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64 Basis sollte für alle Hauptfächer vorhanden sein, wenn diese kompetent unterrichtet werden sollen. Ich denke, dass hier mehr aus persönlichem Einsatz geschehen muss, da keine Verpflichtung zur Fortbildung gegeben ist.

Beide Lehrer wirkten sehr unsicher bei der Unterrichtung des Faches und den damit verbundenen Schwierigkeiten beim Mathematiklernen. Ich bin davon überzeugt, dass es von großer Bedeutung ist, diese Unsicherheiten auch im Kollegium anzusprechen und zu diskutieren. Ein offener Umgang mit den eigenen Schwächen, die mit Hilfe von Kollegen kompensiert werden können, ist in meinen Augen sehr wichtig. Dies kann jedoch nur in einem kooperativen Kollegium gelingen, das sich gegenseitig unterstützt. Dennoch sehe ich hier eine Möglichkeit, den eigenen Unterricht und damit verbundenen Umgang mit Schwierigkeiten zu verbessern.

Ein weiterer Aspekt, der sich für mich bei der Arbeit ergeben hat, ist offen für wissenschaftliche Untersuchungen zu sein. Ohne die Hilfe der Lehrkräfte hätten wir unsere Untersuchung nicht durchführen können. Da es schwierig war zwei Freiwillige zu finden, die sich bereit erklären über ihren Mathematikunterricht zu sprechen, gilt es da offener für zu sein. Ich bin der Meinung, dass dies ebenfalls ein wichtiger Aspekt ist, um die pädagogische Praxis zu hinterfragen, zu reflektieren und zu verbessern. Mit meinem eignen Forschungsprozess bin ich offener geworden für andere Forschungsprojekte.

Rückblickend betrachtet kann festgehalten werden, dass meine persönlichen Erfahrungen des Forschungsprozesses Auswirkungen auf meine pädagogische Praxis haben werden.

Persönliches Fazit Gitte Stockel-Veltmann

In diesem Forschungsprozesses und der vorliegenden Arbeit geht es darum, unser bisheriges Wissen im Bereich von Mathematik und Sonderpädagogik zu verknüpfen. Besonders der Bereich der Rechenstörungen war immer wieder ein Thema innerhalb von Seminaren und Vorlesungen beider Fachbereiche. Wichtig war es für uns mit Sonderpädagogen aus der Praxis zu sprechen, ihre Erfahrungen im Bereich der Diagnostik und Förderung von Rechenschwäche darzustellen. Dieses Verfahren stellt sich für mich als existenziell heraus.

Auch wenn es sich nur um eine kleine Stichprobe handelt, finde ich es bedeutend, konkret nachzufragen und sich nicht allein auf die Literatur zu beziehen.

Während meines Studiums wurde ich bisher kaum mit einem konkreten empirischen Vorgehen konfrontiert. Aus diesem Grund kam es zu einigen Unsicherheiten. Innerhalb des

65 Prozesses der Leitfadenerstellung für das problemzentrierte Interview zeigte sich ein Problem bei der Fragestellung: Wie können die Fragen so gestellt werden, dass sie auf der einen Seite die notwendige Offenheit für eine persönliche Antwort der Sonderpädagogen lassen, auf der anderen Seite jedoch gewährleistet ist, dass die Fragen das beinhalten, was in der Theorie dargelegt wird. Dieser Balanceakt mit einer offenen Fragestellung eine brauchbare Antwort zu bekommen, ließ sich größtenteils durch Absprache untereinander und einem Probedurchlauf des Interviews meistern. Trotzdem blieben Unsicherheiten, ob die Fragen ausreichend auf das eingehen, was wir von den Befragten wissen möchten und sowohl allgemein als auch detailliert genug für eine folgende Auswertung sind.

Im Interview selbst war ich als Nebeninterviewer tätig. Ich musste den Prozess des Interviews beobachten, Mimik und Gestik wahrnehmen, ohne in das Gespräch einzugreifen. Dieses passive Handeln war nicht so leicht, wie zunächst gedacht, weil eigene Gedanken oder Nachfragen nicht eingebaut werden konnten, um den Hauptinterviewer und den Befragten nicht zu verunsichern. Erst in der Nachbesprechung zwischen den Interviewern konnten Zusätze besprochen und Hinweise gegeben werden, die im zweiten Interview näher berücksichtigt werden konnten.

Auch in der Auswertung galt es einige Probleme zu meistern: Wie kann man es schaffen zwei Interviews mit teilweise unterschiedlichen Inhalten mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse zusammenzufassen und Kategorien bilden, die sich sowohl auf beide Interviews, als auch auf die Theorie beziehen? Während dieser Auswertung kam uns vor allem die gemeinsame Arbeit zugute. So konnte jedes Interview objektiv ausgewertet werden und mit den Ergebnissen des Anderen abgeglichen werden, um es daraufhin zu Kategorien zusammenzufassen. Zur Auswertung gehörte ferner die Erkenntnis, dass es sich nicht um eine repräsentative Stichprobe handelt und genau differenziert werden musste, damit es nicht zu einer vorschnellen Verallgemeinerung kommt.

Insgesamt konnte ich meinen Erfahrungsschatz durch das forschungsmethodische Vorgehen erweitern. Sowohl die Planung eines Leitfadeninterviews, der konkreten Durchführung, als auch die Auswertung mit der qualitativen Inhaltsanalyse war bisher wenig erprobt. Dadurch konnte ich lernen mit Interviewmaterial umzugehen, es zusammenzufassen und sowohl induktiv, als auch deduktiv Kategorien zu bilden und mit möglichen Problemen im Forschungsprozess (z.B. Problematik der offenen Fragestellung im Interviewleitfaden oder der Kategorienbildung) umzugehen.

66 Für meine eigene pädagogische Praxis nehme ich mit, dass es nicht ausreicht die Schüler mit Rechenstörungen individuell zu betrachten, wenn das wesentliche fachdidaktische Hintergrundwissen fehlt. Dass die vielfältigen Bemühungen und einfacher Materialeinsatz aus fachdidaktischer Sicht nicht ausreichen, um Schülern mit Rechenstörung ausreichend zu fördern, steht fest. Ich schließe mich den Lehrern zwar an, wenn sie sagen, dass fachfremdes Unterrichten mit Schwierigkeiten verbunden ist. Ich setze allerdings dagegen, dass ich besonders bei Fächern, die ich nicht studiert habe, zusätzliches Engagement zeigen muss, damit ich mich fachdidaktisch auskenne und entsprechend fördern kann. Es muss also sowohl ein fachliches Engagement von Seiten der Sonderpädagogen geben, sich in die Hauptfächer einzuarbeiten, als auch eine Veränderung der Ausbildungssituation dahingehend, dass beide Hauptfächer studiert werden müssen. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Schüler bei Lernschwächen, wie der Rechenstörung, entsprechende Förderung erhalten. Offen bleibt trotz allem, ob es mit veränderter Ausbildungssituation zu einer Verbesserung in diesem Gebiet kommt. Der Aspekt, was und wie an der jeweiligen Universität gelehrt wird, spielt aus meiner Sicht häufig eine zusätzliche Rolle, die weiter untersucht werden müsste.

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