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Gewinnung lokal einflussreicher und deutungsmächtiger Akteure

5.5 Zielerreichung und Überblick

5.5.3 Überprüfung der Zielerreichung in Bezug auf Handlungsziele

5.5.3.4 Gewinnung lokal einflussreicher und deutungsmächtiger Akteure

Das Repertoire der klassischen Öffentlichkeits- und Medienarbeit ist nur ein Teilelement der Ein-wirkung auf lokale Deutungskulturen. Neben einer tendenziell „an alle“ gerichteten, adressatenunspezifischen Öffentlichkeitsarbeit besitzt auch die Gewinnung solcher Akteure einen eigenen Stellenwert, die als lokale Autoritäten Überzeugungskraft, Prestige und Einfluss besitzen und dem Programm insofern eine besondere Glaubwürdigkeit und Legitimität verleihen können.

Sie können auch auf die eher informelle Kommunikation in Bekanntschaftsnetzwerken und Kon-taktkreisen einwirke, die die Wahrnehmung und Bewertung öffentlicher Themen und Normen wesentlich beeinflussen. Lokale Kontaktkreise können sich unter der „Führung“ solcher deu-tungsmächtiger Akteure gegenüber den Zielen des Programms und seinen Vertreter/innen ab-schotten und gleichgültig verhalten. Diese Akteure können aber auch Türöffner sein und die Mei-nungsbildungsprozesse zu Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in eine demokratieför-derliche Richtung bewegen.152

Verbreitung und Zuordnung von Promotoren und deutungsmächtigen Akteuren

Die in der Fachdiskussion benannten Defizite bisheriger Programme153 sind im Rahmen der Loka-len Aktionspläne mit greifbaren Ergebnissen angegangen worden. Akteure, die nach Einschät-zung der Befragten über Deutungsmacht verfügen, sind in vielen Aktionsplänen zur Unterstüt-zung gewonnen worden. Vor allem die operativen und steuerungsrelevanten Gremien der Koor-dinierungsstellen und Begleitausschüsse haben hier Erfolge zu verzeichnen. So geben zwei Drit-tel der KoordinierungssDrit-tellen (64,4%) und die Hälfte aller Begleitausschüsse (51,1%) an, dass es ihnen gelungen sei, einflussreiche Personen, sogenannte deutungsmächtige Akteure für Unter-stützung und Mitarbeit zu gewinnen. Auch auf Projektebene sind einschlägige Beziehungen ge-knüpft worden, allerdings in einem erheblich geringen Ausmaß: Ungefähr ein Drittel der Projekte (36,6%) gibt hier Erfolge an, ein gewisser Teil (16%) hat sich zwar ebenfalls um einflussreiche und deutungsmächtige Unterstützer bemüht, konnte aber keine Erfolge verzeichnen.

Abbildung 17: Gewinnung deutungsmächtiger Akteure (Angaben der LOK, BA, Projekte in %) (vgl. Tabelle 41 im Anhang 1.12)

36,6

Angaben der LOK, der BA und der Projekte von 03/04-2009

Angesichts begrifflicher Diskussionen zum Konzept der deutungsmächtigen Akteure ist auch nach der spezifischen Rolle und Funktion der jeweils gewonnenen Personen gefragt worden.

152 In der Zusammenfassung der öffentlichen Anhörung des Bundestagsausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 20.11.2006 in der Vorbereitung von „VIELFALT TUT GUT“ heißt es: „Ein (…) wichtiger Punkt ist die Idee der Vernetzung mit neuen Zielgruppen, den so genannten deutungsmächtigen Akteuren, wie Sparkassenleitern, Unterneh-mern, Schützenvereinsvorsitzenden u.a.“ Deutscher Bundestag 2006, S. 49.

153 Vgl. dazu Heitmeyer 2006.

Werden die sehr detaillierten Antworten daraufhin zusammengefasst, aus welchen gesellschaftli-chen Bereigesellschaftli-chen die gewonnenen Akteure kommen, dann zeichnen sich einige sehr deutliche Tendenzen ab.154

Abbildung 18: Institutioneller Kontext der deutungsmächtige Akteure (Angaben der Projekte, BA und LOK in %, bezogen auf die Gesamtzahl der gewonnenen deutungsmäch-tigen Akteure) (vgl. Tabelle 42 im Anhang 1.12)

1,3

Angaben der LOK, der BA und der Projekte von 03/04-2009

Sehr deutlich wird, dass als deutungsmächtige und einflussreiche Unterstützer vor allem Akteure aus der Politik gewonnen werden konnten. Bei den Angaben der Koordinierungsstellen (49%) und Begleitausschüsse (52,2%) beläuft sich der Anteil der Politik auf die Hälfte aller einschlägi-gen gewonnenen Akteure. In den Projekten ist der Anteil der Politik etwas geringer, liegt aber noch bei einem Drittel (33,3%) aller einschlägig gewonnenen Akteure. Zu einem geringeren Anteil als die Politik, aber dennoch relativ häufig vertreten sind auch Akteure aus Vereinen, Verbänden und der Zivilgesellschaft. Auch Akteure aus der Verwaltung, aus Bildung, Erziehung und Wissen-schaft sind zu gewissen Anteilen zur Unterstützung der Lokalen Aktionspläne gewonnen worden.

Beitrag der gewonnenen Akteure und Nachhaltigkeit der Zusammenarbeit

Zu einer vertiefenden Klärung der Rolle der deutungsmächtigen Akteure ist das sog. Promoto-renkonzept herangezogen worden, das verschiedene Barrieren und Probleme produktiver Pro-zesse benennt und jeweils verschiedene Machtquellen und Leistungsbeiträge von Promotoren, die darauf antworten können. Zugespitzt lassen sich diese Machtquellen als Wissen, Macht, Or-ganisations- und Kommunikationskompetenz sowie Beziehungen und soziales Kapital beschrei-ben. Jede dieser Einfluss- und Machtquellen wird von den Aktionsplänen abgefragt. Es zeigt sich aber auch, dass durchgehend für Koordinierungsstellen, Begleitausschüsse und Projekte vor

154 Diese Auswertung umfasst dabei für jeden Bereich zum Teil in Hinsicht auf ihre Statuspositionen sehr unterschiedliche Akteure. Dem Bereich Politik werden bspw. sowohl Bundesminister wie auch Kreistagsabgeordnete zugerechnet.

allem das „soziale Kapital“ der deutungsmächtigen Akteure, deren Kontakte und Netzwerke, an erster Stelle steht. 28,7% der Angaben der Koordinierungsstellen, 32,2% der Angaben der Be-gleitausschüsse und 32,7% der Angaben der Projekte fallen in diese Kategorie. Ebenfalls durch-gehend für alle Befragtengruppen zeichnet sich ab, dass der Stellenwert der deutungsmächtigen Akteure sich nicht in erster Linie durch den Zugang zu Ressourcen, in der Regel wohl finanziellen Mitteln, erklärt (LOK: 20,1% der Nennungen, Begleitausschüsse: 20%; Projekte: 21,5%).

Abbildung 19: Unterstützungsbeitrag der deutungsmächtigen Akteure (Angaben der LOK, Pro-jekte und BA in % bezogen auf die Gesamtzahl der genannten Unterstützungs-beiträge, Mehrfachnennungen möglich) (vgl. Tabelle 43 im Anhang 1.12)

20 23,3

24,5

32,2

7,7

21,5 22,2 15,9

32,7

20,1 24,7

26,6 28,7

0% 10% 20% 30% 40%

Sonstiges Bereitstellung von Ressourcen (Einfluss

auf Entscheidungsprozesse, Mittelzuweisung)

Bereitstellung von Fachwissen Einbringung von Organisations‐und

Handlungskompetenz Einbringung vielfältiger Kontakte

Koordinierungsstellen (N=255) Projekte (N=302) Begleitausschüsse (N=180)

Angaben der LOK, der BA und der Projekte von 03/04-2009

Die Befunde auf der Grundlage des Promotorenkonzeptes deuten darauf hin, dass der Stellen-wert der einflussreichen und lokal deutungsmächtigen Akteure vor allem auf informelle Faktoren wie Netzwerke und Kontakte zurückgeht und nur eingeschränkt auf die Ressourcendimension.

Insbesondere vor dem Hintergrund der angespannten Finanzierung der Präventionsarbeit ist bemerkenswert, dass in Hinblick auf die Unterstützungsleistungen der einflussreichen Akteure andere Faktoren in den Vordergrund rücken.

Abbildung 20: Nachhaltigkeit/Fortsetzung der Zusammenarbeit mit deutungsmächtigen

Akteuren (Angaben der LOK, BA und Projekte in %, bezogen auf die Gesamtzahl der der gewonnenen Akteure) (vgl. Tabelle 44 im Anhang 1.12)

93,3 95,7

97

6,7 4,3

3

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Projekte (N=150) Begleitausschüsse (N=69) Koordinierungsstellen (N=100)

Fortgesetzte Zusammenarbeit/Nachhaltigkeit gegeben

Keine fortgesetzte Zusammenarbeit/Nachhaltigkeit nicht gegeben

Angaben der LOK, der BA und der Projekte von 03/04-2009

Die Investitionen, die von der Seite der Akteure des Aktionsplans zur Gewinnung deutungsmäch-tiger Akteure eingesetzt wurden, erweisen sich auch als sehr beständig. Die

Koordinierungsstel-len geben an, dass der Anteil der dauerhaft kooperationsbereiten Akteure sich auf 97% der ge-wonnenen Akteure beläuft. Nach Angaben der Begleitausschüsse sind 95,7%, nach Angaben der Projekte 93,3% dauerhaft und nachhaltig kooperationsbereit.

Kurzzusammenfassung:

ƒ Strategische Orientierung des Programms auf die Gewinnung lokal einflussreicher und deu-tungsmächtiger Akteure konnte in der Mehrzahl der Aktionspläne erfolgreich umgesetzt wer-den, zum kleineren Teil auch auf Projektebene.

ƒ Verstärkte Zugänge zu der Akteursgruppe vor allem im Bereich der Politik, zu geringeren Teil auch in Ämtern und Verwaltung sowie in Zivilgesellschaft, Vereinen und Verbänden.

ƒ In Hinsicht auf eine möglichst hohe Vielfalt der erschlossenen Handlungsfelder und Akteure besteht daher erhebliches Ausbaupotential.

ƒ Präventionsarbeit konnte durch die lokal einflussreichen und deutungsmächtigen Akteure in mehrfacher Hinsicht verstärkt werden: Sowohl in Hinblick auf Wissen, Organisationskompe-tenzen, Einfluss und Ressourcen sowie auf Netzwerke und Kontakte wurden Beiträge erb-racht.

ƒ Sozialkapital und Netzwerkzugänge waren für die Akteure des Aktionsplans mit leichtem Vor-sprung am wichtigsten.

ƒ Einschlägige Aktivitäten zur Mobilisierung von Unterstützung erweisen sich als voraussicht-lich extrem nachhaltig und stabil. Gewonnene deutungsmächtige Akteure erklären sich zu fortgesetzter Unterstützung nahezu ausnahmslos bereit.

ƒ Zur Mobilisierung von genuiner Deutungsmacht könnte stärkere Fokussierung auf explizite

„Meinungsträger“ anstatt auf Einflussreiche allgemein vorteilhaft sein. Journalist/innen als Träger von Deutungsmacht können noch stärker eingebunden werden.