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2. Literaturübersicht

2.1. Anatomische und Physiologische Grundlagen

2.2.1 Grundlagen ventrikulärer Arrhythmien

Jedes Jahr sterben circa 300‘000 Amerikaner am plötzlichen Herztod, der durch ventrikuläre Tachyarrhythmien verursacht wird. Viele Betroffene haben im Vorfeld kardiale Grunderkrankungen, aber es sterben auch immer wieder Personen ohne vorhergehende Symptomatik [1]. Da es bisher nicht möglich ist diese Arrhythmien vorherzusagen und vorzubeugen, laufen viele experimentelle Untersuchungen zur Aufklärung von Faktoren und Grundlagen, die zu diesen Herzrhythmusstörungen führen.

Der plötzliche Herztod aufgrund von Herzrhythmusstörungen betrifft jedoch nicht nur die Humanmedizin, sondern ist auch in der Veterinärmedizin von großem Interesse [56,57]. Insbesondere trifft dies auf die dilatative Kardiomyopathie zu, in deren Folge es immer wieder zu tödlichen Arrhythmien kommen kann.

Störungen der Repolarisation als Grundlage für Herzrhythmus-störungen

Die Repolarisationsphase stellt die vulnerable Phase des Aktionspotentials dar. So können schon geringe Veränderungen der Ionenvorgänge zu großen Potentialschwankungen führen, die nach Beendigung der absoluten Refraktärzeit zu neuen Erregungen führen können [20]. Eine Blockierung der für die Repolarisation erforderlichen Kaliumkanäle IKr und IKs (loss of function), beziehungsweise ein fehlendes Schließen der Natriumkanäle INa (gain of function) [13] führt zur Verlängerung der Repolarisation und somit zu einer Verlängerung des Aktionspotentiales und der QT-Zeit im EKG [29].

Da IKr und IKs in der Ventrikelmuskulatur inhomogen verteilt sind [58], kommt es bei Blockaden dieser Kanäle eventuell zu einer Dispersion der Repolarisation in der Ventrikelwand. So ist beispielsweise IKs midmyokardial weniger häufig vertreten als epi- und endokardial, wohingegen IKr in den bisherigen Studien gleichmäßiger verteilt ist; dies führt dazu dass sogenannte M-Zellen besonders anfällig für APD- Verlängerungen sind [59]. Dieses kann die Entstehung von ventrikulären Arrhythmien fördern, indem ein Reentry der Erregung möglich wird. Wenn beispielsweise die Erregung unidirektional auf nicht erregbares Gebiet trifft, kann die Erregung andere Wege nehmen, da Bereiche daneben beziehungsweise dahinter schon wieder erregbar sein können aufgrund unterschiedlicher Repolarisationszeiten [13]. Das Intervall vom Scheitelpunkt der T-Welle bis zu deren Ende kann als Maß für die Dispersion der Repolarisation im EKG verwendet werden [60].

Normalerweise wird diese Gefahr noch durch die sogenannte Repolarisationsreserve gesenkt, indem die nötigen Ionenkanäle im Überfluss exprimiert werden, beziehungsweise bei der Blockade eines essentiellen Ionenkanales wie beispielsweise IKr eine vermehrte Expression von Ersatzkanälen [61] stattfindet.

Bestehen jedoch weitere Faktoren wie beispielsweise Hypokaliämie [62,63], Bradykardie [64] und das weibliche Geschlecht [28], die zu einer Verlängerung der QT-Zeit und zu einer Verringerung der Repolarisationsreserve führen, so kann die Entstehung von Reentry-Mechanismen zusätzlich gefördert werden [29].

Allerdings führen nicht alle Medikamente, die eine Verlängerung der QT- Zeit bewirken, wie beispielsweise Amiodaron [65,66], zu schwerwiegenden Arrhythmien.

Erst wenn zusätzlich eine Dispersion der Repolarisation durch eine unterschiedliche Verteilung der blockierten Kanäle und eine Verringerung der Repolarisationsreserve stattfindet, kann dies als prädiktiver Faktor für lebensbedrohliche Herzrhythmus-störungen gewertet werden [67].

Schließlich führt eine gleichmäßige Verlängerung der Repolarisation und damit der absoluten Refraktärzeit über das gesamte Myokard zu einem Schutz vor abnormalen Erregungen, worin auch die Berechtigung für den jahrelangen Einsatz von Antiarrhythmika der Klasse ǀǀǀ begründet liegt.

Das lange QT- Syndrom

Als QT-Zeit bezeichnet man im EKG die Strecke zwischen dem Beginn des QRS- Komplexes und dem Ende der T-Welle. Am Besten eignet sich zum Ablesen der QT-Zeit die 2. Ableitung nach Einthoven [68]. Da die QT-QT-Zeit von der Herzfrequenz abhängig ist, wird sie frequenzkorrigiert und dann als QTc bezeichnet [69].

Eine QT-Zeit von mehr als 500ms ist beim Menschen als pathologisch anzusehen und ist häufig mit lebensbedrohlichen Arrhythmien verbunden [70].

Das lange QT-Syndrom (LQTS) kann sowohl hereditär als auch erworben sein. Beim angeborenen LQTS bestehen Genmutationen, die zu fehlerhaften Expressionen der Ionenkanäle führen, die für die Repolarisation während des Aktionspotentials nötig sind. So kommt es zur Verlängerung der Aktionspotentiale und in der Summe auch zur Verlängerung der QT-Zeit [71]. Aufgrund der bestehenden Dispersion der Re-polarisation durch die inhomogene Verteilung der Ionenkanäle im Herzen [58] kann es zu lebensgefährlichen Arrhythmien vom Torsade de Pointes-Typ kommen, ins-besondere bei bestehenden Risikofaktoren wie Hypokaliämie [62,63] oder medi-kamenteller Therapie mit Substanzen, die ebenfalls die QT-Zeit verlängern [72].

Es lassen sich mittlerweile 15 Syndrome vom autosomal-dominanten Romano-Ward Typ und zwei Syndrome vom selteneren, mit Innenohrschwerhörigkeit einher-gehenden Jervell and Lange-Nielsen Typ unterscheiden, die auf verschiedenen Mutationen beruhen [70]. Die Unterformen LQT1-3 sind jedoch am häufigsten [73].

Abbildung 4: Einteilung der kongenitalen QT Syndrome aus: Genetic and Clinical Advances in Congenital Long QT Syndrome [74]

Das LQT1 beruht auf einer Mutation im KCNQ1 Gen, welches für den Kaliumkanal Kv7.1 codiert, den einwärtsgerichteten Ionenstrom IKs bewirkt und häufig zu Arrhythmien während körperlicher Belastung oder emotionalem Stress führt. Die Rhythmusstörungen treten hier typischerweise während des Schwimmens auf [75].

Das LQT2 wird durch eine Mutation im KCNH2 (HERG) Gen, welches für den einwärtsgerichteten Gleichrichterstrom IKr codiert, ausgelöst und kann sowohl in Ruhe als auch unter Belastung und postpartal Synkopen hervorrufen [75].

Das LQT3 entsteht durch eine Mutation im SCN5A Gen [76] und führt im Gegensatz zu den LQT1 und LQT2 zu einer Verstärkung der Expression des Natriumkanales (gain of function) und somit zu einem verstärkten Natriumausstrom und so folglich zur Verlängerung der Repolarisation [71]. Synkopen treten bei diesem Typ vor allem in Ruhe und in der Nacht auf [75]. Die Häufigkeit von lebensgefährlichen Arrhythmien ist bei Frauen mit dem LQT1 und LQT2 deutlich häufiger als bei Männern mit den gleichen genetischen Defiziten, während beim LQT3 häufiger männliche Personen betroffen sind [70].

Das erworbene LQTS kann durch den Einsatz von Medikamenten, welche die Kaliumkanäle IKr und/ oder IKs blockieren, beziehungsweise die Aktivität von INa

steigern, hervorgerufen werden. Insbesondere IKr ist ein Kanal, der von vielen

Medikamenten aufgrund seiner Struktur mit aromatischen Aminosäuren und deren Seitenketten sowie zwei Prolinresiduen in der Helix blockiert wird [77]. So bewirken viele Antiarrhyhthmika der Klasse ǀa und ǀǀǀ, Antihistaminika und Antibiotika eine Verlängerung der QT-Zeit [72]. Eine Verlängerung der Repolarisation reicht jedoch nicht aus, um gefährliche Arrhythmien auszulösen. Dafür müssen zusätzliche Faktoren vorhanden sein, die eine Dispersion der Repolarisation [58] und eine Verringerung der Repolarisationsreserve [29] bewirken.

In dieser Arbeit wurde das LQT2 durch die Gabe von Sotalol, einem Antiarrhythmikum der Klasse ǀǀǀ, welches den Ionenstrom durch IKr blockiert [78] und Erythromycin, einem Makrolidantibiotikum, welches ebenfalls IKr hemmt, simuliert [79,80]. Die Gabe von Veratridine, einem Alkaloid, führt über die Hemmung der Inaktivierung von INa zur QT-Verlängerung und entspricht damit dem LQT3 [81].

Frühe Nachdepolarisationen (early afterdepolarizations, EADs)

Cranefield nutzte im Jahre 1977 erstmals den Begriff der early afterdepolarizations (EADs) für neue Depolarisationen während der Repolarisationsphase des Aktions-potentiales [82]. Abzugrenzen sind diese von den späten Nachdepolarisationen (delayed afterdepolarizations, DADs), die erst nach der vollständigen Repolarisation, also während der Phase 4 des Aktionspotentials stattfinden [83].

EADs führen häufig zu Arrhythmien vom Torsade de Pointes Typ im Zusammenhang mit dem erworbenen und kongenitalen QT Syndrom [13,84], insbesondere wenn weitere Faktoren wie Hypokaliämie [84], Hypomagnesämie [85] und Bradykardie [64]

bestehen, welche die Entwicklung von Herzrhythmusstörungen begünstigen.

Grundlage für das Entstehen von EADs sind oszillierende Potentialschwankungen während der Plateauphase bzw. der 3. Phase des Aktionspotentials [86] und eine Hemmung des Ausstromes von Kationen bzw. eine Förderung von positiven einwärtsgerichteten Ionenströmen, welche die positive Ladung im Zellinneren fördern und damit die APD verlängern [87].

Wenn unter diesen Voraussetzungen eine zusätzliche Reaktivierung von Kationenkanälen erfolgt, beispielsweise durch eine Reaktivierung von ICa-L [88,89]oder INa [20] bzw. durch die vermehrte Aktivität des Natrium-Kalzium-Austauschers (NCX) [90] und damit der Erhöhung des intrazellulären Kalziumgehaltes, kann es zur erneuten Depolarisation kommen, bevor die vorhergehende Erregung beendet war.

Abbildung 5: Repräsentatives Beispiel früher Nachdepolarisationen am isolierten Kaninchenherzen

Torsades de Pointes

Dessertenne definierte 1966 erstmals den Begriff Torsades de Pointes (TdP) [91] um die polymorphen ventrikulären Tachyarrhythmien zu beschreiben, bei denen die Kammerkomplexe um die isoelektrische Linie rotieren und eine typische Spitzenumkehr der QRS-Komplexe auftritt [92]. Damals wurden die beschriebenen Arrhythmien noch nicht mit einem verlängerten QT-Intervall in Verbindung gebracht.

Erst um 1970 wurde die Verlängerung der QT-Zeit durch verschiedene Medikationen als Ursache für das Auftreten von TdP als sicher angesehen [29].

Grundvoraussetzung für das Auftreten von TdP ist eine Dispersion der Repolarisation [58], eine Reduktion der Repolaristionsreserve [29] und das Auftreten von EADs als Auslöser [20]. Dabei reicht eine QT-Verlängerung durch Medikamente wie beispielsweise Antiarrhythmika der Klasse ǀa und ǀǀǀ, Antibiotika wie Erythromycin, beziehungsweise Antihistaminika wie Terfenadine oder Psychopharmaka [72] nicht aus, sondern es müssen weitere Faktoren vorhanden sein, die die repolarisierende Kanäle beeinträchtigen [85,93-95]. So wurde zum Beispiel bei einigen Afroamerikanern und einer kaukasischen Familie eine Mutation festgestellt, welche zu einer Veränderung der Aktivierung des Natriumkanales führt, womit es häufiger zu Arrhyhthmien bei diesen Personen im Zusammenhang mit einer Blockierung des IKr -Kanales kommt [29].

Viele Medikamente werden darüber hinaus über das Enzymsystem P450 verstoffwechselt. Kommt es zu einer Blockade oder kompetitiven Hemmung mit einem anderen Stoff um dieses System, steigt der Plasmaspiegel des Medikamentes im Blut und dies kann in vielen Fällen zu einem erhöhten Risiko für das Auftreten von TdP führen [96]. So steigt die Anzahl von TdPs unter der Anwendung von Sotalol mit steigenden Wirkstoffspiegeln [97,98]. Ebenso kann es zu einer Erhöhung der Plasmaspiegel bestimmter Stoffe kommen, wenn die Leber- bzw. Nierenfunktion beeinträchtigt ist [99].

Abbildung 6: Repräsentatives Beispiel einer Torsades de Pointes- Episode am isolierten Kaninchen-herzen

2.2.2 Vorhofflimmern

Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung beim Menschen und die Prävalenz steigt laut epidemiologischer Studien immer weiter an [3]. Die Ursache für die zunehmende Häufigkeit liegt wohl im demographischen Wandel der Gesellschaft, da das Auftreten von Vorhofflimmern mit zunehmendem Alter ansteigt [100]. Die Pathogenese ist noch immer nicht vollständig aufgeklärt, Risikofaktoren stellen jedoch Bluthochdruck, das männliche Geschlecht, Diabetes mellitus Typ 2, bestimmte

genetische Faktoren, Klappenerkrankungen des Herzens sowie andere chronische Herzerkrankungen und ein erhöhtes Lebensalter dar [101].

Abbildung 7: Repräsentatives Beispiel einer induzierten Vorhofflimmerepisode am isolierten Kaninchen-herzen

Entstehung von Vorhofflimmern

Vorhoffimmern ist eine sehr komplexe Herzrhythmusstörung und es sind diverse Mechanismen an der Entstehung beteiligt. Als grundlegender Mechanismus wird heute die Entstehung sogenannter Rotoren angesehen, indem eine Erregungswelle auf ein Hindernis, beispielsweise durch die Heterogenität oder Fibrose des Gewebes, trifft.

Dabei entstehen durch den Rotor neue Erregungswellen, die ebenfalls zur Entstehung neuer Rotoren führen können [102]. Bereits 1962 wurde von Gordon Moe die „multiple wavelet“ Hypothese aufgestellt, in der die Entstehung von Vorhofflimmern in Rotoren und vielen gleichzeitig auftretenden Wellen begründet liegt [103]. Diese Hypothese wurde 1977 von Allessie durch die „leading circle“ Theorie zunächst abgelöst, die im Gegensatz zu den Ergebnissen von Moe nicht auf Computersimulationen beruhte, sondern anhand von Experimenten am Kaninchenherzen aufgestellt wurde [104]. Ein wesentlicher Unterschied zwischen

beiden Hypothesen ist, dass bei der „leading circle“ Hypothese das Zentrum des Erregungsringes refraktär ist, da sich die Erregung zentripetal ausbreitet, während bei der Rotorhypothese von einem erregbaren Zentrum ausgegangen wird und damit die Rotoren nicht lokal fixiert sind, sondern beweglich [105]. Außerdem ist bei der Theorie von Rotoren die Kurvatur der Spirale von Bedeutung hinsichtlich der Geschwindigkeit der Erregungsausbreitung. So breiten sich die Wellen um so schneller aus, je konkaver die Struktur des Rotors ist, während die Gesamtgeschwindigkeit mit zunehmender Kurvatur abnimmt, sodass die Depolarisationswelle im Rotorenkern die umliegenden Zellen nicht mehr erregen kann [106]. Dadurch entsteht ein elektrisches Potential zwischen dem Kern und dem umliegenden Gewebe, welches zu einer APD Verkürzung der kernnahen Myozyten führt und damit zur Stabilisierung des Rotors [107].

Durch Allessie selbst wurde schließlich im Jahre 1985 der experimentelle Nachweis für die „ multiple wavelet“ Hypothese erbracht [108].

Die Entstehung eines Rotors kann experimentell beispielsweise durch das S1- S2 Protokoll erreicht werden [109]. Dabei wird kurz nach dem ersten Stimulus (S1) ein zweiter Stimulus (S2) gesetzt, dessen Erregungsfront senkrecht zu der von S2 gerichtet ist. Durch die teilweise blockierte Erregungsfortleitung von S2 am Kreuzungspunkt kommt es zur Ausbildung einer rotierenden Erregungsspirale [110].

Dieser Vorgang ist in Abbildung 9 veranschaulicht. Im ersten Bild ist die Erregungswelle von S1 links im Bild als weißer Streifen erkennbar. Die Erregungsfront von S2 befindet sich bei 185ms als weißer Balken am unteren Bildrand. Die Ausbildung des Rotors beginnt bei 260ms.

Rotoren wurden mittlerweile nicht nur in Tiermodellen dargestellt [111,112], sondern auch in menschlichem Gewebe als wichtiger pathogenetischer Faktor in der Entstehung von Vorhofflimmern und Kammerflimmern erkannt [113]. Es ist jedoch immer noch umstritten, ob ein einzelner Rotor wie in der „mother rotor“ Hypothese [112] ausreicht, um eine fibrillatorische Erregungsausbreitung hervorzurufen, oder ob mehrere Wellen wie in der „multiple wavelet“ Hypothese dafür notwendig sind [114].

Mittlerweile wird davon ausgegangen, dass beide Hypothesen ihre Berechtigung haben und an der Entwicklung von Vorhofflimmern beteiligt sind [102].

Abbildung 8: Schematische Darstellung der „Leading circle Hypothese“ nach Pandit und Jalife (2013) [105]

Abbildung 9: Schematische Darstellung der Entstehung von Rotoren (modifiziert aus [115])

Abbildung 10: Schematische Darstellung eines Rotors (modifiziert aus [105])

Beteiligte Ionenkanäle und therapeutische Ansätze

Die multifaktorielle Entstehung von anfallsartigem und chronischem Vorhofflimmern lässt auf eine unterschiedliche Bedeutung und Beteiligung vieler verschiedener Ionenkanäle schließen, welche noch nicht vollständig aufgeklärt sind.

Bereits nachgewiesen ist ein Anstieg von IK1 bei Patienten mit chronischem Vorhofflimmern, welches zu einer Hyperpolarisation und im Zusammenhang mit der gesteigerten Aktivität von INa zu einer Verkürzung der Aktionspotentialdauer führt [116,117,118]. Dieser Zusammenhang zwischen der Überexpression von IK1 und Vorhofflimmern wurde durch die Entwicklung von transgenen Mäusen mit einer verstärkten Expression von IK1, die in experimentellen Versuchen ein häufigeres und länger bestehendes Vorhofflimmern im Gegensatz zu Wildtyp- Mäusen zeigten, noch weiter belegt [119]. Die Blockade von IK1, beispielsweise mit Chloroquin führt zu einer Terminierung des Vorhofflimmerns [120]. Die Ergebnisse bezüglich des Klasse ǀ-Antiarrhythmikums Flecainid, welches INa hemmt, sind widersprüchlich. Laut Filgueiras-Rama et al. führt Flecainid in zwei von fünf Fällen zu einem Übergang des Vorhofflimmerns in eine Tachykardie der Vorhöfe und nicht zum Beenden des Vorhofflimmerns [120]. Jedoch wird in diesen Versuchen die atriale Fibrillation durch eine vermehrte Dehnung der Vorhöfe provoziert. In anderen Studien führt Flecainid zu einer deutlichen Hemmung des Vorhofflimmerns [121] und wird bei herzgesunden Patienten von der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie zur medikamentösen Therapie ausdrücklich empfohlen [122].

Dies zeigt, dass die Blockade verschiedener Ionenkanäle einen wesentlichen Aspekt der medikamentösen Therapie des Vorhofflimmerns darstellt.

Bisher werden überwiegend Natriumkanalblocker wie das auch hier verwendete Flecainid, Kaliumkanalblocker wie Sotalol und Substanzen, die gleichzeitig mehrere verschiedene Ionenkanäle hemmen, wie beispielsweise Amiodaron eingesetzt. Diese sind zwar effektiv hinsichtlich der Behandlung von Vorhofflimmern, wirken sich jedoch auch auf die ventrikuläre Repolarisation aus und können ventrikuläre Herzrhythmusstörungen begünstigen [123]. So sind Substanzen, welche Natrium-kanäle blockieren, im Falle von Koronarerkrankungen und strukturellen Herz-erkrankungen kontrainduziert, da sie die Erregungsleitung erheblich verlangsamen.

Kaliumkanalblocker verlängern die QT-Zeit und fördern so die Entwicklung von TdP und die multifokal wirkenden Substanzen sind assoziiert mit einer toxischen Wirkung an verschiedenen Organsystemen [124].

So gewinnen Substanzen, die spezifisch an atrialen Ionenkanälen wie beispielsweise IKur, IK-ACh oder If wirken, zunehmend an Bedeutung. Auch INa- Blocker, die überwiegend in den Atrien wirken, wie zum Beispiel Ranolazin, stehen im Mittelpunkt der antiarrhythmischen Forschung. So führt Ranolazin zu einer Verlängerung der Aktionspotentialdauer und zu einer Verlängerung der Post-Repolarisations-Refraktärität [125] und könnte somit als ein vorhofspezifisches Klasse ǀ

Anti-arrhythmikum bezeichnet werden. Ranolazin wirkt jedoch nicht nur auf INa, sondern blockiert auch IKr und führt so zu einer Verlängerung der APD90. Die Effektivität Vorhofflimmern zu stoppen, ist mit dieser zweiten Eigenschaft IKr zu blockieren gekoppelt, da alleinige INa Blocker wie Lidocain nicht effektiv wirken [124]. Ähnliche Eigenschaften ließen sich jedoch auch am ventrikulären Myokard nachweisen [126]. Die Gesamtmenge des Ionenstromes IK-ACh kann bei Patienten mit chronischem Vorhofflimmern sowohl erhöht [127] als auch erniedrigt [128] sein. Betrachtet man jedoch nur den IK-ACh, der nicht muskarinerg bzw. vagal aktiviert wird, ist dieser im Falle von chronischem Vorhofflimmern sowohl beim Menschen [129] als auch beim Hund [130] erhöht. Obwohl die selektive Blockade von IK-ACh experimentell zu einer APD-Verlängerung führt und Vorhofflimmern unterdrückt [131], sind derzeit keine selektiven IK-ACh Blocker klinisch verfügbar [124].

Die experimentellen Ergebnisse hinsichtlich IKur sind sehr unterschiedlich. So führt eine Reduktion von IKur an klinisch unauffälligen Vorhöfen lediglich zu einer Verkürzung der frühen Repolarisationsphase aber nicht der späten (APD70 und APD90). Im Gegensatz dazu führt eine Blockierung bei krankhaft veränderten Atrien zu einer Verlängerung der APD70 und APD90 [132]. Viele Medikamente die IKur blockieren wie beispielsweise das neue Antiarrhythmikum Vernakalant, bewirken jedoch eine Verlängerung der Refraktärzeit insbesondere der Post-Repolarisations-Refraktärität, sowohl bei gesunden als auch bei erkrankten Atrien. Die Ursache hierfür liegt darin, dass viele Substanzen wie Vernakalant nicht nur IKur, sondern auch INa und IKr im Vorhof hemmen [133]. Dabei ist die spezifisch atriale Wirkung der Blockierung von IKr

frequenzabhängig. Bei niedrigen Frequenzen besteht eine überwiegend ventrikuläre Wirkung, währenddessen bei höheren Frequenzen die Wirkung zunehmend selektiv die Vorhöfe betrifft [124]. Vernakalant wird auch hier verwendet, um dessen Wirkungsweise mit der von Antazolin vergleichen zu können.

Ein weiterer Ionenkanal, der im Fokus der antiarrhyhtmischen Vorhoftherapie steht, ist der sogenannte funny-channel If. Dieser nicht selektive Ioneneinstrom, der über-wiegend im Sinusknoten, im AV- Knoten und im Myokard der Pulmonalvenen vorkommt [134], spielt eine ebenfalls entscheidende Rolle in der Genese von Vorhofflimmern, welches häufig seinen Ursprung in den Pulmonalvenen hat [135], und mit einer erhöhten Aktivität des If in Verbindung steht [134]. Insbesondere im Falle von Herzinsuffizienz [136] und vermehrtem linksatrialen Füllungsdruck kommt es zu einem verstärkten Ionenstrom If [137] sowie unter starker sympathischer Aktivität über cAMP zur direkten Förderung von If [138].

In dieser Arbeit wird Ivabradin, ein selektiver If-Inhibitor, eingesetzt, um den hemmenden Effekt von Ivabradin auf Vorhofflimmern und dessen Wirkungsweise im Langendorff- perfundierten Kaninchenherzen darzustellen und mit der Wirkung von Antazolin zu vergleichen.

2.3 Antazolin

Abbildung 11: Strukturformel von Antazolin

Antazolin ist ein Antihistaminikum der ersten Generation mit chinidin-ähnlichen anti-arrhythmischen Eigenschaften [139-141] und einer zusätzlichen anticholinergischen Wirkung [142,143].

Dutta stellte erstmals 1948 im tierexperimentellen Modell die antiarrhythmischen Eigenschaften von Antazolin fest [143] und es folgten weitere experimentelle Nach-weise und Patientendaten, die eine Hemmung von verschiedenen Arrhythmieformen durch Antazolin bestätigten [144-147]. So unterdrückt Antazolin sowohl ventrikuläre als auch atriale Extrasystolen und Tachykardien, hemmt Arrhythmien aufgrund von Digitalisintoxikationen und verhindert Kammerflimmern während hypothermischer Phasen [148]. Zu erklären ist dies durch eine Verlängerung des Aktionspotentiales, einer Hemmung der Kontraktilität des Myokardes, einer Verringerung der Leitungs-geschwindigkeit im Atrium und durch eine Erhöhung der atrialen Refraktärzeit, wohin-gegen die atrioventrikuläre Überleitung verbessert wird [142,149].

Die überwiegend mehr als 40 Jahre alten Veröffentlichungen basieren dabei größtenteils auf Erfahrungsdaten und weniger auf fundierten wissenschaftlichen Studien.

Hinsichtlich der antiarrhythmischen Wirkung von Antazolin in Phasen von Vorhof-flimmern sind die bisherigen Ergebnisse widersprüchlich. So sprachen viele Ergeb-nisse klar gegen eine derartige Wirkungsweise [145], wohingegen andere diese These unterstützten [150-152].

In Polen wird Antazolin-hydrochlorid bereits seit vielen Jahren zur Behandlung von Vorhofflimmern eingesetzt [142,153]. Dabei stellt es insbesondere aufgrund seiner schnellen Wirkungsweise, der kurzen Halbwertszeit von drei Stunden [140,149] und den selten vorkommenden Nebenwirkungen wie Hypotonie, Benommenheit, Übelkeit und Erbrechen [145], ein geeignetes Medikament dar. Durch die zuletzt initiierte