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Große Unterschiede bei der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit

Im Dokument Kinderarbeit – Kinderrechte (Seite 40-43)

Von entscheidender Bedeutung für eine kinderrechtliche Bewertung der Arbeitsbedingungen von Kindern ist die Arbeitszeit.

Müssen Kinder viele Stunden am Tag arbeiten, werden sehr wahrscheinlich viele ihrer Rechte – und nicht nur das Recht auf Bildung – verletzt. Allerdings sind extrem lange Arbeitszeiten keinesfalls in allen Ländern mit verbreiteter Kinderarbeit die Regel.

In einigen Ländern müssen schon sehr junge Kinder extrem lang arbeiten. So liegt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in Äthiopien für achtjährige Jungen, die arbeiten, ohne in die Schule gehen zu können, bei rund 38 Stunden. Hinter diesem Durch-schnittswert verbergen sich aber große Unterschiede: Rund ein Viertel der Jungen arbeitet bis zu 21 Stunden in der Woche, fast ein Fünftel aber 57 Stunden und mehr. Solche extrem langen Arbeitszeiten sind ohne Zweifel eine schwere Verletzung der Rechte des Kindes. In anderen Ländern – wie zum Beispiel Gambia und Liberia – liegt die durchschnittliche Arbeitszeit selbst für ausschließlich wirtschaftlich aktive 14-Jährige bei rund zehn Wochenstunden.

Schaubild 14 stellt die Wochenarbeitszeiten für Jungen und Mädchen in 24 Ländern zusammen. Erfasst wurden alle Länder, für die neuere plausible1Angaben (nicht älter als aus dem Jahre 2004) vorliegen, und in denen mehr als fünf Prozent aller 5-bis 14-Jährigen wirtschaftlich aktiv sind. Auch wenn diese Daten aufgrund methodischer Schwierigkeiten vorsichtig interpretiert werden müssen, lassen sich doch einige – zum Teil überraschende - Beobachtungen zu:

– Die Arbeitszeit der ausschließlich wirtschaftlich aktiven 5- bis 14-Jährigen scheint in Lateinamerika länger als in vielen afri-kanischen Ländern zu sein. Zwar liegt der Durchschnitt für ältere Jungen in Äthiopien und Somalia bei 40 und mehr Wo-chenstunden, doch in sechs afrikanischen Ländern beträgt er 20 und weniger Wochenstunden. In Bolivien, Guatemala, Honduras und Nicaragua müssen aber zumindest die älteren Jungen deutlich länger als 40 Stunden in der Woche arbei-ten (in Bolivien sogar über 50 – und das im Durchschnitt).

– Während die Arbeitszeit der 5- bis 14-Jährigen, die nicht zur Schule gehen, von Land zu Land sehr unterschiedlich ist, gilt dies in weit geringerem Maße für Kinder, die Schule und Arbeit miteinander verbinden: Im ersten Falle reicht die Spanne von über 50 Wochenstunden (Bolivien) bis zu fünf Wochenstunden (Liberia), im zweiten Falle von 30 (Somalia) bis zu fünf (Liberia und Georgien). Daher fallen die Unterschiede zwischen den Arbeitszeiten der Kinder, die ausschließlich wirtschaftlich aktiv sind, und der Kinder, die Schule und Arbeit verbinden, dort besonders groß aus, wo die erste Gruppe besonders lange arbeiten muss. Vor allem in Afrika aber gibt es mehrere Länder, wo beide Gruppen (Arbeit mit und ohne Schulbesuch) un-gefähr gleich lang arbeiten – ein Hinweis auf den komplexen Zusammenhang von Kinderarbeit und Schule.

– Offensichtlich haben wir es mit sehr unterschiedlichen Typen von Kinderarbeit zu tun: In Lateinamerika (aber auch in Ban-gladesch und Indien) arbeitet nur ein kleiner Teil der Kinder, ohne in die Schule gehen zu können – dafür aber arbeiten sie besonders lang. In Afrika ist Kinderarbeit ohne Schulbesuch häufiger, die Kinder arbeiten aber in vielen Ländern kürzer.

– In den meisten der im Schaubild 14 erfassten Länder nimmt die Arbeitszeit mit dem Alter der Kinder zu. Zu den wenigen Ausnahmen gehört wiederum Äthiopien, dort nimmt die Arbeitszeit für Mädchen mit dem Alter ab.

– Häufig gibt es keine großen Unterschiede zwischen den Arbeitszeiten der Jungen und der Mädchen. Am deutlichsten fal-len sie im Irak und – wiederum – in Äthiopien aus.

Insgesamt gibt der Blick auf die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von Kindern einen weiteren Hinweis auf die Notwendig-keit einer Differenzierung der Auseinandersetzung mit Kinderarbeit, denn Verallgemeinerungen sind kaum möglich. Hierbei ist auffällig, dass ein eventueller Zusammenhang zwischen der Länge der Arbeitszeit, dem Bevölkerungsanteil extrem Armer und dem Anteil der Bevölkerung unter 18 Jahren allenfalls schwach ausgeprägt ist. In Malawi müssen fast 74 Prozent der Bevölke-rung in extremer Armut2leben, die Kinder, die ausschließlich arbeiten, tun dies im Durchschnitt 15 Stunden in der Woche. In Bolivien ist der Bevölkerungsanteil der extrem Armen mit rund 20 Prozent wesentlich niedriger, dennoch müssen dort die Kin-der, die arbeiten, ohne in die Schule gehen zu können, im Durchschnitt mehr als 50 Wochenstunden arbeiten. Ähnlich Beispiele für große Unterschiede lassen sich auch hinsichtlich der Altersstruktur finden: Wie lange Kinder arbeiten müssen, hängt offen-sichtlich von vielen Faktoren zusammen, zu denen auch landesspezifische gehören.

1 Für einige Länder gibt es nur Angaben, die nicht plausibel sind. So hätten in Thailand die durchschnittlichen Wochenarbeitszeiten für Zehnjährige zwölf, für Elfjährige 27, für Zwölfjährige 52 und für 13-Jährige 19 Stunden betragen (für Jungen, die ausschließlich wirtschaftlich aktiv sind). Solche extremen Unterschiede für benachbarte Altersgruppen deuten auf methodi-sche Defizite hin (fehlende Repräsentativität der Stichprobe und Auswertungsfehler).

2 Der hier gewählte Indikator für extreme Armut: Anteil der Bevölkerung, der mit weniger als 1,25 US-Dollar am Tag (in Kaufkraftparitäten) auskommen muss, ist sehr problematisch, denn er setzt die Schwelle zur extremen Armut zu niedrig an. Da es hier aber nur um den Ländervergleich der Ausstattung von Menschen mit finanziellen Ressourcen geht, ist dieser Indikator ausreichend aussagekräftig.

Schaubild 14:

Vor allem in Lateinamerika lange Arbeitszeiten

Durchschnittliche Wochenarbeitszeit der 5- bis 14-Jährigen in Stunden nach Alter und Geschlecht, wirtschaftliche Tätigkeit ohne und mit Schul-besuch, 2004 – 2006

Äthiopien

Anteil extrem Arme: 39,0%

Bevölkerung unter 18: 50,7%

Somalia Anteil extrem Arme:

Bevölkerung unter 18: 50,5%

Sambia

Anteil extrem Arme: 64,3%

Bevölkerung unter 18: 52,6%

Elfenbeinküste

Anteil extrem Arme: 23,3%

Bevölkerung unter 18: 48,1%

Ghana

Anteil extrem Arme: 30,0%

Bevölkerung unter 18: 44,9%

Tschad

Anteil extrem Arme: 61,9%

Bevölkerung unter 18: 52,8%

Togo

Anteil extrem Arme: 38,7%

Bevölkerung unter 18: 49,5%

Sierra Leone

Anteil extrem Arme: 53,4%

Bevölkerung unter 18: 49,2%

Guinea-Bissau

Anteil extrem Arme: 48,8%

Bevölkerung unter 18: 54,2%

Malawi

Anteil extrem Arme: 73,9%

Bevölkerung unter 18: 53,7%

Gambia

Anteil extrem Arme: 34,3%

Bevölkerung unter 18: 47,0%

Alter (jeweils 5 bis 14 Jahre)

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Alter (jeweils 6 bis 14 Jahre)

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Jungen: nur Arbeit Jungen: Schule und Arbeit Jungen: nur Arbeit Jungen: Schule und Arbeit

Mädchen: nur Arbeit Jungen: Schule und Arbeit Mädchen: Schule und Arbeit

Mädchen: nur Arbeit Mädchen: Schule und Arbeit Mädchen: Schule und Arbeit Jungen: Schule und Arbeit

Jungen: Schule und Arbeit

Jungen: Schule und Arbeit Mädchen: Schule und Arbeit Mädchen: Schule und Arbeit Mädchen: Schule und Arbeit

Bangladesch

Anteil extrem Arme: 49,6%

Bevölkerung unter 18: 40,6%

Indien

Anteil extrem Arme: 41,6%

Bevölkerung unter 18: 38,2%

Irak

Anteil extrem Arme:

Bevölkerung unter 18: 47,8%

Georgien

Anteil extrem Arme: 13,4%

Bevölkerung unter 18: 22,9%

Bolivien

Anteil extrem Arme: 19,6%

Bevölkerung unter 18: 43,7%

Guatemala

Anteil extrem Arme: 11,7%

Bevölkerung unter 18: 49,3%

Nicaragua

Anteil extrem Arme: 15,8%

Bevölkerung unter 18: 43,6%

Honduras

Anteil extrem Arme: 22,2%

Bevölkerung unter 18: 45,8%

Ecuador

Anteil extrem Arme: 9,8%

Bevölkerung unter 18: 37,9%

Brasilien

Anteil extrem Arme: 7,8%

Bevölkerung unter 18: 32,6%

Kolumbien

Anteil extrem Arme: 15,4%

Bevölkerung unter 18: 35,1%

Argentinien

Anteil extrem Arme: 4,5%

Bevölkerung unter 18: 31,1%

Anteil extrem Arme:Anteil der Bevölkerung, die mit weniger als 1,25 US-Dollar (Kaufkraftparitäten, 2000-2006) auskommen muss, in Prozent Bevölkerung unter 18:Anteil der Bevölkerung unter 18 Jahren an der Gesamtbevölkerung in Prozent

Quellen: Wochenarbeitszeit: International Labour Office, UNICEF, World Bank: Understanding Children’s Work. UCW country statistics (www.ucw-project.org), Zu-sammenstellung der Daten auf der Grundlage von Haushaltsstichproben; Anteil der Bevölkerung, die mit weniger als 1,25 US-Dollar am Tag auskommen muss:

United Nations Development Programme (2008): Human Development Indices: A statistical update 2008 (http://hdr.undp.org/en/statistics/data/hdi2008/);

Anteil der Bevölkerung unter 18 Jahren an der Gesamtbevölkerung: UNICEF (2009): The State of the World’s Children 2009, S. 138 – 141

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Mädchen: nur Arbeit Jungen: Schule und Arbeit Mädchen: Schule und Arbeit

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Jungen: Schule und Arbeit

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