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Globale Relevanz von Stoffwechselkrankheiten

Das ganze Leben wird angetrieben durch einen stetigen „Fluss an metabolischer Energie“

[1, 2], welcher die vielfältigsten biologischen Prozesse antreibt. Eine der größten zellulären Herausforderungen besteht dabei darin, mit einem stark wechselnden Bedarf an Energie zu Recht zu kommen. Dieser Umstand impliziert, dass stets eine gewisse Menge an Energie als Reserve für auftretende Nahrungsengpässe gespeichert werden muss. Daher werden immer dann große Mengen Energie in Form von Lipiden eingelagert, wenn Nahrung im Überschuss vorhanden ist. Dabei spielen die hier untersuchten Lipidspeichervesikel als intrazelluläre Depots eine wesentliche Schlüsselrolle.

Die biologische Bedeutung dieser auch als Lipid Droplet (LD) bekannten Organelle liegt außerdem darin begründet, dass LD-Fehlfunktionen oder der generelle Überschuss an Fettgewebe eine ganze Reihe von schwerwiegenden Krankheiten hervorrufen bzw.

beeinflussen können. Der indische Physiker Sushruta war im sechsten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung vermutlich der erste, der einen Zusammenhang zwischen Fettsucht und den daraus abgeleiteten Folgeerkrankungen postulierte [3]. Dennoch wurde in vergangenen Zivilisationen ein Überschuss an körperlichem Fettgewebe zumeist als Zeichen des Wohlstandes und der Gesundheit gesehen [3], was auch durch die idealisierte Darstellung von Frauenkörpern durch den Maler Rubens bezeugt wurde.

Mittlerweile hat sich diese Einstellung in den heutigen Industrieländern jedoch gravierend gewandelt. In den sogenannten Entwicklungsländern wird hingegen aufgrund der dort herrschenden Armut und dem Nahrungsmangel Übergewicht zum Teil immer noch als Zeichen des Wohlstands angesehen.

In den letzten Jahren hat sich die medizinische Forschung verstärkt mit den LDs auseinandergesetzt, um deren Beteiligung an Stoffwechselkrankheiten wie Fettsucht, Fettleber, Arteriosklerose und Diabetes zu klären [4, 5]. Also eben solchen Krankheiten, denen man inzwischen schon fast pandemische Ausmaße zusprechen muss [6].

Hervorgerufen werden solche Krankheiten insbesondere durch Fehlernährung, die durch das Überangebot an Nahrungsmitteln in den Industrienationen immer mehr verstärkt wird. Laut Auskunft der Weltgesundheitsbehörde hat sich die Menge der an Fettsucht leidenden Personen seit dem Jahr 1980 verdoppelt. Im Jahre 2008 litten damit bereits 1,5 Milliarden Erwachsene über 20 Jahren an Übergewicht (siehe Abbildung 2-1).

1 Die Zahlenwerte zu den metabolischen Fettstoffwechselkrankheiten sowie das abgebildete Schaubild 2-1 wurden von der Internetseite der Weltgesundheitsbehörde www.who.int im April 2012 entnommen

Abbildung 2-1 Globale Verteilung der an Übergewicht und Fettleibigkeit leidenden männlichen Personen ab einem Alter von 15 Jahren im Jahr 2010.

Erschreckenderweise leiden inzwischen aber auch bereits 43 Millionen Kinder unter fünf Jahren an einem dramatisch erhöhten Körpergewicht.

Mittlerweile leben ungefähr 65 % der Weltbevölkerung in Ländern, in welchen mehr Menschen an Übergewicht oder Fettsucht sterben als an Untergewicht. Mindestens 2,8 Millionen Todesfälle pro Jahr sind auf diese Ursachen zurückzuführen. Dazu kommen noch die Todesfälle, die in indirekter Weise als Folge einer solchen Fehlernährung zu Stande kommen, sei es durch Diabetes, schwerwiegende Herzerkrankungen oder bestimmte Krebsleiden. So starben alleine im Jahre 2004 3,4 Millionen Menschen an erhöhtem Blutzuckergehalt und aktuell wird die Anzahl der an der Volkskrankheit Diabetes Erkrankten mit 346 Millionen angegeben, 90 % von diesen an Typ 2 Diabetes.

Inzwischen wird vorausgesagt, dass sich die Zahl der Todesfälle, die durch Stoffwechselerkrankungen verursacht werden, zwischen 2005 und 2030 noch einmal verdoppeln wird. Schon jetzt liegen Krankheiten, die direkt oder indirekt durch einen Überschuss an Fett entstehen, an fünfter Stelle der globalen Todesursachen. Diese Zahlen sind vor allem daher erschreckend, da viele dieser Krankheiten wirklich schlicht auf Fehlernährung und Mangelbewegung zurückzuführen sind und sich deshalb auf einfache Weise vermeiden ließen. Nur ein sehr geringer Teil ist auf erblich bedingte Fehlfunktionen zurückzuführen.

Dass solche Krankheiten nicht nur durch den generellen Metabolismus verursacht werden, sondern teilweise auch in einem direkten Zusammenhang mit den hier

untersuchten LDs stehen, konnte mittlerweile schon an vielen Beispielen nachgewiesen werden [7, 8]. So wurde z.B. gezeigt, dass sich durch vermehrte LD-Synthese und daraus folgender vermehrter LD-Fusion die Insulinsensitivität von Zellen verringerte [9], ein Effekt, welcher auch durch die Supprimierung von PAT-Proteinen hervorgerufen werden kann [10].

Des Weiteren werden Lipidspeicherkrankheiten wie das Chanarin-Dorfman-Syndrom sowie die Lipodystrophie direkt mit LDs in Verbindung gebracht [11]. Erstere Erkrankung führt dazu, dass sich Triglyceride in nicht-adipozytärem Gewebe anreichern [12], wohingegen die zweite Krankheit mit dem Verlust von Fettgewebe einhergeht. Neben diesen metabolischen Erkrankungen werden LDs aber auch noch zusätzlich mit einer indirekten Funktion in diversen Krankheitsverläufen in Verbindung gebracht. So konnten Interaktionen mit bestimmten pathogenen Mikroorganismen nachgewiesen werden, z. B.

eine Interaktion mit dem Hepatits C Virus [13-16], bei welcher das Virus die LDs als Energiequelle zu seiner Vervielfältigung ausnutzt. Auch das Bakterium Chlamydia trachomatis scheint die Lipidspeicher zum eigenen Wachstum auszunutzen und triggert dafür die Akkumulation von LDs [11, 17]. In Immunzellen wie Neutrophilen, Eosinophilen und Makrophagen konnten als Antwort auf den Befall mit mikrobiellen Erregern sehr viele LDs detektiert werden, ausgelöst durch inflammatorische Signale [18]. Generell können Entzündungsreaktionen, seien sie nun durch Infektionen, Allergien oder Krebs ausgelöst, zu einer starkem LD-Anreicherung in Leukozyten führen [19].

Aus den zuvor genannten Gründen und den vielen biologisch bedeutsamen Prozessen, bei welchen LDs eine entscheidende oder auch nur eine untergeordnete Rolle spielen, ergibt sich eine große Motivation, sich näher mit diesem zellulären Vesikel auseinanderzusetzen.

Schließlich handelt es sich dabei nicht nur um einen einfachen Tropfen Fett, welcher sich aufgrund der Thermodynamik von selbst vom Cytosol abgrenzen würde, sondern vielmehr um ein hochkomplexes und mit großem Aufwand reguliertes Organell [20].