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Francisella tularensis Erreger

Francisella tularensis ist ein kleines gramnegatives nichtsporenbildendes bekapseltes Bakte-rium, das zur Gattung der Francisella gehört. Es gilt als Erreger der Tularämie (Hasenpest).

In der TRBA 466 ist es in die Risikogruppe 2 eingestuft[6].

Vorkommen

Der Erreger kommt – außer in Australien und der Antarktis - weltweit vor, als hochvirulente Biovar tularensis in Nordamerika und als weniger virulente Biovar palaeartica in Europa, Nord-, Mittel- und Südamerika [[106], [107]]. In ländlichen Gebieten der nördlichen Hemi-sphäre ist die Tularämie bei Wildtieren weit verbreitet, in Deutschland kommt sie dagegen selten vor.

Ausmaß der Infektionsgefährdung

Die Erregerdosis, die zu einer Infektion beim Menschen führt, ist unbekannt.

Reservoir

Weltweit stellen neben mehr als 100 Säugetierarten auch Vögel, Reptilien, Fische und Insek-ten das natürliche Erregerreservoir von Francisella tularensis dar. Die häufigste Infektions-quelle für Menschen in Deutschland sind infizierte Hasen, Wildkaninchen oder Zecken [106], [107]].

Infektionsweg

Die Übertragung von infizierten Tieren auf den Mensch erfolgt in der Regel über die verletzte aber z.T. auch über die intakte Haut, durch Inhalation von Aerosolen (z.B. bei der Verarbei-tung erlegter Wildtiere), Genuss von kontaminiertem Wasser oder unzureichend gekochtem Fleisch. Die Übertragung von Mensch zu Mensch ist sehr selten und kommt nur bei der Tho-rakalen Tularämie vor [[106], [107]].

Inkubationszeit

Die Inkubationszeit beträgt durchschnittlich 3-5 Tage, wobei sich je nach Eintrittspforte un-terschiedliche Symptome zeigen (lokale, generalisierte oder thorakale Tularämie) [[106], [107]].

Dauer der Ansteckungsfähigkeit

Keine Angaben vorhanden.

Gefährdende Tätigkeiten und Arbeitsbereiche

Eine seltene berufliche Exposition wurde 1983 in einem Einzelfallbericht publiziert. Hier hatte sich ein Installateur vermutlich bei der Renovierung eines Gebäudes bei der Entfernung ei-nes alten Wasserkühlturms infiziert, andere Infektionsquellen waren durch Befragung ausge-schlossen worden [108].

Im Jahr 2009 wurden die Ergebnisse zweier epidemiologischer Untersuchungen von 1996 und 2003 an Tierärzten, Landwirten, Schlachthofmitarbeitern und Jägern publiziert. Dabei waren von 137 Veterinären, 152 Landwirten, 147 Schlachthofmitarbeitern keiner und von 149 Jägern 3,4% seropositiv [109]. Auch in einer aktuellen Studie, die 2010 publiziert wurde, infi-zierten sich Jäger. Dabei hatten Teilnehmer einer Hasentreibjagd den Erreger vermutlich durch Inhalation beim Ausspülen der Eingeweide erlegter Tiere mit einem Wasserschlauch aufgenommen. 9 von 39 zeigten Erkrankungssymptome mit positiver Seroprävalenz (bestä-tigte Fälle), 2 der Teilnehmer zeigten entweder Symptome oder hatten eine positive

Se-Besonders gefährdete Personen (z.B. Vorerkrankungen, verschiedene Alters-gruppen, Schwangere)

Keine

Krankheitsbild

Lokale (äußere) Tularämie

Bei der lokalen Tularämie (ulzeroglanduläre Form) zeigt sich ein entzündlicher Primäraffekt (Hautpapel mit anschließender Ulkusbildung) begleitet von regionaler Lymphknoten-schwellung, die eitrig einschmelzen kann. Bei Eindringen des Erregers über die Konjunktiven (okuloglanduläre Form) entsteht eine Parinaudsche Conjunctivits, bei Eindringen über den Mund entstehen aphthenartige Veränderungen oder Ulzerationen.

Generalisierte (innere) Tularämie

Bei der generalisierten Tularämie zeigen sich je nach Befall der Organe vielfältige Sympto-me. Bei oraler Aufnahme des Erregers tritt die abdominale-typhöse Form mit Bauchschmer-zen, Durchfall, Obstipation und z.T. Ileus-artigen Symptomen mit intermittierenden Fieber-schüben auf. Bei Inhalation und Aufnahme in die Lunge kommt es zur Ausbildung der thora-kalen Form (trockener, unproduktiver Husten, Pneumonie) [[106], [107]].

Arbeitsmedizinischer Handlungsbedarf hinsichtlich Beratung, Anamnese, Un-tersuchung und ggf. Impfangebot

Beratung, Anamnese

Das RKI empfiehlt „… eine Information der potenziell Infizierten über Verdachtssymptome und die Notwendigkeit des Monitorings (Fieber messen etc.) während der maximalen Inkuba-tionszeit.“ [113].

Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung

Nach ArbMedVV ist bei gezielten Tätigkeiten eine Pflichtuntersuchung als Erstuntersuchung und Nachuntersuchung vorgeschrieben. Bei nicht gezielten Tätigkeiten in Forschungsein-richtungen/Laboratorien bei Verdachtsproben bzw. krankheitsverdächtigen Tieren sowie zu erregerhaltigen oder kontaminierten Gegenständen oder Materialien ist eine Pflichtuntersu-chung vorgeschrieben, wenn dabei der Übertragungsweg gegeben ist (ArbMedVV Anhang, Teil 2 (1)). Darüber hinaus sind bei nicht gezielten Tätigkeiten (z.B. Aufbrechen erlegter Ha-sen) Angebotsuntersuchungen vorgeschrieben (ArbMedVV Anhang, Teil 2 (2)).

Impfung

In den USA und Russland steht ein attenuierter Lebendimpfstoff zur Verfügung, der aber in Deutschland derzeit nicht zugelassen ist [83].

Hinweise zu baulich-technischen, organisatorischen und persönlichen Schutz-maßnahmen, inkl. Hygiene

Keine

Maßnahmen der Ersten Hilfe: Vorgehen nach Stich/Biss, Postexpositions-prophylaxe

Keine

Diagnostik

Der Erregernachweis erfolgt meist durch Antikörpernachweis [107].

Therapie

Zur Therapie der Tularämie werden Streptomycin und Doxycyclin eingesetzt, in den USA wird auch Gentamicin empfohlen [[106], [107]].

Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen

Keine

Meldepflicht

Sowohl der direkte als auch der indirekte Nachweis von Francisella tularensis ist nach dem Infektionsschutzgesetz namentlich meldepflichtig, wenn dieser Nachweis auf eine akute In-fektion hinweist.

Maßnahmen bei Ausbrüchen (insbesondere nach absichtlicher Erregerverbrei-tung bei bioterroristischen Attacken)

Francisella tularensis ist vom US Center for Disease and Prevention (CDC) in die Liste der potenziellen Biowaffen eingeordnet. Entsprechende Maßnahmen bei einer Bedrohung/einem Ausbruch wurden 2001 von der Working Group on Civilian Biodefense publiziert [83]. Wei-terhin wurden 2004 in den USA Richtlinien zum Umgang mit potenziellen Biowaffen in Labo-ratorien festgelegt [114].

Bereits bestehende Regelungen (staatliches Recht, Recht der gesetzlichen Un-fallversicherung)

 BioStoffV

 ArbMedVV: Pflichtuntersuchungen – Angebotsuntersuchungen

 ArbSchG: Wunschuntersuchung

 Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 466: „Einstufung von Bakterien (Bacteria) und Archaebakterien (Archaea) in Risikogruppen“

 Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 500 „Allgemeine Hygienemaß-nahmen: Mindestanforderungen“

 Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 100 „Schutzmaßnahmen für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien“

 Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 120: „Versuchstierhaltung“

 Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 230: „Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in der Land- und Forstwirtschaft und bei ver-gleichbaren Tätigkeiten“

 Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250: „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“

 G42

Weiterer Handlungsbedarf im Hinblick auf Regelungen und Empfehlungen (d.h.

Maßnahmen der Prävention)

Aus aktuellen Forschungsergebnissen derzeit noch nicht ersichtlich.

Weiterer Handlungsbedarf im Hinblick auf Erkenntnisse zu arbeitsbedingten Infektionskrankheiten (d.h. Forschungsbedarf zur Bedeutung im Arbeitsschutz)

Aus aktuellen Forschungsergebnissen derzeit noch nicht ersichtlich.

Offene Fragen zu einzelnen Infektionserregern (z.B. es besteht Forschungs-bedarf sowohl zur Bedeutung aus Sicht des Arbeitsschutzes als auch zu Mög-lichkeiten der Prävention)

Aus aktuellen Forschungsergebnissen derzeit noch nicht ersichtlich.

Tätigkeitsbereich abgeleitet werden. Die Datenlage zur beruflichen Gefährdung bei Tätigkei-ten im Wald (Jäger, Forstmitarbeiter) deutet eher auf eine Exposition, wobei es auch hier derzeit noch Einzelfallberichte oder Berichte über sehr begrenzte Expositionsereignisse sind.

Das RKI publizierte noch 2007 die Ergebnisse einer Recherche der Meldedaten von 1949 bis 2006, wonach die mittlere Inzidenz pro 1 Mio. Einwohner pro Jahr bei < 0,1% liegt [115]. Ein halbes Jahr später wurde dann ein Anstieg der Infektionsrate verzeichnet (11 gemeldete Fälle statt der erwarteten 0-5 Fälle) [116].