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Auf dem Gebiete der Unfallversicherung stehen die Erweiterung des Versicherungsschutzes, ferner eine Neuumschreibung der Leistungen der

Im Dokument MITTEILUNGEN Parlamentarische (Seite 159-164)

SUVA und deren Koordination mit den übrigen Sozialversicherungs-leistungen zur Diskussion. Das Koordinierungsproblem gilt im übrigen auch für die Militärversicherung. Die Harmonisierung der verschiedenen Versicherungszweige bildet ein ernsthaftes Problem, dem der Bundes-rat in der gegenwärtigen Revisionsphase seine volle Aufmerksamkeit schenkt.

V

Der Entwurf für einen neuen Artikel 34quater wird dieser Tage

ver-waltungsintern bereinigt und alsdann dem Bundesrat vorgelegt. Die

erste Säule wird entsprechend einer seit Jahren bewährten Entwicklung

ausgebaut. Der Versicherungscharakter der AHV bleibt gewahrt, der

soziale Gehalt wird aber weiterhin ausdrücklich betont. So soll es

einer-seits keine Einheitsrenten geben, die Höchstrente andereiner-seits das

Dop-pelte der Mindestrente aber nicht übersteigen. Die existenzsichernde

Rente soll durch die achte Revision angestrebt werden. Die siebente

Revision hat die einfache Altersrente auf 200 bis 400 Franken

festge-setzt; die achte will, zumindest bei den Grenzwerten, d. h. beim Minimum

und Maximum, die Ansätze in der ersten Phase verdoppeln. Das

be-deutet für die einfache Altersrente ein Rentenminimum von 400, ein

entsprechendes Maximum von 800 Franken im Monat; die Ehepaar-renten sollen zwischen 600 und 1200 Franken im Monat liegen. Diese erste Phase der AHV-Revision soll auf den 1. Januar 1973 in Kraft treten. Auf den 1. Januar 1975 soll nochmals eine ansehnliche Renten-erhöhung als zweiter Schritt folgen.

Das ist gewissermassen das Rahmenprogramm. Zu weiteren Detail-punkten möchte ich mich nur summarisch äussern. Es ist u. a. vorge-sehen, Erleichterungen für den selbständigen Rentenbezug der Ehefrau zu schaffen und Verbesserungen für den Rentenanspruch der geschie-denen Frau einzuführen. Auch wird unseren Schweizern im Ausland der Beitritt zur freiwilligen AHV und IV nochmals geöffnet. Heute machen die Bezüge der freiwilligen Versicherung nahezu das Siebenfache ihrer Beiträge aus; diese Relationen werden sich wohl noch verschärfen. Es geht hier, ohne dass man davon spricht, um eine der ersten Realisie-rungen des Auslandschweizer-Bundesverfassungsartikels 45biS.

Im Rahmen der achten AHV-Revision habe ich noch ein besonderes Anliegen: es geht um das Taschengeld der in Heimen und Anstalten untergebrachten Rentenbezüger. Hier besteht, soweit ich orientiert bin, derzeit ein gewisser Rückstand. Ihre Konferenz und das Bundesamt für Sozialversicherung sollten die bisherige Vereinbarung wieder einmal auf den aktuellen Stand der Dinge bringen. Ich verstehe durchaus - und die Gefahren liegen auf der Hand -‚ dass man das Taschengeld nicht ad libitum aufbessern kann, aber es sollte doch erstrebt werden, das Taschengeld überall dort, wo es verantwortet werden kann, den heutigen Verhältnissen anzupassen.

Der Entwurf zur achten AHV-Revision sieht schliesslich vor, die Einkommensgrenzen für den Bezug von Ergänzungsleistungen erneut heraufzusetzen. Die Grenzwerte sollen für Alleinstehende 5 400 bis 6 000 und für Ehepaare 8 100 bis 9 000 Franken im Jahr betragen. Jedem be-tagten oder invaliden Mitbürger werden also mindestens in diesem Rah-men Existenzmittel zur Verfügung stehen. Das Endziel ist indessen ein Abbau der Ergänzungsleistungen. Sie werden für die Arbeitnehmer keine Rolle mehr spielen, sobald das Obligatorium der zweiten Säule wirksam sein wird.

Schliesslich sieht der Verfassungsartikel auch Sachleistungen vor;

die AKV-Verwaltung ist für diesen Bereich nicht eingerichtet. Daher wird die Schweizerische Stiftung für das Alter entsprechend dotiert werden. Der verwaltungsinterne Gesetzesentwurf sieht einen Bundes-beitrag von 10 Millionen Franken vor. Die Stiftung wird ihre Organi-sation dem neuen Aufgabenkreis allerdings noch vermehrt anpassen

müssen; als deren Präsident zweifle ich nicht daran, dass ihre Anstren- gungen zum Ziele führen.

VI

Die AHV finanziert sich aus den Beiträgen der Versicherten und der Arbeitgeber, aus den Zuwendungen der öffentlichen Hand und aus dem Ausgleichsfonds. Nun erfordert der Ausbau der ersten Säule weit höhere Mittel als sie bisher nötig waren. Die Versicherten und ihre Arbeitgeber bezahlten an die AHV und IV bis vor kurzem zusammen 4,4 Prozent des massgebenden Einkommens. Seit der siebenten AHV-Revision sind es 5,8 Prozent, von 1973 an werden es 8 Prozent sein. Dazu kommt der Beitrag an die Erwerbsersatzordnung. Für die Selbständigerwerbenden, für die seit 1969 ein reduzierter Ansatz besteht, wird auch in Zukunft ein entsprechend herabgesetzter Ansatz gelten; auch wird die soge-nannte sinkende Beitragsskala für Versicherte mit geringem Einkom-men erweitert werden. Die Ansätze für Nichterwerbstätige werden eben-falls angepasst.

Die öffentliche Hand, d. h. der Bund und die Kantone, kommen heute für ein Fünftel der AHV-Leistungen auf. Davon entfallen drei Viertel auf den Bund, ein Viertel auf die Kantone. Im nächsten Jahre hat der Bund an die AHV 537 Millionen und haben die Kantone einen Beitrag von 179 Millionen Franken zu entrichten. Nahezu verdoppelte Leistun-gen erheischen wie gesagt entsprechend mehr Mittel. Wir kennen die angespannte Finanzlage der meisten Kantone und verstehen es durchaus, dass sie von der kommenden Mehrbelastung nicht begeistert sind. Ein Meinungsaustausch zwischen einer Delegation der kantonalen Finanz-direktorenkonferenz und einer solchen des Bundesrates führte indes in der zweiten Hälfte August zu einer erfreulichen Übereinstimmung:

es soll, zumindest für die nächste Zukunft, beim bisherigen Verteiler bleiben, d. h. bei einem Beitrag der öffentlichen Hand von 20 Prozent, der sich in unveränderter Weise auf den Bund und die Kantone verteilt.

Ich danke den Kantonen für das Verständnis, das sie der grossen sozia-len Aufgabe gegenüber bewiesen haben. Der Bund selbst bestreitet seinen Beitrag nach wie vor aus seinem Anteil an den Reineinnahmen aus der fiskalischen Belastung gebrannter Wasser sowie aus den Tabaksteuern und Tabakzöllen. Dabei soll Artikel 41bis der Bundesverfassung dahin eine Änderung erfahren, dass auch Raucherwaren, die keinen Tabak enthalten, besteuert werden können. Diese Modifikation drängt sich auf, weil die Einführung einer synthetischen Zigarette aus tabakfremdem Material in den nächsten Jahren nicht auszuschliessen ist. Diese Ände-rung unterliegt ebenfalls dem obligatorischen Referendum.

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VII

Im Gegensatz zur ersten betritt die zweite Säule verfassungsrechtli-ches und gesetzgeberisverfassungsrechtli-ches Neuland. Dabei stehen wir aber keineswegs vor dem Nichts, gab es in unserem Lande vor einigen Jahren doch schon über 16 000 Vorsorgeeinrichtungen mit 1,7 Millionen Mitgliedern. Diese erfreuliche Entwicklung muss indes fortgesetzt und zum konsequenten Abschluss gebracht werden. Ein kleiner Meilenstein hiezu wird aus-gerechnet heute gesetzt: für das neue Arbeitsvertragsrecht, d. h. für die betreffenden Bestimmungen im Obligationenrecht, die u. a. in bezug auf die Freizügigkeit des Arbeitnehmers wertvolle Fortschritte bringen, läuft die Referendumsfrist am heutigen Tage unbenützt ab. Es geht hier aber nur um eine Übergangslösung. Der Entwurf für den neuen Verfassungsartikel sieht ein Obligatorium der zweiten Säule für die Arbeitnehmer vor: die Arbeitgeber werden verpflichtet, sie bis zu einem bestimmten Einkommen zu versichern. Die Selbständigerwerbenden sol-len freiwillig und zu gleichwertigen Bedingungen wie die Arbeitnehmer einer solchen Einrichtung beitreten können. Für bestimmte Gruppen kann der Beitritt allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch er-klärt werden. Das kann sich zum Beispiel für die Landwirtschaft und das Kleingewerbe, d. h. für solche Kreise als erforderlich erweisen, bei denen die dritte Säule, d. h. die private Vorsorge, nicht zum Tragen kommt.

Der Grundsatz hört sich recht einfach an; seine Realisierung wird dem Gesetzgeber und der Verwaltung aber noch einige harte Nüsse zu knacken geben. Eine erste Schwierigkeit liegt zum Beispiel in der lücken-losen Durchführung des Obligatoriums. Der Arbeitnehmer muss sich darauf verlassen können, dass er, auch wenn er die Stelle wechselt, zu gegebener Zeit in den vollen Genuss der ihm zustehenden Leistung kommt. Da nicht sämtliche Arbeitgeber eine Pensionskasse werden gründen können, muss ihnen die Möglichkeit gegeben werden, ihr Per-sonal bei einer Auffangkasse zu versichern. Für deren Ausgestaltung sind verschiedene Lösungen denkbar. Besonders subtil muss auch die an sich unerlässliche Aufsicht über die Pensionskassen geregelt werden.

Ein zentrales Problem bildet schliesslich die Behandlung der Über-gangsgeneration. Die Frage stellt sich zwar nur für jene Arbeitnehmer, die bisher nicht oder nur ungenügend versichert waren; durch die er-heblichen Fortschritte der achten AHV-Revision verliert sie zudem auch hier an Schärfe. Aber sie bleibt noch bedeutsam genug. Der Entwurf sieht zwei genau zu unterscheidende Fristen vor. Die Vorsorgeeinrich-tungen werden nämlich den vorgeschriebenen Mindestschutz nicht so-fort, sondern - je nach der Einkommenshöhe - erst innerhalb von 478

10 bis 20 Jahren zu entrichten haben. Diese Frist wird zweifellos noch viel zu reden geben; im Vernehmiassungsverfahren waren die Antworten darauf besonders kontrovers. Eine zweite, diesmal fünfjährige Über-gangsfrist betrifft die Beitragsansätze. Sie ermöglicht jenen Betrieben, die die Einführung des Obligatoriums allenfalls in eine heikle Lage ver-setzt, ihre Soziallasten schrittweise zu erhöhen: in fünf Jahren aber muss der endgültige Ansatz erreicht sein.

Die zweite erheischt wie die erste Säule ganz erhebliche finanzielle Anstrengungen. Sie sind um so grösser, als die berufliche Vorsorge wie die AHV die Kaufkraft der Leistungen sicherstellen, d. h. sie nötigen-falls entsprechend heraufsetzen soll. Ihrem Charakter nach kann die zweite Säule keine öffentlichen Mittel beanspruchen. Lediglich von seiten der Landwirtschaft werden solche in Erwägung gezogen. Hier handelt es sich jedoch um das Sonderproblem der landwirtschaftlichen Sozialpolitik überhaupt. Die Verteilung der Belastung unter Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird durch Gesamtarbeitsverträge und individuelle Abmachungen geregelt werden. Der Verfassungsartikel setzt aber fest, dass die Arbeitgeber mindestens gleich hohe Beiträge zu entrichten haben wie die Arbeitnehmer. Im übrigen soll zwischen den Arbeitgeber-und den Arbeitnehmerbeiträgen an die AHV Arbeitgeber-und an die berufliche Vor-sorge im Gesamten ein angemessenes Verhältnis gewahrt werden. Die

Bundesgesetzgebung soll daher dafür besorgt sein, dass sowohl die AHVJIV als auch die berufliche Vorsorge auf weite Sicht sich ihrem Zwecke gemäss entwickeln können.

Die berufliche Vorsorge verdient noch einen anderen Hinweis. Wer heute schon über eine gute Pensionskasse verfügt, der reagiert auf die Ausbaupläne der AHV zuweilen eher skeptisch. Hier wird es Aufgabe der bestehenden Kassen sein, die im konkreten Fall zweckmässige Lösung zu finden.

VIII

Es geht bei der ersten und zweiten Säule nicht nur um die finanziellen Erfordernisse. Die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge tritt aus ihren früheren, engen Grenzen heraus; sie stellt heute nach der Grössenordnung und wegen ihrer Verflechtung einen immer wichtigeren Faktor im volkswirtschaftlichen Geschehen dar. Auf weite Sicht bedarf sie (einschliesslich der Beiträge der öffentlichen Hand) gegen 25 Prozent des Arbeitseinkommens oder nicht weniger als 15 Prozent des Volks-einkommens. Somit wird ein beachtlicher Teil des Wirtschaftsertrages zur Sicherung der Risiken Alter, Tod und Invalidität abgezweigt. Dazu 479

kommen noch die Risiken Krankheit und Unfall. Der Gesamtkomplex

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