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Der Forschungsschwerpunkt im Überblick

Im Dokument Tätigkeitsbericht 2011 (Seite 83-87)

Leitung: Dr. Jutta Günther

1 Der Forschungsschwerpunkt im Überblick

Wissen und Innovation sind zentrale Ressourcen für die wirtschaftliche Ent-wicklung und Triebfeder des sektoralen und regionalen Strukturwandels.

Auch zahlreiche Post-Transformationsökonomien, insbesondere die neuen EU-Mitgliedsländer, erfahren nach einer Phase des technologischen Er-neuerungsprozesses den Paradigmenwechsel von der Industriegesellschaft zur lernenden Wissensgesellschaft. Der Erfolg einer wirtschaftlichen Ent-wicklungsstrategie dieser Länder bzw. Regionen hängt in hohem Maße davon ab, ob es ihnen gelingt, wettbewerbsfähige und gegebenenfalls gänz-lich neue Technologiepfade innerhalb eines funktionierenden Innovations-systems zu etablieren.

Das Konzept des Innovationssystems betont die Notwendigkeit des Zu-sammenwirkens aller am Innovationsprozess beteiligten Akteure, vor allem Unternehmen, Wissenschaftseinrichtungen und Träger der Forschungs- und Innovationspolitik. Ein funktionierendes Innovationssystem gilt es in vielen Post-Transformationsregionen jedoch noch zu entwickeln. Im Forschungs-schwerpunkt „Wissen und Innovation“ werden ausgewählte Fragestellungen zu den Bedingungen und den Effekten der unternehmerischen Innovations-tätigkeit im Kontext der systemischen Innovationstheorie empirisch unter-sucht. Ziel der empirischen Arbeiten ist es, wirtschafts- und innovations-politische Handlungsoptionen aufzuzeigen, die u. a. zur laufenden europäischen Diskussion um die Zukunft der wissensbasierten Ökonomie (Europa 2020) beitragen.

Ostdeutschland sowie Mittel- und Osteuropa als Post-Transformationsöko-nomien stehen vor besonderen Herausforderungen: Die Absorption und die Generierung immer komplexerer Technologien (nicht nur im High-Tech-Bereich) erfordern eine adäquate Wissensbasis (Humankapital) und eine Zusammenarbeit zwischen Industrie und Wissenschaft zur schnellen Umsetzung von Forschungsergebnissen in marktfähige Produkte. In Post-Transformationsregionen ist die gegenwärtige Situation jedoch gekenn-zeichnet durch eine transformationsbedingt schwache industrielle Forschung und Entwicklung mit entsprechend problematischen Wirkungen auf das Innovationssystem. Eng damit verbunden ist der Grad der Vernetzung von Wissenschaft und Industrie vergleichsweise schwach. Hinzu kommt eine im Gegensatz zu Westdeutschland bzw. Westeuropa bestehende Dominanz der industriellen Forschung durch multinationale Investoren, die externes

Wissen einbringen, jedoch im internationalen Standortwettbewerb stehen und strategische Forschung tendenziell am Sitz des Headquarters betreiben.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen widmet sich der Forschungs-schwerpunkt in seinem ersten Projekt (Projekt 4.1) ausgewählten Fragen zur Entwicklung der unternehmerischen Wissensbasis und zur kooperations- bzw. netzwerkbasierten Innovationstätigkeit von Unternehmen. In einem weiteren Projekt (4.2) steht die Frage im Mittelpunkt, wie das Innovations-system auf den zunehmenden Druck zur Ressourceneffizienz und klima-politische Regelungen reagiert. Ein diesbezüglich neuer Technologiezyklus bietet für Post-Transformationsregionen die Chance der (weiteren) Re-Industrialisierung durch neue Technologien, von denen jedoch auch „alte“

Industrien profitieren können. Im dritten Projekt (Projekt 4.3) wird schließ-lich die Rolle multinationaler Investoren als Akteure im ostdeutschen sowie in mittel- und osteuropäischen Innovationssystemen untersucht.

In den genannten Themengebieten ist der Forschungsschwerpunkt „Wissen und Innovation“ in der wettbewerblichen Antrags- und Auftragsforschung aktiv. Drittmittelprojekte, u. a. zur Evaluierung der Innovationspolitik des Bundes (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, BMWi) und zur Analyse der Rolle von Hochschulen in regionalen Innovationssystemen (Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF) lieferten wichtige Impulse für die Arbeit des Forschungsschwerpunktes. Die Forschung zu mul-tinationalen Investoren im ostdeutschen sowie mittel- und osteuropäischen Innovationssystem erfolgt in Weiterführung eines vom IWH koordinierten EU-Projektes (6. Forschungsrahmenprogramm der EU „U-Know“). Im Jahr 2011 konnte das IWH erneut als Partner in einem europäischen For-schungskonsortium ein Projekt im 7. Forschungsrahmenprogramm der EU einwerben („Growth – Innovation – Competitiveness: Fostering Cohesion in Central and Eastern Europe“, GRINCOH, Beginn: März 2012). Ergeb-nisse des Forschungsschwerpunktes werden regelmäßig auf internationalen Konferenzen und in internationalen Journalen der Fachwelt zugänglich gemacht. Internationale Kooperationen und die Nachwuchsförderung spielten im Forschungsschwerpunkt „Wissen und Innovation“ eine wich-tige Rolle.

Projekt 4.1: Innovationsprozesse in Post-Transformations-ökonomien

In Post-Transformationsregionen besteht nach Durchlaufen der institutio-nellen Reformen und eines erheblichen technologisch-materiellen Erneue-rungsprozesses im Sinne von Imitation die Herausforderung darin, sich mit neuen, wettbewerbsfähigen Industrien und Produkten am Weltmarkt zu be-haupten. Dies wird durch Industrieansiedlungen im High-Tech-Bereich und eine Steigerung der öffentlichen Ausgaben für Forschung und Entwick-lung allein kaum realisierbar sein. Erforderlich ist die strategische Weiter-entwicklung des gesamten Innovationssystems. Aufgrund der abrupten Systemtransformation bestehen gerade hinsichtlich der Effektivität der Inno-vationssysteme in Post-Transformationsökonomien jedoch zum Teil erheb-liche Defizite. In Ostdeutschland steht beispielsweise einer gut ausgebauten und leistungsfähigen wissenschaftlichen Infrastruktur eine schwache in-dustrielle Forschungsbasis gegenüber. Ostmitteleuropa steht vor noch grö-ßeren Herausforderungen, da bisher keine oder eine nur unzureichende Transformation der Wissenschaftseinrichtungen stattgefunden hat.

In diesem Forschungsprojekt wurden ausgewählte Forschungsfragen zur aktuellen Entwicklung des ostdeutschen Innovationssystems analysiert und im Auftrag des BMWi innovationspolitische Programme des Bundes eva-luiert. Damit wurden in diesem Projekt die vorhandenen innovationsöko-nomischen Vorarbeiten des IWH zu Ostdeutschland zusammengeführt und weiterentwickelt. Die Entwicklungen und Gestaltungsprozesse in Ost-deutschland stehen vielfach stellvertretend für sehr ähnliche Problematiken in mittel- und osteuropäischen Ländern und zukünftige Entwicklungen in Transformationsländern jenseits der EU (GUS).

Projekt 4.2: Ressourceneffizienz und neue Technologien Mit Blick auf neue Technologien besteht für Ostdeutschland und die Post-Transformationsländer eine besondere Chance. Die industrielle Tradition Ostdeutschlands, die relativ starke öffentliche Forschungsinfrastruktur und die geringe industrielle Agglomeration in „alten“ Industrien bilden eine grundsätzlich positive Ausgangslage für die Ansiedlung neuer, technologie-getriebener Branchen.

In diesem Projekt wurde vor dem Hintergrund neo-schumpeterianischer Theorieansätze und unter besonderer Berücksichtigung von industry dynamics

bzw. industry life cycles die Etablierung eines neuen Technologiepfads in Ostdeutschland am Beispiel der Photovoltaik-Industrie empirisch untersucht.

Darüber hinaus wurde im Rahmen eines Dissertationsprojektes der Frage nachgegangen, wie Unternehmen auf Anforderungen des Klimawandels reagieren, das heißt, ob und inwiefern Produkt- und Prozessinnovationen verursacht werden, um z. B. die CO2-Emissionen zu senken.

Projekt 4.3: Multinationale Investoren in Post-Transformations-regionen

Die Bedeutung von technologischen Aktivitäten multinationaler Unter-nehmen in den Ländern Mittel- und Osteuropas sowie Ostdeutschlands hat stark zugenommen. Anknüpfend an die einschlägige empirische Literatur wurden im Rahmen dieses Projektes folgende Forschungsfragen be-handelt: Welche Rolle spielen standortgebundene technologische Faktoren für die Investitionsentscheidungen multinationaler Unternehmen? In wel-chem Ausmaß betreiben multinationale Unternehmen technologische Ak-tivitäten „vor Ort“ und wie sind diese mit dem lokalen Innovationssystem verbunden? Unter welchen Bedingungen kommt es zu technologischen Spillover-Effekten durch multinationale Unternehmen?

Die Untersuchung dieser Fragestellungen wird durch die FDI-Mikrodaten-bank des IWH ermöglicht, die vom Forschungsschwerpunkt „Wissen und Innovation“ inhaltlich koordiniert und durch den Bereich „Formale Methoden und Datenbanken“ methodisch betreut wird. Das IWH hat die FDI-Mikro-datenbank, zunächst für die Jahre 2007 bis 2011, durch eigene Erhebungen aufgebaut. Für Ostdeutschland wird für das Produzierende Gewerbe und aus-gewählte Dienstleistungsbranchen eine jährliche Befragung ausländischer und westdeutscher multinationaler Unternehmen durchgeführt. In ausgewähl-ten Ländern Mittel- und Osteuropas erfolgt die Befragung alle zwei Jahre in Kooperation mit wissenschaftlichen Partnereinrichtungen in diesen Ländern.

2 Arbeitsergebnisse des FSP 4

Im Dokument Tätigkeitsbericht 2011 (Seite 83-87)