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Globale Leitplanken und internationale Nachhaltigkeitsziele zur Ableitung von

Kriterien

Spätestens seit dem Welt-Umweltgipfel von Rio de Janeiro in 1992 ist Nachhaltigkeit zur Pflichtaufgabe für jedes Entwicklungshandeln geworden, global wie lokal. Für eine praxisbe-zogene Definition von Nachhaltigkeit oder über Kriterien zu ihrem Nachweis hat es über lange Zeit jedoch keine allgemeingültige Vereinbarung gegeben. Die Millennium Develop-ment Goals (MDGs) der UN formulierten 2000 erstmals einen global abstimmten Zielkatalog für nachhaltige Entwicklung.

4.1 Sustainable Development Goals (SDGs)

Mit der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung hat die UN in 2015 schließlich die Sustainable Development Goals (SDGs) verabschiedet. Diese 17 Nachhaltigkeitszielen je-weils mit festen Zeitzielen setzen einen Meilenstein, der alle Staaten auffordert, ihr Tun und Handeln danach auszurichten. Die Resolution der UN enthält 169 Unterziele, jeweils mit In-dikatoren zur Messung.

Abbildung 6: Die 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Agenda 2030

Von den 17 SDGs und ihren Unterzielen werden folgende für die hier vorliegende Aufgaben-stellung als relevant erachtet:

SDG 2: Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung er-reichen und eine nachhaltige Landwirtschaft

2.3: Landwirtschaftliche Produktivität steigern (verdoppeln bis 2030)

2.4: Bis 2030 Nachhaltigkeit der Systeme der Nahrungsmittelproduktion sicher-stellen

SDG 7: Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern

7.2: Bis 2030 den Anteil EE am globalen Energiemix deutlich erhöhen

SDG 9: Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nach-haltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen

9.4: Bis 2030 die Infrastruktur modernisieren und die Industrien nachrüsten, um sie nachhaltig zu machen, mit effizienterem Ressourceneinsatz und unter ver-mehrter Nutzung sauberer und umweltverträglicher Technologien und Indust-rieprozesse

SDG 10: Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern1

SDG 12: Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen

12.1: Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster umsetzen

12.a: Entwicklungsländer bei ihren technologischen Kapazitäten stärken1

SDG 13: Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Aus-wirkungen ergreifen

13.2. Klimaschutzmaßnahmen in die nationalen Politiken, Strategien und Pla-nungen einbeziehen

SDG 15: Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegra-dation beenden und umkehren und den Verlust der biologischen Vielfalt zu beenden

15.5: die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume zu verringern, um dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende zu setzen

SDG 17: Umsetzungsmittel stärken und die Globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung mit neuem Leben erfüllen1

17.2: Investitionen in Least Developed Countries stärken

4.2 Weitere Leitplanken und Standards

Die SDGs wurden seitens des WGBU (2014) in ein Konzept planetarischer Leitplanken ein-gebunden. Das Konzept der planetaren Grenzen von Rockström et al. (2009) bzw. Steffen et al. (2015) formuliert dagegen für neun zentrale natürliche Systeme und Prozesse „planetare ––––––––––––––––

1 Da sich der Rahmen dieser Arbeit auf eine inländische Produktion fokussiert, greift dieses SDG vorerst nicht. Es wird ggf. an Bedeutung gewinnen, wenn der Rahmen auf Produktion im Ausland (Schwellen- und Entwicklungsländer) erweitert wird.

Belastbarkeitsgrenzen". Beide Ansätze sind geeignet, um auf Kriterien für Nachhaltigkeit zu schließen.

Konkrete Nachhaltigkeitskriterien für das Handeln von Staaten, Volkswirtschaften, Produ-zenten, Konsumenten wurden außerdem von verschiedenen Seiten entwickelt, vorgeschla-gen oder verbindlich gemacht. Insbesondere im Kontext der Nutzung von Bioenergie gab es hierzu in vergangenen fünfzehn Jahren Aktivitäten. Die eingangs bereits erwähnte RED1 stellt das erste gesetzliche Regelwerk dar, welches Nachhaltigkeitskriterien für konkrete Produkte (Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe) verbindlich und nachweispflichtig macht. Zwischenzeitlich wurde auch eine ISO-Norm zu Nachhaltigkeitskriterien und Indika-toren für Bioenergie verabschiedet.2 Im Bioenergiekontext stellen auch die 24 Nachhaltig-keitsindikatoren der Global Bioenergy Partnership (GBEP)3 eine Referenz. Tabelle 5 stellt die Leitplanken und Kriterien aus den genannten Quellen thematisch zusammen.

Tabelle 5: Leitplanken und Kriterien verschiedener Standards

SDG WGBU Planetare Grenzen RED / RED II ISO 13065 GBEP

13.2 Klimawandel auf 2°C be-grenzen 14 Ozeanversauerung auf 0,2

pH Einheiten begrenzen

6 Süßwassernutzung Wasser als

Res-source; Erläuterung: LP: Leitplanken nach WBGU (2014), PG: Planetare Grenzen nach Steffen et al.

(2015); RED: Erneuerbare Energie-Richtlinie; ISO: ISO 13063.2015;

––––––––––––––––

1 Richtlinie 2009/28/EG

2 ISO 13065.2015: Sustainability criteria for bioenergy

3 http://www.globalbioenergy.org/programmeofwork/task-force-on-sustainability/gbep-report-on-sus-tainability-indicators-for-bioenergy/en/

4.3 Kriterienentwicklung mit Bezug auf die globalen Leit-planken und Standards

Die hier vorliegende Aufgabe der Ableitung von Durchführungskriterien für die PtL-Erzeu-gung für den Flugverkehr orientiert sich an den zuvor beschriebenen Leitplanken der globa-len Zielsetzungen und bestehenden Standards zu Nachhaltigkeitskriterien. Maßgabe sind dabei in erster Linie die als einschlägig erachteten SDGs. Diese werden in Tabelle 6 jeweils dahingehend analysiert, inwieweit sie zur Definition eines Durchführungskriteriums oder zur Richtungsaussage in einem Kriterium dienen sollen.

Diese Aufgabe ist überaus komplex, da die globalen Leitplanken, Zielsetzungen und Stan-dards im Wortsinn global formuliert sind, wohin gegen sich der Bewertungsgegenstand hier (v.a. was die CO2-Quelle betrifft) hochspezifisch darstellt. In welchem Zusammenhang steht die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität mit der Nutzung von CO2 aus einer Bi-omethanaufbereitungsanlage? Selbst wenn ein direkter Zusammenhang kaum anzuführen ist, können indirekte Wechselwirkungen aufgrund einer Vielzahl von Faktoren – eine Viel-zahl, die im Rahmen dieser Studie nicht abgearbeitet werden kann.

Die Durchführungskriterien für die Bewertung der Nachhaltigkeit insbesondere von CO2 -Quellen werden daher mittels Herstellung eines schlüssigen Zusammenhangs der globalen Zielanforderungen mit den technisch-ökologischen Sachverhalten der CO2-Quellen hergelei-tet. Dies erfolgt über einen Analyseschritt, der den Zusammenhang herstellt, einem nächs-ten Schritt, der die Bedeutung dieses Zusammenhangs für die Bewertung von nachhaltigem PtL herausstellt und einem letzten Schritt, der daraus auf ein Prinzip sowie Kriterium für die Bewertung folgert.

Diese Schritte werden in Tabelle 6 durchgeführt. Daraus werden folgende zu erfüllenden Prinzipien für CO2-Quellen abgeleitet:

1. fossile CO2–Quellen sind grundsätzlich auszuschließen, d.h. die Quelle ist biogener Natur oder die Atmosphäre; wobei für eine Übergangsphase unter bestimmten Voraussetzun-gen Ausnahmen möglich sein können.

Die Bereitstellung des CO2 soll mit möglichst wenig Umweltlasten verbunden sein. Dies kann durch zwei Prinzipien adressiert werden:

2. Das CO2 weist von seiner Herkunft her durchgängigen Reststoffcharakter auf; ihm werden daher keine Umweltlasten des Herkunftsprozesses zugerechnet.

3. Der CO2-Herkunftsprozess weist keine schwerwiegenden Umweltlasten auf.

Die Voraussetzungen für Ausnahmen in Prinzip 1 begründen sich v.a. auf folgendem Prinzip:

4. Das Risiko von Lock-in-Effekten ist zu vermeiden; d.h. die Technologie der CO2-Quelle bzw. die Produkte sind auch längerfristig nicht verzichtbar bzw. substituierbar oder die Technologie weist keine andere Möglichkeit zur Nullemission von CO2 auf.

In Kapitel 5.2 wird das Raster aus Prinzipien und Kriterien im Detail erläutert und angewandt.

Die Kriterien für die Zusätzlichkeit von erneuerbarem Strom werden in Kapitel 5.3 ausführ-lich beschrieben.

Tabelle 6: Zusammenstellung von Kriterien und daraus abgeleitete Leitplanken die Bewertung von EE-Strom und CO2-Quellen

Thema SDG Analyse Bedeutung für die

Bewer-tung von nachhaltigem PtL

Prinzip/Kriterium zur werden (erfordert zu viel Ressourceneinsatz)

CO2 aus Anbaubiomasse ist nachteilig zu bewerten.

CO2 aus Tierhaltung (Gülle etc.) für PtL ist nachteilig zu bewerten

CO2-Quelle:

Schwere der Umweltlasten des CO2-Herkunftsprozesses

Nachhaltige

CO2 aus Ammoniaksynthese ist nachteilig zu bewerten

EE-Anteil erhö-hen

7.2 Dies erfordert Zusätzlichkeit des EE-Stroms für PtL

Strom muss nachweislich aus zusätzlichen EE-Quellen

9.4 Stahl, Zement, Glas, Pa-pier/Zellstoff etc. ohne CO2 -Emissionen müssen im Ein-klang mit SDG 13 (Klima) produziert werden

CO2 aus Zement-, Stahl-, Ke-ramik- etc. –Produktion ist kritisch bis nachteilig zu be-werten.

13.2 Nach dem Prinzip des Emissi-ons-Budgets muss die Welt-wirtschaft bis 2036 decarbo-nisiert sein um das 1,5° Ziel noch zu erreichen

nachteilig zu bewerten.

CO2 aus Tierhaltung (Gülle etc.) für PtL ist nachteilig zu bewerten

CO2-Quelle:

Schwere der Umweltlasten des CO2-Herkunftsprozesses Reststoffcharakter des CO2