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Globale Nachfrageentwicklungen und Rahmenbedingungen

Im Dokument 05/2019 (Seite 78-81)

3 Deutschland Umweltwirtschaft im internationalen Wettbewerb

3.5 Potenzielle Klimaschutzgüter im Fokus

3.5.1 Globale Nachfrageentwicklungen und Rahmenbedingungen

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Deshalb wird dieser Bereich, bei dem die Märkte und relativen Außenhandelspositionen zudem besonders stark von nationalen Regelungen und Förderpolitiken beeinflusst werden, im

nächsten Abschnitt einer separaten Analyse unterzogen.

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Projektrealisierungen im Onshore-Bereich begründen lässt (vgl. dazu auch Abschnitt 2.2).

Generell wurde und wird die Investitionstätigkeit in Deutschland auch dadurch gedämpft, dass der Ausbau der Energieinfrastruktur (Netze und Netzintegration, Speicherkapazitäten) mit dem der erneuerbaren Energien (z.B. im Offshore-Windbereich) noch nicht optimal abgestimmt verläuft.68

Die weltweiten Investitionen in erneuerbare Energien entfallen zu 95 % auf die Bereiche Solar (2017: 57 %) und Wind (38 %), die an dieser Stelle deshalb etwas näher betrachtet werden sollen. Technologische Fortentwicklungen und Effizienzsteigerungen haben zu erheblichen Kostensenkungen geführt, so dass beide Bereiche auch im Vergleich zu fossilen Energieträgern immer wettbewerbsfähiger geworden sind (vgl. dazu auch Fußnote 42). Hinzu kommt, dass der internationale Wettbewerbsdruck durch die wachsende Zahl asiatischer Hersteller

überproportional gestiegen ist. Im Solarbereich hat diese Entwicklung den Preisverfall bei Zellen und Modulen schon seit spätestens 2010 beschleunigt69, aber auch im Windbereich hat sich der Wettbewerbsdruck durch die Einführung wettbewerblicher Ausschreibungen und die

zunehmende Exportorientierung chinesischer Herstellung im Verlauf der letzten Jahre erhöht.

Seit 2015 hatte sich zumindest aus globaler Perspektive die Situation der Solarbranche

angesichts stärker steigender Nachfrage, stabilerer Preise und einer besseren Auslastung wieder verbessert, was vor allem den Nachfragesteigerungen in China und anderen

asiatisch-pazifischen Regionen (Indien, Australien) zu verdanken ist. Auch 2017 war der Zuwachs bei den Investitionen in erneuerbare Energien einzig dem Solarbereich zuzuschreiben (+18 % auf 154 Mrd. US-$, davon fast 60 % in China!), während sich die Neuinvestitionen bei allen anderen erneuerbaren Energieträgern rückläufig entwickelt haben (Frankfurt School-UNEP Centre / BNEF 2018).

Im Mai 2018 hat China einen für die globale Photovoltaikindustrie überraschenden Zubaustopp für PV-Anlagen verkündet, der unter anderem mit den hohen Kosten, die aus dem enormen Zubau der vergangenen Jahre entstanden sind, Verzögerungen bei den Einspeisevergütungen und Problemen bei den Netzanschlüssen der neuen Anlagen begründet wurde (Enkhardt 2018a). Infolgedessen geht die Internationale Energieagentur nunmehr davon aus, dass der globale Zuwachs bei den PV-Kapazitäten 2018 mit 83 GW 15 Prozent niedriger ausfallen wird als 2017 (99 GW). Bis zum Jahr 2023 dürfte der Zubau im konservativen Szenario dann aber wieder auf eine Rate von 111 GW, in einer optimistischeren Prognose auf 142 GW steigen (IEA 2018a). Andere Analysten (z.B. IHS Markit, Solar Power Europe) prognostizieren auch für 2018 noch eine leichte Steigerung bei den neu installierten Solar-Kapazitäten. Sie begründen dies damit, dass die aktuellen Überkapazitäten der chinesischen Solarindustrie den globalen Preisverfall von PV-Komponenten beschleunigen werden, wodurch sich Zuwächse in anderen Märkten realisieren lassen, die den Nachfragerückgang in China zumindest teilweise ausgleichen können (Enkhardt 2018a, Solar Power Europe 2018). Dies gilt auch für Europa, wo die

Mindestimportpreise für kristalline Solarzellen und –module im September 2018 – auch mit Blick auf die neuen EU-Ausbauziele und die Pariser Klimaziele - nicht mehr verlängert worden

68 Die von Frankfurt School-UNEP Centre / BNEF (2018) im Rahmen ihrer globalen Investitionsschätzungen rückläufige Entwicklung für Deutschland wird von den von der Arbeitsgruppe erneuerbare Energien-Statistik veröffentlichten Ergebnissen nicht bestätigt.

Danach ist - bei allerdings nicht vergleichbarer Abgrenzung, da das Investitionsvolumen in den von BMWi / AGEE-Stat 2018 vorgelegten Daten grundsätzlich deutlich höher ausgewiesen ist - für Deutschland 2017 ein Zuwachs von 2,2 % gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Im Vergleich zu den Spitzenjahren 2010/11 fallen aber auch nach diesen Berechnungen die Investitionen in Erneuerbare Energien Anlagen in Deutschland aktuell rund 40 % niedriger aus.

69 Auch die deutsche Solarindustrie hat im Zuge dieser Entwicklung einen einschneidenden Anpassungsprozess durchlaufen, der insbesondere in den Jahren 2011 bis 2014 mit einem erheblichem Kapazitäts- und Arbeitsplatzabbau verbunden war (vgl. Abschnitt 2 und 4 sowie Ulrich, Lehr 2018) und noch nicht abgeschlossen ist (Enkhart 2017).

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sind.70 Die Kommission begründet diese Entscheidung u.a. auch damit, dass die Maßnahmen nicht zum erwarteten Schutz der europäischen Hersteller geführt hätten. So musste mit Solarworld der letzte große europäische Zellhersteller im Mai 2018 bereits zum zweiten Mal Insolvenz anmelden. Die übrigen Photovoltaikhersteller in Europa seien hauptsächlich auf Zellimporte angewiesen, die im Wesentlichen aus Taiwan und China kämen, und würden deshalb von dem Auslaufen der Maßnahme sogar profitieren (Enkhardt 2018b). Ungeachtet dessen wird das Wachstum im Solarbereich auch zukünftig vorwiegend außerhalb Europas stattfinden. Aus deutscher Sicht können hiervon am ehesten international ausgerichtete Systemanbieter, spezialisierte Dienstleister (Projektierung, Installation, Finanzierung von PV Anlagen etc.) sowie Maschinen- und Anlagenbauer profitieren.

Auch im Windbereich sind die Preise seit 2008 infolge technologischer Fortentwicklungen, Effizienzsteigerungen sowie des Markteintritts chinesischer Hersteller weltweit unter Druck geraten, so dass der Wettbewerb zwischen den Turbinenherstellern spürbar zugenommen hat (Wetzel, 2012). Hinzu kommt der Übergang zu wettbewerblichen Ausschreibungsverfahren zur Senkung der Finanzierungskosten. Der daraus resultierende Preisdruck wird von den

Projektentwicklern an ihre Zulieferer weitergeben (vgl. dazu auch Abschnitt 2.2). Gerade das Jahr 2017 war weltweit durch stark fallende Bieterpreise im Onshore- und Offshorebereich gekennzeichnet, was sich auch in den deutlich rückläufigen Investitionen (-12 %) widerspiegelt (Frankfurt School-UNEP Centre / BNEF 2018). Ergebnis dieser Entwicklung ist, dass

Windenergie mittlerweile in vielen Ländern die kostengünstigste Option darstellt, wenn es um die Errichtung neuer Energieerzeugungsanlagen geht (REN 21 2018).

Entsprechend ist die weltweite Nachfrage auch im Windbereich kontinuierlich gewachsen, so dass die global installierten Kapazitäten 2017 mit 539 GW rund fünfeinhalb mal so hoch waren wie 2007 und fast doppelt so hoch wie 2012. 2017 belief sich der weltweite Zubau auf 52 GW.

Davon entfiel fast die Hälfte (48 %) auf Asien, das damit bereits zum neunten Mal den größten regionalen Markt für Windenergie ausgemacht hat, gut 30 % auf Europa, 14 % auf Nordamerika und 6 % auf Lateinamerika und die Karibischen Länder. China für sich genommen hielt die Spitzenstellung mit knapp 20 GW mit großem Abstand vor den USA (+7 GW), Deutschland (+6 GW), Großbritannien und Indien (jeweils gut 4 GW). Es blieb damit aber 2017 genau wie 2016 deutlich hinter dem realisierten Zuwachs in 2015 (über 30 GW) zurück und ist damit auch dafür verantwortlich, dass der weltweite Zubau 2016 und 2017 etwas hinter dem Spitzenwert von 2015 (+64 GW) zurückgeblieben ist.

Offshore-Windenergie spielt mit 3,5 % der global installierten Windenergiekapazitäten derzeit noch eine geringe Rolle. Das Wachstum fällt seit einigen Jahren aber deutlich stärker aus als im Onshore-Segment (2016/17: +30 %) und wird sich infolge günstigerer Finanzierungskosten zukünftig verstärkt fortsetzen, zumal mittlerweile auch außerhalb Europas neue Windparks auf See ihren Betrieb aufgenommen haben (insbesondere in China, aber auch anderen asiatischen Ländern) oder im Entstehen sind (USA). 2017 entfielen 84 % der weltweit installierten Kapazitäten auf Europa, 2016 waren es noch 88 %. Derzeit wird der Markt noch von einer kleinen Anzahl europäischer Anbieter dominiert, während der Onshore-Markt durch eine höhere Anzahl größerer Unternehmen in allen Weltregionen gekennzeichnet ist (Bilsen u.a.

2016).

70 Die Kommission begründet diese Entscheidung u.a. damit, dass damit sichergestellt wird, dass auch Verbraucher aus der EU Solarmodule zu Preisen nahe dem Weltmarkt kaufen können, sich die Ausbauziele bei erneuerbaren Energien kostengünstiger erreichen lassen und dass – aus industriepolitischer Sicht besonders relevant – die Maßnahmen nicht zum erwarteten Schutz der europäischen Hersteller geführt hätten (Enkhardt 2018b).

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Der in jüngerer Zeit durch die Umstellung auf Auktionssysteme nochmals gestiegene

Wettbewerbsdruck hat die Konsolidierung innerhalb der Branche weiter vorangetrieben.71 Viele führende Turbinenhersteller (auch aus Deutschland) haben 2017 Arbeitsplätze abgebaut und Produktionsstandorte geschlossen und viele kleine und mittelgroße Produzenten wurden übernommen oder mussten Insolvenz anmelden. Dies betrifft auch Ausrüster und

Wartungsdienstleister. Hinzu kommt, dass die Fertigung von den Turbinen zwar weiterhin im Wesentlichen in den Heimatländern der großen Hersteller stattfindet (China, EU, Indien, USA), die Fertigung von Komponenten (z.B. Rotorblätter) aus Kostengründen aber zunehmend in die global wachsenden Windenergiemärkte verlegt wird. Insbesondere in Europa, aber auch in den USA entfällt ein stetig wachsender Anteil des Geschäfts auf Repowering. Neben dem Ersatz alter Anlagen durch weniger, größere, effizientere und verlässlichere Maschinen am gleichen

Standort gewinnt dabei auch der Austausch einzelner Teile oder Komponenten an noch relativ neuen Anlagen an Bedeutung (partial repowering) (REN21 2018).

Zusätzlich zur Ausweitung der Nutzung erneuerbarer Energien rücken im Verlauf der letzten Dekade verstärkt Technologien zur Verbesserung der Energieeffizienz in den Fokus politischer Maßnahmen, weil die Einsparung von Energie die einfachste Möglichkeit darstellt, CO2

-Emissionen zu senken und hier noch erhebliche Potenziale in allen Bereichen der Wirtschaft bestehen (Industrie, Energiesektor, Gewerbe/Handel/Dienstleistungen, Verkehr, private Haushalte). Gerade aus deutscher Sicht kommt der Verringerung des Energieverbrauchs eine besondere Bedeutung zu, weil sie auch unmittelbar auf die formulierten Ausbauziele für erneuerbare Energien wirkt (O’Sullivan, Edler, Lehr 2018). Insbesondere innovative

Technologien und Geschäftsmodelle können helfen, die kostengünstige Erzeugung von EE-Strom und dessen sektorübergreifenden Einsatz zu forcieren und kostengünstige Potenziale für

Energieeinsparungen sowie für Verbesserungen der Energieeffizienz zu erschließen (EFI 2019, Gatzen et al. 2019). Denn selbst ein optimistisch gerechneter EE-Ausbau allein reicht bei Weitem nicht aus, um die von der EU gesetzten ambitionierten Emissionsreduktionsziele zu erreichen (Ausfelder et al. 2017).

Im Folgenden wird untersucht, inwieweit die beschriebenen Veränderungen, die sowohl auf die Binnennachfrage wirken als auch die Exportmöglichkeiten deutscher Hersteller beeinflussen, die Handelsströme und Spezialisierungsmuster im Außenhandel mit potenziellen

Klimaschutzgütern und seinen Teilsegmenten beeinflusst haben. Besonderes Augenmerk gilt dem Bereich der erneuerbaren Energien, wobei hier nicht nur Deutschland, sondern auch China differenziert betrachtet wird.

3.5.2 Strukturen und Entwicklungen des deutschen Außenhandels im Überblick

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