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Gesundheit, Anforderungen und Ressourcen im Studium

Wie gesund sind die befragten Studierenden, welche studienbezogenen Anforderungen nehmen sie wahr und wie gut sind sie mit Ressourcen ausgestattet. Dies sind die Leifragen dieses Kapi-tels. Vor dem Hintergrund der Einzelbefunde werden Bezüge zwischen den Merkmalsbereichen hergestellt und empirisch analysiert.

6.1 Zur subjektiven Gesundheit Studierender

Nicht nur für Kinder und Jugendliche sondern auch für junge Erwachsene mangelt es an aussa-gefähigen epidemiologischen Daten zum körperlichen Gesundheitszustand, ganz besonders aber auch zur psychischen Gesundheit (Ravens-Sieberer, Thomas & Erhart, 2003). Als Bezeichnung von Selbstauskünften zu Gesundheit, die von außen schwer zugänglich bzw. feststellbar sind, hat sich international der mehrdimensionale Begriff „subjektive Gesundheit“ etabliert. Enthalten sind darin die körperliche Verfassung, das psychische Befinden, soziale Beziehungen sowie die Fähigkeit, Anforderungen des Alltags entsprechen zu können. Unbestritten ist, dass die Ergän-zung psychischer Aspekte von Gesundheit für Prävention und Gesundheitsförderung von heraus-ragender Bedeutung ist. Die frühzeitige Identifikation psychischer Störungen und Verhaltensauf-fälligkeiten kann dazu beitragen, diese zu mindern bevor sie in manifeste Erkrankungen münden.

Aus der Perspektive der Gesundheitsförderung bietet die Berücksichtigung subjektiver Merk-male von Gesundheit in epidemiologischen Untersuchungen zusätzlich die Möglichkeit,

Faktoren und Bedingungen zu ermitteln, die den Ressourcenerhalt und -aufbau unterstützen und die zur Gestaltung gesunder Lebenswelten genutzt werden können.

In diesem Sinne soll das folgende Kapitel die subjektive Gesundheit Studierender beleuchten.

Hierzu werden zunächst die Ergebnisse der Befragung zum habituellen Wohlbefinden und zur seelischen Gesundheit dargestellt. Anschließend werden der Themenkomplex gesundheitliche Beschwerden, Beeinträchtigungen infolge chronischer oder längerfristiger Erkrankungen sowie die Inanspruchnahme ärztlicher Versorgungsleistungen und abschließend der Medikamentenkon-sum beschrieben.

Habituelles Wohlbefinden und seelische Gesundheit

Positive Aspekte von Gesundheit werden im Rahmen dieser Studie durch Selbstangaben zum habituellen Wohlbefinden sowie zur seelischen Gesundheit erfasst. Sowohl die Verteilung des habituellen Wohlbefindens, gemessen mit der von Basler (1999) publizierten Skala, als auch der

seelischen Gesundheit, gemessen mit der von Becker (1989) konstruierten Skala sind rechtssteil mit einem Mittelwert von 3 bei einem Antwortwertbereich von „trifft nicht zu“(0) bis trifft völlig zu“ (5) bezogen auf das habituelle Wohlbefinden (M = 3.1; SD =1.0) und einem Durchschnitts-wert von 2 bei einem AntwortDurchschnitts-wertebereich von „nie“(0) bis „immer“ 3 bezogen auf die seelische Gesundheit (M = 2.04; SD =.37; vgl. Abbildung 29). Dies verdeutlicht bereits, dass die subjek-tive Gesundheit der Studierenden als „gut“ bis „sehr gut“ zu betrachten ist, da beide Mittelwerte jenseits des Skalenmittels von 2.5 (habituelles Wohlbefinden) bzw. 1.5 (seelische Gesundheit) liegen. In einem zweiten Schritt wurden die intervallskalierten Daten zur besseren Darstellung in Gruppen zusammengefasst, um zwischen Personen mit sehr geringen, geringen, starken und sehr starken Ausprägungen des habituellen Wohlbefindens bzw. der seelischen Gesundheit differen-zieren zu können (vgl. Tabelle 21).

1,00 2,00 3,00 4,00

habituelles Wohlbefinden

0 25 50 75

Anzahl

0,00 1,00 2,00 3,00

seelische Gesundheit

0 25 50 75

Anzahl

Abbildung 29: Verteilung der Antwortwerte der Skala zum

habituellen Wohlbefinden Abbildung 30: Verteilung der Antwortwerte der Skala zur seelischen Gesundheit

Sehr stark ausgeprägt ist das habituelle Wohlbefinden bei 282 (48.0) befragten Personen (vgl.

Tabelle 21). Die subjektiv eingeschätzte seelische Gesundheit der Studierenden ist noch günsti-ger: Hier berichten 363 (57.0%) Befragte eine sehr stark ausgeprägte seelische Gesundheit. Wer-den die Personen hinzugezählt, die eine „starke“ Ausprägung des jeweiligen Merkmals angeben, liegt die Quote derjenigen mit hohen Werten bei 91% (habituelles Wohlbefinden) bzw. 99 % (seelische Gesundheit). Ähnlich hohe Werte finden sich auch in Referenzstudien, die den sub-jektiven Gesundheitszustand betrachten.

Tabelle 21: Verteilung der Antwortwerte und Kennwerte der Skalen zu habituellen Wohlbefinden und zur seelischen Gesundheit

Ausprägung Skala

M SD sehr stark

N (%) stark

N (%) gering

N (%) sehr gering N (%) habituelles Wohlbefinden 3.1 1.0 282 (48.0) 254 (43.3) 50 (8.5) 107 (18.2 seelische Gesundheit 2.0 .36 336 (57.0) 250 (42.2) 3 (0.5) 0 (0.0)

Vergleichsdaten Ausprägungen

sehr gut N (%)

ziemlich gut

N (%) es geht N (%)

ziemlich schlecht

N (%)

sehr schlecht

N (%) Einschätzung des subjektiven

Gesund-heitszustandes

(Bachmann, Berta, Eggli & Hornung,

1999) 36.4% 50.6% 11% 1.5 0.5

Anmerkungen: Um die Antwortwerte vergleichen zu können wurden die unterschiedlichen Antwortwertebereiche durch lineare Transformationen einander angeglichen.

In der Zürcher Studie zu Belastungen und Ressourcen im Studium bewerten 36.4% der Befrag-ten ihren Gesundheitszustand als „sehr gut“, insgesamt 87% der befragBefrag-ten Studierenden berich-ten einen „ziemlich guberich-ten“ bis „sehr guberich-ten“ Gesundheitszustand. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit Ergebnissen einer Repräsentativbefragung von 20jährigen Jugendlichen in der Schweiz (Wydler, Walter, Hättich, Hornung & Gutzwiller, 1996). Im Gesundheitsbericht für die Bundesrepublik Deutschland hingegen werden niedrigere Werte berichtet, allerdings bei einer etwas älteren Gruppe (25-29jährigen). 64% dieser Befragten bewerten ihren Gesundheitszustand als „sehr gut“ bzw. „gut“. Inhaltlich interpretieren lassen sich die Unterschiede oder Ähnlich-keiten kaum, da die jeweils gewählte Operationalisierung von „subjektiver Gesundheit“ ver-schieden ist. In der HBSC-Studie z.B. wurde eine Einzelfrage dazu gestellt126, in der Zürcher Studie dagegen wurde das psychische Wohlbefinden über das Ausmaß an Depressivität bestimmt (Bachmann et al., 1999, S. 88).

Mittlere Zusammenhänge127 zwischen habituellem Wohlbefinden / seelischer Gesundheit und körperlichen Beschwerden (um r = .50) verweisen auf die gegenseitige Beeinflussung psychi-scher und physipsychi-scher Gesundheit (vgl. Tabelle 23). Gering (aber signifikant) korreliert die Bewertung der eigenen Ernährung (als gesund) mit den Indikatoren psychischer Gesundheit. Die Frequenz sportlicher Aktivitäten korreliert mit dem habituellen Wohlbefinden, mit der seelischen Gesundheit hingegen marginal, aber ebenso signifikant. Ein wechselseitiger Einfluss des Alko-hol- und Tabakkonsums auf die psychische Gesundheit kann mit diesen Daten nicht belegt wer-den.

126 In der HBSC-Studie wurden die Jugendlichen in einer Frage gebeten, ihren allgemeinen Gesundheitszustand zu beschreiben. Die

Hinsichtlich biografischer Merkmale zeigen sich die bereits in anderen Studien bestätigten Zu-sammenhänge (Hurrelmann, Klocke, Melzer & Ravens-Sieberer, 2003; Robert Koch Institut &

Statistisches Bundesamt, 2006; Statistisches Bundesamt, 1998): Geringe Unterschiede im habi-tuellen Wohlbefinden / in der seelischen Gesundheit zwischen Männern und Frauen können bestätigt werden, sehr geringe aber ebenso signifikante Beziehungen zwischen der wahrgenom-menen finanziellen Situation im Elternhaus und der psychischen Gesundheit zeigten sich ebenso in entsprechenden Analysen. Auch die aktuelle finanzielle Situation hat einen statistisch bedeut-samen, aber sehr geringen Einfluss auf die beiden Maße psychischer Gesundheit. Mit dem habituellen Wohlbefinden bzw. der seelischen Gesundheit variiert hingegen nicht die Existenz bzw. Dauer einer Partnerbeziehung bei den Studierenden.

Tabelle 22: Zusammenhänge zwischen habituellem Wohlbefinden bzw. seelischer Gesundheit und physischer Gesundheit, aktuellem Gesundheitsverhalten, biografischen Merkmalen sowie verfügbaren Ressour-cen

N habituel-les Wohl-befinden

seelische

Gesund-heit Physische Gesundheit

Körperliche

Be-schwerden 585 -,508** -.507**

Gesundheitsverhalten Gesunde Ernährung

(Selbstbeurteilung) 582 ,235** ,230**

Menge an Zigaretten

etc. 570 -,057 -,037

Reinalkohol gesamt

pro Woche 585 ,017 ,023

Sport – wie häufig

(pro Woche) 257 ,124* ,146*

Biografische Merkale

Geschlecht¹ 586 .317* .342

Alter (in Jahren) 585 -,037 ,020 Beurteilung der

fi-nanziellen Situation

im Elternhaus 575 ,141** ,106*

Ressourcen

feste/r Partner/in¹ 582 .294 .305 Dauer der

Partner-schaft (in Monaten) 307 -,041 -,034 Wie viel Geld

insge-samt? 544 ,064 ,128**

Anmerkung: ¹Bei den dichotomen Variablen wurde jeweils der Phi- Koeffizient berechnet;

* p < .05; ** p < .01

Im nächsten Schritt werden die Daten zu Körpergröße und –gewicht berichtet sowie nachfolgend die Antwortbereiche, die körperliche Einschränkungen sowie Krankheiten thematisieren.

Übergewicht und Adipositas

Der Anstieg des Körpergewichts bei Kindern und Jugendlichen in den westlichen Industrielän-dern in den letzten Jahrzehnten hat bereits vielfältige präventive Aktivitäten stimuliert, von ver-haltensbezogenen Interventionsprogrammen für (gefährdete) Kinder und Jugendliche bis hin zu verhältnisbezogenen Maßnahmen seitens der Bundesregierung zur Eindämmung des Angebots hochkalorischer Nahrungsmittel. Bislang ist allerdings noch keine Wende dieser Entwicklung absehbar (Robert Koch Institut in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt, 2006). In

den Staaten und Regionen, in denen sich der Lebensstil westlicher Industrienationen langsam etabliert – der mit hochkalorischer Ernährung, Nahrungsmittelüberfluss und Bewegungsarmut einhergeht – nimmt das Körpergewicht in den letzten fünfzehn Jahren deutlich zu. Ob dies für Studierende ebenso zutrifft, kann derzeit nicht geprüft werden, da keine Längsschnittdaten vor-liegen.

Die Mittelwerte des Körpergewichts und der Körpergröße der befragten Studierenden sind in nachfolgender Tabelle enthalten. Männer sind im Mittel 1.81m groß und wiegen durchschnittlich 75 kg, Frauen sind 13 cm kleiner und im Schnitt 15 kg leichter.

Tabelle 23: Mittelwerte, Standardabweichungen für die Körpergröße, das Körpergewicht und den Body-Mass-Index

männlich weiblich M SD M SD

Körpergröße 181.3 6.6 168.2 6.2

Körpergewicht 74.7 9.8 60.0 9.1

Body-Mass-Index* 22.7 2.8 21.2 1.0

* Quotient aus Körpergewicht (kg) und Körpergröße (m) zum Quadrat

In der Diskussion um das Körpergewicht werden Übergewicht (overweight) und Adipositas (obesity) häufig synonym verwendet. Der Begriff des Übergewichts ist unspezifisch und be-zeichnet ein in verschiedenen Altersstufen nach oben abweichendes Körpergewicht, das erst nach Überschreiten eines bestimmten Schwellenwertes als Krankheit eingestuft wird bzw. mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko verbunden ist (Robert Koch Institut, 2003b; Robert Koch Institut in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt, 2006). Hingegen bezeichnet Adi-positas ein „Übermaß an Fettgewebe“, das zu einer Beeinträchtigung der Gesundheit führt (World Health Organization, 2000). Der Anteil des Fettgewebes am Körpergewicht wird z.B. für 18jährige Männer mit 15-18% bzw. für Frauen mit 20-25% angegeben (Pudel & Westenhöfer, 1998). Mit zunehmendem Alter steigt der relative Anteil des Fettgewebes am Körpergewicht.

Die Bestimmung des Fettanteils im Körper ist jedoch methodisch aufwändig128, so dass in den meisten Studien ausschließlich das Übergewicht bestimmt wird aus dem Verhältnis von Körper-gewicht in Kilogramm zum Quadrat der Körpergröße in Metern.