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5.3 Prädiktion der Mortalität und des RRT-Bedarfs

5.3.2 Hämodynamik-Parameter

Die beste Vorhersage der ICU-Mortalität durch Hämodynamik-Parameter ermöglichen in dieser Studie der SVRI und der ZVD. Dabei gehen erniedrigte Werte des SVRI mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko einher. Insgesamt liegen bisher nur wenige Daten für den prognostischen Wert des mittels Thermodilution bestimmten SVRI vor. Als häufigste Ursachen für einen erniedrigten SVR wurden die Sepsis und der septische Schock beschrieben. Aber auch im Rahmen primär nicht septischer Erkrankungen wie der Akuten

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Pankreatitis und der dekompensierten Leberzirrhose wird ein erniedrigter SVR beobachtet (Melo & Peters, 1999) – Erkrankungen, die im untersuchten Patientengut häufig waren.

Es liegen Daten vor, dass ein im Rahmen der Sepsis anhaltend deutlich reduzierter SVRI mit einem negativen Outcome assoziiert ist (Deep, Goonasekera, Wang, & Brierley, 2013). Auch für die akute Pankreatitis ist dies beschrieben (Cobo, Abraham, Bland, & Shoemaker, 1984).

Bei Patienten mit Leberzirrhose ist ein hoher SVRI ein Indikator für eine „Volumen-Reagibilität“ und somit ein positiver Prädiktor (Umgelter et al., 2008).

Bei insgesamt 56,7 % der durchgeführten Messungen erfolgte zum Messzeitpunkt die Applikation von Vasopressoren. Es erscheint logisch, dass ein trotz laufender kreislaufunterstützender Therapie mit Vasopressoren bestehender erniedrigter SVRI als Surrogatmarker einer insuffizient ansteigenden Nachlast einen ungünstigen prognostischen Faktor darstellt. Weiterhin ist zu vermuten, dass bei Patienten mit anhaltend niedrigem SVRI hohe Katecholamindosen zur Anhebung in den Zielbereich eingesetzt wurden. Dies stellt – meist als Anzeichen eines therapierefraktär unzureichenden HZV – ebenfalls einen negativen prognostischen Faktor dar (Kastrup et al., 2013). Zudem geht ein deutlich erniedrigter SVRI als Zeichen der Kreislaufinsuffizienz mit hohem Bedarf an Vasopressoren auch mit einer reduzierten renalen Perfusion einher, etwa beim septischen Schock (Fukuoka et al., 1989).

Dies ist sicherlich einer der Gründe dafür, dass der SVRI in der vorliegenden Studie auch in der Prognose der RRT gut abschneidet.

Auch die arteriell gemessenen Parameter ADdia und MAP sind signifikant prädiktiv für die ICU-Mortalität. Wie beim ebenfalls als Parameter der Vorlast einzuordnenden SVRI sind hierbei niedrige Werte mit einem negativen Outcome assoziiert. Auch hier gilt, dass ein unzureichender Anstieg des Blutdrucks trotz intensivmedizinischer Therapie auf ein schweres Krankheitsgeschehen mit schlechter Prognose hindeutet. Dies spiegelt sich auch in der Wertung des MAP in den Risikostratifizierungs-Scores SOFA und APAPCHE II wider (Knaus et al., 1985; Vincent et al., 1998). Interessanterweise sind sie in diesem Studienkollektiv dem SVRI bei der Vorhersage der ICU-Mortalität allerdings unterlegen. Zudem unterscheiden sie sich im Gegensatz zum SVRI nicht signifikant zwischen Patienten mit RRT im Verlauf und solchen ohne RRT.

Scheinbar widersprüchlich zu den zuvor beschriebenen Vorlastparametern, sagt ein hoher Wert des ZVD signifikant ein erhöhtes Risiko für ICU-Mortalität und RRT-Bedarf voraus.

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Vermutlich ist dies letztendlich durch eine „Verfälschung“ des ZVD als Surrogatmarker der Vorlast durch verschiedene Störgrößen, vor allem andere Drücke, bedingt. So können etwa eine Erhöhung des intraabdominalen Drucks, mechanische Überdruckbeatmung und Pleura-Ergüsse zu einer Erhöhung des intrathorakalen Drucks und somit zu einer Erhöhung des ZVD führen. Dadurch kommt es zu einer Überschätzung der eigentlichen Zielgröße Vorlast als transmurale Druckdifferenz zwischen Innen- und Außenseite der Vena cava superior.

Insbesondere bei den im Studienkollektiv und im Patientengut der internistischen Intensivstation häufigen Erkrankungen Sepsis, Pankreatitis und Leberzirrhose liegen diese Störgrößen häufig vor (Wolfgang Huber & Rockmann, 2008). Die gute Performance des ZVD als Prädiktor eines schlechten Outcomes ergibt sich hier also vor allem daraus, dass er mit einer negativen Prognose assoziierte Störgrößen wie hohe Beatmungsdrücke und hohen intraabdominalen Druck beispielsweise durch Aszites erfasst (W. Huber et al., 2008; Moore &

Van Thiel, 2013). Will man einen verlässlichen Surrogatmarker der Vorlast als Prognosekriterium heranziehen, erscheint somit der GEDVI die besser Wahl – trotz des rein statistisch in der ROC-Analyse minimal besseren Abschneidens des ZVD.

Als weitere Thermodilutions-Parameter wurden der EVLWI und PVPI als Parameter der pulmonalen Hämodynamik untersucht. Während der EVLWI keine signifikante Vorhersage von ICU-Mortalität und RRT ermöglicht, gelingt mit dem aus EVLW und PBV berechnete PVPI in beiden Fällen in der ROC-Analyse eine signifikante Prognose.

In der bestehenden Literatur sind EVLW und EVLWI im Gegensatz zum PVPI als unabhängige Prädiktoren der Mortalität bei Septischem Schock beschrieben (Mallat et al., 2012). Für das Krankheitsbild des ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome) liegen Daten vor, die sowohl den EVLWI als auch den PVPI als unabhängige Mortalitätsprädiktoren beschreiben (Jozwiak et al., 2013). Interessanterweise ist der PVPI in dieser Studie auch signifikant prädiktiv für den Bedarf der RRT. In der Vergangenheit wurden im Rahmen des Nierenversagens auftretende Lungenödeme vor allem auf die Volumenüberladung durch die einbrechende Diurese zurückgeführt. In der jüngeren Forschung mehren sich die Hinweise, dass es beim inzwischen als systemische Erkrankung begriffenen Nierenversagen durch verschiedene proinflammatorische Prozesse und Auslösung von Apoptose-Kaskaden zu Veränderungen der endothelialen Integrität auch in der Lunge kommt (Basu & Wheeler, 2011;

de Abreu et al., 2013; Hoke et al., 2007). Diese Veränderungen in der Permeabilität der

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pulmonalen Gefäße werden möglicherweise durch erhöhte Werte des PVPI erfasst (Monnet et al., 2007).

Zur weiteren Beurteilung, inwieweit bei bestimmten Patientenkollektiven der theoretisch zur Unterscheidung zwischen hydrostatisch und durch vaskuläre Permeabilitätsstörung bedingtem Lungenödem beitragende PVPI dem EVLWI als prognostischer Faktor überlegen ist, sind noch weitere Studien abzuwarten (Monnet et al., 2007). Dies gilt ebenso für Untersuchungen, inwieweit Zusammenhänge zwischen PVPI und ANV bestehen.