zellu-lärer Ebene aussehen könnte, ist unklar. Einmal existieren die oben zusam-mengefassten Beobachtungen, dass HSP70/HSP27 direkt vor Apoptose schüt-zen können. Auf der anderen Seite könnte auch die oben beschriebene Indukti-on der IL-12-ProduktiIndukti-on vIndukti-on MIndukti-onozyten durch HSP70 einen Effekt auf die Kera-tinozytenlebensspanne haben. Schwarz et al. (2002) stellten nämlich fest, dass IL-12 (die durch UV-Bestrahlung ausgelöste) Apoptose bei Keratinozyten unter-drückt. Also könnten HSP auch auf diesem indirekten Wege die Lebenszeit von Hautzellen verlängern.

Dass HSP einen positiven Einfluss auf verschiedene Hauterkrankungen besit-zen, postulierte Polla schon 1990. Dabei war lange unklar, ob HSP überhaupt extrazellulär in der Haut vorkommen, um eine Wirkung entfalten zu können.

Inzwischen verdichten sich die Hinweise, dass beispielsweise HSP70 durchaus extrazellulär in der Haut vorkommt, was in Beispielversuchen von Wittmann et al. (unpubliziert) bestätigt wurde:

Einleitung Kapitel 1 HSP70 (ng/ml) Hautprobe 1 Hautprobe 2 Hautprobe 3

Epidermis 7,7 4,8 2,5

Dermis <0,7 <0,7 0,9

Tabelle 1: HSP70 extrazellulär in Hautproben

Die Beobachtung, dass nekrotische Zellen HSP freisetzen (Basu et al., 2000), lässt die Schlussfolgerung zu, dass in Entzündungsprozessen in der Haut durch eine Nekrose untergegangene Zellen dies auch tun.