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Futuresmärkte lassen sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Sie wurden ursprünglich für die Bedürfnisse der Bauern und Kaufleute entwickelt. Man betrachte die Position eines Bauern im Monat April eines bestimmten Jah-res, der im Juni sein Getreide erntet. Er hat keine Sicherheit über den Preis, den er für das Getreide erzielt. In Jahren mit schlechten Ernten kann der Bauer einen relativ hohen Preis erzielen - vor allem dann, wenn er es mit dem Verkauf nicht eilig hat. In Jahren mit Überangeboten dagegen muss er das Getreide vielleicht zu Notverkaufpreisen verschleudern. Der Bauer und seine Familie sind zweifelsohne einem hohen Risiko ausgesetzt.

Als nächstes betrachte man die Position eines Kaufmanns, der einen ständi-gen Bedarf an Getreide hat. Auch der Kaufmann ist einem Preisrisiko ausge-setzt. In einigen Jahren kann eine Überangebotssituation zu günstigen Prei-sen führen; in anderen Jahren kann ein Mangel zu einem Hochschießen der Preise führen. Für den Bauern und den Kaufmann ist es ganz offensichtlich sinnvoll, sich im April (oder früher) zusammenzusetzen und sich über einen Preis für das im Juni zu erwartende Getreide des Bauern zu verständigen.

Anders ausgedrückt ist es sinnvoll, über einen Futureskontrakt zu verhan-deln. Mit dem Vertrag mindern beide Seiten das Risiko, das sie haben, weil sie den künftigen Getreidepreis nicht kennen.

KAPITEL 1 Einfuhrung 3 Was aber passiert in den restlichen Monaten mit dem Getreidebedarf des Kaufmanns? Ist die Erntesaison vorüber, muss das Getreide bis zur nächsten Saison gelagert werden. Der Kaufmann, der das Getreide lagert, trägt kein Preisrisiko sondern Lagerkosten. Lagert der Bauer oder eine andere Person das Getreide, tragen der Kaufmann und der Lagerhalter beide das mit dem künftigen Getreidepreis verbundene Risiko, so dass sich auch hier eine Möglichkeit eröffnet, Futureskontrakte abzuschließen.

CHICAGO BOARD OF TRADE

Die Chicago Board of Trade (CBOT) wurde 1848 gegründet, um Bauern und Kaufleute zusammenzuführen. Ursprünglich bestand ihre Hauptaufgabe darin, die Quantitäten und Qualitäten des gehandelten Getreides zu standar-disieren. Innerhalb weniger Jahre wurde der erste futurestypische Kontrakt entwickelt. Er war als to-arrive contract bekannt. Schnell begannen Spekulanten sich für den Kontrakt zu interessieren und sahen in dem Handel mit dem Kontrakt eine attraktive Alternative zu dem Handel mit dem Getreide selbst. Die Chicago Board of Trade bietet heute Futureskontrakte fur die verschiedensten Basisobjekte an, darunter Mais, Hafer, Sojabohnen, Sojamehl, Sojaöl, Weizen, Schatzobligationen und Schatzanweisungen.

CHICAGO MERCANTILE EXCHANGE

Im Jahre 1874 wurde die Chicago Produce Exchange gegründet; sie bildete einen Markt für Butter, Eier, Geflügel und andere verderbliche landwirt-schaftliche Produkte. 1898 zogen sich die Butter- und Eierhändler von der Börse zurück, um den Chicago Butter and Egg Board zu gründen. 1919 wurde der Board umbenannt in Chicago Mercantile Exchange (CME) und für den Futureshandel umorganisiert. Seitdem werden an dieser Börse Futu-res für viele Waren gehandelt, darunter Schweinebäuche (1961), Lebendrin-der (1964), Lebendschlachtschweine (1966) und MastrinLebendrin-der (1971). Seit 1982 werden auch Futureskontrakte auf den Aktienindex Standard & Poor's (S&P) 500 gehandelt.

1972 wurde als ein Zweig der Chicago Mercantile Exchange der Internatio-nal Monetary Market (IMM) für den Futureshandel mit ausländischen Wäh-rungen eingerichtet. Zu den am IMM gehandelten Währungsfutures gehören Futures auf das Britische Pfund, den Kanadischen Dollar, den Japanischen Yen, den Schweizer Franken und den Australischen Dollar. Am IMM

wer-4 KAPITEL 1 Einführung

den auch der einmonatige LIBOR-Futureskontrakt, der Futureskontrakt auf Schatzwechsel und der Futureskontrakt auf den Eurodollar gehandelt.

ANDERE BÖRSEN

Heute werden Futures weltweit an vielen anderen Börsen gehandelt. Dazu zählen die Bolsa de Mercadorias y Futuros (BM&F) in Säo Paulo, die Lon-don International Financial Futures Exchange (LIFFE), die Swiss Options and Financial Futures Exchange (SOFFEX), die Tokyo International Finan-cial Futures Exchange (TIFFE), die Singapore International Monetary Ex-change (SIMEX) und die Sydney Futures ExEx-change (SFE). (Eine vollständi-gere Liste ist in der Tabelle am Ende des Buches abgedruckt). Die meisten der an den verschiedenen Weltbörsen gehandelten Kontrakte fallen in die Kategorien Warenterminkontrakte (bei denen das Basisobjekt eine Rohware ist) und Financial Futureskontrakte (bei denen das Basisobjekt ein Finan-zierungsinstrument wie eine Anleihe oder ein Aktienportefeuille ist). Stän-dig werden neue Kontrakte vorgeschlagen. Es kann kaum einen Zweifel daran geben, dass die Futuresmärkte zu den erfolgreichsten finanziellen Innovationen überhaupt gehören.

Optionskontrakte

Optionskontrakte werden noch nicht so lange an den Börsen gehandelt wie Futureskontrakte. Trotzdem sind auch sie bei den Investoren erstaunlich beliebt. Es gibt zwei grundlegende Typen von Optionen: die Kaufoption (call option) und die Verkaufsoption (put option). Bei einer Kaufoption hat der Inhaber das Recht, zu einem bestimmten Zeitpunkt und zu einem be-stimmten Preis ein Basisobjekt zu kaufen. Bei einer Verkaufsoption hat der Inhaber das Recht, zu einem bestimmten Zeitpunkt und zu einem bestimm-ten Preis ein Basisobjekt zu verkaufen. Der Preis im Kontrakt ist der Basis-preis oder Ausübungskurs; das Datum in dem Kontrakt ist der Auslauftag,

Ausübungstag, Erklärungstag, Fälligkeitstag, Fälligkeitstermin, die Laufzeit oder das Verfallsdatum. Eine europäische Option kann nur am Fälligkeits-termin ausgeübt werden; eine amerikanische Option kann während der ge-samten Laufzeit ausgeübt werden.

Hervorzuheben ist, dass eine Option ihrem Inhaber das Recht gibt, etwas zu tun. Der Inhaber muss dieses Recht aber nicht ausüben. Diese Tatsache

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terscheidet Optionen von Futures. Der Inhaber einer Kaufposition in einem Futureskontrakt ist gezwungen, zu einem bestimmten Zeitpunkt und zu ei-nem bestimmten Preis das Basisobjekt zu kaufen. Der Inhaber einer Kaufop-tion hat dagegen die Wahl, das Basisobjekt zu einem bestimmten Zeitpunkt und zu einem bestimmten Preis zu kaufen oder nicht. Es kostet nichts (bis auf die in Kapitel 2 diskutierten Einschusssätze), einen Futureskontrakt zu kaufen. Bei einem Optionskontrakt dagegen muss der Investor eine Voraus-gebühr oder einen Preis für den Optionskontrakt zahlen.

Die größte Börse, an der Aktienoptionen gehandelt werden, ist die Chicago Board Options Exchange (CBOE). Anhand des folgenden Beispiels soll gezeigt werden, wie ein Optionskontrakt entsteht. Ein Investor beauftragt einen Broker, einen Kaufoptionskontrakt auf die IBM Aktie mit einem Ba-sispreis von 100 $ und einem Fälligkeitstermin im Oktober zu kaufen. Der Broker leitet diese Instruktionen an einen Händler auf dem Parkett der CBOE weiter. Dieser Händler sucht dann einen anderen Händler, der einen Oktober Kaufkontrakt auf IBM zu einem Basispreis von 100 $ verkaufen will. Es wird ein Preis vereinbart, das Geschäft wird abgeschlossen. Ange-nommen der vereinbarte Preis beträgt 6 $. Das ist der Preis für die Option auf den Kauf einer Aktie. In den USA bedeutet ein Aktionsoptionskontrakt immer eine Option auf den Kauf oder Verkauf von 100 Stück. Der Investor muss also über den Broker 600 $ an die Börse zahlen. Die Börse wiederum leitet das Geld an die Partei auf der anderen Seite der Transaktion weiter.

Wichtig zu wissen ist, dass der Aktienkurs nicht gleich dem Basispreis sein muss. Der Kurs der IBM Aktie kann in dem Beispiel bei Ausübung der Op-tion auch 102 $ betragen.

In dem Beispiel hat der Investor 600 $ für das Recht gezahlt, 100 IBM Akti-en für je 100 $ zu kaufAkti-en. Die Partei auf der anderAkti-en Seite der Transaktion hat 600 $ erhalten und zugestimmt, 100 Aktien für je 100 $ zu verkaufen, wenn der Investor beschließt, die Option auszuüben. An Optionsmärkten gibt es vier Typen von Teilnehmern:

1. Käufer von Kaufoptionen 2. Verkäufer von Kaufoptionen 3. Käufer von Verkaufsoptionen 4. Verkäufer von Verkaufsoptionen

6 KAPITEL 1 Einführung

Käufer haben sogenannte Kaufpositionen (Haussepositionen, Long Positio-nen); Verkäufer haben sogenannte Verkaufspositionen (Baissepositionen, Short Positionen).