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Schaubild 6 A: Verlauf des Kurzschlussstroms in bilateraler Anwesenheit von Azetazolamid im Jejunum von NKCC1 Knockout- und Kontrollmäusen

5.2 Durchgeführte Versuche Teil 1

5.2.2.3 Gleichzeitige Hemmung des Na + /HCO 3 -

-Kotransporters durch S0859 und der intrazellulären Karboanhydrase durch Azetazolamid

Diese Versuchskonstellation wurde durchgeführt, um folgende Frage zu beantworten: Spielt eine adäquate Bikarbonatversorgung des Enterozyten in Abwesenheit von NKCC1 eine ent-scheidende Rolle bei der cAMP-stimulierten Anionensekretion? Diese Hypothese interessiert, nachdem, wie bereits oben beschrieben, durch bilaterale HCO3--Freiheit bei den NKCC1 Knockout-Mäusen eine starke Isc-Verminderung erreicht wurde und in den vorliegenden Ver-suchen ein ähnlicher Effekt durch die Hemmung der intrazellulären HCO3

--Generierung, al-lerdings sowohl bei NKCC1 (-/-) als auch (+/+) Mäusen, erzielt werden konnte. Nach Mei-nung mehrerer Autoren scheint der Cl-/HCO3

--Austauscher in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle zu spielen (38, 40, 180). So wurde beispielweise von Walker et al. (180) vor-geschlagen, dass der mögliche alternative Cl--Aufnahmemechanismus während der cAMP-abhängigen Stimulation durch einen Cl-/HCO3

--Austausch bewerkstelligt wird, angetrieben von der elektrogenen Aktivität des Na+/HCO3

--Kotransports (siehe Abbildung 12). Dabei reicht die durch eine cAMP-abhängige Aktivierung des CFTR-Kanals hervorgerufene Membrandepolarisation aus, das reverse Potential des Na+/HCO3

-Kotransporters mit einer Stöchiometrie von 2HCO3

-/1Na+ zu überwinden und somit dieses Transportsystem zu aktivie-ren (176, 192, 193). Folglich würde die basolaterale Na+-gekoppelte HCO3

--Aufnahme einer-seits den Cl-/HCO3--Austauscher aktivieren und somit eine NaCl-Aufnahme in die Zelle er-möglichen, während gleichzeitig intrazelluläres Cl- und HCO3- für die apikale

Anionensekre-Diskussion 110

tion zur Verfügung stünden; das ebenfalls vorhandene Na+ würde die Aktivität der Na+/K+ -ATPase unterstützen (180). Analog zu dieser Hypothese stellten Grubb et al. (183) fest, dass die Blinddärme von NKCC1 Knockout-Mäusen im Gegensatz zu den Jejuna (siehe 5.2.2) auf die bilaterale Anwesenheit von sowohl Cl- als auch HCO3

angewiesen waren, um eine den Normalmäusen ähnlich hohe Isc-Antwort auf Forskolin zu zeigen.

In früheren Studien wurde häufig eine Kopplung des Cl-/HCO3

--Austausches mit dem Na+/H+-Austausch (z.B. NHE1) als in Frage kommender alternativer Aufnahmeweg für Cl -und zwangsläufig Na+ favorisiert (38, 194, 195). Allerdings konnten Walker et al. (180) in Versuchen mit DMA, einer den NHE1 hemmenden pharmakologischen Substanz, weder den Forskolin-stimulierten Isc noch die Bikarbonatsekretionsantwort im Duodenum von NKCC1 Knockout-Mäusen in ihrer Höhe beeinflussen, was ihrer Meinung nach die Kombination die-ser zwei Transportproteine als in Frage kommende Kandidaten ausschließt.

Wenn sich also die angenommenen Hypothesen bestätigen würden, dass ein Zusammenspiel entweder des Cl-/HCO3--Austauschers mit dem Na+/HCO3--Kotransporter oder des Cl-/HCO3- -Austauschers mit der Karboanhydrase eine mögliche Alternative für die Cl--Aufnahme im Darmtrakt von NKCC1 Knockout-Mäusen bietet (siehe Abbildung 12), so müsste die gleich-zeitige Blockade des basolateral lokalisierten NBC-Kotransporters und der intrazellulären Karboanhydrase im Jejunum der NKCC1 (-/-) Mäuse eine komplette Hemmung der cAMP-abhängigen Stimulation des Kurzschlussstroms bewirken, da dem Cl-/HCO3

--Austauscher das zu seiner Funktion nötige HCO3

vorenthalten wird. Die Bikarbonatsekretion könnte dann ebenfalls nicht stimuliert werden, da der Enterozyt kein HCO3

zur Verfügung hat.

Entgegen der Erkenntnisse aus der Literatur sprechen die im Rahmen der vorliegenden Arbeit gewonnenen Ergebnisse nur zum Teil der formulierten Hypothese. Während die Darmepithe-lien der normalen Mäuse nach Stimulation einen Rest-Isc aufwiesen, der circa einem Drittel desselbigen in den Kontrollversuchen entsprach und auf die Aktivität des NKCC1-Kotransporters zurückzuführen ist, war bei den NKCC1 Knockout-Mäusen noch annährend die Hälfte des ursprünglichen Isc-Anstiegs zu verzeichnen. Diese Ergebnisse deuten darauf-hin, dass der von Walker et al. (180) postulierte alternative Cl--Aufnahmemechanismus bei beiden Mäusegruppen tatsächlich eine Rolle spielen könnte.

Diskussion 111

Dabei lassen die im Rahmen der vorliegenden Arbeit gewonnenen Versuchsergebnisse darauf schließen, dass während der stimulierten Anionensekretion bei den Normalmäusen gleichzei-tig ein sowohl von der Aktivität des Na+/HCO3

--Kotransporters als auch von der Tätigkeit der Karboanhydrase abhängiger basolateraler Cl-/HCO3

--Austausch stattfindet (siehe Abbildung 12). Im Falle der NKCC1 (-/-) Mäuse hingegen scheint die Funktion der Karboanhydrase zur Bikarbonatbereitstellung für den Cl-/HCO3

--Austauscher wichtiger zu sein als die Aktivität des Na+/HCO3--Kotransporters. Gleichzeitig implizieren die vorgelegten Versuchsdaten aber auch, dass im Dünndarm der NKCC1 Knockout-Mäuse weitere noch unbekannte Wege des Cl--Imports existieren müssen. Des Weiteren muss in Betracht gezogen werden, dass eine a-däquate Hemmung des Na+/HCO3--Kotransporters bei den NKCC1 Knockout-Mäusen aus oben genannten Gründen möglicherweise nicht gelungen ist und diesem Transportsystem un-ter Umständen eine größere Bedeutung zukommt als bislang angenommen.

Die Bikarbonatsekretion betreffend würde man erwarten, dass die aktive HCO3--Sekretion bei beiden Mäusegruppen nach Applikation von Azetazolamid und NBC-Inhibitor erlöschen würde, da dadurch alle möglichen Wege der HCO3--Bereitstellung blockiert worden waren.

Stattdessen war bei beiden Mäusegruppen nach Stimulation ein starker und kontinuierlicher, bis zum Ende des Versuchs andauernder Sekretionsanstieg zu beobachten. Man kann jedoch anhand der Isc-Ergebnisse und unter Berücksichtigung des Gewebewiderstandes davon aus-gehen, dass es sich dabei um eine passive Diffusion von HCO3

handelt, hervorgerufen durch eine massive Erhöhung der parazellulären Schlussleistenpermeabilität des Darmepithels. Als mögliche Ursache hierfür sind die sehr lange Versuchsdauer und die Einwirkung zweier po-tentiell gewebsschädigender, pharmakologischer Substanzen zu nennen, wobei die Darme-pithelien der NKCC1 (-/-) Mäuse auf Azetazolamid sehr empfindlich zu reagieren schienen (siehe 5.2.2.2), während die Jejuna der (+/+) Mäuse eine höhere Sensibilität gegenüber dem NBC-Inhibitor S0859 aufwiesen (siehe 5.2.2.1).

Diskussion 112

Abbildung 12: Von der Aktivität des Na+/HCO3--Kotransporters und von der Tätigkeit der Karboanhydrase abhängiger basolateraler Cl-/HCO3--Austausch (näheres wird im Text erläu-tert).

Diskussion 113