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III. Zusammenhang zwischen der psychischen Befindlichkeit der Veterinärmediziner und dem Konsum von psychotropen Substanzen

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Beispiel ein „Stressprotokoll“ schaffen, in dem schriftlich die typischen Stress-Situationen festgehalten werden. Ein Ziel zur Verbesserung der Bewältigungskompetenz ist also die Verbesserung der Selbstbeobachtung.

Einüben von Techniken des Zeit- und Störungsmanagements bei der Arbeit: Anhand der vorliegenden Ergebnisse wurde deutlich, dass Tierärzte durch eine hohe Anzahl an Arbeitsstunden pro Woche, durch Zeitdruck bei der Arbeit, durch häufige Überstunden und durch Bereitschafts- und Wochenenddienste besonders belastet sind. Konzepten zur Verbesserung des Zeitmanagements bei der Arbeit kommt also eine besondere Bedeutung zu. Im Zentrum solcher Konzepte steht die Vermittlung von neuen Arbeitszeitmodellen, eine Verbesserung des Terminmanagements und die Entwicklung von Planungshilfen für einen effektiveren Zeitablauf.

• Bewertung von Leistungsmotivation und Einstellungen zur Arbeit:

Tierärzte, vor allem als Inhaber eines eigenen Betriebes, sind häufig zur Mehrarbeit bereit und setzten sich damit zusätzlichen Belastungen aus (vgl. Trimpop et al., 2000).

Veterinärmediziner zeigen demzufolge häufig eine übersteigerte berufliche Verausgabungsbereitschaft. Diese gilt es durch mentale Distanzierungstechniken, wie z. B. durch eine klare und konkrete Formulierung von beruflichen Zielen, auf ein normales Maß zu reduzieren.

• Stärkung der Kompetenzen zur Selbstbehauptung/ Umgang mit Ärger

Durch die vorliegende Untersuchung wurde festgestellt, dass Tierärzte besonders durch den Umgang mit schwierigen Kunden belastet sind. Ein Kommunikationstraining und Konfliktbewältigungstraining, z. B. in Form von Rollenspielen, könnte zur Steigerung der Kompetenz im Umgang mit Ärger eingesetzt werden.

• Mitarbeiterführung und soziales Verhalten fördern

Mangelnde oder fehlgeschlagene Kommunikation, z. B. im Umgang mit Kollegen, Mitarbeitern oder Kunden, ist für viele Belastungen im Arbeitsalltag verantwortlich.

Durch ein Kommunikationstraining kann eine Reduktion von Stressoren und Belastungen erreicht werden. Zum Beispiel können durch regelmäßige Teambesprechungen in der Tierarztpraxis Spannungen abgebaut werden. Außerdem führen solche Gespräche zur Vereinfachung von Arbeitsdelegation, die wiederum hilfreich ist, um Belastungen und Stress abzubauen.

Des Weiteren wurde anhand der vorliegenden Ergebnisse deutlich, dass Tierärzte in einem abhängigen Arbeitsverhältnis und beruflich selbständige Tierärzte verschiedenen Belastungen ausgesetzt sind. Aufgrund dessen sollten Interventionsansätze zur Stressprävention auf die jeweilige berufliche Stellung zugeschnitten sein. Nach Siegrist und Knesebeck (2004, S. 125) lassen sich solche Ansätze zur Prävention von Stress im

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Allgemeinen auf drei Ebenen durchführen: auf der personalen Ebene, auf der interpersonalen Ebene und auf der strukturellen Ebene.

Demzufolge werden bei Programmen auf der personalen und interpersonellen Ebene hauptsächlich verhaltenspräventive Maßnahmen eingesetzt, d.h. dass durch Informationsvermittlung, Aufklärung und Motivation Verhaltensweisen erlernt werden, die eine Stressbelastung mindern oder gar nicht entstehen lassen. Diese Programme sind daher eher für beruflich selbständige Tierärzte geeignet, da diese ihren Arbeitsalltag selbst bestimmen und die neu erlernten Verhaltensweisen gut umsetzen können. Hierbei steht auf der personalen Ebene das einzelne Individuum im Mittelpunkt. Ein Beispiel für Prävention auf der personalen Ebene ist das so genannte „Coaching“. Durch Begleitung der Einzelperson im Arbeitsalltag werden Faktoren aufgedeckt, die Stress hervorrufen.

Anschließend werden diese Stressoren anhand der oben beschriebenen Bewältigungsstrategien abgebaut.

Auf der interpersonellen Ebene werden Gruppen angesprochen, die entweder bereits bestehen (z. B. Arbeitsteam) oder die neu zusammengesetzt (z. B. Übungsgruppen, Seminarteilnehmer) werden. Neben den genannten Strategien werden zusätzlich gruppendynamische Prozesse zur Verstärkung der Maßnahmen genutzt. Beispiele für Prävention auf der interpersonellen Ebene sind unter anderem Gesundheitsangebote und Seminare.

Programme auf der strukturellen Ebene sind eher für Tierärzte in einem abhängigen Arbeitsverhältnis geeignet, da deren Arbeit in erheblichem Maße von den Rahmenbedingungen ihres Arbeitsplatzes bestimmt wird. Solche Programme setzten zusätzlich verhältnispräventive Maßnahmen ein, d.h. die Gestaltung eines gesundheitsförderlichen Arbeitsplatzes steht im Mittelpunkt. So werden spezifische Maßnahmen der Organisations- und Personalentwicklung eingesetzt. Das bedeutet, dass zur Vermeidung von Stress und Belastung Arbeitsaufgaben in dem Maße umgestaltet werden, dass diese eine gewisse Anforderungsvielfalt, Erweiterung der Zuständigkeit und Vollständigkeit erhalten (d. h. eigenständiges Setzen von Zielen, selbstständiges Planung und Durchführung der Arbeitsaufgaben, direkte Ergebnisrückmeldung). Damit wird bei den Beschäftigten durch einen höheren Handlungserfolg die Selbstbestätigung der eigenen Person bekräftigt, was zu Wohlbefinden und Gesundheit beiträgt.

9.2 Akteure

Abschließend werden im Folgenden Akteure vorgestellt, exemplarisch werden hier die BGW und die BTK genannt, die im Hinblick auf die Implementierung von gesundheitsfördernden und präventiven Programmen einen guten Zugang zu der

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Zielgruppe der Veterinärmediziner aufweisen. Allerdings sei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass Prävention und Gesundheitsförderung eine gesamtpolitische und gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist.

Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege

Die BGW ist die gesetzliche Unfallversicherung für nichtstaatliche Einrichtungen im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege. Zu den Aufgaben der BGW gehört zum einen die Verhütung, Rehabilitation und Entschädigung bei Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und bei arbeitsgedingten Gesundheitsgefahren. Im besonderem Maße übernimmt die BGW jedoch auch Aufgaben der Gesundheitsförderung und Prävention (vgl. Kalveram et al., 2003). Die Berufsgenossenschaften verfolgen dabei einen ganzheitlichen Ansatz, der sicherheitstechnische, arbeitsmedizinische und organisatorische Maßnahmen einschließt. Hierfür werden Dienstleistungen wie Beratung und Überwachung, Aus- und Fortbildung, praxisbezogene Informationen und verschiedene Medien eingesetzt. (vgl. Seidel, 2004, S. 233). Hinsichtlich der Zielgruppe der Tierärzte initiierte die BGW 1997 erfolgreich den Beratungsansatz „Coaching für Tierarztpraxen“, bei dem vor allem verkehrssicherheitsgefährdene Faktoren aufgedeckt und reduziert wurden (vgl. Kalveram et al., 2003). Ähnliche Ansätze in Form eines weiteren Coaching-Angebots, Gesundheitsseminaren, Ratgebern oder ähnlichen Angeboten wären zur Reduktion von Stressbelastungen ebenfalls geeignet.

Die Bundestierärztekammer

Die BTK ist der Dachverband aller Tierärztekammern, die aufgrund von Landesgesetzen in den einzelnen Bundesländern gebildet werden. Da für alle Tierärztinnen und Tierärzte eine Pflichtmitgliedschaft in den Tierärztekammern besteht, ist die BTK als deren Dachverband die bundesweite Vertretung der Angehörigen aller tierärztlichen Berufsfelder. Zu den satzungsgemäßen Aufgaben der BTK gehört unter anderem die Wahrung von Berufs- und Standesinteressen der Veterinärmediziner (vgl.

Bundestierärztekammer (a), 2006). Damit sollte Gesundheitsförderung und Prävention in der BTK zum Thema werden. Als Dachverband stehen der BTK viele Möglichkeiten offen.

So könnten diesbezüglich Fachausschüsse oder Netzwerke gebildet werden. Des Weiteren könnten in Zusammenarbeit mit der Akademie für tierärztliche Fortbildung, als mitgliedschaftlich organisierte Vereinigung Teil der BTK, Seminare und Veranstaltungen zum Thema Gesundheitsförderung angeboten werden.

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9.3 Zusammenfassung

Anhand der Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung lässt sich ableiten, dass vor allem Strategien zur Prävention von Stress bei Veterinären indiziert sind und dass solche Aktivitäten zur Gesundheitsförderung für Veterinärmediziner durch verschiedene Akteure, exemplarisch wurden hier die BGW und die BTK genannt, umgesetzt werden können. Die Gesundheitswissenschaften bieten eine Vielzahl an Konzepten und Strategien zur Gesundheitsförderung an, die in der vorliegenden Untersuchung jedoch nicht erschöpfend diskutiert werden können. Weiterhin ist festzustellen, dass der Grundlagenforschung zur Entwicklung von adäquaten Lösungsansätzen eine besondere Bedeutung zukommt.

Generell wäre es daher wünschenswert, weitere Forschungsprozesse zum Thema Stress und deren Auswirkung auf die Gesundheit bzw. auf das Gesundheitsverhalten bei Veterinärmedizinern anzustoßen.

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