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Freie Lie-Algebren

Im Dokument Freie algebraische Strukturen (Seite 78-113)

In Gruppen dr¨uckt der Kommutator [a, b] = a−1b−1ab zweier Elemente a, b den”Unterschied“ zwischenabundbaaus, denn es gilt:ab=ba[a, b]. In Alge-bren gibt es in der Regel zwar nicht diese auf multiplikative Invertierbarkeit angewiesene Bildung, jedoch statt dessen die M¨oglichkeit, den”additiven Un-terschied“ zwischenabundba, n¨amlichab−bazu betrachten; man bezeichnet dieses Element in der Algebrentheorie daher ebenfalls als Kommutator von a und b und schreibt es – solange keine Verwechslungen zu bef¨urchten sind – ebenso wie in der Gruppentheorie, also in der Form [a, b]. Jedoch treten bisweilen in einem Kontext beide Typen von Kommutatoren auf, so daß es dann unterscheidender Schreibweisen bedarf (s. S. 100). Im Falle von Kommu-tatoren von Elementen der Einheitengruppe eines Ringes hat man folgende triviale Beziehung zwischen beiden Typen:

4.0.1 Sind a, b Einheiten eines unit¨aren Ringes R, so gilt a−1b−1ab= 1R+a−1b−1(ab−ba)

Die Kommutatorbildung [.,.] stellt eine neue Verkn¨upfung auf der Ausgangs-Tr¨agermenge dar. In einer assoziativenAlgebra f¨uhrt sie auf einen besonders wichtigen Typus von algebraischen Strukturen. Sei im folgenden K ein be-liebiger kommutativer unit¨arer Ring.

4.0.2 Gilt ((A,+),·) ∈ KA, so auch ((A,+),[.,.]) ∈ KA, und [a,a] = 0A f¨ur alle a ∈A,

denn f¨ur alle a, b,c∈A, r∈K gilt:

[a, b+c] =a(b+c)−(b+c)a=ab−ba+ac−ca= [a, b] + [a, c],

ebenso [b+c, a] = [b, a] + [c, a], und

[a, rb] =a(rb)−(rb)a= (ra)b−b(ra) = [ra, b] =r(ab)−r(ba) =r[a, b],

ferner [a, a] =aa−aa= 0A.

4.0.3 Gilt A ∈KR, so folgt f¨ur alle a, b, c∈A:

[[a, b], c] + [[b, c], a] + [[c, a], b] = 0A, denn

[[a, b], c] + [[b, c], a] + [[c, a], b]

= (ab−ba)c−c(ab−ba) + (bc−cb)a−a(bc−cb) + (ca−ac)b−b(ca−ac)

= 0A.

Die Assoziativit¨at ¨ubertr¨agt sich keineswegs von A auf die verm¨oge Kom-mutatorbildung gem¨aß 4.0.2 neu entstehende Algebra. Vielmehr tritt das in 4.0.3 aufgef¨uhrte Gesetz sozusagen an ihre Stelle, insofern es – wie die Asso-ziativit¨at, nur in anderer Weise – eine harmonische Regel ¨uber das Produkt dreier Elemente ausdr¨uckt.

4.1 Definition Sei K ∈ R1 kommutativ, ((A,+),◦) ∈ KA. A heißt eine K-Lie-Algebra (oder: Lie-Algebra ¨uber K), wenn f¨ur allea,b, c∈A gilt:

(i) a◦a= 0A,

(ii) (a◦b)◦c+ (b◦c)◦a+ (c◦a)◦b= 0A.

Das Gesetz (i) wird das Anti-Kommutativgesetz genannt. Es impliziert (i’) a◦b =−b◦a,

denn nach (i) gilt: 0A = (a+b)◦(a+b) =a◦a+a◦b+b◦a+b◦b =a◦b+b◦a.

Falls 2Ka = 0Anur f¨ura= 0Agilt – insbesondere also, fallsKein K¨orper von einer Charakteristik 6= 2 ist – folgt umgekehrt auch (i) aus (i’), indem man letzteres mit b = a anwendet. Die Gleichung (ii) heißt die Jacobi-Identit¨at.

Mit KL bezeichnen wir die Klasse aller Lie-(Links-)Algebren ¨uber K, und im Falle K = Z schreiben wir einfach L.9 Nach 4.0.2 und 4.0.3 entsteht aus jeder assoziativen AlgebraA verm¨oge der Kommutatorbildung als neuer Multiplikation kanonisch eine Lie-Algebra, die die zuAassoziierte Lie-Algebra genannt wird. Trivialerweise gilt:

9Aus historischen Gr¨unden nennt man eine Lie-Algebra ¨uber Zin der Literatur h¨aufig einen

Lie-Ring“. Da andererseits ¨ublicherweise und bei uns stets das multiplikative As-soziativgesetz zu den Ring-Axiomen geh¨ort, schließen wir uns dieser Tradition nicht an.

4.1.1 KList gegen Durchschnittsbildungen und Algebren-Homomorphismen

abgeschlossen.

Wir zeigen als n¨achstes, daß es zu jeder MengeXeine vonXfrei erzeugte Lie-Algebra ¨uber K gibt. Dazu ziehen wir 2.16 heran. Das Vorgehen ist analog zu dem in 3.1.

4.2 Proposition Sei K ∈ R1 kommutativ, X eine Menge. Sei J das klein-ste Ideal der freien K-Algebra KX(+), das die Elemente

(∗) (aa), ((ab)c) + ((bc)a) + ((ca)b)

mita,b,c∈KX(+)enth¨alt. Sei b der kanonische Epimorphismus vonKX(+) auf KX(+)/J. Dann gilt:

(1) b|X ist injektiv

(2) KX(+)/J ist eine von Xb frei erzeugte K-Lie-Algebra.

Insbesondere gibt es eine von X frei erzeugte K-Lie-Algebra.

Beweis. (1) Sind x, y∈X mit bx=by, so giltx−y∈J∩KX(1)={0KX(+)};

letztere Gleichheit aufgrund der Definition von J. Es folgt: x=y.

(2) Nach Definition von J repr¨asentieren alle in (∗) aufgef¨uhrten Elemen-te die Nullrestklasse in KX(+)/J. D.h., in der K-Algebra KX(+)/J gelten das Anti-Kommutativgesetz und die Jacobi-Identit¨at, es ist also eine K-Lie-Algebra. Ist ϕ eine Abbildung von Xb in eine K-Lie-Algebra L, so l¨aßt sich die Zuordnung ψ :X →L,x7→bxϕ, zu einemK-Algebren-Homomorphismus ψ von KX(+) in L fortsetzen, da die K-Algebra KX(+) von X KA-frei er-zeugt wird. Da L eine K-Lie-Algebra ist, liegen alle Elemente aus (∗) in Kern ψ. Da Kern ψ ein Ideal ist, folgt: J ⊆ Kern ψ. Also induziert ψ einenK-Algebren-Homomorphismus (und damit notwendigerweise einen K L-Homomorphismus) ϕ von KX(+)/J in L, und es gilt:xϕb = xψ =xψ =bxϕ.

WegenhXiKA=KX(+) ist die Fortsetzungϕ von ϕ eindeutig bestimmt. Die abschließende Behauptung folgt nun mit Hilfe des Erweiterungsprinzips.

Uber die reine Existenz hinaus liefert 4.2 allerdings keine Einblicke in die¨ Struktur der von X frei erzeugten K-Lie-Algebra. Solche werden vielmehr durch eine ber¨uhmte ganz andersartige Beschreibung m¨oglich, die von Witt gefunden wurde und der wir uns in der Folge zuwenden werden. Es bedarf zun¨achst einiger wichtiger Vorbereitungen. Wir beginnen mit einer Erinne-rung an ¨Uberlegungen im Anschluß an 2.16.1, in denen wir die freien Algebren

verm¨oge ihrer Teilmoduln der homogenen Elemente direkt zerlegt hatten. In der folgenden Definition geht es um Verfeinerungen der direkten Zerlegungen

KX(∗)= M

n∈N0

KX(n), KX = M

n∈N0

KXn. 4.3 Definition Sei X eine Menge. Wir schreiben NX

0,fin f¨ur die Menge der Abbildungen ν von X in N0 mit xν = 0 f¨ur fast allex ∈X und nennen jede solche einen Multigrad bez¨uglich X. Es sei X(ν) (bzw. Xν) die Menge der Elemente vonX(∗)(bzw.X), in denen jedesx∈Xgenauxν-mal vorkommt.

Beispiel: Sei X ={x, y, z},ν : x7→ 3, y 7→0, z 7→1. Dann gilt: (((xx)z)x), (x((zx)x)), ((xz)(xx)), . . .∈X(ν), (bzw.xxzx, xzxx, . . .∈Xν).

F¨ur jede Teilmenge T von X(∗) (bzw. X) setzen wir T(ν) :=T ∩X(ν) (bzw.

Tν := T ∩Xν). Der K-Teilmodul KX(ν) von KX(∗) (bzw. KXν von KX) heißt der K-Modul der homogenen Elemente vom Multigradν.

4.3.1 F¨ur alle n ∈N0 gilt:

KX(n)= M˙

ν:X→P N0 x∈X

xν=n

KX(ν), KXn = M˙

ν:X→P N0 x∈X

xν=n

KXν.

Es folgt:

4.3.2 Ist einKM-Homomorphismus vonKX(∗) (bzw. vonKX) in einen K-Modul, so ist Bild =hX(ν)|ν Multigrad bez¨uglich XiK (bzw. =hXν|

ν Multigrad bez¨uglich XiK).

Sind ν, ν Multigrade bez¨uglich X, so bedeute ν ≤ ν, daß f¨ur alle x ∈ X gilt: xν ≤ xν. Ist v ∈ X(ν) (bzw. v ∈ Xν), so nennen wir ν den Multigrad von v und setzen vµ:=ν. Es gilt:

4.3.3 µ ist ein Homomorphismus von X(∗) (bzw. X) in (NX0,fin,+); es gilt

(vw)µ=vµ+wµf¨ur alle v, w.

Ist X endlich, etwa X = {x1, . . . , xn}, so wird ein Multigrad bez¨uglich X gew¨ohnlich als n-Tupel ¨uber N0 geschrieben, also z.B. (im Falle n = 3):

(x1x2x2x3x1x1)µ= (3,2,1), (((x1x1)x3)(x3x3))µ= (2,0,3).

4.4 Definition Sei X eine Menge, H ⊆X(+) und eine vollst¨andige Ord-nung aufH. Das Paar (H,) heißt einHall-Ger¨ustuber¨ X, wenn die folgenden Bedingungen erf¨ullt sind:

(i) X ⊆H.

(ii) Sind r, s∈X(+), so gilt:

(rs)∈H ⇔





(a) r, s∈H und r ≺s.

(b) Ist r6∈X und sind p, q∈H mit r = (pq), so ist qs.

(iii) Sind r, s∈H mit (rs)∈H, so folgt: (rs)≺s.

Zwar machen diese Bedingungen auf den ersten Blick einen unanschaulich-technischen Eindruck, jedoch werden wir sogleich erkennen, daß sie in sehr nat¨urlicher Weise erf¨ullbar und wir ihnen fr¨uher bereits sogar begegnet sind.

Vor 1.20 haben wir das

”Innenleben“ der Lyndon-Worte im freien Monoid uber¨ X studiert und exemplarisch eine vollst¨andige

”Innenzerlegung“ eines Lyndon-Worts angegeben. Durch die dort eigentlich nur zur Verdeutlichung der Zerlegungs-Iteration vorgenommene Beklammerung k¨onnen wir das Er-gebnis jedoch als Element des freien Magmas ¨uber X lesen, wobei die Be-klammerung die Rolle der Verkn¨upfung ¨ubernimmt (siehe vor 2.6.3). Auf diese Weise gewinnen wir verm¨oge Iteration der Standardzerlegung (siehe 1.17) eine nat¨urliche Abbildung (.) von LX in X(+):

Sei ≤ eine vollst¨andige Ordnung auf X. Induktiv nach der Wortl¨ange setzen wir (x) := x f¨ur alle x ∈ X, und (w) := ((u)(v)), wenn w ∈ LX rX und (u, v) die Standard-Zerlegung von w ist. Bezeichnet ϑ den kanonischen Epi-morphismus vonX(∗) aufX, der durch

”Weglassen der Klammern“ gegeben ist, so gilt (w)ϑ=w f¨ur alle w∈LX und damit die triviale Bemerkung 4.4.1 (.) ist eine injektive Abbildung von LX inX(+). Aus der Definition von (.) und der Tatsache, daß jedes Element vonX(+)rX sich auf genau eine Weise als Produkt zweier Elemente von X(+) schreiben l¨aßt, erhalten wir f¨ur beliebige u, v ∈LX:

4.4.2 Genau dann gilt ((u)(v)) ∈ (LX), wenn uv ∈ LX gilt und (u, v) die

Standard-Zerlegung von uv ist.

Auf (LX) definieren wir durch

∀v, w∈LX (v)(w) :⇔ v ≤

lexw eine vollst¨andige Ordnung und zeigen:

4.5 Proposition ((LX),) ist ein Hall-Ger¨ust ¨uberX.

Beweis. Nach 4.4.1 und der Definition von ist (.) ein Isomorphismus der geordneten Menge (LX,≤

lex

) auf die geordnete Menge ((LX),). Daher k¨onnen wir die zu zeigenden Eigenschaften unter Verwendung von 4.4.2 in ¨aquivalente Aussagen ¨uber LX verwandeln; einzusehen sind dann:

(1) X⊆LX.

(2) Sind u, v ∈ X+, so ist uv genau dann ein Lyndon-Wort mit Standard-Zerlegung (u, v), wenn die Bedingungen

(a) u, v ∈LX und u <

lexv,

(b) Ist u6∈X und t der l¨angste zu LX geh¨orige echte Rechtsfaktor von u, so gilt:t ≥

lexv erf¨ullt sind.

(3) Sind u,v ∈LX mit uv∈LX, so folgt: uv <

lexv.

Es ist (1) trivial, (2) wurde in 1.19 bewiesen, und (3) ist ein Spezialfall von

1.15.

Wir haben damit gezeigt, daß der kanonische Epimorphismus ϑ ein gewisses Hall-Ger¨ust ¨uber X bijektiv auf das Repr¨asentantensystem LX der Konju-giertenklassen primitiver Worte ¨uber X abbildet. Diese Aussage ordnet sich dem folgenden sch¨onen Resultat unter, das wir hier ohne Beweis angeben:

Satz (Viennot 1978) Sei X eine Menge und (H,) ein Hall-Ger¨ust ¨uber X. Dann ist ϑ|H eine Bijektion von H auf ein Repr¨asentantensystem der Konjugiertenklassen primitiver Worte ¨uber X.

Hall-Ger¨uste sind f¨ur uns vor allem wegen der folgenden Aussage wichtig:

4.6 Proposition Sei K ∈ R1 kommutativ, L ∈ KL, X eine Menge und ein KA-Epimorphismus vonKX(+) aufL. Sei(H,)ein Hall-Ger¨ust ¨uberX.

Dann ist H ein KM-Erzeugendensystem vonL; genauer: F¨ur alle Multigrade ν bez¨uglich X gilt: hX(ν)iK =hH(ν)iK.

Beweis (M. Schocker). Es wird gezeigt:

(∗) F¨ur alle r, s∈H mit r≺s gilt: r◦s∈ ht|t∈H((rs)µ), t ≺siK. Angenommen, dies sei falsch. Dann gibt es einen minimalen Multigrad ν, zu dem es ein Paar (r, s) ∈ H×H mit r ≺ s und (rs)µ= ν gibt, so daß gilt:

r◦s 6∈ ht|t∈H(ν), t ≺siK.DaX(ν) endlich ist, k¨onnen wir (r, s) unter allen

solchen Paaren so w¨ahlen, daß sdabei bez¨uglich der Ordnung so klein wie m¨oglich ist.

W¨are (rs) ∈ H, so (rs) ∈ H(ν) und (rs) ≺ s nach 4.4(iii), also r ◦s = (rs) ∈ ht|t ∈ H(ν), t ≺ siK, Widerspruch. Also gilt (rs) 6∈ H. Da aber die Bedingung (a) aus 4.4(ii) erf¨ullt ist, muß (b) verletzt sein, d.h. es muß p, q ∈ H geben mit r = (pq), q ≺s. Es gilt p ≺q nach 4.4(ii), und nach 4.3.3 ferner (ps)µ, (qs)µ < ν. Nach Wahl vonν impliziert letzteres:

p◦s∈ ht|t∈H((ps)µ), t≺siK, q◦s∈ ht|t∈H((qs)µ), t≺siK. Seit ∈H((qs)µ),t ≺s. Es gilt: (pt)µ=ν = (tp)µ, nach Wahl vonsim Falle p≺t also p◦t ∈ ht|t∈H(ν), t ≺tiK ⊆ ht|t∈H(ν), t≺siK, und im Falle t ≺p¨ahnlich −p◦t =t◦p∈ ht|t ∈H(ν), t≺piK ⊆ ht|t∈H(ν), t≺siK. Es folgt:

p◦(q◦s)∈ ht|t∈H(ν), t ≺siK, sowie unter Vertauschung der Rollen von pund q ebenso

q◦(p◦s)∈ ht|t∈H(ν), t ≺siK.

Unter Verwendung von 4.1(i),(ii) f¨uhrt unsere Annahme daher zu dem Wi-derspruch

r◦s= (p◦q)◦s =p◦(q◦s)−q◦(p◦s)∈ ht|t ∈H(ν), t≺siK, womit (∗) bewiesen ist.

F¨ur jedesw∈X(+)ist zu zeigen:w∈ hH(wµ)iK, was wir durch Induktion nach dem Grad vonweinsehen: Ist dieser 1, sow∈X und die Behauptung trivial.

Sonst gibt es r, s ∈ X(+) mit w = (rs). Induktiv k¨onnen wir annehmen:

r ∈ hH(rµ)iK,s ∈ hH(sµ)iK. Also gibt es r(1), . . . , r(m)∈H(rµ), s(1), . . . , s(n)∈ H(sµ), c1, . . . , cm, d1, . . . , dn ∈ K mit r = P

i∈mcir(i), s = P

j∈ndjs(j). Es gilt:

w=X

i,j

cidj(r(i)◦s(j)),

so daß es gen¨ugt zu zeigen: r(i)◦s(j) ∈ hHiK f¨ur alle i∈m, j ∈ n. Im Falle r(i) = s(j) ist dies trivial. Gilt aber r(i) ≺ s(j) oder s(j) ≺ r(i), so folgt es

wegen r(i)◦s(j)=−s(j)◦r(i) aus (∗).

Wir werden 4.6 auf eine Teilalgebra L der zu einer assoziativen K-Algebra A assoziierten Lie-Algebra (s. 4.1) anwenden, eine Situation, f¨ur die wir die Schreibweise

”L ≤KL A“ verwenden. Ist S ein K-Teilmodul von A, n ∈ N, so bezeichne Sn˙ in 4.7 den K-Teilmodul von A, der von der Menge aller

n-stelligen Produkte von Elementen aus S im Sinne der assoziativen Multi-plikation in Aerzeugt wird, zur Unterscheidung von der hier nicht gemeinten entsprechenden Bildung bez¨uglich der Lie-Multiplikation bzw. auch zur Men-ge der n-Tupel ¨uber S.

4.7 Proposition Sei K ∈R1, kommutativ, A ∈ KRund L≤KL A.

(1) F¨ur alle n∈N>1, t1, . . . , tn∈L, σ ∈Sn gilt:

t· · ·t ∈Ln−1˙ +t1· · ·tn.

(2) IstT einKM-Erzeugendensystem vonLundeine vollst¨andige Ordnung aufT, so gilt f¨ur alle n∈N:

L+L˙2+· · ·+Ln˙ =ht1· · ·tk|k∈n, ti ∈T, t1 · · · tkiK. (3) Sind T, wie in (2) und gilt hLiKR =A, so folgt:

A=ht1· · ·tk|k∈N, ti ∈T, t1 · · · tkiK. Beweis. (1) Seien n ∈N>1,t1, . . . , tn ∈L und i∈n−1. Es gilt

t1· · ·ti−1ti+1titi+2· · ·tn=t1· · ·ti−1[ti+1, ti]ti+2· · ·tn+t1· · ·tn,

also die Behauptung in dem Fall, daßσ eine Transposition vom Typ (i, i+ 1) mit i ∈ n−1 ist. Die Menge T dieser Transpositionen ist ein G-Erzeugen-densystem vonSn. Iteriertes Anwenden der eben gemachten Bemerkung, d.h.

eine triviale Induktion nach lT(σ), liefert daher die Behauptung f¨ur beliebi-ges σ∈Sn.

(2) folgt nun durch Induktion nach n: Wegen hTiK =L ist die Behauptung f¨urn = 1 trivial. Sei nunn >1,L+L˙2· · ·+Ln−1˙ =ht1· · ·tk|k∈n−1, ti ∈T, t1 · · · tkiK vorausgesetzt undz ∈Ln˙. Dann ist zeine K-Linearkombina-tion von n-stelligen Produkten ¨uber der Menge T. Ist (t1, . . . , tn) ∈ Tn, so liegen nach (1) alle Produkte, die sich aus den Faktorent1, . . . , tnbilden las-sen, in Ln−1˙ +t1· · ·tn. Daher d¨urfen wir hierin annehmen: t1 · · · tn. Es folgt:

Ln˙ ⊆Ln−1˙ +ht1· · ·tn|ti ∈T, t1 · · · tniK, also

L+L˙2+· · ·+Ln˙ ⊆ ht1· · ·tk|k ∈n, ti ∈T, t1 · · · tkiK. Die umgekehrte Inklusion ist trivial.

(3) Die Voraussetzung hLiKA=A und (2) ergeben:

A=X

n∈N

Ln˙ =ht1· · ·tk|k ∈N, ti ∈T, t1 · · · tkiK.

Ist X eine Teilmenge einer beliebigen Lie-Algebra M uber einem kommuta-¨ tiven unit¨aren RingK, so l¨aßt sich die Identit¨atidX auf genau eine Weise zu einem KA-Homomorphismus von KX(+) inM fortsetzen. Dessen Bild ist die von X erzeugte (Lie-)Teilalgebra von M. Wir w¨ahlen f¨ur M nun speziell die zur freien assoziativen Algebra KX+ assoziierte Lie-Algebra (siehe 4.0.2):

4.8 Definition Sei K ∈ R1, kommutativ, X eine vollst¨andig geordnete Menge. Die von X erzeugte Lie-Teilalgebra von ((KX+,+),[.,.]) wird die K-Algebra der Lie-Elemente ¨uber X genannt; wir bezeichnen sie mit LX,K

(=hXiKL).10

4.8.1 F¨ur alle n ∈N0 gilt:

LX,K =M˙

n∈N

(LX,K∩KXn), LX,K ∩KXn= M˙

ν:X→P N0 x∈X

xν=n

(LX,K ∩KXν),

denn die Summe aller R¨aume LX,K∩KXν ist gegen¨uber [.,.] abgeschlossen und daher eine KL-Teilalgebra von LX,K. Sie enth¨alt X und stimmt daher mit LX,K uberein. Das Behauptete folgt nun aus 4.3.1 bzw. der zweiten vor¨

4.3 angegebenen Gleichung.

Wir schreiben f¨ur die Fortsetzung von idX zu einem KA-Epimorphismus vonKX(+)aufLX,K und definieren eine Abbildung [.] vonLX inLX,K, indem wir f¨ur alle v ∈ LX setzen: [v] := (v). (Zur Definition von (.) siehe 4.4.) Diese Abbildung setzen wir zu einer Abbildung von X inKX fort, indem wir f¨ur alle w∈X festlegen:

[w] := [z(1)]· · ·[z(k)], falls (z(1), . . . , z(k)) die Lyndon-Zerlegung von w ist.

10Bezeichnet ω den KM-Homomorphismus von KX+ in LX,K mit = x, (ux)ω = [uω, x] f¨ur alle x X, u X+, so ist {w|w KX+,∀uX+ (uw)ω = [uω, w]} eine Lie-Teilalgebra vonKX+ und enth¨altX, folglichLX,K. F¨ur allenN,vKXn folgern wir 2 =nvω: Induktiv erh¨alt man (ux)ω2 = (uω)xx(uω)

ω = [uω2, x][x, uω] = [(n1)uω, x] + (ux)ω=n(ux)ωf¨urn >1,uXn−1,xX. Es giltKX+ω=LX,K, also

KXnω=LX,KKXn⊆ {v|vKXn, vω=nv}.

Istn·1K in Kinvertierbar, so gilt Gleichheit, insbesondere also, wennK ein K¨orper der Charakteristik 0 ist ( =Satz von Dynkin-Specht-Wever (1947)).

X KX

LX LX,K

X(+)

[.] :

fortgesetzt zu:

: XXXX

XXXXXz

(.)

Das Bild jedes Worteswunter [.] ist also das (assoziative) Produkt derjenigen Lie-Kommutatoren, die man aus dem

”Innenleben“ der Lyndon-Worte (siehe vor 1.20) aus der Lyndon-Zerlegung von w gewinnt, indem man in diesen jede”runde Klammer“ durch eine Kommutatorbildung (=

”eckige Klammer“) ersetzt. Wir illustrieren dies verm¨oge des Beispiels von S. 24: IstX ={a, b, c}, a < b < c und

w=bbabbacababc,

so ist (b, b, abbac, ababc) die Lyndon-Zerlegung von w. Die vollst¨andige ” In-nenzerlegung“ durch Iteration der Standardzerlegung haben wir f¨ur die auf-getretenen Faktoren bereits fr¨uher bestimmt (s.S. 22), so daß sich ergibt:

[w] = b bh [a,b],b

,[a,c]i h [a,b],

a,[b,c]i . Offensichtlich gilt f¨ur jeden Multigrad ν bez¨uglich X:

4.8.2 [Xν]⊆KXν, [LXν]⊆LX,K∩KXν. 4.9 Lemma SeiK ∈ R1, kommutativ, und seiXeine vollst¨andig geordnete Menge. Sind k ∈N, w(1), . . . , w(k)LX und w:=w(1)· · ·w(k), so gilt:

[w(1)]· · ·[w(k)]∈w+hy|y∈X, y >

lexwiK. Beweis. F¨ur jedesw∈X seiMw :=hy|y∈X, y >

lexwiK.Wir beweisen die Behauptung durch Induktion nach k und behandeln den Induktionsanfang k = 1 durch Induktion nach der Wortl¨ange:

Sei w∈LX. Im Falle w∈X ist die Behauptung trivial. Sei nunw∈LXrX und (u, v) die Standardzerlegung von w. Induktiv sei vorausgesetzt, daß es Elemente u ∈Mu, v ∈Mv gebe mit [u] = u+u, [v] = v+v. Es folgt:

[w] = [[u],[v]] = (u+u)(v+v)−(v+v)(u+u)

=uv+uv+u[v]−vu−vu−v[u]

∈w+Mw,

denn die Elementeuv,u[v],vu,vu,v[u] sind s¨amtlich homogen vom Multi-gradwµundK-Linearkombinationen von Worten, die lexikographisch gr¨oßer als w sind; vu ist selbst ein solches wegen w =uv ∈LX, und f¨ur die ¨ubrigen gilt das Behauptete aufgrund der Eigenschaften von u und v. Im Fall k = 1 ist die Behauptung damit bewiesen.

Seien nun k > 1 und w(1), . . . , w(k)LX. Wir setzen w := w(1)· · ·w(k−1), w :=ww(k) und nehmen induktiv an, daß es Elemente t ∈Mw, t ∈Mw(k) gebe mit [w(1)]· · ·[w(k−1)] = w+t, [w(k)] =w(k)+t. Es folgt:

[w(1)]· · ·[w(k)] = (w+t)(w(k)+t)

=w+wt+t[w(k)]

∈w+Mw,

ebenso wie oben.

4.10 Hauptsatz Sei K ∈ R1, kommutativ, und sei X eine vollst¨andig ge-ordnete Menge.

(1) Die Abbildung [.]ist ein KM-Automorphismus von KX. (2) (Chen, Fox, Lyndon 1958) [LX] ist eine KM-Basis von LX,K.

(3) (Basis-Satz f¨ur Lyndon’sche Lie-Elemente) [X] ist eine KM-Basis von KX.

(4) (Witt 1937)LX,K ist eine vonX frei erzeugte Lie-Algebra ¨uber K.

(5) (Witt’sche Dimensionsformeln, 1937) Ist X endlich, r :=|X| und n∈N, so gilt:

rkK(LX,K ∩KXn) = 1 n

X

d|n

µ(d)rnd,

rkK(LX,K∩KXν) = 1 n

X

d|k1,...,kr

µ(d)

n d!

k1

d!· · ·kdr!,

wenn ν der (als r-Tupel geschriebene) Multigrad (k1, . . . , kr) und n = k1+· · ·+kr ist.

(6) (Satz von der universellen Eigenschaft) Ist A ∈ KR1, so l¨aßt sich jeder KL-Homomorphismus von LX,K in ((A,+),[.,.]) zu genau einem

KR1-Homomorphismus vonKX inA fortsetzen.

Beweis. (1), (2), (3) Sindw1, . . . , wn∈X, paarweise verschieden, und ist dar-unterwndas lexikographisch kleinste Element, so folgt f¨ur allec1, . . . , cn∈K nach 4.9:

c1[w1] +· · ·+cn[wn]∈cnwn+hy|y∈X, y >

lexwniK,

also c1[w1] +· · ·+cn[wn] 6= 0KX, falls cn 6= 0K. Es folgt, daß X von [.]

bijektiv auf eine K-linear unabh¨angige Teilmenge vonKX abgebildet wird.

Aus 4.5 und 4.6 folgth[LX]iKM=LX,K, woraus zun¨achst (2) folgt. Weiter gilt wegen X ⊆LX,K trivialerweise h[LX]iKA=KX,so daß die Voraussetzungen von 4.7(3) erf¨ullt sind; diese Aussage wenden wir nun an mit A := KX, L:=LX,K, T := [LX] und der durch

[u][v] :⇔ u ≤

lexv (u, v ∈LX)

auf T gegebenen Ordnung. Sie besagt dann, daß [X] ein K M-Erzeugenden-system von KX ist, so daß auch (3) bewiesen ist. Es ist also [.] ein K M-Endomorphismus von KX, der eine KM-Basis (n¨amlich X) bijektiv auf eine KM-Basis (n¨amlich [X]) abbildet; es folgt (1).

(4) Seien J und b wie in 4.2. Wir wollen zeigen, daß LX,K zu KX(+)/J K L-isomorph ist und betrachten dazu den kanonischenKA-Epimorphismus von KX(+) auf LX,K (siehe 4.8). Da LX,K eine Lie-Algebra ist, enth¨alt sein Kern alle in 4.2(∗) aufgef¨uhrten Elemente von KX(+) und induziert daher einen

KL-Epimorphismus ψ vonKX(+)/J aufLX,K. Wir m¨ussen nur zeigen, daßψ injektiv ist; dann folgt die Behauptung unter Verwendung beider Teile von 4.2, denn xψb = [x] = x f¨ur alle x∈ X. Sei s ∈KX(+) mit bs ∈ Kernψ. Da (LX) nach 4.5 ein Hall-Ger¨ust ¨uberXist, folgt aus 4.6:h(dLX)iKM =KX(+)/J.

Also existieren paarweise verschiedene w1, . . . , wnLX und c1, . . . , cn ∈ K mit sb=c1(wd1) +· · ·+cn(wdn). Es folgt:

0KX =bsψ=c1[w1] +· · ·+cn[wn],

denn die Hintereinanderausf¨uhrung von b und ψ ist die Abbildung . Nach (1) und (2) impliziert dies: c1, . . . , cn= 0K.

(5) Die Formeln folgen aus (1) und (2) in Verbindung mit 1.12(3),(4) denn nach 4.8.1 ist LX,K die direkte Summe der R¨aume LX,K∩KXn, n∈N, und gleichfalls die der R¨aume LX,K ∩KXν, ν ∈NX0 .

(6) Sei A ∈ KR1 und ϕ ein KL-Homomorphismus von LX,K in ((A,+),[., .]).

Da KX von X KR1-frei erzeugt wird, besitzt die Abbildung ϕ|X genau eine

Fortsetzung ψ zu einemKR1-Homomorphismus vonKX inA. Es ist ψ|LX,K einKL-Homomorphismus vonLX,K inAmitψ|X =ϕ|X. DaLX,K vonXnach (4) KL-frei erzeugt wird, gibt es genau eine Fortsetzung von ϕ|X zu einem

KL-Homomorphismus von LX,K in A. Also gilt: ϕ = ψ|LX,K, d.h. ψ ist eine Fortsetzung von ϕ zu einem KR1-Homomorphismus von KX in A. Wegen X ⊆LX,K ist diese Fortsetzung eindeutig bestimmt.

Die sogenannte

”Chen-Fox-Lyndon-Basis“ [LX] der (nach 4.10(4)) freien Lie-Algebra LX,K ist nur ein Beispiel f¨ur eine umfangreiche Familie von Basen:

Es l¨aßt sich zeigen, daß nicht nur [LX], sondern allgemein das Bild H eines beliebigen Hall-Ger¨usts H uber¨ X unter dem idX fortsetzenden Algebren-Epimorphismus von KX(+) auf LX,K eine K-Basis von LX,K ist ([Bo2], II

§2.11).

Die in 4.10(6) zum Ausdruck gebrachte

”universelle Eigenschaft“ ist keines-wegs an die Freiheit von LX,K als Lie-Algebra gebunden: Sei L eine belie-bige Lie-Algebra ¨uber K. Ein Paar (U, ι), bestehend aus einer assoziativen unit¨arenK-AlgebraU und einemKL-HomomorphismusιvonLinU heißt ei-neuniverselle Einh¨ullendevonL, wenn es zu jedemKL-Homomorphismusϕvon L in die zu einer assoziativen unit¨aren K-Algebra A assoziierte Lie-Algebra genau einenKR1-HomomorphismusψvonU inAgibt mitϕ=ιψ. Sind (U, ι), (U, ι) universelle Einh¨ullende zu einer Lie-Algebra L, so gibt es einen KR1 -Isomorphismus α von U auf U mit ια = ι. Die Aussage 4.10(6) bedeutet, daß (KX,idLX,K) eine universelle Einh¨ullende der freien Lie-Algebra LX,K

ist. Hieraus erhalten wir unschwer die Einsicht, daß es zujederLie-AlgebraL uber¨ K eine universelle Einh¨ullende gibt: Sei X ein KL-Erzeugendensystem vonL,λderKL-Epimomorphismus vonLX,K aufLmitx7→xf¨ur allex∈X, J := Kernλ. Sei ˜J das vonJ erzeugte Ideal der assoziativenK-AlgebraKX, ιdie Hintereinanderausf¨uhrung vonλ−1und dem kanonischen Homomorphis-mus von LX,K/J in KX/J. Ist nun˜ ϕ ein KL-Homomorphismus von L in die zu einer assoziativen unit¨aren K-Algebra A assoziierte Lie-Algebra, so ist ϕ|X eindeutig zu einemKR-Homomorphismus von KX inA fortsetzbar.

Dessen Kern enth¨alt J, damit aber auch ˜J. Es folgt, daß (KX/J, ι) eine˜ universelle Einh¨ullende von List. Im allgemeinen muß zwarι dabei nicht in-jektiv sein; dies ist aber jedenfalls dann beweisbar, wenn der Tr¨agerraum der Lie-Algebra eineK-Basis besitzt, insbesondere also im Falle eines K¨orpersK.

Die Einbettung der freien Lie-Algebra ¨uberX in die freie unit¨are assoziative Algebra ¨uber X nach dem Satz von Witt (4.10(4)) illustriert als wichtiger Sonderfall den nachstehenden allgemeinen

Satz (Poincar´e, Birkhoff, Witt 1937) Sei K ein kommutativer unit¨arer Ring,L∈KL,(U, ι)eine universelle Einh¨ullende vonL. Es gebe eineK-Basis B von L. Dann gilt:

(1) ι ist injektiv.

(2) (Allgemeiner Basis-Satz f¨ur Lie-Elemente) Ist eine vollst¨andige Ordnung aufB und o. B. d. A. (nach (1)) L≤KL U, so ist

{b1· · ·bk|k∈N0, b1, . . . , bk∈B, b1 · · · bk} eine K-Basis von U.

Die Theorie der freien Lie-Algebren ber¨uhrt nicht nur in ¨uberraschender Wei-se die der freien Monoide und freien assoziativen Algebren, sondern steht vor allem auch in inhaltsreicher Beziehung zu der der freien Gruppen. Diesem gehaltvollen Zusammenhang wenden wir uns in der Folge zu. Wir erinnern zun¨achst daran, daß eine Verkn¨upfung auf einer Menge M stets eine Ver-kn¨upfung auf der Potenzmenge P(M) von M induziert, und zwar verm¨oge der nat¨urlichen Setzung ST :={st|s∈S, t∈T}f¨ur alle S, T ⊆M.

4.11 Definition Sei (M,·) ein Magma und s∈N0. Eine Abbildung N≥s→P(M), n7→An

nennen wir subhomomorph11, wenn gilt:

∀m, n∈N≥s Am·An⊆Am+n.

Unter einer nat¨urlichen Graduierungeiner Algebra (A,+,·) verstehen wir eine bez¨uglich · subhomomorphe Abbildung von N≥s auf eine Menge additiver Untergruppen von A, so daß A deren direkte Summe ist und es h¨ochstens im Fall An ={0A} ein m ∈ N≥s mit m 6= n, Am = An gibt. Bei gegebener Graduierung (An)n∈N≥s von A heißen die Elemente von Anr{0A} homogen vom Grad n.

Sei zum Beispiel X eine Menge, K ein kommutativer unit¨arer Ring und A:=KX(∗), An:=KX(n) f¨ur alle n ∈N0. Es gilt

KX(∗) = M˙

n∈N0

KX(n), (KX(m))(KX(n))⊆KX(m+n) f¨ur alle m, n∈N0,

11Einen begrifflichen Rahmen in nat¨urlicher Allgemeinheit hierf¨ur erh¨alt man, indem man zweibeliebigeMagmen (M,·), (I,◦) sowie eine teilweise OrdnungaufMbetrachtet und eine Abbildungi7→Ai von I in Msubhomomorphnennt, wenn f¨ur allei, j I gilt:

Ai·AjAi◦j. F¨ur uns wird aber nur der obige Spezialfall (M=P(M) f¨ur ein MagmaM,

=⊆, I =N≥s, = +) eine Rolle spielen. In den Anwendungen in diesem Kapitel wird sogar stetss∈ {0,1}gelten. Wir verwenden f¨ur unsere subhomomorphen Abbildungen die ubliche¨

Folgen-Schreibweise“ (An)n∈Ns .

also ist (An)n∈N0 eine nat¨urliche Graduierung vonKX(∗). Ebenso erh¨alt man eine Graduierung von KX durch die Folge (KXn)n∈N0. Als weiteres Bei-spiel sei der Polynomring K[X] genannt, f¨ur den die Folge der Teilr¨aume An :=hxk11· · ·xkrr|xi ∈X, k1+· · ·+kr=niK (n∈N0) eine Graduierung ist.

Dieses Beispiel ist als Ursprung der Namensgebung anzusehen. Die in diesem Kapitel wichtigsten graduierten Algebren beruhen jedoch auf einem anderen Konzept:

Sei Geine (hier multiplikativ, wie ¨ublich ohne Verkn¨upfungssymbol geschrie-bene) Gruppe und • eine weitere, zun¨achst ganz beliebige Verkn¨upfung auf der Tr¨agermengeG. Unter einer nat¨urlichen Filtrierung des DoppelmagmasG verstehen wir eine (bez¨uglich •) subhomomorphe12 Abbildung von N≥s auf eine Menge von Untergruppen der Gruppe Gmit

G=Gs ≥Gs+1 ≥Gs+2 ≥ · · · .

F¨ur alle k∈N≥s gilt 1G ∈Gk, also Gn•1G, 1G•Gn ⊆Gn+k. Es folgt:

∀n∈N≥s Gn•1G, 1G•Gn⊆ \

m∈N≥s

Gm.

Wir nennen die Filtrierung (Gn)n∈N≥s hausdorffsch, wenn T

n∈N≥sGn={1G} gilt. Sei nun (Gn)n∈N≥s eine Filtrierung von G, die f¨ur alle m, n ∈ N≥s die folgenden Bedingungen erf¨ullt:

(i) Gn+1EGn und Gn/Gn+1 ist abelsch,

(ii) ∀g, g ∈Gm ∀h, h ∈Gn Gm+1gg•Gn+1h⊆Gm+n+1(g•h)(g•h) Gm+1g•Gn+1hh ⊆Gm+n+1(g•h)(g•h) .

12Im Falle der trivialen Verkn¨upfung, gh:= 1G ur alleg, hG, istjede Abbildung vonN≥sauf eine Menge von Untergruppen vonGsubhomomorph, so daß dann die Filtrie-rungen von G durch die absteigenden Untergruppenketten mit AnfangsgliedG gegeben sind. Dieser Trivialfall unserer Definition ist stets gemeint, wenn (in der Literatur) von einer zweiten Verkn¨upfung aufGgar nicht die Rede ist. Eine Filtrierung vonGinduziert

12Im Falle der trivialen Verkn¨upfung, gh:= 1G ur alleg, hG, istjede Abbildung vonN≥sauf eine Menge von Untergruppen vonGsubhomomorph, so daß dann die Filtrie-rungen von G durch die absteigenden Untergruppenketten mit AnfangsgliedG gegeben sind. Dieser Trivialfall unserer Definition ist stets gemeint, wenn (in der Literatur) von einer zweiten Verkn¨upfung aufGgar nicht die Rede ist. Eine Filtrierung vonGinduziert

Im Dokument Freie algebraische Strukturen (Seite 78-113)