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Gewerbe und Wirtschaft 1 Die Handwerksrolle

Anlässlich einer bereits im vergangenen Berichtszeitraum begonnenen Kontrolle einer Handwerkskammer wurde dem Landesbeauftragten auch der „Antrag auf die Eintragung in die Handwerksrolle, das Verzeichnis der handwerkähnlichen Gewerbe bzw. zulassungsfreien Handwerke“ (Handwerksrolle) vorgelegt. Ein Vergleich der mit diesem Antrag erhobenen Datenarten mit denen, die gemäß An-lage D der Handwerksordnung (HandwO) in die Handwerksrolle aufzunehmen sind, ergab eine überschießende Datenerhebung. Der Antrag sah die Erhebung von Geburtsort und Wohnanschrift des Inhabers, der persönlich haftenden Ge-sellschafter einer Personengesellschaft oder der Geschäftsführer einer juristi-schen Person oder des fachlichen Betriebsleiters, falls dieser nicht gleichzeitig Geschäftsführer ist, vor.

Die Handwerkskammer, mit der Unzulässigkeit dieses Tuns konfrontiert, ließ sich zwar dazu bewegen, auf die Erhebung des Geburtsortes o.g. Personenkreises zum Zweck der Eintragung in die Handwerksrolle fortan zu verzichten, die Wohn-anschrift sei jedoch erforderlich. Aus der Praxis sei z.B. gefordert worden, dass doch Betriebsleiter mittels ihrer Wohnadresse über die Löschung ihres Hand-werksbetriebes aus der Handwerksrolle informiert werden müssten.

Auf eine solche Diskussion ließ sich der Landesbeauftragte nicht ein. In der Anla-ge D zur HandwO, die die Art der personenbezoAnla-genen Daten in der Handwerks-rolle festlegt, heißt es: „In der HandwerksHandwerks-rolle dürfen folgende Daten gespeichert werden:“. Der Bundesgesetzgeber hat mit dieser Formulierung und der folgenden abschließenden Aufzählung seiner Absicht Ausdruck verliehen, dass die Aufzäh-lung eben gerade nicht nach Belieben der mit der Gesetzesausführung befassten Kammern erweitert werden kann, wenn dies nützlich oder für die Erledigung ir-gendeiner Aufgabe geeignet erscheint. Damit bestände auch für die ergänzende Anwendung des DSG-LSA, im Besonderen § 4 Abs. 1 (Einwilligungsklausel) oder

§ 9 Abs. 1 (Erforderlichkeitsgrundsatz der Datenerhebung), keinerlei Raum, denn

„soweit andere Rechtsvorschriften“ - und sei es eine ihrer Anlagen - „auf perso-nenbezogene Daten anwendbar sind, gehen sie den Vorschriften dieses Geset-zes (des DSG-LSA) vor“ (§ 3 Abs. 3 DSG-LSA).

Der Landesbeauftragte konnte der Kammer jedoch eine Lösung anbieten. Der Handwerkskammer stehen nämlich die Datenarten Geburtsort und Wohnanschrift zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 91 HandwO aus den ihnen nach § 14 Abs. 5 Ziff. 2 GewO zu übermittelnden Daten schon zur Verfügung. Zu den an die Kam-mern von den zur Entgegennahme der Gewerbeanzeigen zuständigen Stellen zu übermittelnden Daten aus den Gewerbeanzeigen (Anlagen 1 bis 3 zu § 14 Abs. 4 GewO) zählen diese Angaben der Betroffenen bereits. Die genannten Datenarten dürfen nicht in der Handwerksrolle gespeichert werden, wohl aber, auch automa-tisiert, als Teil der zur Mitgliederbetreuung geführten Sachakten, die der Erfüllung der Kammeraufgaben dienen.

Der Landesbeauftragte drückte der Kammer gegenüber seine Erwartung aus, dass diese durch Veranlassen geeigneter und nachprüfbarer Maßnahmen dafür Sorge trägt, dass die Mitarbeiter der Kammer nur auf die zur jeweiligen

Aufga-benerfüllung erforderlichen Datenarten Zugriff haben, beispielsweise ausschließ-lich die mit der Führung der Handwerksrolle befassten Mitarbeiter auf die in Anla-ge D der HandwO Anla-genannten Daten der Handwerksrolle. Auf technische und or-ganisatorische Maßnahmen zur Revisionsfähigkeit und auf die Transparenz des Verfahrens muss besonderer Augenmerk gelegt werden.

Die Kammer änderte inzwischen auch ihr Antragsformular. Damit entsteht nicht mehr der Eindruck, die Daten würden unzulässig in der Handwerksrolle gespei-chert.

11.2 Inkasso von Handwerkskammerbeiträgen

Der Landesbeauftragte wurde vom zuständigen Ministerium zu der Absicht einer Handwerkskammer befragt, die die Beitreibung der ausstehenden Mitgliedsbei-träge im Vorfeld der Vollstreckung an ein Inkassobüro abgeben wollte.

Die Beauftragung eines privaten Inkassounternehmens mit der Beitreibung von Beitragsforderungen einer Handwerkskammer war aus datenschutzrechtlicher Sicht zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, begegnete aber einigen Vorbehal-ten.

Nach § 113 Abs. 3 HandwO sind grundsätzlich die Gemeinden für Einziehung und Beitreibung der Beiträge zuständig. Die grundsätzliche Zulässigkeit der Übertra-gung von Inkassogeschäften ergibt sich, speziell für die Gemeinden, aus § 107 GO LSA. Eine entsprechende Regelung für die Handwerkskammern fehlt. Die auf der Grundlage von § 113 Abs. 3 S. 3 HandwO erlassene Verordnung über die Einziehung von Beiträgen zur Handwerkskammer berechtigte die dort genannten Kammern lediglich zur Beitreibung in eigener Zuständigkeit.

Die Beitreibung öffentlich-rechtlicher Forderungen betrifft in der Regel sensible personenbezogene Informationen. Zwar waren im vorliegenden Fall spezifische Geheimnisse, die einer Beauftragung ggf. hätten entgegen stehen können, wie etwa das Steuergeheimnis oder das Sozialgeheimnis, nicht betroffen. Zu berück-sichtigen war aber die Regelung des § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 30 VwVfG, die den Anspruch formuliert, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und damit auch Informationen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebsinhabers nicht unbefugt zu offenbaren.

Nach § 4 Abs. 1 DSG-LSA bedarf die Handwerkskammer als öffentliche Stelle im Sinne des § 3 Abs. 1 DSG-LSA für die Übermittlung personenbezogener Informa-tionen zum Beitragspflichtigen (Beitragsbescheid) an ein externes Inkassounter-nehmen als Dritten einer rechtlichen Grundlage.

Die Vorschriften über die Datenverarbeitung im Auftrag nach § 8 DSG-LSA wa-ren nicht einschlägig. Der dem Vorhaben beigefügte Vertragsentwurf beschrieb den Leistungsumfang. Danach wurde deutlich, dass ein umfängliches eigenver-antwortliches Handeln des Inkassounternehmens insbesondere mit der Freiheit der Maßnahmenwahl (u.a. aktives und passives telefonisches Inkasso, Adress-ermittlung, Bonitätsprüfung, Abschluss von Ratenzahlungen usw.) vorgesehen

war. Daher war letztlich von einer Übertragung der Beitreibungsfunktion und nicht von einer reinen Hilfstätigkeit auszugehen.

Als Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung kam § 12 Abs. 1 Nr. 1 DSG-LSA in Betracht. Fraglich erschien dabei, ob diese Übermittlung an ein Inkassobüro letztendlich als zur Aufgabenerfüllung erforderlich betrachtet werden kann. Die Handwerkskammer hatte als öffentliche Stelle den verfassungsmäßigen Grund-satz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.

Zunächst war einerseits ein erhebliches öffentliches Interesse an der rechtzeitigen und möglichst vollständigen Beitreibung öffentlicher Forderungen gegeben. Es besteht ein erhebliches Allgemeininteresse an der vollständigen Beitragszahlung zur finanziellen Sicherung der Erledigung öffentlicher Aufgaben.

Andererseits waren die Interessen der Betroffenen an der Geheimhaltung zu be-rücksichtigen. Oftmals sind sensible personenbezogene Informationen betroffen.

Zu berücksichtigen wäre wohl auch, dass gerade Handwerksbetriebe gelegentlich unverschuldet in eine finanziell komplizierte Situation gelangt sind.

Besonders problematisch erschien die Übermittlung solch sensibler Daten zur Finanzlage gerade an Inkassounternehmen, die ggf. gleichzeitig Auskunfteien betreiben oder ggf. bundesweit mit anderen entsprechenden Unternehmen ver-bunden sind. Die informationstechnologische Vernetzung und evtl. Zugriffsrege-lungen hätten einer besonderen Beobachtung bedurft. In diesen Punkten wäre das Gebot der Zweckbindung der Daten lediglich für den konkreten Inkassoauf-trag besonders zu beachten und umzusetzen gewesen.

Die Erforderlichkeit im engeren Sinne erforderte zudem, dass es der Handwerks-kammer ohne die Einschaltung eines Inkassobüros nicht oder nur unter unver-hältnismäßig großen Schwierigkeiten möglich wäre, die Aufgabe der Beitragsein-ziehung zu erledigen. Dabei war zunächst zu berücksichtigen, dass die Beitrei-bung grundsätzlich durch die Gemeinden nach den landesrechtlichen Vorschriften weiterhin möglich war. Die Gemeinden haben als Vollstreckungsbehörden (§ 6 VwVG LSA) die Befugnis, die Leistungsbescheide der Handwerkskammern als der Aufsicht des Landes unterstehende Körperschaften öffentlichen Rechts (§ 1 VwVG LSA) mit den Zwangsmitteln des Vollstreckungsrechts (§§ 27 ff VwVG LSA) zu vollstrecken. Die Möglichkeiten gingen also erheblich weiter als bei In-kassobüros als privatrechtlichen Einrichtungen, denen keine eigenständige Voll-streckungskompetenz zukommt. Die Erforderlichkeit der Einschaltung eines In-kassobüros im außergerichtlichen Bereich und jenseits des Vollstreckungsrechts hätte einer differenzierten Begründung bedurft.

Die Effizienz der Einschaltung eines Inkassounternehmens wäre darzulegen ge-wesen. Zunächst wäre eine befristete Regelung vorzuziehen, die nach einem an-gemessenen Zeitraum eine Evaluierung der Effizienz der Beauftragung des In-kassounternehmens ermöglicht.

Nach bisheriger Erkenntnis ist das Verfahren nicht weiter verfolgt worden, da zu-nächst nach einer kammerübergreifenden Lösung gesucht wurde.

12. Hinweise zum technischen und organisatorischen Datenschutz