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2. Physiologische Grundlagen und Fütterungspraxis Schweiz

2.1. Physiologische Grundlagen

2.1.2. Ganzkörperzusammensetzung und N-Ansatz

Die vergleichende Ganzkörperanalyse wird als Methode benutzt, um den Protein- bzw.

Aminosäurenansatz während Wachstumsphasen zu messen. Davon ausgehend wird der Aminosäurenbedarf abgeleitet. Mit den gleichen Daten lässt sich der output (die Ausscheidungen) einer definierten Zeitspanne indirekt als Differenz zwischen Futter-N und N-Ansatz im Leerkörper berechnen. Als Alternative werden N-Bilanzversuche mit Haltung der Schweine in Stoffwechselkästen (bei sehr eingeschränkter Bewegungsfreiheit) angewendet. Mit der quantitativen Sammlung von Kot und Harn und der Messung der Proteinaufnahme lässt sich die N-Retention berechnen und differenzierte Aussagen über das Kot-Harnverhältnis und Zusammensetzung des Kot-Harngemisches sind möglich. Beide Methoden haben Vor- und Nachteile (GfE 2006). Es besteht aber Konsens darüber, dass N-Bilanzversuche messtechnisch bedingt im Vergleich zur Ganzkörperanalyse den Ansatz systematisch überschätzen bzw. die N-Ausscheidungen unterschätzen. Die Grössenordnung der Abweichung bewegt sich in einem Bereich zwischen 5 und 15 % (Quiniou et al 1995, Haude 2003). In der Diskussion um Reduktionspotentiale von N-Ausscheidungen ist es nicht unerheblich, auf welche Methode sich die Aussagen stützen. Bei den in den folgenden Abschnitten zusammengestellten Angaben zum output, Ansatz und N-Effizienz wird der Ganzkörperanalyse wenn immer möglich Priorität gegeben. Da die vergleichende Ganzkörperanalyse mit grossem Aufwand verbunden ist, wurden Schätzgleichungen aus Schlachtkörperzerlegungsdaten zur Schätzung der chemischen Zusammensetzung des Ganzkörpers abgeleitet. Diese haben aber nur für den jeweils benutzten Genotyp Gültigkeit.

Im Verlaufe des Wachstums nimmt der Fettgehalt im Ganzkörper zu, während der Proteingehalt bei insgesamt kleinerer Streuung auf relativ konstantem Niveau von 13 – 17 % RP bleibt (Abb. 12). Eine Ausnahme bilden neugeborene Ferkel, die bei einem Fettgehalt von <2 % mit sehr wenig Fettreserven geboren werden. Durch den Zuchtfortschritt hat sich in den letzten 25 Jahren die Körperzusammensetzung von Mastschweinen verändert. Bei MLP-Prüftieren erhöhte sich der Anteil wertvoller Fleischstücke im Mittel von 52 % (1980) auf 58 % (2005) und der Anteil Fettgewebe sank

von 16 % auf 12 % ab (SUISAG, 2008). Ein höherer Muskelanteil heisst auch mehr N im Ganzkörper. Die Körperzusammensetzung von Sauen schwankt über die Reproduktionszyklen, in denen sich Mobilisierungs- mit Regenerierungsphasen abwechseln.

Abb. 12. Rohprotein- und Fettgehalt im Leerkörper (ohne Darminhalt) von Schweinen im Gewichtsbereich 1.3 kg bis 180 kg (Zeitbereich: 1980-2008; GfE 2004, Bee 1993, Berk und Schulze 2001, Beyer et al 1994, Bracher-Jakob 1990a+b, Dourmad et al 1998, Etienne 2005, Gill 2006, Haude 2003, Martinez-Ramirez et al 2008, Wagner et al 1999, Wesseling 2003, Weis et al 2004 )

0.0 5.0 10.0 15.0 20.0 25.0 30.0 35.0 40.0

0 20 40 60 80 100 120 140 160

Leerkörpergewicht kg

% RP, % Fett im LK

% RP % Fett Jungsauen bis 1. Absetzen

Die retinierte N-Menge nimmt mit dem Gewicht der Schweine linear zu. Die Fettmenge hat einen exponentialen Verlauf, da der prozentuale Körperfettgehalt im Verlaufe der Mast steigt. Zudem ist die Entwicklung der Fettmenge stärker geschlechtsabhängig (Abb. 13, gleiche Datengrundlage wie Abb. 12). Kastraten setzen am meisten Fett an. Die letzten Schweizer Daten aus den Jahren 1990/93 (Bracher-Jakob 1990, Bee 1993) zeigen im Mittel mehrerer Versuchsreihen für Kastraten eine N-Menge von 2.183 kg bei 102 kg LG (Leerkörpergewicht von rund 97 kg). Eine Extrapolation auf heutige Verhältnisse lässt vermuten, dass dieser Wert im Bereich von 2.40 kg N anzusiedeln ist und für Mastsauen und Eber 100 rep. 200 g N höher liegt. Die ausländischen Angaben basieren auf anderer Genetik und der Regressionswert aus Abb. 13 kann nicht 1:1 übernommen werden. Die Datenlücke aus schweizerischer Sicht lässt sich nur über gezielte Ganzkörperanalysen von aktuellen Genotypen ergänzen. Die Schliessung dieser Lücke ist wichtig, da durch die Retention der Bedarf

beeinflusst wird und nur bei korrekter Schätzung des Bedarfs eine emissionsarme Fütterung anvisiert werden kann. Im Weiteren führen Ungenauigkeiten (Unterschätzung) bei der Schätzung der Retention zu Fehlern (Überschätzung) der berechneten Ausscheidungen.

Abb. 13. N- und Fettmenge im Leerkörper von Schweinen im Gewichtsbereich 1.3 kg bis 120 kg (gleiche Daten wie Abb. 12)

N-Menge im Leerkörper 1980-2008 Fettmenge im Leerkörper 1980-2008

y = 0.0242x + 0.0246

N mk N w+m Kastraten Weibchen, Eber

CH Daten

Fett mk Fett w+m Kastraten Weibchen, Eber

N-Menge im Leerkörper >1999 Fettmenge im Leerkörper >1999

y = 0.0256x + 0.0034

N mk N w+m Kastraten Weibchen, Eber

y = 0.0505x1.3409

Fett mk Fett w+m Kastraten Weibchen, Eber

kg N bei 100 kg LK CH Daten 1990/93 <1998 Reg100 >1999 Reg100

Kastraten 2.183 kg N 2.34 kg N 2.56 kg N

Weibchen, Eber 2.59 kg N 2.67 kg N

Die im Ganzkörper retinierte N-Menge findet Eingang in den Import/Exportbilanzen als Richtgrösse für den N-Export von Tierverkäufen oder Abgängen. Die verwendete Richtgrösse von 22.2 g N/kg LG bei über 60 kg schweren Schweinen ist einer kritischen Prüfung zu unterziehen (Abb. 14). Bei Mastsauen und im Fall von Ebermast ist dieser Wert zu tief angesetzt. Wie weit der Wert grundsätzlich nach oben korrigiert werden sollte, kann nur mit aktuellen Ganzkörperanalysen von Schweinen schweizerischer Herkunft schlüssig belegt werden. Bei Muttersauen ist grundsätzlich mit

einer grossen Streubreite von 21 bis 26 g N/kg LG zu rechnen (gemäss Schätzgleichungen von Dourmad et al 2008), da die Fett- und Proteinmenge im Verlaufe der Trächtigkeit und Laktation angesetzt und wieder mobilisiert wird. Der untere Wert gilt für fette, trächtige Sauen und der obere Werte für stark abgesäugte Sauen, was allerdings mit Schweizer Genetik noch bestätigt werden müsste.

Abb. 14. Retinierter N im Ganzkörper von Schweinen in g N/ kg LG in Abhängigkeit des Lebendgewichtes (Daten wie Abb. 12)

14 16 18 20 22 24 26 28 30

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

LG kg

g / k g

mk, gem w, m

IMPEX Kennzahl

Wie aus Abbildung 13 ersichtlich ist, nimmt im Verlauf des Wachstums der relative Anteil des Fettansatzes am Gesamtansatz zu. Als Folge davon sinkt der Protein- bzw. Aminosäurenbedarf pro MJ Futterenergie (Abb. 15, Stoll et al 2004). Unterhalb des maximalen Proteinansatzvermögens ist der Proteinansatz linear von der Energieaufnahme abhängig. (Quiniou et al 1996). Die Fütterungsnormen wurden 2004 das letzte Mal aktualisiert und decken auch fleischbetonte Genotypen ab. In einer künftigen Revision wäre es sinnvoll, den Bedarf analog den deutschen Empfehlungen nach Geschlecht differenziert anzugeben und die Genotypgruppen (gemäss MFA) zu kennzeichnen. Die Unterschiede von Nachkommen aus Vater- bzw. Mutterlinien werden zunehmen.

Die Umsetzung der bedarfsgerechten Proteinversorgung bedingt eine stufenweise Anpassung der Futterzusammensetzung. Mit dieser sogenannten Phasenfütterung können die Perioden von Proteinmangel und Proteinüberschüssen minimiert werden. Da überschüssiges Protein vor allem über den Harn wieder ausgeschieden wird, ist dies emissionsrelevant.

Kurzporträt:

Bereich Sauen

Kurzporträt:

Abb. 15. Lysinbedarf (brutto) in Abhängigkeit des Lebendgewichtes (Stoll et al 2004)

Lys g/MJ VES Lys g/kg Futter 13.5 MJ Lys g/kg Futter 14 MJ

Wird die Phasenfütterung mit Protein reduziertem Futter kombiniert, dessen Aminosäurenprofil mit synthetischen Aminosäuren optimiert wurde, wird bei maximaler N-Effizienz das Reduktionspotenzial von der N-Inputseite her ausgeschöpft. Die N-Effizienz (N-Retention/N-Input) ist abhängig von der Tierkategorie und Produktionsphase (Abb. 16).

Abb.16. Variationsbreite der N-Efizienz nach Schweinekategorie (Daten aus Literaturverzeichnis)

87

Saugferkel Absetzferkel Vormast Ausmast trächtigeSauen lakt. Sauen

%

Die N-Effizienz kann bei Galtsauen unter 10 % fallen (Beyer et al 1994a). Die N-Effizienz der Galtsauen liegt wesentlich tiefer als jene der säugenden Sauen oder der Mastschweine. Die Saugferkel verwerten den Futter-N am effizientesten. Rund 85 % werden angesetzt. Die

physiologischen Gegebenheiten setzten bezüglich der Optimierung Limiten. Den bestehenden Spielraum in der N-Effizienz gilt es über Fütterungsmassnahmen auszuschöpfen.