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6 Wie lesbische Paare ihre Eingetragene Lebenspartnerschaft feiern

6.1 Beschreibung der Hochzeitsfeiern

6.1.3 Hannah und Juli

Hannah und Juli sind zum Zeitpunkt ihrer Verpartnerung seit fünfzehn Monaten ein Paar. Die standesamtliche Verpartnerung von Hannah und Juli findet an einem Samstagmittag statt. Außerdem haben sich die beiden für eine zweite, frei gestaltete Trauungszeremonie am Abend entschieden, weil sie die standesamtliche Verpartnerung als überwiegend formalen Akt ansehen und sich eine persönliche, romantische Zeremonie wünschten, aber keine kirchliche Bindung haben. Am Vorabend der Hochzeitsfeier geht das Paar mit den bis dahin angereisten Gästen zum Abendessen in

ein Restaurant. Bei dieser Gelegenheit treffen sich ihre Familien (Julis Eltern und ihr Bruder sowie Hannahs Bruder mit seinen Kindern) und die Trauzeuginnen zum ersten Mal und lernen sich kennen. Hannah und Juli haben jede eine Trauzeugin. Julis Trauzeugin war an den gesamten Vorbereitungen der Hochzeitsfeier beteiligt und hat bspw. mit beiden getrennt ihre Kleidung für die Trauungszeremonie ausgewählt.

Am Samstagmorgen fahren Hannah und Juli zum Restaurant, in dem die Feier stattfinden wird und dekorieren den Raum. Später werden sie zuhause von einer befreundeten Friseurin geschminkt und frisiert und sie ziehen sich für das Standesamt um. Hannah bekommt von Juli einen Blumenstrauß.

Zum Standesamt werden Hannah und Juli in ihrem eigenen Auto, das mit einem Blumengesteck dekoriert ist, von einer Freundin gefahren. Einige Gäste sind schon da, andere treffen nach ihnen ein; insgesamt sind ungefähr dreißig Personen bei der standesamtlichen Verpartnerung dabei. Die Standesbeamtin, die schon mehrere gleichgeschlechtliche Paare verpartnert hat, hält eine Rede. Hannah und Juli unterschreiben die Papiere. Hinterher stoßen sie mit ihren Gästen mit Sekt an. Beim Verlassen des Standesamtes werden sie mit Reis beworfen. Außerdem haben zwei Freundinnen weiße Tauben mitgebracht, die sie dann fliegen lassen. Eine Fotografin, die Juli und Hannah für diesen Tag engagiert haben, macht Fotos von ihnen und ihren Gästen. Anschließend fahren alle zum Restaurant. Dort gibt es ein Kaffeetrinken;

Hannahs Bruder spielt Gitarre, die Gäste kommen miteinander ins Gespräch und lernen sich kennen.

Am späteren Nachmittag treffen die restlichen Gäste aus der näheren Umgebung ein.

Insgesamt hatten Hannah und Juli fünfundsechzig Verwandte, FreundInnen und Bekannte vier Monate vor der Verpartnerung schriftlich eingeladen. Sie haben großen Wert darauf gelegt, dass alle Gäste bei der Trauungszeremonie am Nachmittag dabei sind.

Später ziehen sich Juli und Hannah zurück, um getrennt voneinander ihre Kleidung für die anschließende Trauungszeremonie anzuziehen. Hannah trägt für die Trauungszeremonie ein klassisches weißes Brautkleid und eine Hochsteckfrisur mit weißen Blüten. Juli trägt einen weißen Brautanzug und einen weißen Hut und – für sie

Juli wartet mit ihrem Vater. Als die Musik zu spielen beginnt, läuft Juli mit ihrem Vater entlang des Mittelganges nach vorn, ihr Vater setzt sich auf seinen Stuhl, Juli dreht sich um und sieht zum ersten Mal Hannah in ihrem Hochzeitskleid. Hannah läuft zusammen mit ihrem Bruder zu Juli und beide setzen sich auf ihre Stühle. Die Rednerin beginnt mit ihrer Rede, in der sie die Kennenlerngeschichte des Paares erzählt und auch allgemein über Liebe spricht. Dann folgen die Eheversprechen, die Hannah und Juli selbst formuliert haben. Diese werden von der Rednerin vorgelesen und die jeweils andere wird von ihr gefragt, ob sie dieses Versprechen annimmt – beide bejahen dies.

Außerdem werden die Trauzeuginnen gefragt, ob sie Hannah und Juli in ihrer Partnerschaft begleiten und unterstützen wollen – auch sie bejahen. Hannah und Juli stecken sich gegenseitig Ringe an. Eine Trauzeugin überreicht dem Paar anschließend eine brennende Kerze, die sie immer zur Erinnerung an den Tag ihrer Verpartnerung anzünden sollen, wenn sie mit Schwierigkeiten in ihrer Beziehung zu kämpfen haben.

Juli und Hannah pusten die Kerze gemeinsam aus. Die Trauzeuginnen und die Rednerin gratulieren dem Paar als erstes. Dann laufen die beiden durch ein Spalier, das von allen Gästen gebildet wird. Dabei wird der Hochzeitssong von Rosenstolz mit Hella von Sinnen gespielt. Anschließend gratulieren alle Gäste und überreichen ihre Geschenke.

Das Paar hat sich Geld für die Hochzeitsreise gewünscht, die für das kommende Jahr geplant ist.

Juli und Hannah haben für jeden Tisch festgelegt, wer dort sitzen soll und auf den Tischen Steine verteilt, die mit den Namen der jeweiligen Gäste beschriftet sind. Eine genaue Festlegung, wer auf welchem Platz sitzen soll, gibt es nicht.

Das Abendessen beginnt mit einer Suppe, die an den Tischen serviert wird. Allerdings beginnt niemand zu essen, da alle eine Rede erwarten. Schließlich klopft Julis Mutter an ihr Glas und Hannah hält eine kurze Rede, in der sie auch die Gäste tischweise vorstellt.

Anschließend essen alle die Suppe und danach wird das Büffet eröffnet.

Juli und Hannah ziehen sich während des Essens für eine Stunde mit der Fotografin zurück und lassen sich fotografieren. Nachdem sie zurückgekommen sind, eröffnen sie den nächsten Teil der Feier mit einem Wiener Walzer. Sie haben dafür einen Hochzeitstanzkurs besucht und bis zum Vorabend geübt. Juli, die kleiner ist als Hannah, führt beim Tanzen. Die Gäste applaudieren ihnen und dann beginnen mehrere Paare zu tanzen, Hannah tanzt mit Julis Vater. Für die Musik ist ein DJ zuständig, mit dem Hannah und Juli im Vorfeld ihre Wünsche abgesprochen haben und der auch auf Musikwünsche der Gäste eingeht. Der DJ moderiert auch das Brautstraußwerfen an, zu

dem er erst alle unverheirateten Frauen auf die Tanzfläche bittet. Da dies aber relativ wenige sind, entscheiden Hannah und Juli spontan, auch die unverheirateten Männer einzubeziehen. Der Brautstrauß wird von Hannah geworfen und von einem Kollegen von Juli gefangen.

Freundinnen von Juli und Hannah haben verschiedene Hochzeitsspiele vorbereitet: bei einem wird Juli von drei als Polizistinnen verkleideten Freundinnen „verhaftet“ und Juli muss sie durch einen erotischen Tanz „auslösen“. Bei einem anderen Spiel halten Freundinnen mit bestimmten Eigenschaften beschriftete Schilder so hoch, dass Hannah und Juli sie nicht sehen. Von den Gästen müssen dann alle aufstehen, auf die diese Eigenschaft zutrifft. Hannah und Juli müssen zusammen erraten, welche Eigenschaft diese Personen gemeinsam haben. Für jede richtige Antwort erhalten sie fünf Euro.

Gegen Mitternacht wird die zweistöckige Hochzeitstorte hereingetragen, Hannah und Juli schneiden sie gemeinsam an und verteilen die Stücke an ihre Gäste. Die Feier endet gegen vier Uhr am Morgen, Hannah und Juli fahren mit einem Taxi nach Hause. Dort haben Freundinnen ihr Schlafzimmer mit Rosenblüten, Luftballons und Marzipanherzen dekoriert.

Am nächsten Morgen treffen sich Hannah und Juli mit den Gästen, die übernachtet haben, im Restaurant zu einem gemeinsamen Frühstück, bei dem ihnen die Gäste ein positives Feedback zu ihrer Hochzeitsfeier geben.