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Beteiligung der Bürgergesellschaft

5.5 Zielerreichung und Überblick

5.5.3 Überprüfung der Zielerreichung in Bezug auf Handlungsziele

5.5.3.5 Beteiligung der Bürgergesellschaft

In diesem Abschnitt wird untersucht, inwiefern die Zielstellung der Förderung von Demokratie in Form der Einbeziehung der Bürgerschaft in den Lokalen Aktionspläne umgesetzt wird. Mehrheit-lich wird sowohl von Koordinierungsstellen als auch von Begleitausschüssen angegeben, dass Formen der Bürgerbeteiligung realisiert wurden. Die allgemeine Frage danach, ob dies der Fall sei, wird von 75,6% der Koordinierungsstellen bejaht. Die etwas andere gelagerte Frage an die Begleitausschüsse, ob sich an der Gewinnung von Erkenntnissen für die Fortschreibung des Aktionsplans Bürger/innen oder zivilgesellschaftliche Akteure beteiligt haben, wird von 56,7% der Begleitausschüsse bejaht.

Abbildung 21: Realisierung von Formen der Bürgerbeteiligung im Lokalen Aktionsplan (Anga-ben der LOK und BA in %) (vgl. Tabelle 45 im Anhang 1.12)

56,7 75,6

43,3 24,4

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Begleitausschuss: Beteiligung von Bürger/innen oder zivilgesellschaftlichen Akteuren, um Erkenntnisse zur Fortschreibung des LAP zu

gewinnen (N=90)

Koordinierungsstelle: Realisierung von Formen der Bürgerbeteiligung im LAP (N=90)

Ja Nein Angaben der LOK und der BA von 03/04-2009

Genauere Informationen zu den mit einer Bürgerbeteiligung verbundenen Zielen liegen für die Koordinierungsstellen vor. Die meisten Koordinierungsstellen geben an, dass es ihnen um die Aktivierung von Bürger/innen und die Erweiterung von deren Partizipationsmöglichkeiten gehen

würde (86,8%). Von den weiteren Vorgaben wird häufiger die Verteilung von Information (82,4%) als deren Gewinnung (61,8%) angegeben (s. Abb. 50, Tab. 46 im Anhang 1.12).

Der Blick auf die konkreten Formen der Bürgerbeteiligung legt nahe, dass unter Bürgerbeteili-gung sehr unterschiedliche Formate verstanden werden. Die für ergänzende Angaben vorgese-hene Kategorie „andere Formen der Beteiligung“ wird hier am häufigsten angegeben (48,9%) – und sie umfasst sehr unterschiedliche Formen und Formate: Diese reichen von einer Beteiligung im Begleitausschuss und an Zielfindungskonferenzen bis hin zu Plakataktionen und Bürgerradio.

Von den vorgegebenen Formaten sind darüber hinaus auch Bürgerforen/Versammlungen/Bür-gersprechstunden (41,1%) und interaktive Homepages (32,2%) häufig genannt worden.

Abbildung 22: Formen der Bürgerbeteiligung im Lokalen Aktionsplan (N=166, Angaben in % der LOK, Mehrfachnennungen möglich) (vgl. Tabelle 47 im Anhang 1.12)

10 11,1

16,7 24,4

32,2 41,1

48,9

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%

Öffnung der Ämter für die Bürger (z. B. offene Tage) Einrichtung eines Bürgerbüros Telefonische Hotline es sind keine Formen der Bürgerbeteiligung realisiert Interaktive Homepage Bürgerforen/Versammlungen/Bürgersprechstunden

andere Formen der Beteiligung

Angaben der LOK von 03/04-2009

Konkret weisen die zum Ziel der Aktivierung von Bürger/innen eingeleiteten Maßnahmen und realisierten Formate eine große Nähe zu bestimmten Formen der Öffentlichkeitsarbeit auf. Als Bürgerbeteiligung werden also auch verschiedene Formen der Ansprache und der Bekanntma-chung des Lokalen Aktionsplans gewertet. Auch wenn eine stärker auf die Einflussnahme der Ausgestaltung des Aktionsplans gerichtete Beteiligung zum Teil – etwa durch die Beteiligung im Rahmen des Begleitausschusses oder durch spezielle Bürgerwerkstätten – vorkommt, kann nicht flächendeckend von einem im starkem Sinn partizipatorischen Konzept der Bürgerbeteiligung ausgegangen werden. Auch wo primär informatorische Aspekte im Zentrum des Umgehens mit Bürger/innen stehen, verweisen diese Aktivitäten aber auf das Anliegen, die Transparenz der Aktivitäten des Aktionsplans zu erhöhen.

Die Hälfte aller Koordinierungsstellen sieht vor, die Beteiligungsmöglichkeiten für Bürger/innen auch außerhalb des Aktionsplans fortzuführen. Ein Viertel aller Koordinierungsstellen (25,6 %) sieht die Bürgerbeteiligung dagegen eher auf den Aktionsplan begrenzt (s. Abb. 51, Tab. 48 im Anhang 1.12).

Noch deutlicher wird eine Form selbstverständlicher Bürgerbeteiligung in Hinblick auf die Errei-chung von Jugendlichen als Zielgruppe, die vor allem auf Projektebene sichtbar wird. Vor allem an der Durchführung der Projekte sind Jugendliche in 86,4% der Projekte beteiligt – zu einem gewissen Teil nur geringfügiger (21,8%), aber zum größeren Teil stark (64,6%). Werden die An-gaben für starke und geringfügige Projektbeteiligung von Jugendlichen zusammengefasst, dann sind diese nach Angaben der Projekte in 69,7% der Fälle auch an der Planung (stark: 29,6%, etwas: 40,1%) und in 72,4% an der Auswertung des Projektes (stark: 32,7%, etwas: 39,7%) be-teiligt (s. Abb. 54, Tab. 49 im Anhang 1.12).

Zwei Drittel aller befragten Projekte (66,9%) geben weitergehend auch an, dass die beteiligten Jugendlichen Interesse an einer weiteren Projektmitwirkung bekundet hätten (s. Abb. 53, Tab. 50 im Anhang 1.12).

Genderaspekte, Gender-Mainstreaming

Ein weiterer Aspekt von Beteiligung beziehungsweise Teilhabe besteht in der Gleichstellung der Geschlechter im Sinne des Gender-Mainstreamings. Eine geschlechtergerechte Anlage der Lo-kalen Aktionspläne ist Bestandteil und Vorgabe des Programms.

Die Befunde zur Gewinnung genderspezifischer Erkenntnisse verweisen allerdings auf nur schwach entwickelte Ansätze in diesem Feld. In allen Befragtengruppen ist der Anteil genderspe-zifisch intensiver sensibilisierter Akteure in der deutlichen Minderheit – die Werte liegen bei 23,3% der Begleitausschüsse, 25,6% der Koordinierungsstellen und 21,8 % der Projekte, die angeben, genderspezifische Erkenntnisse gewonnen zu haben. Aufgrund methodischer Verände-rungen durch die Vorgabe der Kategorie „Keine Angabe“ ergeben sich zum Teil geringere Anteile negativer Antworten, die aber das klare Muster einer minoritären, genderspezifischen Sensibili-sierung in keiner Hinsicht relativieren.

Abbildung 23: Gewinnung genderspezifischer Erkenntnisse (Angaben in der BA, LOK und Projekte %) (vgl. Tabelle 51 im Anhang 1.12)

21,8 25,6 23,3

39,3 45,6

76,7

38,9 28,9

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Projekte (N=257) Koordinierungsstellen (N=90) Begleitausschuss (N=90)

Ja Nein Keine Angabe Angaben der LOK, der BA und der Projekte von 03/04-2009

Zu den konkreten Inhalten der genderspezifischen Erkenntnisgewinne lassen sich auf der Grund-lage der geringen Fallzahl einschlägig tätiger Akteure zwar nur bedingt statistisch belastbaren Verteilungen benennen. Auf der Grundlage einer ungestützten offenen Nachfrage lassen sich aber einige Schwerpunkte ausmachen, bei denen genderspezifische Fragen für die Lokalen Akti-onspläne relevant werden. Zum einen handelt es sich dabei um die allgemeine Sensibilisierung zu Geschlechterfragen und auch um Fragen der konkreten Implementierung von Prinzipien des Gender-Mainstreamings. Mit leichtem Vorsprung gegenüber den Projekten werden diese Aspekte vor allem von den Begleitausschüssen und Koordinierungsstellen genannt. Besondere Akzente legen demgegenüber die Projekte zum einen auf die Genderaspekte im Zusammenhang mit Fra-gen von Migration und Interkulturalität und zum anderen auf mädchenspezifische Aspekte der sozialen Arbeit. Auch zur Rolle von Geschlechterfragen im Rechtsextremismus und zu jungen-spezifischen Aspekten der sozialen Arbeit sind in den verschiedenen Befragtengruppen besonde-re Erkenntnisse gewonnen und Überlegungen angestellt worden (s. Abb. 54, Tab. 52 im Anhang 1.12).

Zusammenfassend lässt sich insofern festhalten, dass zwar in Ausnahmefällen durchaus zentrale Themen für die Entwicklung geschlechtsspezifischer Angebote und auch für eine Berücksichti-gung von Gender-Mainstreaming-Aspekten in der Ausgestaltung der Gremien des Aktionsplans identifiziert wurden, die sich auch inhaltlich mit den Entwicklungen der Fachdiskussion decken.

Für eine über Ansätze hinausgehende Verbreitung dieser Aufmerksamkeiten in die Fläche der Aktionspläne finden sich jedoch nur schwache Anzeichen. 155

155 Vgl. die Beiträge in Klärner/Kohlstruck 2006 sowie Rieker 2009, S. 174f. Rieker hält fest, dass dem „hohen Stellenwert“

geschlechterbezogener Besonderheiten „kein angemessen ausdifferenziertes Angebot“ entspricht und sieht „ungeachtet der augenscheinlich hohen Relevanz geschlechterbezogener Aspekte eine fatale Tradition ihrer Missachtung etabliert.“

Kurzzusammenfassung:

ƒ Öffnung für Bürgerbeteiligung konnte in den Aktionsplänen mehrheitlich verankert werden.

ƒ Große Heterogenität der etablierten Formen und Verfahren.

ƒ Primäre Ziele der Bürgerbeteiligung sind die Aktivierung und Beteiligung von Bürger/innen. In der Umsetzung zeigen sich Akzente auf Erhöhung der Transparenz des Aktionsplans und nur bedingt Schritte zu einer anspruchsvollen Mitwirkung von Bürger/innen.

ƒ Jugendliche sind in Hinsicht auf die Projekte primär an der Durchführung, weniger an der Planung und Auswertung beteiligt.

ƒ Programmimpulse in Richtung von Gendermainstreaming und Geschlechtergerechtigkeit hinterlassen in der Mehrheit der Aktionspläne kaum Spuren.