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6.3 Geschlecht 78

6.4.2 Fatigue-Syndrom und kognitive Veränderungen

In der vorliegenden Studie wurde Fatigue im Rahmen der Symptomskalen des EORTC QLQ-C30 Fragebogens evaluiert. Die Patienten schnitten dabei mit einem mittleren Score von 32 deutlich schlechter ab, als die gesunde Normalbevölkerung mit einem Score von 17. Die Referenzdaten aus der deutschen Normalbevölkerung von SCHWARZ ET AL. zeigen aber auch, dass Fatigue bei gesunden Personen ebenfalls eine Rolle spielt45. In anderen Patien-tenkollektiven (AML, CML, Hodgkin) wurden teilweise wesentlich höhere Fatigue-Werte fest-gestellt als bei den ALL-Patienten dieser Studie. Dies könnte u.a. am höheren medianen Alter der anderen Kollektive und an unterschiedlichen Nachbeobachtungszeiten liegen.

Zur Identifikation eines manifesten Fatiguesyndroms stehen heutzutage umfassende validier-te Einzelinstrumenvalidier-te zur VerfügungXVI, die sowohl die physische, als auch die mentale und emotionale Fatigue erfassen. Um das Fatigue-Syndrom gezielt zu untersuchen, sind diese Instrumente besser geeignet, als der hier eingesetzte EORTC-QLQ C30 Fragebogen alleine, der vornehmlich die physische Fatigue erfasst105.

Außerhalb der gezielten Fatigue-Fragen, wurden in dieser Studie auch die Freitextangaben der Patienten berücksichtigt. Sehr häufig berichteten Patienten über schnelle körperliche Erschöpfung, Müdigkeit und Merkfähigkeitsstörungen seit der Erkrankung. Auf die Frage nach Veränderungen seit der Leukämie gaben 55% eine leichte oder deutlich schlechtere Energie und 42% eine schlechtere geistige Leistung an (vgl. Abbildung 11, S.52).

Es zeigte sich in dieser Untersuchung für die unabhängigen Variablen (Alter, Geschlecht, Stammzelltransplantation, Überlebenszeit oder Studiengeneration) ein signifikanter Einfluss auf die Fatigue-Ausprägung bei älteren Patienten und Patienten nach allogener Stammzell-transplantation. SCHWARZ fand für die Normalbevölkerung eine klare und nahezu lineare Al-tersabhängigkeit mit stärkerer Fatigue-Ausprägung für ältere Personen. Frauen zeigten in seiner Untersuchung ebenfalls in allen Symptomskalen höhere Werte entsprechend einer stärkeren negativen Symptomatik als Männer106.

Der Begriff Fatigue stammt aus dem französischen und englischen Sprachgebrauch. Fatigue stellt einen krankhaften Erschöpfungszustand dar, der sich durch normale Erholungs-mechanismen oder Schlaf nicht beheben lässt. Etwa 80 Prozent aller Krebspatienten leiden Schätzungen zufolge unter einem akuten Fatigue-Syndrom und bis zu 40% leiden auch Jahre nach der Therapie daran (chronisches Fatigue-Syndrom). Diese Patienten fühlen sich häufig noch genauso erschöpft wie in der akuten Therapiephase der Krebsbehandlung.

Die Ursachen des krebsbedingten Fatiguesyndroms sind vielfältig und bisher noch nicht ge-klärt. Typische Symptome sind ausgeprägte Müdigkeit, schwindende Energiereserven oder erhöhtes Ruhebedürfnis, das inadäquat zu vorausgegangenen Aktivitäten ist, aber auch An-triebsschwäche, Motivationslosigkeit und Konzentrationsschwäche - man spricht daher auch von körperlicher, emotionaler und mental-kognitiver FatigueXVII. Es ist bisher auch unklar, ob die Fatigue mit bestimmten Therapieelementen in Zusammenhang steht.

Trotz der hohen Prävalenz des krebsbedingten Fatigue-Syndroms sind nur wenige Studien gezielt dazu zu finden. Zudem existieren nur spärliche Daten zur Epidemiologie und die klini-sche Ausprägung ist oft nur anekdotisch beschrieben107. Dies steht im Kontrast zu der Tat-sache, dass Fatigue jedoch in einigen wenigen Studien als entscheidender, negativer Ein-flussfaktor auf die Lebensqualität krebskranker Menschen identifiziert wurde108109.

Für die betroffenen Patienten stellt die Fatigue eine erhebliche Belastung dar. Es ist zu-nächst ein wichtiger Schritt, dass die Symptomatik als mögliche Folge der Krebstherapie identifiziert und somit „erklärt“ wird. Ein nächster wichtiger Schritt wären therapeutische An-gebote. Es hat sich gezeigt, dass angepasstes körperliches Training die Dauer und Schwere einer Fatigue reduzieren kann. Dabei wird Muskelmasse aufgebaut und die kardiovaskuläre Leistungsfähigkeit verbessert. Körperliches Training wirkt außerdem Depressionen ent-gegen.

Mindestens ebenso wichtig ist die weitere Abklärung der häufig geschilderten kognitiven Veränderungen. Die von den Patienten im Freitext geschilderten Merkfähigkeits-, und Kon-zentrationsstörungen werden von den verwendeten Standard-Fragebögen nicht gezielt er-fasst. Die Entwicklung und Prüfung entsprechender Erfassungsbögen ist ein wichtiges Ziel für künftige, auch Therapie begleitende, Untersuchungen. Das diagnostische Armentarium von Kurztests ist beschränkt. Neben dem Mini-Mental-Test, der eigentlich nur für

XVI Z.B. MFI: Multidimensional Fatigue Inventory

XVII Deutsche Fatigue Gesellschaft, http://www.deutsche-fatigue-gesellschaft.de/

sches Assessment anwendbar ist, steht nur der Demtect-Test zur Verfügung, der darauf ab-zielt, beginnende kognitive Störungen im Sinne der Früherkennung einer Demenz zu er-fassen. Darüber hinaus stehen nur relativ aufwendige Computer-basierte Tests und Be-fragungen durch Psychologen zur Verfügung. Dennoch sollte versucht werden, die kognitiven Störungen in künftigen Studien genauer zu erfassen, insbesondere, da ein Zu-sammenhang mit spezifischen Therapieelementen z. B. Schädelbestrahlung durchaus denk-bar ist.

6.5 CopingXVIII und Zufriedenheitsparadox

Coping hat zwei Dimensionen 1) Umgang mit der schweren Erkrankung, die überstanden ist und 2) Umgang mit möglicherweise bestehenden Spätfolgen. Dies ist eigentlich getrennt vom Umgang mit anderen körperlichen Beeinträchtigungen, die nicht mit der Krebser-krankung in Zusammenhang stehen, zu betrachten. Aus den Ergebnissen dieser Unter-suchung lässt sich folgern, dass den körperlichen Beeinträchtigungen eine ganz unterschied-liche Gewichtung in Bezug auf die Lebensqualität beigemessen wird, wie z. B. auch die folgenden Patientenäußerungen zeigen:

„Trotz meiner Bewegungseinschränkung beider Schultern und Tragen einer Haar-prothetik ist meine Lebensqualität besser“.

„Mein Sexualleben hat sich sehr verschlechtert, meine körperliche Bewegung ist auch nicht gut, aber ich habe mich darauf eingestellt, ist nicht so schlimm, an-sonsten geht es mir gut“

Sehr deutlich war dieses Phänomen bei Patienten nach Stammzelltransplantation. Diese hatten insgesamt zwar einen signifikant schlechteren Gesundheitszustand, gaben aber eine ebenso gute Lebensqualität an wie nicht-transplantierte Patienten.

Gesundheit ist eine Voraussetzung für berufliche Tätigkeit, für Aktivitäten wie Urlaub, Sport sowie ganz allgemein für die Möglichkeit, sein Leben nach eigenen Vorstellungen und Wün-schen zu gestalten. Daher wäre eigentlich anzunehmen, dass sich mit dem Gesundheits-zustand auch das allgemeine Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit verändern (LANG ET AL. in110). Es wird jedoch im Gegenteil häufig beobachtet, dass subjektive Lebensqualitäts-einschätzung und objektive Krankheitsparameter nur bedingt miteinander korrelieren.

MUTHNY stellt fest, dass sich die ärztliche Fremdeinschätzung und die Patientenselbstein-schätzung ebenso begrenzt decken, wie medizinischer Befund und subjektive Patienten-reaktion. In der klinischen Beobachtung können z. B. Tumorpatienten mit günstiger Prognose und unter Umständen wenig invasiver Therapie, massiv psychisch auf ihre Erkrankung reagieren, während Patienten mit fortgeschrittenen metastasierenden Karzinom-erkrankungen im vollen Bewusstsein ihrer infausten Prognose psychisch ausgeglichen sind111.

HOFSTÄTTER konnte ebenfalls zeigen, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen sich erstaunlich gut mit einer allgemeinen Lebenszufriedenheit vertragen39.

HERSCHBACH geht sogar so weit, von einem „Zufriedenheitsparadox“ zu sprechen, da häufig die subjektive Einschätzung der Lebens- oder Gesundheitssituation durch die Betroffenen selbst deutlich besser ist, als es „von außen“ nachvollziehbar wäre112.

Diese paradoxen Ergebnisse weisen darauf hin, dass Persönlichkeitsfaktoren und An-passungsprozesse (Coping) eine wesentliche Rolle im subjektiven Krankheitsempfinden spielen. Die Lebensqualität hängt also sowohl von der somatischen Realität (Therapie,

XVIII

„Coping“ leitet sich von dem englischen Wort to cope = "bewältigen", "überwinden“ ab und wird im Deutschen meist als Bewältigung bzw. Auseinandersetzung mit belastenden Ereignissen oder Erlebnissen bezeichnet. In der Medizin bezeichnet Coping das Verhalten eines Menschen, chronische Krankheiten und Behinderungen zu verarbeiten und wird deshalb häufig synonym mit dem Begriff der „Krankheitsbewältigung“ verwendet

schwerden) ab, als auch von Coping-Strategien, die zu einer Veränderung von Erwartungen und Wertmaßstäben führen können.

Die bekannteste Coping-Theorie stammt von dem amerikanischen Psychologen RICHARD

LAZARUS. In seinem transaktionalen Stressmodell bezeichnet er Stresssituationen (wie sie z. B. durch schwere Erkrankungen ausgelöst werden können) als komplexe Wechsel-wirkungsprozesse zwischen den Anforderungen der Situation und der betroffenen Person. Er geht davon aus, dass nicht die Situation selbst für die Stressreaktion relevant ist, sondern die individuelle kognitive Verarbeitung des Betroffenen. Die Stressverarbeitung verläuft dabei höchst unterschiedlich und individuell113.

Es verändern sich also Werte und Vorstellungen von Lebensqualität im Krankheitsverlauf und es kommt zu einer Veränderung interner Standards (response-shift). Dabei scheinen Patienten ihre inneren Wertmaßstäbe kontinuierlich an die schlechter werdenden Be-dingungen bzw. den schlechter werdenden Gesundheitszustand anzupassen, während sie sich dabei durchaus eine hohe innere Zufriedenheit erhalten können112.

Dass die Lebensqualität ganz entscheidend von der Einstellung abhängt, zeigt auch eine Studie von GUSTAVSSON ET AL. Optimistisch eingestellte Patienten hatten hier eine signifikant bessere Lebensqualität als Patienten, die eher hoffnungslos eingestellt waren114.

LANG ET AL. stellte dagegen in einem Gesundheitssurvey 1978 fest, dass Erkrankungen eine schwerwiegende Minderung der individuellen Wohlfahrt darstellen. Die allgemeine Lebens-zufriedenheit nahm in seiner Untersuchung mit steigender gesundheitlicher Beeinträchtigung ab, ebenso wie die Gesundheitszufriedenheit der befragten Personen. (LANG ET AL. in110).

6.6 Bildung, sozioökonomischer Status und Berufstätigkeit

6.6.1 Bildung

42% der Patienten dieser Studie verfügten über (Fach-)Abitur oder einen Hochschul-abschluss, 35% hatten die Mittlere Reife und 23% hatten einen Hauptschulabschluss. Vergli-chen mit dem Bundesdurchschnitt verfügten die Patienten dieser Studie somit über ein deut-lich höheres Bildungsniveau. Laut Statistischem Bundesamt 2008 schlossen in Deutschland 23% die Schule mit Abitur, 27% mit Mittlerer Reife und 41% mit Hauptschulabschluss ab.

2,5% hatten keinerlei SchulabschlussXIX.

Eventuell handelt es sich bei dieser Beobachtung um eine positive Selektion zugunsten von Patienten mit höherer Bildung, die sich eher an Studien mit wissenschaftlicher Fragestellung beteiligen und auch bereit sind, einen komplexen Fragebogen auszufüllen. Da keine Daten über das Bildungsniveau bei neu erkrankten Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie vorliegen, kann keine Aussage darüber getroffen werden, ob der Grad der Bildung bei Pa-tienten dieser Studie als repräsentativ anzusehen ist. Bei der kindlichen ALL gibt es Daten, dass diese häufiger in einem günstigeren sozioökonomischen Umfeld auftritt. Für Er-wachsene liegen keine Daten vor.

Insgesamt stellte der Parameter „Bildung“ in der vorliegenden Untersuchung - bis auf das Symptom „Schlaflosigkeit“, das bei schlechter gebildeten häufiger vorkam - keine signifikante Einflussgröße auf die verschiedenen Dimensionen der Lebensqualität dar. In einer repräsen-tativen Studie von SIEGRIST ET AL. mit einem gesunden Kollektiv der deutschen Bevölkerung (n=2047) fand sich ebenfalls ein hochsignifikanter Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und gesundheitsbezogener Lebensqualität: Je höher das Bildungsniveau war, desto höher war auch die Lebensqualität (SIGRIST ET AL. in78). Sigrist merkt an, dass Gründe für eine re-duzierte Lebensqualität weniger in einer unzureichenden medizinischen Versorgung liegen, sondern vielmehr in den unterschiedlichen materiellen und sozio-emotionalen

XIX Die fehlenden 4,5% bezogen sich auf Personen, die noch in schulischer Ausbildung waren

kontexten zu suchen sind. Diese Überlegungen werden durch Ergebnisse gestützt, die von LANG ET AL. im Rahmen eines Gesundheitssurveys 1978 erhoben wurden. Hier wurde ver-mutet, dass bei Personen mit ungleichen Arbeits- und Lebensbedingungen unterschiedliche Fähigkeiten und Möglichkeiten genutzt werden, um sich mit Krankheiten auseinanderzu-setzen (Vgl. Coping 6.4) (LANG ET AL. in110).

In einer Studie von CELLA ET AL.hatten Patienten mit einem niedrigen Bildungsstand sogar eine deutlich niedrigere Überlebenszeit, als Patienten mit höherem Bildungsstand bzw. höhe-rem Einkommen115.

Es konnte in der vorliegenden Untersuchung lediglich ein Einfluss des Bildungsniveaus auf die Erkrankungen Diabetes und Hypertonie festgestellt werden, die bei Patienten mit niedri-gem Bildungsniveau signifikant häufiger auftraten. Hier muss überlegt werden, ob weniger gebildete Menschen weniger Zugang zu Hilfsmöglichkeiten haben bzw. diese eher seltener wahrnehmen. Gerade bei diesen Erkrankungen spielt auch ein gesunder Lebensstil wie Er-nährung, Nicht-Rauchen, körperliche Bewegung etc. eine Rolle. Evtl. besteht bei dieser Gruppe auch eine ungenügende gesundheitliche Aufklärung.

Auch wenn sich in dieser Studie kaum signifikante Einflüsse des Bildungsniveaus gezeigt hatten, so ist es doch wichtig, zunächst zu überlegen, warum das Bildungsniveau - zu-mindest in anderen Studien - eine große Bedeutung hatte und inwieweit man Patienten mit niedrigerem Bildungsstand besser unterstützen kann. In dieser Studie waren Patienten mit geringerem Bildungsniveau nicht häufiger arbeitslos oder berentet als Patienten mit höherem Bildungsniveau.

Evtl. sind aber die gesundheitlichen Folgen in Berufen mit betont körperlicher Arbeit deutlich ausgeprägter als in anderen Berufen. Außerdem liegt die Vermutung nahe, dass die Wieder-eingliederung in Berufe mit überwiegend körperlicher Tätigkeit nach einer schweren Er-krankung deutlich schwieriger ist und in einigen Fällen auch scheitert.

6.6.2 Berufstätigkeit und Schwerbehinderung

In dieser Studie lag der Anteil der insgesamt berufstätigen Patienten zum Zeitpunkt der Un-tersuchung höher als bei Erkrankungsbeginn (65% vs. 58%). Der Anteil von in Vollzeit an-gestellten Personen blieb mit 45% gleich. Da sich jedoch der Anteil von Patienten in Aus-bildung verringerte, ist anzunehmen, dass diese nach der Erkrankung die AusAus-bildung ab-schließen und eine Berufstätigkeit aufnehmen konnten. Deutlich mehr Patienten arbeiteten nach ihrer Erkrankung in Teilzeit als vorher (14% vs. 6%). Der Anteil an selbstständig arbeitenden Personen war vor und nach Therapie mit 5-7% weitgehend konstant.

Insgesamt lag die Quote von erwerbstätigen Patienten dieser Studie bei 65%. Ausgehend von einer Erwerbsquote in Deutschland von 75%XX liegen die Patienten des Kollektivs mit rund mit 10% darunter. Hier muss berücksichtigt werden, dass das Geschlechterverhältnis in dieser Studie bei 2:1 zugunsten der Männer lag. Da Frauen in Deutschland rund 20% weni-ger erwerbstätig sindXXI als Männer, könnte der absolute Anteil von Erwerbslosen in dieser Studie also noch höher sein.

Der Anteil an Arbeitslosen liegt bei allen Studienpatienten zum heutigen Zeitpunkt bei 7%.

Ausgehend von einer Arbeitslosenquote in Deutschland von 8,7 %XXI, liegt dieser Anteil da-mit leicht unter dem Bundesdurchschnitt.

Üblicherweise erhalten ALL-Patienten bis zum Ende der Therapie einen Schwerbehinderten-status (GdB) von 100% und für die Dauer von drei Jahren 60%. Danach wird der GdB indivi-duell neu festgestellt. In dieser Studie hatte fast die Hälfte aller Patienten 10 Jahre nach Er-krankung immer noch einen GdB > 50. Es zeigte sich, dass Patienten mit dauerhaftem GdB

>50 signifikant seltener berufstätig waren, dafür häufiger berentet oder arbeitslos.

XX Quelle: Eurostat Datenbank (Datenstand: Mai 2007); Jahresdurchschnitt.

XXI Quelle: Statistisches Bundesamt, Juli 2007

(Schwer-) Behinderungen sind besonders häufig mit höherem Alter assoziiert. 1995 waren in Deutschland 75% der Schwerbehinderten über 54 und 51% über 64 Jahre altXXII. Der über-wiegende Anteil von Schwerbehinderten in dieser Studie befand sich dagegen im Alter zwi-schen 25 und 45 Jahren. Unter den Schwerbehinderten gab es keinen erhöhten Anteil an stammzelltransplantierten Patienten.

Erwerbsunfähigkeit und Invalidität zählen zu den wichtigsten ökonomischen und sozialen Folgen von Krankheit und Behinderung. Voraussetzung für den Bezug einer Frührente der Gesetzlichen Rentenversicherungen ist die Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Krebser-krankungen gehören dabei zu den vier häufigsten Krankheitsgruppen, die rund ¾ aller Früh-berentungen in Deutschland verursachen. Dabei spielen Krebsleiden für die Frühberentung von Frauen durchgängig eine etwas größere Rolle als für die Frühberentung von Männern (16% vs. 13%)XXIII. Auch in dieser Studie zeigte sich, dass Frauen mit 20% etwas häufiger Berufs- oder Erwerbsunfähig waren, als Männer mit 16%.

Insgesamt zeigte sich damit in dieser Studie, trotz häufiger dauerhafter Schwerbehinderung (49%), ein hohes Maß an beruflicher Rehabilitation. Ein hoher Grad der Behinderung (>50%) ging jedoch erwartungsgemäß deutlich häufiger mit Arbeitslosigkeit oder Berentungen ein-her. Im Vergleich mit der gesunden Normalbevölkerung waren die Schwerbehinderten dieser Studie deutlich jünger.

6.7 Soziale Beziehungen, Freunde und Familie und Partnerschaft

In der vorliegenden Studie lebten zwei Drittel der Patienten in festen Partnerschaften. Von diesen erlebten 61%, dass ihre Beziehung durch die Erkrankung fester wurde. 70% gaben an, dass sich ihr Verhältnis zu Mitmenschen wie Freunden und Familie seit der Erkrankung verbessert hatte. Allerdings hatte die Tatsache, ob ein Patient in einer Partnerschaft lebte oder nicht, keinen signifikanten Einfluss auf die selbst eingeschätzte Lebensqualität.

In den Freitextkommentaren der Patienten (vgl. Tabelle 19, S.53) zeigt sich deutlich, dass die Erkrankung einen starken Einfluss auf die familiären und sozialen Beziehungen hatte.

Welch hohen Stellenwert gute soziale Beziehungen bei der Bewertung der eigenen Lebens-zufriedenheit haben, geht aus dem Gesundheitssurvey 1978 hervor. LANG ET AL.fand darin, dass gute zwischenmenschliche Beziehungen, vor allem zu einem Ehepartner und zu einem Kreis guter Freunde, einen positiven Einfluss auf Zufriedenheit, Glück und Gefühle von Ein-samkeit haben. Emotionale Zuwendung und Unterstützung, wie man sie in sozialen Be-ziehungen verschiedener Art erfährt, waren - gerade im Krankheitsfall - besonders wichtig.

Im Gesundheitssurvey zeigte sich zudem, dass die Zufriedenheit von Personen die in festen Partnerschaften lebten deutlich größer als die der Alleinlebenden war. (LANG ET AL. in110) GUSTAVSSON ET AL. fand bei einem Kollektiv onkologischer Patienten, dass die Tatsache, ob ein Partner vorhanden war, einen entscheidenden Einfluss auf Gefühle wie entweder Hoff-nungslosigkeit oder Optimismus hatte114.

6.8 Sexualität und Fertilität

6.8.1 Sexualität und Körperbild

In dieser Studie gaben 19% der Patienten mäßig bis starke Beeinträchtigungen ihrer Sexuali-tät an. Bei 34% hatte sich - im Vergleich zu vor der Erkrankung - die sexuelle AktiviSexuali-tät und bei 25% das Interesse am Geschlechtsverkehr (GV) verringert. Die Fähigkeit zum GV war bei 26% vermindert. Weniger Freude am GV gaben 17% an, 6% berichteten allerdings auch über größere Freude als vor der Erkrankung. Ein erhöhtes Interesse bzw. eine erhöhte

XXII Quelle: Gesundheitsbericht für Deutschland 1998

XXIII Quelle: VDR Statistik Rentenzugang; Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR)

xuelle Aktivität nach der Erkrankung wurde ausschließlich von jüngeren männlichen Patien-ten angegeben.

Den größten negativen Einfluss auf die Sexualität übte in dieser Studie das Alter aus. Ältere Menschen beurteilten alle sexuellen Dimensionen schlechter als jüngere Patienten. Das Ge-schlecht spielte dagegen nur bei der Fähigkeit zum GV eine Rolle. Frauen fühlten sich in diesem Punkt deutlich seltener eingeschränkt als Männer. Auch in der Normalbevölkerung haben Männer mit zunehmendem Alter häufiger Erektionsstörungen. Verschiedene Gesund-heitsindikatoren weisen bei Männern auch eine stärkere Korrelation mit sexuellem Interesse und sexueller Aktivität auf als bei Frauen116.

Einige Krebsarten beeinflussen die sexuelle Aktivität direkt. Das trifft vor allem für Uterus- oder Ovarial-Ca bei der Frau bzw. Hoden- und Prostata-Ca beim Mann zu. Aber auch die meisten anderen Krebserkrankungen beeinflussen indirekt die Partnerschaft. Schmerzen, Übelkeit, Fatigue oder Angst stellen die sexuellen Bedürfnisse oft in den Hintergrund. Auch kann sich durch die Therapie die äußere Erscheinung - vom Haarausfall bis hin zu Amputati-on - verändern. HormAmputati-onelle Störungen sind ebenfalls ein häufiger Grund für eine verminderte Libido. Einige dieser Probleme sind im direkten Zusammenhang mit der Therapie stärker zu beobachten und weniger ausgeprägt im Langzeitverlauf.

In einer Studie von SCHIMMER ET AL. mit 16 männlichen Hodgkin-Patienten nach SZT hatten 12% der Patienten erektile Dysfunktionen. Wie in der vorliegenden Studie berichteten 25%

über einen mäßigen Verlust ihres Interesses an sexuellen Aktivitäten117. Rund ein Drittel der AML-Patienten einer Studie von ZITTOUN ET AL. zeigten nach Therapie eine eingeschränkte sexuelle Funktion. Patienten nach allogener SZT waren dabei am stärksten betroffen62. Es ist festzustellen, dass Patienten nach ALL langfristig nur wenig sichtbare körperliche Stigmata durch ihre Erkrankung erleiden (z. B. Alopezie) - im Vergleich zu Patienten mit soli-den Tumoren. Auch leisoli-den ALL-Patienten seltener unter krebsbedingten chronischen Schmerzen (abgesehen von Schmerzen durch Osteonekrosen, deren therapeutische Kon-sequenz häufig in einem Gelenkersatz besteht).

MUMMA ET AL. fand bei 70 Patienten mit akuten Leukämien ein Jahr nach Therapie (mit und ohne SZT) eine deutliche Verminderung des sexuellen Drangs und der sexuellen Be-friedigung. Er fand - bis auf die stärkere Beeinträchtigung der gonadalen Funktion - keine Unterschiede zwischen SZT- und Chemotherapie-Patienten. MUMMA vermutet sexuelle Probleme in Verbindung mit einem schlechten eigenen Körperbild. Insbesondere die weib-lichen Patienten seiner Studie hatten ein schlechtes Körperbild, das sich mit dem zeitweib-lichen

MUMMA ET AL. fand bei 70 Patienten mit akuten Leukämien ein Jahr nach Therapie (mit und ohne SZT) eine deutliche Verminderung des sexuellen Drangs und der sexuellen Be-friedigung. Er fand - bis auf die stärkere Beeinträchtigung der gonadalen Funktion - keine Unterschiede zwischen SZT- und Chemotherapie-Patienten. MUMMA vermutet sexuelle Probleme in Verbindung mit einem schlechten eigenen Körperbild. Insbesondere die weib-lichen Patienten seiner Studie hatten ein schlechtes Körperbild, das sich mit dem zeitweib-lichen