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15 Ergebnisdarstellung von Menschen mit Lernschwierigkeiten (Strommer)

15.1 Gesellschaft

15.1.1 Integration und Inklusion - Definition und Wünsche

Mit dem Begriff Integration verbinden alle vier Interviewpartner*innen etwas anderes. Für zwei Interviewpartner*innen bedeutet der Begriff, dass Menschen aus einem anderen Land nach Österreich kommen und hier leben möchten. Sie sind überzeugt davon, dass sich Men-schen mit anderen sprachlichen und kulturellen Hintergründen, an die österreichiMen-schen Wer-te und EinsWer-tellungen anpassen müssen. In beiden InWer-terviews war bei diesem Thema eine starke Wut und Anspannung spürbar.

Seite 68 Für die anderen beiden Interviewpartner*innen handelt es sich dabei um eine Art Ausgren-zung.

„Integration ist, wenn man extra ist. Wenn die Menschen extra sind und total abgeschnitten von allem anderen“ (Interview 2:2, Z.48ff).

„Integration, das machen die normalen Menschen mit den Behinderten“ (In-terview 3:36f, Z.1).

Der Begriff Inklusion bedeutet für drei Interviewpartner*innen dabei zu sein, trotz Verschie-denheit eine Gemeinschaft zu bilden. Ein Interviewpartner kannte zwar den Begriff an sich nicht, aber hatte trotzdem Vorstellungen davon, wie eine gute Gemeinschaft aussehen sollte.

Er beschreibt die Begegnung auf Augenhöhe und das Hineinversetzen in andere Personen als wichtige Kriterien um verstehen zu können, wie andere Menschen sind und was sie leis-ten. Nach der Meinung dieses Interviewpartners reichen Gespräche oft nicht aus, um sich ein Bild von der Lebenssituation eines Menschen zu machen, sondern es ist notwendig, den Alltag mitzuerleben.

Aus den Aussagen geht hervor, dass die Befragten vor allem Begriffe wie Zusammengehö-rigkeit, Zusammenhalt, Wertschätzung und ein Geben und Nehmen mit Inklusion verbinden.

Dabei haben Menschen mit Lernschwierigkeiten den Wunsch, dass die Gesellschaft die Un-terschiedlichkeit von Menschen akzeptiert und sie zu einem Ganzen werden lässt.

15.1.2 Allgemein

Für einen Interviewpartner ist der Grund, weshalb eine Inklusion in der Gesellschaft nicht funktionieren kann, die fehlende Information darüber, was es überhaupt bedeutet inklusiv zu leben. Er geht davon aus, dass ein Teil der Gesellschaft Inklusion erreichen möchte, aber die Informationen darüber fehlen, wie dies funktionieren kann. Deshalb orientiert sich ein Teil an der Integration. Der andere Teil der Gesellschaft zeigt eine Abwehrhaltung gegenüber der Inklusion, weil es für diesen Teil etwas Unbekanntes und nichts Greifbares ist. Er ist über-zeugt davon, dass, wenn wir uns Gedanken darüber machen, wie wir diese Informationen aufbereiten können, die Gesellschaft diese gut annehmen und verwenden kann. Die Vermitt-lung sollte möglichst niederschwellig und einfach stattfinden, zum Beispiel in Form von Aus-tauschgesprächen in Kaffeehäusern, mit möglichst vielen verschiedenen Menschen.

Aus einem anderen Interview geht hervor, dass Menschen mit Hilfe von Zeitungen, Veran-staltungen oder dem Fernsehen über Themen wie Behinderung aufgeklärt und sensibilisiert werden könnten.

Seite 69 Den Interviewpartner*innen ist es sehr wichtig, dass Berührungsängste und Vorurteile abge-baut werden und die Gesellschaft offener gegenüber Unbekanntem wird. Sie soll sich auf unterschiedliche Menschen einlassen und allen mit Respekt gegenüberstehen.

Für zwei Interviewpartner*innen hat die Gesellschaft bereits einige inklusive Gedanken um-gesetzt, vor allem in öffentlichen Bereichen. Es wurde die unterstützte Kommunikation in Form von Piktogrammen genannt, die in Österreich bereits in einigen Kranhäusern, bei Äm-tern und Ärzten angewendet wird. Vor allem im medizinischen Bereich wurde schon viel um-gesetzt, aber auch in anderen Bereichen werden Fortschritte wahrgenommen. Es wird ver-mehrt auf eine barrierefreie Ausstattung in Form von Rampen und Liften bei öffentlichen Ge-bäuden, große Schriften und verschiedene Sprachfunktionen bei Apps geachtet.

Aus den Interviews geht hervor, dass trotz der vielen positiven Entwicklungen in Bezug auf unterstützte Kommunikation und Leichter Sprache, es noch immer viele Bereiche in der Ge-sellschaft gibt, wo Personen ausgeschlossen werden. Vor allem bei Gesprächen ist es oft schwierig, das Gesagte in leichter Sprache zu formulieren. Es scheint einfacher zu sein, In-halte schriftlich in Leichte Sprache zu verfassen.

15.1.3 Wünsche und Bedürfnisse

Eine Interviewpartnerin spricht die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung in der Ge-sellschaft an. Sie gibt an, dass eine Behinderung häufig als Krankheit gesehen wird und deshalb die Gesellschaft einen weiten Bogen um diese Personengruppe macht. Sie wünsche sich mehr Respekt und dass vor allem die Personen hinter der Behinderung gesehen wer-den und kein Krankheitsbild im Vordergrund steht. Diese Interviewpartnerin würde die Ge-sellschaft als „kinderfreundlich“ und „behindertenfeindlich“ beschreiben, da ihrer Meinung nach sehr viel Rücksicht auf Menschen mit Kinderwägen genommen wird, jedoch leider nicht auf Menschen mit Behinderung. Vor allem in öffentlichen Verkehrsmitteln nimmt sie dieses Ungleichgewicht wahr. Sie nennt einen Unterschied von Menschen am Land und in Städten und ist er Meinung, dass die Gesellschaft am Land hilfsbereiter und toleranter ist, vor allem in Bezug auf Menschen mit Behinderung. Für die Zukunft wünsche sie sich mehr Rücksicht-nahme von Personen, die in Städten leben.

Ein großes Bedürfnis von zwei Interviewpartner*innen ist es, dass alle Menschen so sein können wie sie sind, aber alle trotzdem Teil einer inklusiven Gesellschaft sein dürfen. Dabei wird betont, dass oft der Mensch als Einzelner nicht bedeutsam ist, sondern erst alle Men-schen zusammen, wenn sie ein Ganzes ergeben.

Seite 70 Die verschiedenen Fähigkeiten und Stärken der einzelnen Menschen sollen genutzt werden, um gegenseitig voneinander lernen zu können. Ein Interviewpartner meinte, dass jeder Mensch für sich selbst herausfinden soll, was er dazu beitragen kann, dass Inklusion in der Gesellschaft gelebt wird.