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Gegenstände, Inhalte und methodische Grundsätze

Theaterformen ̅ Theater in der Schule ̅ Theaterpädagogik ̅

6. Weitere Ansätze

3.8 Gegenstände, Inhalte und methodische Grundsätze

Schlünzen sieht den Gegenstand der Arbeit im Schulfach Darstellendes Spiel in der

"subjektiven Anverwandlung der Welt durch Theaterspielen" (Schlünzen 1998a:4). In den Hamburger Rahmenplänen für die integrierte Gesamtschule und die gymnasiale Oberstufe aller Schulzweige werden die Gegenstände mit "der Wahrnehmung, Gestaltung und Reflexion von Welt unter dem Aspekt der Theatralität" angegeben (Freie Hansestadt Hamburg 2004b:4;

Freie Hansestadt Hamburg 2003b:5).

Der Berliner Rahmenplan für das Fach Darstellendes Spiel in der Sekundarstufe I zählt eine Reihe von Unterrichtsgegenständen auf. Neben szenischen Formen, die entweder vorgegeben sind (z. B. ein Theaterstück), die bearbeitet und eventuell dramatisiert wurden (z. B. eine Ballade) oder die erfunden wurden (z. B. mithilfe von Improvisationen während der Probenarbeit), sind das Übungen zum Umgang mit dem Körper, dem Spielraum, der Stimme, dem Spielpartner, dem Requisit, mit bildnerischen und musikalischen Elementen, Übungen zur Erarbeitung von Rollen und Übungen zum Umgang mit audiovisuellen Medien.

Außerdem können theatergeschichtliche oder theatertheoretische Fakten zum Gegenstand des Unterrichts werden, wenn dies im Zusammenhang mit der Arbeit am Projekt sinnvoll und notwendig erscheint (Senatsverwaltung Berlin 2006b:11).

Der Berliner Rahmenplan bezieht in seine Gegenstandsbeschreibung bereits Elemente ein, die in den Hamburger Rahmenplänen als Inhalte bezeichnet werden. Die Inhalte des Faches

Darstellendes Spiel werden in Hamburg mit Gestaltungsfeldern, Projektverfahren, Spielformen und Themen angegeben. Diese vier groben Unterteilungen werden nun ihrerseits wieder in kleinere, konkretere Inhaltsbereiche aufgespalten. Es wird davon ausgegangen, dass die verschiedenen Projekte abhängig von der gewählten Spielform in Hinblick auf die Gestaltungsfelder unterschiedliche Schwerpunkte haben können: Darsteller, Ensemble, Sprache, Raum und Bild, Zeit, Geräusch-Klang-Komposition und szenische Komposition. Es wird darauf hingewiesen, dass eine vollständige Trennung der Gestaltungsfelder in der praktischen Arbeit kaum möglich ist. Beim Inhalt "Projektverfahren" geht es darum, dass die Schülerinnen und Schüler unterschiedliche Projektverfahren kennenlernen. Es handelt sich um die Möglichkeit der Umsetzung oder der Adaption einer dramatischen Textvorlage, der Adaption einer nichtdramatischen Textvorlage oder um eine Eigenproduktion. Hier werden demnach auch Arbeitsweisen und Umsetzungsstrategien zum Inhalt des Unterrichts erklärt.

Auch Kombinationen unterschiedlicher Projektverfahren sind möglich. Der Inhalt

"Spielformen" wird im Rahmenplan für die Hamburger Integrierte Gesamtschule dahingehend spezifiziert, dass die Schülerinnen und Schüler Erfahrungen mit mehreren Spielformen machen. Zur Auswahl stehen: Sprechtheater, Bewegungstheater, Musiktheater, Bildertheater, Maskentheater, Schattentheater, Schwarzes Theater, Figurentheater, Videofilm, Mediales Theater. Auch Montagen sind möglich. Zur Beschreibung des Inhalts des Unterrichts gehört im Hamburger Gesamtschulrahmenplan auch der Hinweis auf geeignete Themen zur Bearbeitung in einem Theaterprojekt. Vor allem beschreibt der Lehrplan aber, wie die gewählten Themen beschaffen sein sollten: Sie sollten schülerorientiert sein und vielfältige Verbindungen zu anderen Aufgabengebieten und Fächern herstellen (Freie Hansestadt Hamburg 2003b:9ff.)

Schaubilder, die die Inhalte für den Unterricht im Darstellenden Spiel der unterschiedlichen Hamburger Schultypen und -formen zusammenfassen, unterscheiden sich nur marginal voneinander. Die folgende Übersicht veranschaulicht die verbindlichen und die fakultativen Inhalte im Fach Darstellendes Spiel für die Sekundarstufe I am Beispiel des neunstufigen Hamburger Gymnasiums:

Abb.12: Verbindliche und fakultative Inhalte im Unterricht Darstellendes Spiel des neunstufigen Hamburger Gymnasiums (Freie Hansestadt Hamburg 2003a:9)

Einigkeit herrscht in allen gesichteten Rahmenplanvorgaben in Bezug auf das angemessene Unterrichtsverfahren: Darstellendes Spiel erfolgt in Form von Projektunterricht. Reiss

bezeichnet das "Theaterprojekt als zentrales didaktisches Prinzip des gesamten Unterrichts"

(Reiss 2003a:46).

Lehrpläne stehen auch für Verbindlichkeit und Kontinuität über Schulen und Schulstufen hinaus. Die zentralen inhaltlichen Vorgaben in den Lehrplänen zum Darstellenden Spiel in Hamburg erstrecken sich auf vier Inhaltsbereiche: die Gestaltungsfelder, die Spielformen, die möglichen Projektverfahren und die infrage kommenden Themen. Das Entscheidende lässt diese Darstellung vermissen; es ist, wie die Wirklichkeit selbst, im Prinzip nicht darstellbar:

Die Einbeziehung der Inhalte ergibt noch nicht das ästhetische Erlebnis Theater. Dieses entsteht erst, wenn mittels der angeführten Elemente eine theatrale Wirklichkeit erzeugt wird, an die die Zuschauer und Spieler für die Zeit der Aufführung glauben.

Im Hamburger Rahmenplan für die Sekundarstufe I der integrierten Gesamtschulen wird eine Reihe didaktischer Grundsätze für das Fach Darstellendes Spiel formuliert, von denen hier jeweils nur der Kern angedeutet werden kann:

1. Die Gestaltung des Unterrichts muss auch zweisprachig aufwachsenden

Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund ermöglichen, die Inhalte zu erschließen. Um das zu gewährleisten, bietet der Rahmenplan Anregungen, die aus dem Sprachunterricht bekannt sind: Einsetzen von situationsbezogener dialogischer Verständnissicherung, vereinfachende und umschreibende Erklärungen, visuelle und herkunftssprachliche Hilfen bei der Bedeutungsvermittlung. Außerdem sollten die Aufgabenstellungen, wenn nötig und möglich, während des gesamten Projekts differenziert werden.31

2. Ein ganzheitlich fördernder Unterricht im Darstellenden Spiel wird hier verstanden als Unterricht mit affektiven, kognitiven, produktiven und kreativen Anteilen.

3. Gestalterischer Bezugspunkt des Darstellenden Spiels ist die Ästhetik der

historischen und vor allem der heutigen Theaterkunst. Das öffentliche Theaterleben soll vor dem Hintergrund der eigenen Projektarbeit thematisiert werden.

Theaterpädagogische Angebote der Theater sind zu nutzen.

4. Das Darstellende Spiel zeichnet sich im Kontrast zum professionellen Theater durch eine eigenständige pädagogisch-ästhetische Dimension aus. Ziel der Arbeit im Fach ist es, Jugendlichen in der künstlerischen Arbeit zu eigenem Ausdruck zu verhelfen.

31 Es verwundert, dass in diesem Abschnitt, der sich explizit mit dem angemessenen unterrichtlichen Herangehen an Schülerinnen und Schüler mit angenommenen sprachlichen Defiziten in der Unterrichtssprache Deutsch beschäftigt, die Vorteile theaterpädagogischer Methoden bei der Bedeutungserschließung von Wörtern und Strukturen sowie von kulturell geprägtem Verhalten nicht erwähnt werden.

5. Das Darstellende Spiel leistet einen Beitrag zur Medienerziehung in der Form, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Kenntnisse über Fernsehformate und Filme in den Unterricht einbringen und sich mit Gestaltungsmustern der visuellen Medien

auseinandersetzen.

6. Die Schülerinnen und Schüler sind an der Themenfindung, Planung und

Durchführung des Theaterprojekts aktiv beteiligt. Das Ergebnis ist ein ästhetisches Produkt. Die Ausbildung von theaterhandwerklichen Fertigkeiten wird in den Arbeitsprozess am Stück integriert.

7. Das Ausprobieren ist ein wichtiges Unterrichtsprinzip, welches von Reflexion begleitet wird.

8. Schülerorientierung äußert sich darin, einen Gegenstand zu finden, der die Schülerinnen und Schüler über einen längeren Zeitraum interessiert.

9. Die ästhetische Arbeit wird durch trainierende und zielgerichtete Übungen vorbereitet. Diese Lehrgangselemente begleiten die szenische Arbeit.

10. Während des gesamten Arbeitsprozesses geht es um die bewusst gestaltete Szene und deren Wirkung auf ein Publikum. Darum werden Ergebnisse der laufenden szenischen Arbeit immer wieder im Unterricht präsentiert und ausgewertet.

11. Die Projektarbeit wird mit einer Aufführung abgeschlossen.

12. Das zwölfte Prinzip umreißt die Aufgaben der Spielleitung wie z. B.: Situationen schaffen, konstruktive Impulse geben und die Verantwortung für das Gesamtprojekt tragen (Freie Hansestadt Hamburg 2003b:7ff.).

Daraus wird nicht ganz deutlich, nach welchem Prinzip die hier versammelten didaktischen Grundsätze ausgewählt worden sind.

Es handelt sich sowohl um Hinweise allgemeiner Art, die auf jeden Unterricht zutreffen (z. B.

1.), als auch um spezifische Hinweise, wie außerschulische Angebote zu nutzen sind (z. B.

3.), und um Prinzipien, die aus einem spezifisch theaterpädagogisch motivierten Unterricht abzuleiten sind. Auffällig sind der unterschiedliche Abstraktionsgrad der einzelnen Einträge sowie der fortlaufende Perspektivenwechsel. Nur mit einem gewissen Aufwand ließen sich konkrete, unterrichtswirksame Prinzipien aus dieser Zusammenstellung von Hinweisen ableiten. Gleichzeitig lenken diese Prinzipien auch den Blick auf die Schwierigkeiten, die es bereitet, umfassend gültige und verständliche Prinzipien für den Unterricht im Fach Darstellendes Spiel zu formulieren.