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Forecasting – künftiger Strukturwandel

Einleitung

Mit welchen Strukturveränderungen sind wir in Zukunft konfrontiert? Die vorgängige Analyse des vergangenen Strukturwandels hat gezeigt, dass der Strukturwandel in erster Linie durch den technischen Fortschritt und erst in zweiter Linie auf die Ver-änderung der Konsumentenpräferenzen und auf die VerVer-änderung in der Exportori-entierung sowie auf die Veränderung der Präferenzen für heimisch produzierte Gü-ter zurückzuführen ist. Ein eigentliches mittel- bis längerfristiges Forecasting für den Strukturwandel ist aufgrund des kaum vorhersehbaren technischen Fortschritts nicht möglich. Prognosen können wir daher nicht machen

Hingegen können wir im Rahmen des hier entwickelten Modells SwissAGE mit der Szenarientechnik Abschätzungen machen, was eintreten könnte, wenn sich die beobachteten vergangenen Trends auch in Zukunft fortsetzen werden. SwissAGE ist hinsichtlich solcher Szenarienbildungen ein mächtiges Tool. Es vermag insbe-sondere folgende Vorgaben zu verarbeiten und in einem in sich konsistenten öko-nomischen Szenarienrahmen abzubilden:

1. Vorgaben zur künftigen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Für die Abschät-zung der mittel- bis längerfristigen Entwicklung der Gesamtwirtschaft werden in der Regel einfache Trendextrapolationen oder auch komplexe Wachstumsmo-delle eingesetzt. Die Resultate aus solchen MoWachstumsmo-dellen – beispielsweise die Ent-wicklung der Arbeitsproduktivität oder des BIP – können in SwissAGE exogen vorgegeben werden. Mit SwissAGE können somit Szenarien entwickelt werden, die konsistent sind mit den Resultaten einfacher Trendextrapolationen oder komplexen Wachstumsmodellen.

2. Vorgabe von „Megatrends“: Die historische Simulation mit SwissAGE hat bspw.

gezeigt, dass sich die Konsumentenpräferenzen in Richtung Dienstleistungsgü-ter verschoben haben und dass die Exportorientierung in den meisten Sektoren stark zugenommen hat. Diese beobachtete Entwicklung kann als Trend für die künftige Entwicklung vorgegeben werden und die strukturellen Auswirkungen können mit Hilfe von SwissAGE berechnet werden.

3. Vorgabe von Expertenwissen oder Sektorentwicklungen: Verschiedene Ämter erarbeiten selber Sektorszenarien (verbreitet bspw. im Energie-, Verkehrs- und Wohnungsbaubereich). Weiter werden im Rahmen internationaler Studien bzw.

Ländervergleichen sektorspezifische Szenarien und Entwicklungen analysiert

(bspw. im Rahmen der OECD oder anderer internationaler Organisationen, Bei-spiel Entwicklung im Gesundheitssektor). Daneben gibt es Verbände oder priva-te Institutionen, welche ihrerseits Prognosen bzw. Szenarien erspriva-tellen (bspw.

Elektrizitätswirtschaft, Baubereich, usw.). SwissAGE ist in der Lage, solche sek-torspezifische Entwicklungsszenarien oder auch Expertenwissen zur künftigen Entwicklung als exogene Vorgaben zu erfassen und daraus ein in sich konsi-stentes wirtschaftliches Entwicklungsszenario zu berechnen.

Forecasting mit SwissAGE für 2001 bis 2020: Die Annahmen

Nachfolgend wollen wir beispielhaft aufzeigen, wie SwissAGE für das Forecasting eingesetzt werden kann. Uns interessiert dabei vor allem die Frage, ob sich die in der Vergangenheit beobachtete Tertiarisierung der Wirtschaft auch in Zukunft fort-setzt. Das Beispiel soll zugleich auch illustrieren, wie Vorgaben zur gesamtwirt-schaftlichen Entwicklung, von „Megatrends“ und von Expertenwissen oder Sektor-entwicklungen in SwissAGE in einen in sich konsistenten wirtschaftlichen Szena-rienrahmen gebracht werden können:

1. Vorgaben zur künftigen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Das seco hat auf Basis der vergangenen Entwicklung der letzten 20 Jahre eine Schätzung zur Ar-beitsproduktivität gemacht. Das seco geht davon aus, dass mittelfristig mit einer Zunahme der Arbeitsproduktivität von knapp 0.9% pro Jahr gerechnet werden darf (siehe Grafik 6-1). Die Entwicklung der Arbeitsproduktivität wurde als exo-gene Vorgabe in SwissAGE für das Forecasting übernommen.

Zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung wurde weiter das Beschäftigungswachs-tum, welches vom seco aus den Bevölkerungsszenarien des Bundesamts für Statistik hergeleitet wurde, übernommen und exogen vorgegeben. Gemäss die-sen Annahmen nimmt die Beschäftigung noch bis 2015 zu – allerdings mit mittel-fristigen Wachstumsraten unter 0.5% pro Jahr. Danach wird mit einem Rückgang der Beschäftigung gerechnet, dies vor allem als Folge des Rückgangs der po-tenziellen Erwerbsbevölkerung.

Grafik 6-1: Vorgaben zur Beschäftigung und Arbeitsproduktivität: seco-Szenario

-1.5%

-1.0%

-0.5%

0.0%

0.5%

1.0%

1.5%

2.0%

2.5%

3.0%

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Beschäftigung Arbeitsproduktivität Jährliche

Wachstumsraten

2. Vorgabe von „Megatrends“: Aus der historischen Simulation können wir zwei

„Megatrends“ der vergangenen Entwicklung isolieren: Verschiebung der Kon-sumentenpräferenzen in Richtung Dienstleistungsgüter sowie die Zunahme der Exportorientierung in den meisten Sektoren:

– Konsumentenpräferenzen in Richtung Dienstleistungsgüter: Die historische Simulation zeigt, dass sich die Konsumentenpräferenzen zugunsten vieler, aber nicht aller, Dienstleistungssektoren verschoben haben (vgl. dazu Tabelle 4-2, Kolonne 1). Das Ausmass dieser Präferenzänderung ist von Sektor zu Sektor sehr unterschiedlich. Besonders ausgeprägt ist die Präferenzverschie-bung zugunsten der Gesundheits- und Versicherungssektoren. Da bezüglich künftiger Präferenzverschiebungen grosse Unsicherheit besteht, verzichten wir für das Forecasting auf die Vorgabe von künftigen, generellen Präferenz-verschiebungen zugunsten von Dienstleistungsgütern. Wir werden uns aber unter Punkt 3 dem Sektor Gesundheit speziell annehmen.

– Zunahme der Exportorientierung: Die Resultate der historischen Simulation zeigen hier, dass beinahe in allen Sektoren eine Zunahme der Exportorientie-rung stattgefunden hat (vgl. dazu Tabelle 4-2, Kolonne 4). Bei einigen Sekto-ren ist diese Exportorientierung ausgeprägter als bei andeSekto-ren SektoSekto-ren. Wir treffen nun für unser Forecasting die Annahme, dass diese Exportorientierung

im Rahmen der weiteren Globalisierung der Wirtschaft trendmässig weiter ge-schrieben wird. Konkret wird für die Sektoren mit einer zwischen 1990 und 2001 beobachteten starken Zunahme der Exportorientierung angenommen, dass dieser Trend weiter anhält. Für folgende Sektoren wurde diese Annahme getroffen: Industrie, Energie, Handel, Gastgewerbe, Transport und Kommuni-kation, Banken und Versicherungen.

3. Vorgabe von Expertenwissen oder Sektorentwicklungen: Grundsätzlich ist es möglich, verschiedenste Zukunftsinformationen zu einzelnen Sektorentwicklun-gen in SwissAGE vorzugeben. Wir beschränken uns hier auf die Vorgabe in ei-nem Sektor, dessen weitere überproportionale Entwicklung als sicher gilt: Der Gesundheitssektor. So wird in Prognosen für verschiedene Europäische Länder damit gerechnet, dass der Anteil der Gesundheitsausgaben an den Gesamtaus-gaben in der mittleren bis längeren Frist noch zunehmen wird.16 Diese Entwick-lung ist einerseits auf die demografische Alterung, andererseits aber auch auf die steigenden Anforderungen an das Gesundheitswesen zurückzuführen.

Für das Forecasting unterstellen wir, dass die in der historischen Simulation zwi-schen 1990 und 2001 beobachteten Veränderung der Konsumentenpräferenzen zugunsten des Gesundheitssektors auch die kommenden Jahre trendmässig fortgeschrieben werden.

Für die Investitionen wurde angenommen, dass sie gerade die Abschreibungen am Kapitalstock decken.

Forecasting mit SwissAGE für 2001 bis 2020: Die Resultate

Die Grafik 6-2 zeigt die Resultate für das BIP, die Entwicklung des Kapitaleinsatzes und der Beschäftigung, welche – wie oben dargestellt – exogen vorgegeben wurde.

Für die Jahre 2005 bis 2020 kommen wir mit den vorgegebenen Annahmen auf ein BIP-Wachstum von 1.05% pro Jahr.

Die Grafik 6-3 zeigt das Szenario für die strukturelle Entwicklung von 2001 bis 2020. Interessant ist, dass sich alleine aufgrund der Annahme einer stärkeren Ex-portorientierung in den Sektoren Industrie, Energie, Handel, Gastgewerbe,

16 Economic Policy Committee (2001), Budgetary Challenges posed by ageing populations: the impact on public spending, pensions, health and long-term care for the elderly and possible

in-port/Kommunikation, Banken und Versicherungen bereits einige klare Tendenzen zum künftigen Strukturwandel abzeichnen:

Tertiarisierung der Wirtschaft: Die Tendenz zur Tertiarisierung der Wirtschaft wird sich weiter fortsetzen. Die Forecast-Simulation zeigt für den gesamten Dienstleistungsbereich Wachstumsraten zwischen 2005 bis 2020 von über 1.2%

jährlich (für DL exkl. Gesundheit beträgt die Wachstumsrate 1.1% pro Jahr), für den Industriebereich von lediglich 0.7% pro Jahr. Dies alles unter der Annahme, dass sich – ausser im Gesundheitssektor – die Konsumentenpräferenzen nicht noch mehr zugunsten der Dienstleistungsgüter verschieben. Würden wir zusätz-lich eine Präferenzverschiebung Richtung Dienstleistungsgüter annehmen, so würde die Tertiarisierung noch stärker ausfallen.

Überproportionales Wachstum im Gesundheitsbereich: Da wir angenommen haben, dass sich die Präferenzen der Konsumenten – wie schon in der Vergan-genheit beobachtet – zugunsten des Gesundheitssektors verschieben, ist mit ei-nem überproportionalen Wachstum des Gesundheitssektors zu rechnen. Die Fo-recast-Simulation errechnet ein Wachstum des Gesundheitssektors in den Jah-ren 2005 bis 2020 von 2.4% pro Jahr.

Bedeutungsverlust der Landwirtschaft: Die Landwirtschaft wird aufgrund der stärkeren Exportorientierung in den anderen Sektoren weiter verlieren. Jährlich nimmt die landwirtschaftliche Produktion gemäss diesem Szenario zwischen 2005 bis 2020 um –0.6% ab. Dabei sind wir davon ausgegangen, dass das heu-tige Protektionsniveau (Zölle, usw.) erhalten bleibt. Würden wir zusätzlich noch einen Abbau des Protektionsniveaus unterstellen, so würde die landwirtschaftli-che Produktion noch weiter abnehmen. Der Grund für die Abnahme der landwirt-schaftlichen Produktion bei der vorliegenden Forecast-Simulation ist vor allem in der rückläufigen Vorleistungsnachfrage der anderen Sektoren zu suchen.

Grafik 6-2: Forecasting 2001 bis 2020: Gesamtwirtschaftliche Entwicklung

95 100 105 110 115 120 125

2000 2005 2010 2015 2020

BIP

Kapital

Bes chäftigung Index

[2001 = 100] Makrogrössen

Grafik 6-3: Forecasting 2001 bis 2020: Strukturelle Entwicklung – sektoraler Output

80 90 100 110 120 130 140 150 160

Ges undheit

Diens tleis tung (exkl. Ges undheit)

Indus trie

Landwirts chaft Index

[2001 = 100]

Produktion